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Sind Phantasie und Kreativität noch erlernbar/formbar?

 
 
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BerndHH
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 60
Beiträge: 955
Wohnort: HH


Beitrag16.02.2018 06:32
Sind Phantasie und Kreativität noch erlernbar/formbar?
von BerndHH
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Moinsen zusammen,

Hier mal die provokative Frage an Euch: Sind Phantasie und Kreativität (im fortgeschrittenen Alter) überhaupt noch erlernbar/formbar?
Wie wir alle wissen, sind die meisten Kinder noch mit einer unbändigen Phantasie/Kreativität ausgestattet, die sich zumeist allmählich im Alter verliert, schlimmstenfalls in Demenz (gar nicht mal so unwahrscheinlich) übergeht und es im Hirn zappenduster wird. Umschaltung der Neuronenverschaltung, drastische Reduktion des Informationsaustausches von Nervenzellen oder volkstümlich schlichtweg Verkalkung.

Soweit meine biologische Erklärung.

Stephen King hat dies u.a. in “ES” thematisiert, die Phantasiewelt der Kinder, in die Erwachsene nicht folgen können. Ich frage mich, wie ein Karl May, der ja angeblich an Schwindsucht erkrankt und an sein Bett in Radebeul gefesselt war, im Kopf eine derartige Bilderkraft entwickeln und eine Welt erschaffen konnte, in der er selbst nie war.
Das grenzt ja fast schon an übernatürlichen Fähigkeiten.

Angeborenes Talent oder weiterentwickelte Fähigkeiten?

Welchen Einfluss hat die Umgebung auf den schriftstellerischen Schaffensprozess? Das Siechbett des kränklichen Karl May sicherlich nicht – seine Vorstellungskraft muss irgendwie den Weg in die Freiheit gefunden haben. Ich frage mich nur, wie ist so etwas überhaupt möglich?

In meinen Erzählungen stoße ich immer wieder an die Grenzen. Völlig überstrapazierte Bilder, die sich immer wiederholen, verblassende Erinnerungen, bis sie ganz verschwinden (fast schon beängstigend), abnehmende sprachliche Ausdruckskraft und ein Wortschatz, der anscheinend auch immer kleiner wird.

Für mich habe ich festgestellt, dass das Leben in einer Großstadt (HH) für den Schaffensprozess sehr hinderlich ist. Negative geradezu giftige Reizüberflutung der übelsten Sorte (nachts lauter als tagsüber), Luftverschmutzung, Verkehr, jeder Ort ist von Menschen überfüllt, überall nur Enge, Dreck, etc., etc.
Dagegen ist eine Winternacht im Zelt im Wald die reinste Erlösung.
Wer kann, der hat natürlich seine einsame Jagdhütte an einem See und kann dort seiner verlorenengegangenen Phantasie/Kreativität hinterherjagen.

Wie ist Eure Meinung dazu?

Gruss,
Bernd


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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag16.02.2018 08:52

von BlueNote
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Meine Meinung?
Zunächst fand ich Karl May schon immer fürchterlich öde. Auch sehe ich es nicht als Leistung an, wenn Schreiber eine "neue Welt" erschaffen, in der sie nie gewesen sind. Genauso könnte man eine Software "erschaffen" oder ein Flugzeug konstruieren. Was ist daran weniger kreativ?
Dass die einen ihrer Kreativität in der von dir beschriebenen Form ausleben (und Bücher dabei herauskommen), liegt wohl auch zu einem gewissen Maße daran, dass diese Leute Zeit für solche Unternehmungen/Gedanken haben bzw. sie sich die Zeit nehmen. Andere Leute sind eben eingebunden in ihrem Job, im Häusle-Bauen, mit ihren Beziehungen etc. Und dann gibt es da eben noch das schrullige Häufchen Menschen, die meinen, Welten erschaffen zu müssen und das als kreativ ansehen.
Aber sind andere Menschen, die etwas im Job leisten, die sich mit ihren Kindern beschäftigen, die an ihren Beziehungen arbeiten, die soziale Kontakte pflegen, nicht ebenso kreativ (auch im fortgeschrittenen Alter) wie die, die (aus welchem Grund auch immer) "Welten erschaffen"?

Vielleicht sind es andere Eigenschaften, die den "schriftstellerischen Schaffensprozess" begleiten, z.B. der Rückzug zu sich selbst bzw. in eine eigene (künstliche) Welt (Stichwort: giftige Reizüberflutung der übelsten Sorte), die Abkapselung von der Umgebung, Geduld, Konzentration, Durchhaltewillen.

