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Theater mit Phil


 
 
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joycec
Gänsefüßchen


Beiträge: 25



Beitrag14.02.2018 22:38
Theater mit Phil
von joycec
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Theater mit Phil


Phil war pubertierende fünfzehn als sein Vater mich ihm vorstellte. Seine Mutter war gestorben als Phil neun war. Ich war das Schlimmste, das er sich vorstellen konnte. Der fleischgewordene Hochverrat an dem Menschen, den er am meisten vermisste.
Es war nicht so, dass ich mir Ulf an Land gezogen hatte. Wir waren eine dieser über drei Freundesecken verkuppelten Unwahrscheinlichkeiten, die dann doch aufgehen. Ein paar Abende, ein paar Gläser Wein, ein paar nette Gespräche, ein erster Abend zu zweit, ein zweiter in meinem Bett. Keine peinliche Teenagerliebe, keine stürmischen Küsse, eher aufrichtige und beiderseitige Liebe.

Unser Kennenlernen ist jetzt vier Jahre her, seit zwei Jahren ist Ulf wieder mehr auf Montage. Phil hat sich nicht nur an mich gewöhnt, wir haben sogar ein paar Gemeinsamkeiten entdeckt. Mindestens eine davon halte ich als Illusion mühsam am Leben.
Phil sitzt auf der Couch, hält sein Rotweinglas umklammert und sieht fasziniert zu, wie die eindeutig Guten den eindeutig Bösen „die Fresse polieren“, wie er es ausdrückt. Vorher war das andersrum, aber innerhalb von belanglosen fünfzehn Minuten hat sich das Blatt gewendet. Absolut überraschender Verlauf der brillanten Storyline. Nicht einmal nach dem dritten Rotwein.

Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Werbepause. Phil steht auf, sieht auf mein Glas und hält mir seine Hand hin.
„Auch noch eins?“
„Klar, danke.“ Meine Stimme klingt, wie ich mich fühle.
„Alles okay?“
„Ja, klar.“ Ich bin eine miserable Lügnerin und ein die meiste Zeit unreflektierter Haufen Elend.
„Weinst du?“
Jetzt ja. Danke dafür. „Schon gut, ist nichts, hab ich schon mal.“
Er nickt, glaubt mir offenkundig kein Wort, zieht aber ab.

Phil kommt mit zwei Eimern Wein wieder. Sie sind aus Glas, fassen wie die, die er mitgenommen hat, einen halben Liter und sind, anders als die von mir eingeschenkten, randvoll.
„Willst du mich abfüllen?“, frage ich mit echtem Entsetzen. Meine Stimmung ist vergessen, für geniale drei Sekunden.
„Nein, ertränken.“
Ich grinse, wenn auch nur kurz.
„Ich renn' doch nicht dauernd in die Küche. Außerdem, wenn du mir so erzählst, was los ist …“
Ich atme tief durch, weil das heute schon der zweite Moment ist, in dem er mich durch so gut wie nichts fast zum Heulen gebracht hat.
„Ach, albern eigentlich“, ich proste ihm zu und nehme einen großen, Mut machenden Schluck, „ich denke an alte Zeiten, wobei damit ganze zwei Jahre gemeint sind.“
„Gut, da habe ich immerhin schon gelebt.“
Ich boxe ihn in die Seite, er ignoriert das und grinst.
„Gott, ist das peinlich“, winde ich mich, aber es muss raus, das weiß ich selbst am besten und ohne diesen alkoholischen Nebel, würde ich es nie erzählen.
Er trinkt einen großen Schluck.
„Geht es um mich? Soll ich irgendwas …“
„Nein! Es geht um deinen Vater. Um mich. Um uns beide. Um Se… uns.“
„Sex, wolltest du sagen?“
Ohne Nebel hätte er das nicht gefragt.

„Ja, schon, irgendwie, also auch. Ach, fuck! Früher ist dein Vater über mich hergefallen, nachdem er auf Montage war. Heute komme ich mir vor, als müsste ich lächerliche Tanzübungen vor ihm veranstalten, damit er einen ho…“
„Keine Details, alles klar.“
„Tschuldigung. Ich glaube einfach manchmal, dass er mich nicht mehr attraktiv findet.“
„Kann ich mir nicht vorstellen.“
Mehr Information bitte. Das ist kein ganzer Satz für eine Frau. Warum nicht? Warum genau nicht? Warum außerdem nicht? Männergespräche müssen zu fünfzig Prozent telepathisch verlaufen, sonst könnte da nie was bei rauskommen. Ich sehe ihn fragend, dann auffordernd an. Peinliche Stille.
Phil sieht aus, als wollte er mich in den Arm nehmen und ich muss mir eingestehen, dass ich einen Arm gebrauchen könnte. Die Tränen wollen zurückkehren und werden mit einem aus Rotwein bestehenden Gegenfeuer in Zaum gehalten.
„Also ich finde, dass du noch immer eine schöne Frau bist.“
„Danke, das ist nett.“ Das ist die Untertreibung des Jahres, weil ich mich an nichts Vergleichbares aus dem Mund seines Vaters erinnern kann, seit … was weiß ich. Mein Selbstwertgefühl liegt da wie ein halbherzig poliertes Silberbesteck, das man zwar gerne vorzeigt, mit dem man aber nicht isst. Ich gieße Rotwein darüber, damit es wenigstens für den Rest des Abends glänzt.
Phil hat vermutlich das Gegenteil von dem ausgelöst, was er beabsichtigt hat. Die Sehnsucht nach einem Gefühl, das noch nicht lange genug her ist, um es vergessen zu haben und zu lange, um es noch zu spüren. Ich kann mich noch an Ulfs Blicke erinnern, an die Hände danach, den Geruch von Schweiß unter der Decke und seinen Geruch, wenn wir noch eine Weile liegen blieben.
Immerhin beinhaltet Sehnsucht auch ein paar schöne Erinnerungen. Phil zerrt mich aus deren Umarmung, indem er aufsteht.
Er sieht mich an, hält mir seine Hand hin, sieht auf mein noch halbvolles Glas.
„Oh, war ich wohl etwas schneller als du.“
Ich trinke mein Glas in einem Zug aus und halte es ihm hin.
„Etwas.“

Mit neuer Politur ausgestattet, sitzen wir auf der Couch und sehen wieder auf die Glotze. Meine Füße liegen auf dem Tisch und ich bin eine entspannte Ulf-Versuchung auf zwei atemberaubend tanzenden Beinen, bis mich eine Panzerfaust ins Leben zurückruft.
„Ist das der, der auch diesen Kurierfahrer gespielt hat?“
„Wer?“
„Der ohne Panzerfaust.“
„Hab ich jetzt nicht gesehen“, gesteht er und rutscht sich zurecht.
„Ich denke, du guckst das?“
„Ja, schon.“
Ich bohre nicht nach, stelle aber nach nur einer Minute fest, dass er entweder schielt oder auf meine Füße statt auf den Fernseher sieht.
Ich überlege, was an meinen Füßen nicht stimmt. Zehn Zehen, Keine Alien-Bewegungen unter der Haut. Alles paletti.
Ich beobachte seinen Blick noch mehrmals, bin viel zu betrunken, ihn einzusortieren und verabschiede mich ins Bett.

