Ãœbung: Songtext - Born to the breed

[Rheinsberg]

Der Songtext ist von Judy Collins. Ich bin ihm aber nicht komplett gefolgt, sondern mehr der Idee.
Da den sicher keiner kennt, hier der Link zum Text:

http://www.lyricstime.com/judy-collins-born-to-the-breed-lyrics.html


Das Telefon schrillte. Am anderen Ende war die Stimme meines Sohnes.
„Mom, ich haue ab. Bitte, bitte, such nicht nach mir. Ich halte es hier nicht mehr aus – jeden Tag das Gleiche, wie der Hamster im Rad. Ich muss lernen, alleine zurecht zu kommen. Ich habe mir erst mal einen Job besorgt, ich ruf dich an, versprochen. Ich liebe dich!“
Er hatte aufgelegt, bevor ich etwas hatte erwidern können. Mein Sohn. An der Wand neben dem Telefon hingen die Bilder von ihm, das neueste vom letzten Sommer. Daneben andere, man konnte verfolgen, wie er groß geworden war.

Auf dem ersten sah ich ihn auf meinem Arm. Es war in einem Fotoautomaten gemacht, auf einem Bahnhof. Neunzehn war ich damals, ein Jahr zuvor von zu Hause abgehauen, getrampt, gejobbt, Partys, Freunde ….

Geboren wurde er an einem grauen Januarmorgen. Es regnete in Strömen, draußen vor dem Fenster des Krankenhauses. Seither muss ich immer an den ersten Blick auf meinen Sohn denken, wenn ich solchen Winterregen sehe. Er hatte meine Augen, aber die feinen roten Haare seines Vaters. Er schloss seine winzigen Finger um meinen Daumen, als wollte er ihn nie wieder loslassen.

Mit jedem Jahr, das er älter wurde, änderte sich auch mein Leben. Ich wurde sesshaft, ihm zuliebe, eine Wohnung mit Garten, eine feste Arbeit, eine bürgerliche Existenz. Ich trampte nicht mehr, ich hatte selbst ein Auto. Ich wünschte mir für ihn alles nur Mögliche.

Er wuchs heran, seine Stimme senkte sich, er begann, sich zu rasieren. Er hörte andere Musik, die ich nicht mehr verstand, er blieb abends aus, sparte an Worten und Erklärungen. Ich fühlte mich ausgeschlossen, beobachtete seine wachsende Unzufriedenheit. Den Grund dafür erkannte ich nicht.

Was hätte ich getan, hätte er ihn mir genannt, um mit mir zu diskutieren? Anstatt mir nur seinen Entschluss mit diesen kurzen Worten am Telefon mitzuteilen. Hätte ich genauso klar wie jetzt gesehen, dass es das Gleiche war, wie bei mir damals? Das Gefühl, in einem Käfig zu sitzen und nichts zu bewegen, sondern in der täglich gleichen Routine verhaftet zu sein? Mehr vom Leben zu verlangen als Wohnung, Essen und ein sicheres Einkommen?

Der Spiegel warf mir mein Bild zurück, eine Frau Ende Dreißig, gepflegt, elegant, konventionell. Wo war die junge Mutter, die auf dem Billigphoto das kleine Bündel der Kamera entgegenstreckte, in eine alte Jacke gewickelt, statt in ein teures Babyjäckchen? War sie erstickt im täglichen Einerlei? Vielleicht. Aber nicht so weit, dass ich  ihn suchen lassen würde. Er war mein Sohn. Er würde sich durchbeißen. Sollte er seinem Stern folgen, er würde ihn vielleicht nicht finden, aber auch für ihn würde der Weg das Ziel sein.

„Viel Glück, mein Sohn“, flüsterte ich.

[Brynhilda]

Toller Text.
Der hat mich richtig mit sich gerissen beim Lesen.

Ich konnte zwar den Text des Liedes nicht lesen (wegen der Cookies), aber ich glaube, um diese Geschichte zu verstehen, braucht man das auch gar nicht.

Viele Grüße,
Brynhilda

[Rheinsberg]

Danke. Versuchs mal hier:
http://www.youtube.com/watch?v=gE2QU3jS_Fo

Es war für mich immer ein Gänsehaut-Song.

[Brynhilda]

Gänsehaut absolut!

Tolles Lied, Tolle Sängerin!

[Gast]