Ich glaube, ich wollte kein Buch lesen, das in einer einsame Jagdhütte an einem See entstanden ist, bei dem jemand seiner verlorenengegangenen Phantasie/Kreativität hintergejagt ist. Eher von Leuten, die mitten im Leben stehen und von ihren Lebenserfahrungen berichten können, sie zumindest in ihre Romane einfließen lassen.
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Telica
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T

Alter: 42
Beiträge: 59
Wohnort: Wassenberg


T
Beitrag16.02.2018 09:08

von Telica
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Ich denke, Erwachsene verlieren ihre Phantasie, weil sie sich keine Zeit mehr für sie nehmen, man hetzt doch nur noch durch die Gegend, hat ständig irgendwelche Sorgen und ist mit Job und Alltag völlig ausgefüllt. Kreativität wird - je nach Arbeit - natürlich für das Geldverdienen oder für Privatkram wie Geschenkekaufen (ich habe das Gefühl, ich bin ständig am Geschenkesuchen, weil dauernd jemand was feiert) oder ähnliches verbraucht, wer hat da schon Zeit, seine Phantasie zu füttern? Die wird vom Stress verzehrt, bis zum letzten Bissen.
Das mit dem Zelt im Wald kann ich durchaus nachvollziehen, mir geht es ähnlich. Wir wohnen am Waldrand (Naturschutzgebiet, finsterer Wald, ohne Wanderer oder sonstige Menschen, echt super) und wenn ich mit dem Schreiben nicht weiterkomme, verschwinde ich für ein paar Stunden im Wald, das hilft immer.
Und ja, Kreativität und Phantasie kann man trainieren, davon bin ich überzeugt, auch wenn man sicherlich ein kleines bisschen Begabung schon mitbringen muss. Meine bescheidene Meinung - und hey, tolles Thema! Smile
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RememberDecember59
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 507
Wohnort: Franken


Beitrag16.02.2018 10:37

von RememberDecember59
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Telica hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, Erwachsene verlieren ihre Phantasie, weil sie sich keine Zeit mehr für sie nehmen, man hetzt doch nur noch durch die Gegend, hat ständig irgendwelche Sorgen und ist mit Job und Alltag völlig ausgefüllt. Kreativität wird - je nach Arbeit - natürlich für das Geldverdienen oder für Privatkram wie Geschenkekaufen (ich habe das Gefühl, ich bin ständig am Geschenkesuchen, weil dauernd jemand was feiert) oder ähnliches verbraucht, wer hat da schon Zeit, seine Phantasie zu füttern? Die wird vom Stress verzehrt, bis zum letzten Bissen.


So sehe ich das auch. Ich merke das an mir selbst. Ich halte mich für einen recht kreativen Menschen, habe während der Schulzeit immer schon gerne geschrieben und gezeichnet, vor allem aber Musik gemacht. Dann kam das Studium. Am Anfang ging’s noch mit dem Musizieren nebenher, dann im Master nicht mehr. Danach im Job war’s noch schlimmer. Wenn ich abends heimkam war mein Hirn einfach nur Matsch, alles was ich noch wollte, war mich auf die Couch legen und den Fernseher anmachen. Ich habe es weder geschafft, zu schreiben, noch zu zeichnen und nicht einmal Musik zu machen. Jahrelang habe ich meine Gitarre nicht mal angefasst.

Jetzt habe ich ja gerade eine dreijährige Berufsauszeit (von ein bisschen Freelance-Arbeit abgesehen) – und siehe da: mit der Kündigung und dem Umzug kam die Phantasie mit voller Kraft zurück (trotz  Leben in der Stadt, trotz Babystress) und ich bin kreativer als je zuvor. Und obwohl ich mich drauf freue, wenn es Ende des Jahres zurück ins „alte Leben“ geht: ich hab jetzt schon Angst davor, dass ich dann wieder in den unkreativen, gestressten Matschbirnenzustand zurückfalle und abends nach Arbeit und Kind-ins-Bett-bringen auf die weiße Wordseite starre und mir dann doch stattdessen den Fernseher anmache, weil einfach nichts kommt.

Statt der Jagdhütte wollte ich immer gerne ein kleines (Zweit-)Häuschen an der Ostseeküste, wo ich mich hin und wieder mal für ein paar Wochen zurückziehen und ohne Ablenkung schaffen kann. Dafür müsste ich nur erst im Lotto gewinnen. Wink Und vor dem Zweit-Häuschen käme da wohl auch erstmal das erste. Laughing


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Merlinor
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Beitrag16.02.2018 11:50

von Merlinor
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
... Auch sehe ich es nicht als Leistung an, wenn Schreiber eine "neue Welt" erschaffen, in der sie nie gewesen sind. Genauso könnte man eine Software "erschaffen" oder ein Flugzeug konstruieren. Was ist daran weniger kreativ?
Dass die einen ihrer Kreativität in der von dir beschriebenen Form ausleben (und Bücher dabei herauskommen), liegt wohl auch zu einem gewissen Maße daran, dass diese Leute Zeit für solche Unternehmungen/Gedanken haben bzw. sie sich die Zeit nehmen ...