Ulf ist am Freitagabend kaum zur Tür rein gekommen, da falle ich über ihn her. Er versucht, mich abzuwehren, muss pinkeln, riecht nach einer langen Autofahrt, aber ich will ihn, auf der Stelle. Ich gestehe ihm ein kleines Geschäft zu und überrede ihn zu einer Dusche, indem ich mich nackt darunter stelle und ihm auseinandersetze, was genau ich jetzt gerne einseifen würde. Er lässt sich von mir einen runterholen und stellt die Dusche ab. Im Schlafzimmer lehnt er die zweite Runde ab, weil er einfach zu fertig ist von einer Woche Arbeit und fünf Stunden Autofahrt. Ich gönne ihm seine Ruhe, gehe ins Wohnzimmer und spüle die Leere im Kopf am Kloß im Hals vorbei.

Der Sonntag vergeht mit Kochen, Essen, einem Spaziergang, Fernsehen mit Ulf und einer schnellen Nummer im Bett, bei der er kommt und ich mich frage, ob ich überhaupt schon in Stimmung gewesen bin. Mein Montag ist ein einsamer, weil Ulf wieder auf Montage und Phil in der Bibiothek ist. Ich sitze drei Stunden auf der Couch, vor einem leeren Word-Dokument und denke darüber nach, ob ich es als inhaltliche Beschreibung der letzten zwei Jahre meines Lebens ausdrucke.
Mein Blick fällt auf ein Päckchen, das so schlecht in unpassend weihnachtliches Geschenkpapier eingewickelt ist, dass es von Phil sein muss. Ulf lässt einpacken. Phil ist an der Uni, also überlege ich, ob ich mit dem Auspacken warten soll. Das könnte ich per Smartphone anfragen, aber meine Laune hindert mich an jedem Sozialkontakt und lässt mich träge das Papier zerreißen.

Der Karton gibt eine weitere Umverpackung preis, auf der eine Schönheit abgebildet ist, die in Wahrheit wahrscheinlich keine ist, aber einen perfekt sitzenden Perlenstring trägt. Ich blicke auf das „Geschenk“ und frage mich, ob ich mich darüber freuen, heulen oder ausrasten soll. Ist das der Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir so einen Scheiß anziehen soll, um noch den Hauch einer Chance zu haben, von meinem eigenen Freund flachgelegt zu werden?

Keine Frau sieht in Wahrheit so aus wie die Photoshop-Karikatur auf dem Bild. Ich gehe ins Bad und ziehe den Perlenstring an, der, im Spiegel betrachtet, optisch unspektakulär ist, für mich zumindest. Er kribbelt ganz nett, weil er sich, wenig überraschend, den Weg des geringsten Widerstands sucht. Am Ziel angekommen wirkt er allerdings recht teilnahmslos und könnte auch fehlen.

Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy“-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten Zwischenstopp.

Mein schweres Atmen veranlasst eine vermutlich nette Dame, mich zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich nicke, brauche etwas zu lang um „Alles okay“ zu sagen und realisiere, dass ich an eine Tiefkühltruhe gelehnt vor einer fremden Frau auszulaufen drohe. Ich habe die Hälfte des Einkaufszettels abgearbeitet und muss sofort nach Hause.

Nach wiedererlangter Zurechnungsfähigkeit frage ich mich, warum Phil mir so etwas kauft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich Ulf damit wenigstens zu einer unspektakulären Nummer animieren könnte. Das entspräche meinem Anliegen aber nicht meiner Vorstellung von einer dauerhaften Lösung. Und wenn Phils Lösung ganz anders aussieht und gar nichts mit Ulf zu tun hat? Ich verwerfe den Gedanken, weil die Vorstellung, damit falsch zu liegen und in diesem Nichts vor ihm zu stehen, schon peinlich genug ist.

Bluse und Minirock empfinde ich als haustauglich, den Perlenstring darunter auch. Als Phil nach Hause kommt, verschwindet er gleich in seinem Zimmer. Ich bin die personifizierte Ungeduld, warte aber, bis er schließlich zum Abendessen erscheint. Er sieht mich kaum an, weil er weiß, dass ich sein Geschenk gefunden habe. Nachdem ich mich dafür bedankt habe, wird er ein bisschen rot, hofft aber ausdrücklich, dass es mir gefällt.
„Und ob. Ich war damit einkaufen.“
Er sieht mich mit großen Augen an, isst aber weiter, weil ich es auch tue.

Mangels Action und Kultur im Fernsehen landen wir mit je einem Buch auf der Couch. Ich habe fast das ganze Buch und das halbe Glas Wein hinter mir, bei Phil ist das umgekehrt. Er geht sein Glas auffüllen, ich verzichte vorerst auf Nachschlag.
„Ich musste nach der Hälfte der Einkaufsliste aufgeben“, knüpfe ich ans Abendessen an.
Ich kichere albern, weniger, weil ich ihm das gesagt habe, eher, weil ich mich daran erinnere.
„Aber ich nehme an, dein Geschenk gilt primär der Verführung deines Vaters.“
„Nein, die Rezensionen klangen, als könntest du damit … es soll sich angeblich ganz nett anfühlen … also … ein bisschen Spaß schadet ja nicht.“
Es kommt mir vor als seien das schon mehr an mich gerichtete Gedanken als Ulf in den letzten zwei Jahren zustande gebracht hat. Auf die Idee, er könnte es genau aus dem Grund und wirklich nur für mich gekauft haben, wäre ich nicht gekommen. Wohl auch, weil ich von Ulf auf Phil schloss.

