Unreiner Reim
Der unreine Reim ist eine nicht genaue Übereinstimmung der Laute ab der letzten betonten Silbe. Er wird oft als Zeichen mangelnder Kunstfertigkeit und fehlender Sachkenntnis gewertet. Zu allen Zeiten haben sich Dichter über sie beschwert, was nichts daran ändert, dass sich selbst Goethe und Schiller ihrer bedienten. Sie erweitern das Repertoire an sinnvollen Reimpaaren um eine beträchtliche Zahl und können, gezielt eingesetzt, einen Text durchaus auffrischen. Besonders in der Volksdichtung kommen sie vor; wo sie entweder, je nach Region, rein sind oder dem Ohr gefällig wirken, weil sie den strengen Gleichklang des reinen Reimes auflockern. Damit soll nicht der unreine Reim als Grundlage der Dichtung legitimiert werden. Es ist aber zu prüfen, ob der unreine Reim im jeweiligen Text seine Berechtigung und Funktion hat oder nicht.
Man trifft ihn an als:
- Wechsel von Vokalen und Umlauten (Flöte - heute)
- Wechsel langer und kurzer Vokale (Schafen - raffen)
- Wechsel verschiedener Diphtonge (weichen - scheuchen)
- Wechsel von harten und weichen Konsonanten (Sonden - konnten)
- Wechsel stimmhafter und stimmloser Konsonanten (reisen - beißen)
- Regionale Sprachgewohnheiten, z. B. g/ch (fliegen - Griechen)
Als besonders unrein gilt es, wenn in einem Reimpaar mehrere Phänomene gleichzeitig auftreten. (Pferd - plärrt))
Als entfernte Form des unreinen Reimes können Assonanz, bei der nur die Vokale übereinstimmen (Schlacken - Waffel), und die Konsonanz, bei der die Konsonanten erhalten bleiben (gut - geht).
Eine Sonderform sind die Augenreime, die im Schriftbild rein, in der Ausprache aber unrein sind (Plage - Garage) und die Ohrenreime, bei denen es genau umgekehrt ist (plärrt - Konzert). Da die klangliche Umsetzung die letzte Instanz bei des Gedichtes sein soll, gelten Augenreime als eher unrein, Ohrenreime als eher rein.