Hallo BlueNote ... ?

Erklärst Du uns gerade, dass Leute wie Shakespeare, Schiller, Goethe, Droste-Hülshoff, Kafka, Huch, Mann, Seghers, Grass, Wolf, oder wer auch immer sonst jemals ein Buch geschrieben hat, allesamt unnütze Traumtänzer sind, die ihre Zeit mit sinnlosem Tand verschwendet haben?
Dass sie ihre Zeit und Kreativität besser auf "sinnvolle" Tätigkeiten wie beispielsweise die Konstruktion von besseren Kutschen, Flugzeugen, den täglichen Haushalt und andere Nützlichkeiten verwendet hätten?
Dass man Kunst und Kultur also nicht ernst nehmen darf?
Nun, das kann man so sehen. Ich tue das aber nicht ... angel
Natürlich darf und soll man Kreativität in allen Bereichen des Lebens entwickeln und darf auf jedem Tätigkeitsfeld, egal ob beruflich oder privat, neben der täglichen Routine auch Träume verwirklichen und Phantasien verfolgen. Das ist gut und richtig so - und wichtig!
Aber ebenso sicher hat in einer zivilisierten Gesellschaft auch die direkte Beschäftigung mit Kunst und Kultur einen hohen Stellenwert und das gilt ebenso für die "Verfertigung" von Unterhaltung, die darüber hinaus auch noch einen wirtschaftlich bedeutenden Markt bedient.
In einem Schriftstellerforum den Beruf des Schriftstellers für unnütz zu erklären, das ist also schon sehr ...äh ... speziell ... mein Lieber  ... lol

Zum Topic:  Phantasie und Kreativität darf man sich unter keinen Umständen nehmen lassen. Die kann man sich bis ins hohe Alter bewahren. Man muss sich aber aktiv darum bemühen.
Das ist nicht immer einfach, weil einen Alltagssorgen und die täglichen Routinen leicht auffressen können.
Es lohnt sich aber, dagegen anzukämpfen, denn wenn man sich diese Elemente erhält, erhält man sich zugleich ein gutes Pfund an Lebensqualität und Freude.
Nein: Eine Altersgrenze gibt es dafür nicht. Man kann und soll mit Kreativität sein Alltagsleben bereichern, oder einfach mal in wundervolle Traumwelten abtauchen, oder das eine oder andere Kunstwerk erschaffen.
"Sinnfrei" muss dabei nicht unbedingt "sinnlos" bedeuten ... smile

LG Merlinor


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„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
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Abari
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Der bronzene Durchblick


Beitrag16.02.2018 12:42

von Abari
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Hey,

ich kenne etliche Leute, die im "Alter" noch nach einer kreativen Betätigung suchen. Das kann alles Mögliche sein; wichtig finde ich, dass es der betreffenden Person erst einmal Spaß macht. Über Sinnstiftung will ich mal nicht reden, aber sie geht oft mit der Betätigung einher.

Wenn Dir also das Schreiben Spaß macht, schreibe, bis die Feder bricht. Das ist eine höchst kontemplative Tätigkeit und nützt zuerst einmal Dir. Kreativität ist 90% Handwerk und 10% Inspiration, finde ich. Die 10% kann man nicht lernen, aber letztlich haben alle großen Geister sich vom Leben inspirieren lassen und es kunstvoll umgesetzt. Damit ist es nur noch 1% Inspiration. Und das schafft letztlich jeder...

Entschuldigt bitte, wenn ich den kreativen Prozess damit etwas entzaubert habe. Aber zB. Goethes Werther geht ja nachweislich auf eine Zeitungsnotiz zurück, die Goethe mit viel Geschick in die Form des Briefromans gegossen hat. Beides gab es vorher, allein die Fertigkeiten Goethes schufen daraus ein Stück Weltliteratur (und Schullektüre).

Das meiste ist und bleibt harte Arbeit, die aber sehr viel Freude schafft. Natürlich könnte man mit seiner Zeit Entspannteres anfangen - ein Schiffsmodell bauen zB. - aber letztlich ist es der kreative Funke, der nach außen drängt und sich in mannigfaltiger Form ergießt.

Karl May hatte eine große Idee: Den wilden Westen, wie er ihn erlesen hatte, den andern nahe zu bringen. Terry Pratchett erschuf sich die Scheibenwelt, um andere literarische Gattungen zu experimentieren usw. usf. Natürlich zieht eine Idee eine nächste nach sich, wenn man erst einmal den "Zündfunken" hat. Und dann rattert die Maschine (im Regelfall).