„Warst du in dem Outfit einkaufen?“.
„Japp“, antwortet mein auf dem Rücken durch den Rotwein kraulendes Ego, „plus weiße High Heels. Ein paar Blicke habe ich wohl kassiert.“
„Kein Wunder.“
Ich finde es äußerst unfair, wie zwei einfache Worte auf dem Weg von den Ohren bis zum Bewusstsein den Weg einmal durch den gesamten Körper nehmen, die Durchblutung einzelner Organe regulieren und sich daran festklammern können. Mein Protest wird ignoriert, ist allerdings auch nur halbherzig..
„Die Schuhe sind der Hammer“, stelle ich fest, „aber eine ganz schöne Tortur für die Füße.“
„Kann ich mir vorstellen.“
Na gut, mit neunzehn darf er noch etwas schwer von Begriff sein.
„Ein Gentleman würde einer Dame jetzt anbieten, ihre Füße zu massieren.“
Bevor ich es mir anders überlege, drehe ich mich zu ihm hin, lehne mich an die Seitenlehne und lege ihm meine Füße auf die Oberschenkel. Meine Zehen winken ihm aufmunternd zu. Er streichelt meine Füße mehr als dass er sie massiert, aber irgendwie war das ja auch das Ziel. Nach einer Viertelstunde flüchte ich vor meiner eigenen Fantasie, indem ich ihm mit einem schnellen Kuss eine gute Nacht wünsche. Das war unser erster und ich weiß nicht einmal, wo der Entschluss dazu herkam.

Eine halbe Stunde lang sitze ich auf meinem Bett, starre auf Rock, Bluse und Perlenstring, die am Boden liegen als spielten sie die Zuversicht in einem Theaterstück, das mit Ulf und mir besetzt ist und kein Happyend verspricht. Ich finde nicht, dass ich auf diese Bühne gehöre.
Phils Blick entgeht mir nicht, als ich mit neuem Rotwein ins Wohnzimmer zurückkehre. Er kann kaum meinem Outfit gelten, das aus Jogginghose und Sweatshirt besteht.
„Kann nicht schlafen." Das ist immerhin nicht allzu weit von der halben Wahrheit entfernt.
Er zieht meine Füße wie selbstverständlich auf seinen Schoß, um mich von den Socken zu befreien und die unterbrochene Massage fortzusetzen. Mein Wein verbündet sich mit einer Armee aus Hormonen zu der Ansicht, das sei ein komplett harmloses Unterfangen. Seine Aufmerksamkeit gilt dem Fernseher, für ein paar angestrengte Minuten, dann sieht er auf meine Füße, auf mich, weicht meinem Blick aus und richtet ihn wieder auf die Zehen, die er mit den Fingern umkreist.
Meine Füße entziehen sich ihm, ganz automatisch. Ich setze mich auf seinen Schoß, lege ihm die Hände auf die Schultern und sehe ihm von oben in die Augen. Er legt den Kopf auf dem Polster ab, sieht mich unsicher an und legt noch unsicherer seine Hände auf meine Hüften.
„Was wird das hier?“, frage ich ihn und auch und vor allem mich.
„Was … dürfte es denn werden?“
„Ich bin ein bisschen zu alt, findest du nicht?“
„Vielleicht für eine Schneeballschlacht, aber wohl kaum, um ... geliebt zu werden?“
„Dafür wohl nicht“, sehe ich ein und mache unseren zweiten Kuss aus dieser Gelegenheit. Phil umklammert mich regelrecht mit seinen Armen, fährt mit seinen Händen über meinen Rücken und dann wieder zielstrebig zu meinen Füßen.
„Du bist ein kleiner Fußfetischist.“ Ich lache ihn an und stelle erfreut fest, dass etwas von der Unsicherheit weicht.
Sein Blick hat etwas Genießerisches und den Glanz, den ich an seinem Vater vermisse. Vermisste.
„Ich bin ein kleiner Sophie-Fetischist.“
„Das solltest du unbedingt ausleben!“, motiviere ich ihn, nachdem das Lachen längst einem Strahlen gewichen ist.
Er versucht nicht einmal, mir unter die Klamotten zu gehen und sieht nur nach Phil aus, der eine Frau in seinen Armen hält, die er scheinbar nicht mehr loslassen will. Muss er auch nicht. Ich ziehe mir das Sweatshirt über den Kopf, sehe zu, wie seine Augen größer werden und sein Lächeln weicher. Er ist viel zu aufgeregt, um zu ertragen, wie langsam ich ihn von seinem T-Shirt befreie. Meine Arme liegen um seinen Hals, während er mit mir aufsteht.

Jogginghose, Jeans und Shorts treten dem Ensemble einer Aufführung bei, deren Regisseurin gerade beschlossen hat, dass man sich einen Auftritt darin verdienen muss. Phils Vorhang fällt so früh wie erwartet, ist aber nicht sein letzter. Wir verstecken uns unter der Bettdecke, weil die Welt darunter groß genug ist, für alles, was sie beinhalten muss. Ich atme den unnachahmlichen Duft einer Welt, die gerade im Entstehen ist. Diese Mischung aus Weinen und Lachen, die sich ständig in die richtige Richtung neigt und einen plötzlich mitreißt auf eine rasante Wildwasserbahn rund um sich selbst, auf Tränen, die endlich den richtigen Grund haben. Wie konnte ich so lange darauf verzichten? Zu alt für eine Schneeballschlacht. Von wegen!

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Selanna
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Beitrag16.02.2018 00:27

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Joycec,

Zitat:
Phil war WW pubertierende fünfzehn Komma als sein Vater mich ihm vorstellte. Seine Mutter war gestorben Komma als Phil neun war WW; außerdem glaube ich, wäre „gewesen war“ hier korrekter? . Ich war WW das Schlimmste, das er sich vorstellen konnte. Der fleischgewordene Hochverrat an dem Menschen, den er am meisten vermisste.
Es war WW nicht so, dass ich mir Ulf an Land gezogen hatte. Wir waren WW eine dieser über drei Freundesecken verkuppelten Unwahrscheinlichkeiten, die dann doch aufgehen. Ein paar Abende, ein paar Gläser Wein, ein paar nette Gespräche, ein erster Abend zu zweit, ein zweiter in meinem Bett. Keine peinliche Teenagerliebe, keine stürmischen Küsse, eher aufrichtige das „eher“ führt hier das „aufrichtig“ ad absurdum. Wenn etwas eher aufrichtig als glatt gelogen ist, dann ist es doch bloß halb gelogen, oder? Wink und beiderseitige Liebe.