Sie kann auch stottern oder ganz zum Stillstand kommen. Das sind dann oft missliche Umstände, die dazu zwingen. Das ist bedauerlich; aber genauso oft tuckert der Motor (um im Bild zu bleiben) dann um so stärker, wenn ihm Gelegenheit geboten wird. Dann lohnt es sich aus meiner Sicht, zu schauen, was den Motor denn abgewürgt hat. Oft sind es Lebensumstände, wo die Kreativität anders kanalysiert werden muss(te), zB in Hausarbeiten. Man kann eben nur einen Gedanken denken.


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Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


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Wohnort: NBY



Beitrag16.02.2018 12:55

von BlueNote
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Zitat:

Erklärst Du uns gerade, dass Leute wie Shakespeare, Schiller, Goethe ... allesamt unnütze Traumtänzer sind, die ihre Zeit mit sinnlosem Tand verschwendet haben?

Nein! Da hast du mich wohl gründlich missverstanden.
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Gerling
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G

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G
Beitrag16.02.2018 14:53

von Gerling
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Gegenfrage:

Wie sollte jemand, der keine oder nur eine geringe Vorstellungskraft hat, diese erlernen?

Wie sollte jemand, der über keine oder nur geringe Kreativität verfügt, diese erlernen?

Meine persönliche Meinung ist, dass diese Eigenschaften, aber auch Talent sozusagen angeboren sind. Man kann daran feilen, aber wenn die Grundvoraussetzungen nicht vorhanden sind, wird es nichts.


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BerndHH
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Alter: 60
Beiträge: 955
Wohnort: HH


Beitrag16.02.2018 16:39

von BerndHH
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Moinsen zusammen,

@ Blue Note,
interessante Meinung. Also ich persönlich finde die Vorstellungskraft von Karl May schlichtweg genial. Als Jugendlicher hat er mich gefesselt, als Erwachsener eher weniger. Dennoch habe ich vor seinem Lebenswerk sehr großen Respekt.
Aber das ist natürlich Geschmackssache.

@Telica,
da schwimmen wir absolut auf einer Wellenlänge. Very Happy

@RememberDecember59,
Zitat:
Wenn ich abends heimkam war mein Hirn einfach nur Matsch
– wem sagst Du das? Das ist aber der modernen Arbeitswelt geschuldet.
Zitat:
kam die Phantasie mit voller Kraft
– dann schätz dich glücklich! Dann war sie bei Dir wohl auch nie ganz weg, nur temporär überlagert vom Alltag. Bei mir wird sie wohl nie wieder in der Form zurückkehren, wie ich sie einmal hatte. Naiv bin ich geblieben aber wohl nicht im positiven Sinne.

@Merlinor,
Zitat:
Phantasie und Kreativität darf man sich unter keinen Umständen nehmen lassen. Die kann man sich bis ins hohe Alter bewahren.
– rudimentär ist sie bei mir auch noch vorhanden aber leider nicht in der Intensität, wie ich sie gerne hätte. Die ländliche Umgebung, in der ich aufwuchs, gibt es heutzutage in der erlebten Form nicht mehr. Ich wünschte, ich hätte mir damals Notizen gemacht, um vielleicht nicht den Zeitgeist einzufangen aber zumindest das, was mich damals beschäftigt und vorangetrieben hat. Ist leider alles weg! Ich kann mich nicht einmal an die 1980er Jahre erinnern, geschweige denn an die 1970er, und so sehr ich auch die alten Erinnerungsfetzen quäle, sie sind unbringbar verloren.

@Abari,
Zitat:
Wenn Dir also das Schreiben Spaß macht, schreibe, bis die Feder bricht.
– da mach Dir mal keine Gedanken, das tu ich wirklich exzessiv. Aber die Gedanken, die mir zu einem Text einfallen, reagieren instinktiv auf Stichwörter.
Fällt bei meinem neuen Projekt “Der Sonnenprinz” das Stichwort Polen/Weißrussland, dann bin ich sofort mit über 50 Seiten im Białowieża-Urwald. Beim Stichwort Irland/Connemara – dann auf einmal mitten in Cromwells brutalen Feldzug im 17. Jhrdt. usw, usw.

Zitat:
Karl May hatte eine große Idee: Den wilden Westen, wie er ihn erlesen hatte, den andern nahe zu bringen.
– dieses missionarische “Sendungsbewusstsein” habe ich im gewissen Maße auch. Zwar nicht der Wilde Westen aber die 1980er Jahre und so wie ich sie damals gesehen und erlebt habe. Das Traurige ist, dass ich den Zeitgeist dieses Jahrzehnt mühsam in Archiven nachlesen muss. 1980 war ich 16 und das ist (fast) alles weg. Kann aber sein, dass ich zu jener Zeit in einem absoluten “Tunnel” gelebt und nur nach vorn, in die Zukunft geschaut habe, ich weiß es leider nicht mehr.

@Gerling,
Zitat:
Wie sollte jemand, der keine oder nur eine geringe Vorstellungskraft hat, diese erlernen?
– erlernen ist natürlich das falsche Wort, weiterentwickeln oder einfach nur wieder zurückbringen.

Grüße,
Bernd


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icon berg
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Beiträge: 32



I
Beitrag16.02.2018 17:38

von icon berg
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Meiner Meinung nach hat jeder Phantasie, bei dem einen sprudelt sie einfach so heraus, bei dem anderen ist sie irgendwo vergraben. Jeder hat sie und kann einen Weg finden sie freizulassen.
Was sind Träume anderes als Phantasie? Träumen alte Menschen weniger? Nicht alle haben das Glück sich nach dem aufwachen an ihren Traum zu erinnern, aber ich glaube sie sind alle voller Phantasie.

J. R. R. Tolkien hat Folgendes geschrieben:
“Why should a man be scorned if, finding himself in prison, he tries to get out and go home? Or if, when he cannot do so, he thinks and talks about other topics than jailers and prison-walls?”


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ich schwimme in einem ganzen Faß,
denn heute - ist das Wasser naß."
(Perry Rhodan, 2040 auf Hellgate)
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Abari
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Beiträge: 1838
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Der bronzene Durchblick


Beitrag16.02.2018 17:49

von Abari
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Hey

Jetzt ist mein Rechner mit allem, was ich schrieb, festgefahren. Evil or Very Mad

Ich versuche mich nochmal zu erinnern:

Ich glaube, ich muss unterscheiden. Das eine ist Kreativität und die ist stark davon abhängig, was erreicht werden soll. Man kann die gegebenen Dinge auf eine höhere Stufe heben (wie es Bach getan hat) oder einen neuen Stil erfinden (wie Wagner getan hat). Das hat dennoch viel mit Vorbildung und Handwerk zu tun, meine ich. Kreativität ist also mMn ein ewiger Lernprozess, der mehr oder minder stark befördert wird.

Phantasie hingegen ist jedem gegeben. Wie schrieb Morgenstern so trefflich:

Christian Morgenstern hat Folgendes geschrieben:
Dem Kinde im Menschen

In jedem Menschen ist ein Kind verborgen, das heißt Bildnertrieb und will als liebstes Spiel- und Ernst-Zeug nicht das bis auf den letzten Rest nachgearbeitete Miniatur-Schiff, sondern die Walnußschale mit der Vogelfeder als Segelmast und dem Kieselstein als Kapitän. Das will auch in der Kunst mit-spielen, mit- schaffen dürfen und nicht so sehr bloß bewundernder Zuschauer sein. Denn dieses ›Kind im Menschen‹ ist der unsterbliche Schöpfer in ihm...


Ich hoffe, das ist nicht zu lang für das Forum zitiert. Nachzulesen hier.

Der Umgang mit Kindern kann diese Grundfeste von Kreativität befördern, wenn zB aus ein paar Tüchern ein ganzes Puppentheater gezaubert wird. Kinder können die abstrakte Form mit den Figuren füllen und sie sehen in den einfachsten Dingen das, was Morgenstern beschrieb.

Die Phantasie kann man lediglich wecken, sprudeln muss sie schon alleine. Aber das dürfte in einem Schriftstellerforum nicht sooo das Problem sein. Das ist tatsächlich in unserer rationalen, kapitalistischen Welt ein Problem, die dem Menschen dazu diktiert, dass sich bestimmte Sachen nicht schicken. (Ich denke an eine Szene aus dem Film "Mr. Magoriums Zauberladen", wo der Buchhalter mit dem Jungen, der einer der Hauptfiguren ist, spielt und die Mutter des Jungen herein platzt... Sofort ist die Szene kaputt.) Dabei ist gerade das kindliche Spiel Lehrmeister schlechthin und erlöst uns von unseren Zwängen...


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LG
Abari
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BerndHH
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Wohnort: HH


Beitrag16.02.2018 18:16

von BerndHH
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Na ja, und bei mir ist es halt ein altersbedingter Wettlauf mit dem Vergessen!

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Nina
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Wohnort: Berlin


Beitrag16.02.2018 18:41
Re: Sind Phantasie und Kreativität noch erlernbar/formbar?
von Nina
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BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Sind Phantasie und Kreativität (im fortgeschrittenen Alter) überhaupt noch erlernbar/formbar?