Unser Kennenlernen ist jetzt vier Jahre her, seit zwei Jahren ist Ulf wieder mehr auf Montage. Phil hat sich nicht nur an mich gewöhnt, wir haben sogar ein paar Gemeinsamkeiten entdeckt. Mindestens eine davon halte ich als Illusion mühsam am Leben.
Phil sitzt auf der Couch, hält sein Rotweinglas umklammert und sieht fasziniert zu, wie die eindeutig Guten den eindeutig Bösen „die Fresse polieren“, wie er es ausdrückt. Vorher war das andersrum, aber innerhalb von belanglosen fünfzehn Minuten hat sich das Blatt gewendet. Absolut überraschender Verlauf der brillanten Storyline. Nicht einmal nach dem dritten Rotwein.

Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Werbepause. Phil steht auf, sieht auf mein Glas und hält mir seine Hand hin.
„Auch noch eins?“
„Klar, danke.“ Meine Stimme klingt, wie ich mich fühle.
„Alles okay?“
„Ja, klar.“ Ich bin eine miserable Lügnerin so schlecht kann die Ich gar nicht lügen, immerhin lügt sie Phil seit langem vor, dass sie Actionfilme mag... und ein die meiste Zeit unreflektierter Haufen Elend das kommt überraschend. Die Ich ist in dieser Geschichte also „die meiste Zeit“ unglücklich? Hängt das mit Ulfs Montageabwesenheit zusammen? Das solltest Du vorher vllt schon ein bisschen andeuten .
„Weinst du?“
Jetzt ja. Danke dafür Das finde ich ein bisschen gemein. Der arme Jugendliche fragt höflich und deshalb ist er schuld, dass die Ich weint? . „Schon gut, ist nichts, hab ich schon mal.“
Er nickt, glaubt mir offenkundig kein Wort, zieht aber ab.

Phil kommt mit zwei Eimern Wein Was??? Ich bin geschockt! Es gibt in Dtl Wein in Eimern zu kaufen? Lass ihn doch zwei Flaschen bringen, bitte bitte! wieder. Sie sind aus Glas, fassen wie die, die er mitgenommen hat, einen halben Liter und sind, anders als die von mir eingeschenkten, randvoll. Ich begreife das Gefäß einfach nicht. Also, die zwei Eimer sind nicht der ursprüngliche Behälter, sondern Trinkgefäße, quasi Rotweingläser. Aber welche die 0,5l umfassen. Was soll das sein? Ich habe mal erzählt bekommen, dass man in der Pfalz aus 0,5er-Gläsern Wein trinkt. Sind das Eimer? Das wäre sehr regional
„Willst du mich abfüllen?“, frage ich mit echtem Entsetzen. Meine Stimmung ist vergessen, für geniale drei Sekunden.
„Nein, ertränken.“
Ich grinse, wenn auch nur kurz.
„Ich renn‘ doch nicht dauernd in die Küche. Außerdem, wenn du mir so erzählst, was los ist …“
Ich atme tief durch, weil das heute schon der zweite Moment ist, in dem er mich durch so gut wie nichts fast zum Heulen gebracht hat.
„Ach, albern eigentlich“, ich proste ihm zu und nehme einen großen, Mut machenden Schluck, „ich denke an alte Zeiten, wobei damit ganze zwei Jahre gemeint sind.“
„Gut, da habe ich immerhin schon gelebt.“
Ich boxe ihn in die Seite, er ignoriert das und grinst.
„Gott, ist das peinlich“, winde ich mich, aber es muss raus, das weiß ich selbst am besten und ohne diesen alkoholischen Nebel, würde ich es nie erzählen.
Er trinkt einen großen Schluck. Sie trank auch schon einen großen Schluck: WW
„Geht es um mich? Soll ich irgendwas …“
„Nein! Es geht um deinen Vater. Um mich. Um uns beide. Um Se… uns.“
„Sex, wolltest du sagen?“
Ohne Nebel hätte er das nicht gefragt.

„Ja, schon, irgendwie, also auch. Ach, fuck! Früher ist dein Vater über mich hergefallen, nachdem er auf Montage war. Heute komme ich mir vor, als müsste ich lächerliche Tanzübungen vor ihm veranstalten, damit er einen ho…“
„Keine Details, alles klar.“
„Tschuldigung. Ich glaube einfach manchmal, dass er mich nicht mehr attraktiv findet.“
„Kann ich mir nicht vorstellen.“
Mehr Information bitte. Das ist kein ganzer Satz für eine Frau. Warum nicht? Warum genau nicht? Warum außerdem nicht? Männergespräche müssen zu fünfzig Prozent telepathisch verlaufen, sonst könnte da nie was bei rauskommen das ist sehr ugs. Gewollt? . Ich sehe ihn fragend, dann auffordernd an. Peinliche Stille.
Phil sieht aus, als wollte er mich in den Arm nehmen Komma und ich muss mir eingestehen, dass ich einen Arm gebrauchen könnte. Die Tränen wollen zurückkehren und werden mit einem aus Rotwein bestehenden Gegenfeuer in Zaum gehalten.
„Also Komma ich finde, dass du noch immer eine schöne Frau bist.“
„Danke, das ist nett.“ Das ist die Untertreibung des Jahres, weil ich mich an nichts Vergleichbares aus dem Mund seines Vaters erinnern kann, seit … was weiß ich. Mein Selbstwertgefühl liegt da wie ein halbherzig poliertes Silberbesteck, das man zwar gerne vorzeigt, mit dem man aber nicht isst Um das Besteck zu schonen. Hat Ulf keinen Sex mit Ich, weil er Ich schonen will? Der Vergleich ist an und für sich sehr schön ersonnen, aber ich fürchte, er hinkt ein bisschen, oder? . Ich gieße Rotwein darüber, damit es wenigstens für den Rest des Abends glänzt.
Phil hat vermutlich das Gegenteil von dem ausgelöst, was er beabsichtigt hat. Die Sehnsucht nach einem Gefühl, das noch nicht lange genug her ist, um es vergessen zu haben Komma und zu lange, um es noch zu spüren. Ich kann mich noch an Ulfs Blicke erinnern, an die Hände danach, den Geruch von Schweiß unter der Decke und seinen Geruch, wenn wir noch eine Weile liegen blieben zusammen? .
Immerhin beinhaltet Sehnsucht auch ein paar schöne Erinnerungen. Phil zerrt mich aus deren Umarmung, indem er aufsteht.
Er sieht mich an, hält mir seine Hand hin, sieht auf mein noch halbvolles Glas.
„Oh, war ich wohl etwas schneller als du.“
Ich trinke mein Glas in einem Zug aus und halte es ihm hin.
„Etwas.“

Mit neuer Politur ausgestattet, sitzen wir auf der Couch und sehen wieder auf die Glotze. Meine Füße liegen auf dem Tisch und ich bin eine entspannte Ulf-Versuchung auf zwei atemberaubend tanzenden Beinen, bis mich eine Panzerfaust ins Leben zurückruft.
„Ist das der, der auch diesen Kurierfahrer gespielt hat?“
„Wer?“
„Der ohne Panzerfaust.“
„Hab ich jetzt nicht gesehen“, gesteht er und rutscht sich zurecht.
„Ich denke, du guckst das?“
„Ja, schon.“
Ich bohre nicht nach, stelle aber nach nur einer Minute fest, dass er entweder schielt oder auf meine Füße statt auf den Fernseher sieht.
Ich überlege, was an meinen Füßen nicht stimmt. Zehn Zehen, Keine Alien-Bewegungen unter der Haut. Alles paletti.
Ich beobachte seinen Blick noch mehrmals, bin viel zu betrunken, ihn einzusortieren und verabschiede mich ins Bett.
Du hast hier drei Absätze mit „Ich“ begonnen. Absicht? Wäre hier vertretbar, denke ich
Ulf ist am Freitagabend kaum zur Tür rein gekommen hereingekommen , da falle ich über ihn her. Er versucht, mich abzuwehren, muss pinkeln, riecht nach einer langen Autofahrt, aber ich will ihn, auf der Stelle. Ich gestehe ihm ein kleines Geschäft zu und überrede ihn zu einer Dusche, indem ich mich nackt darunter stelle und ihm auseinandersetze, was genau ich jetzt gerne einseifen würde. Er lässt sich von mir einen runterholen und stellt die Dusche ab. Im Schlafzimmer lehnt er die zweite Runde ab, weil er einfach zu fertig ist von einer Woche Arbeit und fünf Stunden Autofahrt. Ich gönne ihm seine Ruhe, gehe ins Wohnzimmer und spüle die Leere im Kopf am Kloß im Hals vorbei. sehr schön formuliert Smile

Der Sonntag vergeht mit Kochen, Essen, einem Spaziergang, Fernsehen mit Ulf und einer schnellen Nummer im Bett, bei der er kommt und ich mich frage, ob ich überhaupt schon in Stimmung gewesen bin. Mein Montag ist ein einsamer, weil Ulf wieder auf Montage und Phil in der Bibiothek Bibliothek ist. Ich sitze drei Stunden auf der Couch, vor einem leeren Word-Dokument Komma und denke darüber nach, ob ich es als inhaltliche Beschreibung der letzten zwei Jahre meines Lebens ausdrucke.
Mein Blick fällt auf ein Päckchen, das so schlecht in unpassend weihnachtliches Geschenkpapier eingewickelt ist, dass es von Phil sein muss. Ulf lässt einpacken. Phil ist an der Uni, also überlege ich, ob ich mit dem Auspacken warten soll. Das könnte ich per Smartphone anfragen, aber meine Laune hindert mich an jedem Sozialkontakt und lässt mich träge das Papier zerreißen.

Der Karton gibt eine weitere Umverpackung preis, auf der eine Schönheit abgebildet ist, die in Wahrheit wahrscheinlich keine ist, aber einen perfekt sitzenden Perlenstring trägt. Ich blicke auf das „Geschenk“ und frage mich, ob ich mich darüber freuen, heulen oder ausrasten soll. Ist das der Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir so einen Scheiß anziehen soll, um noch den Hauch einer Chance zu haben, von meinem eigenen Freund flachgelegt zu werden?

Keine Frau sieht in Wahrheit so aus wie die Photoshop-Karikatur auf dem Bild. Ich gehe ins Bad und ziehe den Perlenstring an, der, im Spiegel betrachtet, optisch unspektakulär ist, für mich zumindest. Er kribbelt ganz nett, weil er sich, wenig überraschend, den Weg des geringsten Widerstands sucht. Am Ziel angekommen wirkt er allerdings recht teilnahmslos und könnte auch fehlen.

Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy“-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten Zwischenstopp.

Mein schweres Atmen veranlasst eine vermutlich nette Dame, mich zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich nicke, brauche etwas zu lang um „Alles okay“ zu sagen und realisiere, dass ich an eine Tiefkühltruhe gelehnt vor einer fremden Frau auszulaufen drohe. Ich habe die Hälfte des Einkaufszettels abgearbeitet und muss sofort nach Hause.

Nach wiedererlangter Zurechnungsfähigkeit frage ich mich, warum Phil mir so etwas kauft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich Ulf damit wenigstens zu einer unspektakulären Nummer animieren könnte. Das entspräche meinem Anliegen Komma aber nicht meiner Vorstellung von einer dauerhaften Lösung. Und wenn Phils Lösung ganz anders aussieht und gar nichts mit Ulf zu tun hat? Ich verwerfe den Gedanken, weil die Vorstellung, damit falsch zu liegen und in diesem Nichts vor ihm zu stehen, schon peinlich genug ist.

Bluse und Minirock empfinde ich als haustauglich, den Perlenstring darunter auch. Als Phil nach Hause kommt, verschwindet er gleich in seinem Zimmer. Ich bin die personifizierte Ungeduld, warte aber, bis er schließlich zum Abendessen erscheint. Er sieht mich kaum an, weil er weiß, dass ich sein Geschenk gefunden habe. Nachdem ich mich dafür bedankt habe, wird er ein bisschen rot, hofft aber ausdrücklich, dass es mir gefällt.
„Und ob. Ich war damit einkaufen.“
Er sieht mich mit großen Augen an, isst aber weiter, weil ich es auch tue.