In meinen Erzählungen stoße ich immer wieder an die Grenzen. Völlig überstrapazierte Bilder, die sich immer wiederholen, verblassende Erinnerungen, bis sie ganz verschwinden (fast schon beängstigend), abnehmende sprachliche Ausdruckskraft und ein Wortschatz, der anscheinend auch immer kleiner wird.


Hallo Bernd,

ich denke, dass alle Menschen kreativ sind im Kindesalter. Diese Kreativität kann sich aus den unterschiedlichsten Gründen verlieren oder verringern. Ich denke, dass sie dennoch nicht verloren ist, sondern Grund und Boden ist, auf dem wieder etwas wachsen kann, auch wenn es lange brach lag. Es braucht dann etwas, das diese Kreativität wach ruft und weckt.

Was Dein Empfinden angeht, Du könnest Dich (derzeit) nicht richtig ausdrücken - das hat m.E. nicht unbedingt etwas mit (schwindender) Kreativität zu tun, sondern damit, dass Du vielleicht gestresst und überarbeitet oder anders belastet bist und zu wenig Ruhe in Deinem Leben ist. Da werden auch die Sätze und Worte müde, denn die brauchen auch Erholung.
Wenn man schon viel geschrieben hat, erfordert es immer wieder Einsatz und Bereitschaft, es anders zu sagen und die Sprache "frisch" zu halten und sich keiner Routine hin zu geben, sondern immer wieder neu dem Flow zu überlassen, immer wieder neu anzufangen.  

LG
Nina
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Ruby Smith
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Beitrag16.02.2018 20:03

von Ruby Smith
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Ui, ganz schwierige Frage. Aber ich versuche es mal mit einer Antwort:

Ich glaube nicht, dass man Kreativität und/oder Fantasie erlernen kann - entweder man hat sie, oder man hat sie nicht.

Aber ich glaube, dass man lernen kann, wie man seine Fantasie nutzen kann (durch Kurse in kreativen Bereichen) und ihr Ausdruck zu verleihen.


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I'd like to add some beauty to life. I don't exactly want to make people know more... though I know that is the noblest ambition, but I'd love to make them have a pleasanter time because of me... to have some little joy or happy thought that would never have existed if I hadn't been born.

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Mogmeier
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Beitrag16.02.2018 21:42

von Mogmeier
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Ich würde Fantasie und Kreativität nicht unbedingt in einen Topf schmeißen. Und würde stattdessen mal behaupten, Fantasie besitzt so ziemlich jeder und die Kreativität ist die Umsetzung derer, etwas daraus zu machen.
Möchte man Kreativität mit ’nem Motor vergleichen, der etwas in Bewegung setzten soll, ist die Fantasie der nötige Kraftstoff dafür. – So ein Motor lässt sich tunen; so ein Motor bringt aber auch gewissen Verschleiß mit sich, wenn man diesen, den Motor, nicht pflegt.


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Merlinor
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Beitrag16.02.2018 23:33

von Merlinor
Antworten mit Zitat

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Na ja, und bei mir ist es halt ein altersbedingter Wettlauf mit dem Vergessen!


Das Erinnern ist ein eigener, anderer Prozess, der nicht unbedingt mit Kreativität oder Fantasie in Verbindung stehen muss.
Dich sorgt anscheinend besonders, dass Du offenbar vieles aus Deiner Jugend nicht mehr lebhaft und vollständig erinnern und von manchem keine guten Bilder mehr abrufen kannst.
Das ist normal und hat mit Deiner Fähigkeit, kreativ zu denken und schöpferische Ideen zu entwickeln, nur wenig zu tun.
Die hängt nicht vom Alter ab, sondern von der grundsätzlichen Einstellung zum Leben und der Bereitschaft, diesem offen und unvoreingenommen gegenüberzutreten.

LG Merlinor


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Nordlicht
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Beiträge: 3761



Beitrag17.02.2018 02:03

von Nordlicht
Antworten mit Zitat

Ich möchte ja niemandem die Illusion nehmen, dass eine einsame Jagdhütte ein Urquell von Kreativität und die Garantie genieartigen Schaffens ist, aber ... Laughing

So lebe ich ja seit 13 Jahren und stelle immer wieder fest, dass zumindest in meinem Fall Kreativität sehr von meiner Laune abhängig ist. Und die wiederum lässt sich auch nicht immer auf die äußeren Umstände schieben. Manchmal feuern die Synapsen ein wahres Silvesternachtsraketenfest, an andern Tagen denkt es sich, als sei alles mit Teer verklebt.

Wer zum Schreiben Stille und eine gewisse Zeit Leerlauf braucht, um ganz in seiner Geschichte versinken zu können, findet das vermutlich eher in besagter einsamer Jagdhütte als Downtown Berlin - aber das heißt eben doch nicht automatisch, dass dann die Ideen sprudeln. Der Biorhythmus oder was auch immer will halt auch ein Wort mitreden.

Unter Kreativität verstehe ich ein ureigenes Verknüpfen von verschiedenen Ideen. Ich denke, es kommt deshalb nicht so sehr auf die äußere Umgebung, sondern eher auf einen gewissen Wagemut, viel Neugierde und auch Vertrauen in sich selbst an, sich einfach auf diese Ideen einzulassen.
EDIT: Und insofern ist es kein Wunder, dass (viele!) Kinder sehr viel Fantasie zu haben scheinen und sehr kreativ sind. Ich kenne auch völlige Dumpfbackenkinder Laughing Jedenfalls ist jedem jungen Tier, wie auch menschlichen Kindern, viel Neugierde gegeben, um das Überleben zu lernen. Je älter mensch wird, desto öfter hat mensch gesagt bekommen "lass das ", "das macht man nicht", "frag nicht immer" usw. Dadurch stumpft die Entdeckungsfreude und damit auch Kreativität vielleicht unweigerlich etwas ab.


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If I waited for perfection, I would never write a word - Margaret Atwood
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Eliane
Geschlecht:weiblichKlammeraffe


Beiträge: 824



Beitrag17.02.2018 03:03

von Eliane
Antworten mit Zitat

Nordlicht hat Folgendes geschrieben:

EDIT: Und insofern ist es kein Wunder, dass (viele!) Kinder sehr viel Fantasie zu haben scheinen und sehr kreativ sind. Ich kenne auch völlige Dumpfbackenkinder Laughing Jedenfalls ist jedem jungen Tier, wie auch menschlichen Kindern, viel Neugierde gegeben, um das Überleben zu lernen. Je älter mensch wird, desto öfter hat mensch gesagt bekommen "lass das ", "das macht man nicht", "frag nicht immer" usw. Dadurch stumpft die Entdeckungsfreude und damit auch Kreativität vielleicht unweigerlich etwas ab.


Ich glaube, dass man schon bei Kindern die Kreativität erstickt, wenn man ihnen zuviel vorgibt. Das Kasperletheater aus Tüchern, von dem Abari schreibt, oder Morgensterns Segelboot - die kommen nur dann, wenn die Kinder nicht die ganze Zeit vor irgendwelchen Bildschirmen hocken oder permanent von Erwachsenen bespaßt und "gefördert" werden, sondern wenn man sie machen lässt. Allein. Mit wenig bis gar keinem Spielzeug oder zumindest ohne Regeln, wie dieses Spielzeug zu verwenden ist.

Und so ist es auch bei Erwachsenen: Zuviel Input ohne Pause erstickt die Kreativität, das Gehirn ist mit Verarbeiten der neu eingehenden Informationen beschäftigt und kann nicht selber etwas Neues schaffen. Das kommt dann, wenn es wieder Ruhe hat. Insofern braucht man vielleicht beides: Die Stadt mit dem Lärm und den vielen Menschen auf der einen und die einsame Blockhütte auf der anderen Seite.
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BerndHH
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Beitrag17.02.2018 05:01

von BerndHH
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Na klar, Phantasie und Gedächtnis sind natürlich unterschiedliche Begrifflichkeiten.
Phantasie: kreative Fähigkeit des Menschen
WP:
Zitat:
Gedächtnis oder Mnestik bezeichnet die Fähigkeit der Nervensysteme von Lebewesen, aufgenommene Informationen umzuwandeln, zu speichern und wieder abzurufen.
also ein neuronaler Prozess der Informationsverarbeitung

Interessant ist, dass der Mensch die Tendenz hat, fehlende Erinnerungsbruchstücke durch ausgedachte Sequenzen zu ersetzen und diese dann für die Wahrheit hält.

Meine ländliche Idylle und die nicht vorhandene Jagdhütte lass ich mir selbstverständlich nicht nehmen – jeder weiß halt am besten, was einen inspiriert und was nicht.


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Abari
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Beitrag17.02.2018 06:57

von Abari
Antworten mit Zitat

Eliane hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube, dass man schon bei Kindern die Kreativität erstickt, wenn man ihnen zuviel vorgibt. [...]

Zuviel Input ohne Pause erstickt die Kreativität, das Gehirn ist mit Verarbeiten der neu eingehenden Informationen beschäftigt und kann nicht selber etwas Neues schaffen.