Mangels Action und Kultur im Fernsehen landen wir mit je einem Buch auf der Couch. Ich habe fast das ganze Buch und das halbe Glas Wein hinter mir, bei Phil ist das umgekehrt. Er geht sein Glas auffüllen, ich verzichte vorerst auf Nachschlag.
„Ich musste nach der Hälfte der Einkaufsliste aufgeben“, knüpfe ich ans Abendessen an.
Ich kichere albern, weniger, weil ich ihm das gesagt habe, eher, weil ich mich daran erinnere.
„Aber ich nehme an, dein Geschenk gilt primär der Verführung deines Vaters.“
„Nein, die Rezensionen klangen, als könntest du damit … es soll sich angeblich ganz nett anfühlen … also … ein bisschen Spaß schadet ja nicht.“
Es kommt mir vor als seien das schon mehr an mich gerichtete Gedanken Komma als Ulf in den letzten zwei Jahren zustande gebracht hat. Auf die Idee, er könnte es genau aus dem Grund und wirklich nur für mich gekauft haben, wäre ich nicht gekommen. Wohl auch, weil ich von Ulf auf Phil schloss.

„Warst du in dem Outfit einkaufen?“.
„Japp“, antwortet mein auf dem Rücken durch den Rotwein kraulendes Ego das klingt zwar gut, aber auch etwas verwirrend , „plus weiße High Heels. Ein paar Blicke habe ich wohl kassiert.“
„Kein Wunder.“
Ich finde es äußerst unfair, wie zwei einfache Worte auf dem Weg von den Ohren bis zum Bewusstsein den Weg einmal durch den gesamten Körper nehmen, die Durchblutung einzelner Organe regulieren und sich daran festklammern können. Mein Protest wird ignoriert, ist allerdings auch nur halbherzig..
„Die Schuhe sind der Hammer“, stelle ich fest, „aber eine ganz schöne Tortur für die Füße.“
„Kann ich mir vorstellen.“
Na gut, mit neunzehn darf er noch etwas schwer von Begriff sein.
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Bevor ich es mir anders überlege, drehe ich mich zu ihm hin, lehne WW mich an die Seitenlehne WW und lege ihm meine Füße auf die Oberschenkel. Meine Zehen winken ihm aufmunternd zu. Er streichelt meine Füße mehr Komma als dass er sie massiert, aber irgendwie war das ja auch das Ziel. Nach einer Viertelstunde flüchte ich vor meiner eigenen Fantasie, indem ich ihm mit einem schnellen Kuss eine gute Nacht wünsche. Das war unser erster und ich weiß nicht einmal, wo der Entschluss dazu herkam.

Eine halbe Stunde lang sitze ich auf meinem Bett, starre auf Rock, Bluse und Perlenstring, die am Boden liegen Komma als spielten sie die Zuversicht in einem Theaterstück, das mit Ulf und mir besetzt ist und kein Happyend verspricht. Ich finde nicht, dass ich auf diese Bühne gehöre. wenn das die einzige Anspielung auf den Titel bleibt, ist es für mich zu dünn und zu weit hergeholt, das fühlt sich reingeklatscht und nicht zum Text gehörig an
Phils Blick entgeht mir nicht, als ich mit neuem Rotwein ins Wohnzimmer zurückkehre. Er kann kaum meinem Outfit gelten, das aus Jogginghose und Sweatshirt besteht.
„Kann nicht schlafen.“ Das ist immerhin nicht allzu weit von der halben Wahrheit entfernt. die halbe Wahrheit ist hier eines der Hauptmotive? Solche durchgänigen Themen find ich immer toll!
Er zieht meine Füße wie selbstverständlich auf seinen Schoß, um mich von den Socken zu befreien und die unterbrochene Massage fortzusetzen. Mein Wein verbündet sich mit einer Armee aus Hormonen zu der Ansicht, das sei ein komplett harmloses Unterfangen Wirklich? Oder ist es ein komplett reizvolles Unterfangen? . Seine Aufmerksamkeit gilt dem Fernseher, für ein paar angestrengte Minuten, dann sieht er auf meine Füße, auf mich, weicht meinem Blick aus und richtet ihn wieder auf die Zehen, die er mit den Fingern umkreist.
Meine Füße entziehen sich ihm, ganz automatisch. Ich setze mich auf seinen Schoß, lege ihm die Hände auf die Schultern und sehe ihm von oben in die Augen. Er legt den Kopf auf dem Polster ab, sieht mich unsicher an und legt noch unsicherer seine Hände auf meine Hüften.
„Was wird das hier?“, frage ich ihn und auch und vor allem mich.
„Was … dürfte es denn werden?“
„Ich bin ein bisschen zu alt, findest du nicht?“
„Vielleicht für eine Schneeballschlacht, aber wohl kaum, um ... geliebt zu werden?“
„Dafür wohl nicht“, sehe ich ein und mache unseren zweiten Kuss aus dieser Gelegenheit. Phil umklammert mich regelrecht mit seinen Armen, fährt mit seinen Händen über meinen Rücken und dann wieder zielstrebig zu meinen Füßen.
„Du bist ein kleiner Fußfetischist.“ Ich lache ihn an und stelle erfreut fest, dass etwas von der Unsicherheit weicht.
Sein Blick hat etwas Genießerisches und den Glanz, den ich an seinem Vater vermisse. Vermisste. das ergibt keinen Sinn. Früher war der Glanz da, also vermisste sie ihn nicht. Jetzt aber, da der Vater kein Interesse mehr hat, vermisst sie den Glanz (Präsens)
„Ich bin ein kleiner Sophie-Fetischist.“
„Das solltest du unbedingt ausleben!“, motiviere ich ihn, nachdem das Lachen längst einem Strahlen gewichen ist. Ist das Strahlen hier wirklich angemessen? Er schenkt ihr ja kein Schokostreueseleis und sie dürfte langsam eine andere Mimik aufsetzen
Er versucht nicht einmal, mir unter die Klamotten zu gehen Komma und sieht WW nur nach Phil aus weil er ihr nicht an die Wäsche will, sieht er nur nach Phil aus? Ich verstehe den Satz leider nicht , der eine Frau in seinen Armen hält, die er scheinbar nicht mehr loslassen will. Muss er auch nicht. Ich ziehe mir das Sweatshirt über den Kopf, sehe WW zu, wie seine Augen größer werden und sein Lächeln weicher. Er ist viel zu aufgeregt, um zu ertragen, wie langsam ich ihn von seinem T-Shirt befreie. Meine Arme liegen um seinen Hals, während er mit mir aufsteht.

Jogginghose, Jeans und Shorts treten dem Ensemble einer Aufführung bei, deren Regisseurin gerade beschlossen hat, dass man sich einen Auftritt darin verdienen muss. Phils Vorhang fällt so früh wie erwartet, ist aber nicht sein letzter. Wir verstecken uns unter der Bettdecke, weil die Welt darunter groß genug ist, für alles, was sie beinhalten muss. Ich atme den unnachahmlichen Duft einer Welt, die gerade im Entstehen ist. Diese Mischung aus Weinen und Lachen, die sich ständig in die richtige Richtung neigt und einen plötzlich mitreißt auf eine rasante Wildwasserbahn rund um sich selbst, auf Tränen, die endlich den richtigen Grund haben. Wie konnte ich so lange darauf verzichten? Zu alt für eine Schneeballschlacht. Von wegen!


Du kannst mit der richtigen Portion Humor erzählen, das Ganze liest sich gut und flüssig. Die Geschichte ist zwar ziemlich schnell durchschaubar, aber das ist bei dieser Art Text wohl kein Manko.
Die vielen Wortwiederholungen am Anfang fand ich sehr störend, das mit den Kommata weißt Du ja.
Der letzte Absatz ist einerseits fast lyrisch, andererseits hat er mir am Ende dieser Geschichte eigentlich nicht gefallen, weil er sich nicht in das große Ganze fügt, es ist für mich ein anderer Stil.
Insgesamt ist das keine Geschichte für mich, aber das soll Dich nicht weiter stören. Falls was Hilfreiches dabei ist, freu ich mich, wenn nicht, vergiss es Wink

Liebe Grüße
Selanna


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Beitrag16.02.2018 04:12

von V.K.B.
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Hallo joycec,
ich hab die Geschichte gerade noch vorm ins Bett gehen gelesen. Sorry, ich muss sagen, ich finde sie ein bisschen langweilig. Schlecht geschrieben ist sie keineswegs, aber man durchschaut doch schon sehr schnell, worauf das hinausläuft, und vieles plätschert so mehr oder weniger vor sich hin. Da helfen auch die guten Humoreinschübe wenig. Vielleicht bin ich aber auch nicht das Zielpublikum?

Deine "Boutique" hat mir jedenfalls wesentlich besser gefallen, die war voller Überraschungen und damit interessanter zu lesen. Ist aber nur meine Meinung. Schreiben kannst du auf jeden Fall.

Danke für den zweiten Einstand,
Veith


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RememberDecember59
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Beitrag16.02.2018 11:09

von RememberDecember59
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Hallo joycec,
ich finde die Geschichte ist nett zu lesen und gut geschrieben, außerdem mag ich die "Botschaft", die sie vermittelt. Aber sehr originell ist sie nicht gerade, das ist es wohl, was sie ein bisschen langweilig macht. Die Konstellation Stiefsohn/Stiefmutter rangiert in der Welt der Erotikgeschichten und -filme wahrscheinlich irgendwo zwischen Lehrerin/Schüler und Hausfrau/Handwerker. Laughing
Trotzdem: die Art, wie du schreibst, gefällt mir.


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joycec
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Beitrag16.02.2018 12:13

von joycec
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Hallo Selanna,

Selanna hat Folgendes geschrieben:

außerdem glaube ich, wäre „gewesen war“ hier korrekter?

korrekt, auch die Kommata

Selanna hat Folgendes geschrieben:

das „eher“ führt hier das „aufrichtig“ ad absurdum. Wenn etwas eher aufrichtig als glatt gelogen ist, dann ist es doch bloß halb gelogen, oder? Wink

Das ist eine enge Sprachauslegung, entspricht damit aber meinem Anspruch, also, ja. "sondern" statt "eher"?

Selanna hat Folgendes geschrieben:

so schlecht kann die Ich gar nicht lügen, immerhin lügt sie Phil seit langem vor, dass sie Actionfilme mag [...] das kommt überraschend. Die Ich ist in dieser Geschichte also „die meiste Zeit“ unglücklich? Hängt das mit Ulfs Montageabwesenheit zusammen? Das solltest Du vorher vllt schon ein bisschen andeuten

1. finde ich nicht so schlimm(interpretierbar) aber 2.: richtig, damit hängt es zusammen. Ich dachte, das kommt rüber

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Phil kommt mit zwei Eimern Wein Was??? Ich bin geschockt! Es gibt in Dtl Wein in Eimern zu kaufen? Lass ihn doch zwei Flaschen bringen, bitte bitte! wieder. Sie sind aus Glas, fassen wie die, die er mitgenommen hat, einen halben Liter und sind, anders als die von mir eingeschenkten, randvoll. Ich begreife das Gefäß einfach nicht. Also, die zwei Eimer sind nicht der ursprüngliche Behälter, sondern Trinkgefäße, quasi Rotweingläser. Aber welche die 0,5l umfassen. Was soll das sein? Ich habe mal erzählt bekommen, dass man in der Pfalz aus 0,5er-Gläsern Wein trinkt. Sind das Eimer? Das wäre sehr regional

Nix regional. Die Gläser sind halt groß und werden nur mäßig gefüllt. Wenn sie voll sind, kommen sie ihr wie ein Eimer vor. Scheint aber als Bild nicht zu funktionieren. Das wurde schon einmal bemängelt.

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Um das Besteck zu schonen. Hat Ulf keinen Sex mit Ich, weil er Ich schonen will? Der Vergleich ist an und für sich sehr schön ersonnen, aber ich fürchte, er hinkt ein bisschen, oder?

klar hinkt der, muss er ja, Besteck fühlt sich nicht nutzlos. Wenn es das könnte, passte der Vergleich besser. Etwas (jemanden) zu "schonen", ist ja keine wirkliche Wertschätzung. Ich würde das als gewagte Metapher durchgehen lassen, oder? (wurde mir jüngst als "Markenzeichen" angeheftet, was ich nicht unschmeichelhaft fand Smile)

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Du hast hier drei Absätze mit „Ich“ begonnen. Absicht? Wäre hier vertretbar, denke ich

Ich fürchte, nein. Embarassed

Selanna hat Folgendes geschrieben:

„Japp“, antwortet mein auf dem Rücken durch den Rotwein kraulendes Ego das klingt zwar gut, aber auch etwas verwirrend

Hat auch schon jemanden verwirrt. Kein gutes Zeichen.