Das stimmt. Dennoch möchte ich einschränken, dass eine Stadt einfach andere Möglichkeiten zur Entfaltung von Phantasie und Kreativität bietet als die Blockhütte. Die Stadt drängt nach außen, will sich beweisen (Stichwort Graffiti); die Blockhütte kehrt nach innen und schafft  Ruhe (Stichwort Zen-Meister). Es ist also ganz das Mittel der Wahl, was man bevorzugt. Kreativ sein kann man immer. Jungen Menschen mag mehr die Stadt, Älteren mehr die Blockhütte liegen. Mir persönlich ist es egal; ich finde beides reizvoll und lebenswert.

Das Schlimmste finde ich immer noch die gesellschaftlichen Konventionen. Die schränken tatsächlich ein und verhindern, dass sich Menschen voll entfalten können. Und es ist eine Gratwanderung, zum einen Kreativität und Phantasie zu leben, zum anderen sich Normen zu beugen. Mein Sohn lehrt mich da viel, der sich einen Teufel darum schert, was andere von ihm denken. Und das finde ich auch gut so.

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Interessant ist, dass der Mensch die Tendenz hat, fehlende Erinnerungsbruchstücke durch ausgedachte Sequenzen zu ersetzen und diese dann für die Wahrheit hält.


Was ist so verwerflich daran? Nichts ist so originär, dass es die Realität spiegeln könnte. Selbst ein Tagebuch ist eine Auswahl, so penibel und umfangreich es auch geführt sein mag. Geschichte ist eine große Erzählung, die von vielen Menschen fortgeführt wird. Einzelne ragen dabei heraus und vermögen unter bestimmten Gesichtspunkten einzelne Aspekte genauer zu beleuchten. Bücher sind ein Versuch, die entrinnende Zeit festzuhalten und anderen erfahrbar zu machen. Deswegen schreibt heutzutage jedermann seine Biographie (oder lässt schreiben). Ich frage mich dann höchstens: Wozu den Aufwand, wenn wir doch nur den Moment haben, in dem wir leben? Vermutlich, um uns ein Bild zu machen. Und das muss nicht vollkommen sein und darf ruhig mit Farbe aufgefüllt werden... Schlimmer ist, wenn nichts erzählt wird. Dann kann sich nämlich zB eine Familienaufstellung schwierig gestalten, die aber wichtig sein kann, um bestimmte Verhaltensmuster, die ich habe, zu verstehen und zu erklären.


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Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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BerndHH
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Beitrag17.02.2018 07:45

von BerndHH
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi Abari,
natürlich ist nichts verwerfliches daran.

WP Gedächtnis
Zitat:
  Der Gedächtnisinhalt ist in den Verbindungen der Nervenzellen, den Synapsen, niedergelegt, genauer in der synaptischen Effizienz neuronaler Netze. Zwischen den ungefähr 100 Milliarden Nervenzellen bestehen schätzungsweise 100 bis 500 Billionen Synapsen. Entscheidend ist hierbei die synaptische Plastizität: Viele Synapsen sind anatomisch anpassungsfähig. Dadurch können sie die Effizienz der Übertragung zwischen den Neuronen verändern. Außerdem werden Übertragungseigenschaften durch Neubildung und Abbau von Synapsen angepasst.

Es sind also keine Proteinmoleküle, wie man damals glaubte, die bestimmte Erinnerungsinhalte speichern können, sondern neuronale Netze. Ein physiologischer Vorgang ... ist ja auch egal.

Ein Mensch ist also das Produkt seiner erlebten Wahrnehmungen - stark selektiv natürlich, da unmöglich alle Informationen verarbeitet werden können. Das Gedächtnis ist formbar/trainierbar ganz klar aber bei Defekten in der Informationsverarbeitung können bestimmte Inhalte auch irreversibel verloren gehen.

Unter Demenz stell ich mir vor, dass nach und nach bestimmte Hirnbereiche abgeschaltet werden oder Störfeuer zwischen den Synapsen herrscht, wodurch keine vernünftige Information mehr zustande kommt.


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Willebroer
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Beitrag17.02.2018 16:07

von Willebroer
Antworten mit Zitat

Man sollte das menschliche Gehirn nicht unterschätzen. In gewisser Weise kann man Phantasie und Kreativität mit Humor vergleichen. Manche Leute haben es und manche nicht.

Aber ich habe auch immer wieder mal (seltene) Ausnahmen kennengelernt. Manche Leute haben sogar einen Humor entwickelt, den ich ihnen nie zugetraut hätte. Vielleicht hat nicht jeder die winzige Mindestanlage für Humor oder Kreativität (oder Musikalität). Und natürlich ist das im Alter schwieriger. Aber ganz sicher kann man nie sein.

Was einem wichtig ist, sollte man ruhig zu lernen versuchen. Auch wenn es schwerfällt. Gerade im Alter!!!
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