Selanna hat Folgendes geschrieben:

wenn das die einzige Anspielung auf den Titel bleibt, ist es für mich zu dünn und zu weit hergeholt, das fühlt sich reingeklatscht und nicht zum Text gehörig an

ist es. War in der Urfassung nicht enthalten, schien mir ein schönes Bild und daher, im Ergebnis, titelgebend

Selanna hat Folgendes geschrieben:

„Kann nicht schlafen.“ Das ist immerhin nicht allzu weit von der halben Wahrheit entfernt. die halbe Wahrheit ist hier eines der Hauptmotive? Solche durchgänigen Themen find ich immer toll!

"Die halbe Wahrheit" wäre auch ein brauchbarer Titel Very Happy

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Sein Blick hat etwas Genießerisches und den Glanz, den ich an seinem Vater vermisse. Vermisste. das ergibt keinen Sinn. Früher war der Glanz da, also vermisste sie ihn nicht. Jetzt aber, da der Vater kein Interesse mehr hat, vermisst sie den Glanz (Präsens)

Viel böser. Seit Minuten (Ausstieg aus dem Theaterstück) vermisst sie den Glanz des Vaters nicht mehr. Das wird ihr jetzt klar, wo sie den Glanz in Phils Augen sieht. Ist aber kein gutes Zeichen, wenn ich das erklären muss. Das darf also ausführlicher dargestellt werden. Wink

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Ist das Strahlen hier wirklich angemessen? Er schenkt ihr ja kein Schokostreueseleis und sie dürfte langsam eine andere Mimik aufsetzen

Ich wollte eigentlich ihn strahlen lassen, ihr eigenes kann sie ja nicht sehen ... wieder nicht eindeutig

Selanna hat Folgendes geschrieben:

weil er ihr nicht an die Wäsche will, sieht er nur nach Phil aus? Ich verstehe den Satz leider nich

Kann ich nachvollziehen. Das sind zwei Gedanken in einem Satz. Mindestens.

Selanna hat Folgendes geschrieben:

Du kannst mit der richtigen Portion Humor erzählen, das Ganze liest sich gut und flüssig. Die Geschichte ist zwar ziemlich schnell durchschaubar, aber das ist bei dieser Art Text wohl kein Manko.
Die vielen Wortwiederholungen am Anfang fand ich sehr störend, das mit den Kommata weißt Du ja.
Der letzte Absatz ist einerseits fast lyrisch, andererseits hat er mir am Ende dieser Geschichte eigentlich nicht gefallen, weil er sich nicht in das große Ganze fügt, es ist für mich ein anderer Stil.
Insgesamt ist das keine Geschichte für mich, aber das soll Dich nicht weiter stören. Falls was Hilfreiches dabei ist, freu ich mich, wenn nicht, vergiss es Wink

Liebe Grüße
Selanna


Zeichensetzung Rolling Eyes Mindestens zwei Regeln (als und aber betreffend) verlassen mein Hirn nur zögerlich. Das wird schon. Die WW sind gut beobachtet und mir nicht aufgefallen, danke!
Und da war viel Hilfreiches dabei! Da kommst du ja nicht drauf, wie ein Satz (ein Gedanke) bei den Leser*innen ankommt. Oft eben ganz anders. Also vielen Dank für die Mühe und die messerscharfen Anmerkungen!

Liebe Grüße
Joyce
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Beitrag16.02.2018 12:19

von joycec
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Hallo Veith,

vielen Dank für deinen Kommentar!

V.K.B. hat Folgendes geschrieben:

man durchschaut doch schon sehr schnell, worauf das hinausläuft, und vieles plätschert so mehr oder weniger vor sich hin. Da helfen auch die guten Humoreinschübe wenig. Vielleicht bin ich aber auch nicht das Zielpublikum?

Das ursprüngliche Zielpublikum waren Leser*innen auf xhamster und erogeschichten. Da ist das Sprachniveau ... bescheiden, also war das einer der Versuche, es ein wenig zu heben. So ist übrigens auch die Boutique entstanden. Die bietet mehr Wendungen, also Spannung, das stimmt. Hier ging es mir um den Versuch, mit einer Figur zu fühlen. Das ist sicher etwas weniger aufregend. Wink

Es kommt bestimmt auch wieder Spannenderes.

Danke dir und lieben Gruß
Joyce
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joycec
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Beitrag16.02.2018 12:24

von joycec
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Hallo RememberDecember59,

vielen Dank für deinen Kommentar!

RememberDecember59 hat Folgendes geschrieben:
Hallo joycec,
ich finde die Geschichte ist nett zu lesen und gut geschrieben, außerdem mag ich die "Botschaft", die sie vermittelt. Aber sehr originell ist sie nicht gerade, das ist es wohl, was sie ein bisschen langweilig macht. Die Konstellation Stiefsohn/Stiefmutter rangiert in der Welt der Erotikgeschichten und -filme wahrscheinlich irgendwo zwischen Lehrerin/Schüler und Hausfrau/Handwerker. Laughing
Trotzdem: die Art, wie du schreibst, gefällt mir.


Oha, an die "Themen" habe ich mich tatsächlich noch nicht gewagt, aber ja, die Stiefmutter dürfte kurz vor der Lehrerin im Repertoire jugendlicher Phantasien stattfinden. Laughing Der Stoff wird nicht umfangreicher, wenn man den Sex durch Gefühle/Bilder/Gedanken ersetzt, von daher war das der Versuch, die Geschichte aus dem Porno in die Erotik/Romantik zu heben. Wenn das sprachlich gelungen ist, hat es funktioniert.

Danke für Lob und Kritik!

Liebe Grüße
Joyce
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Beitrag16.02.2018 16:00

von V.K.B.
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Zitat:
von daher war das der Versuch, die Geschichte aus dem Porno in die Erotik/Romantik zu heben. Wenn das sprachlich gelungen ist, hat es funktioniert.
Ja, das hat auf jeden Fall funktioniert, denn als Porno habe ich das nicht gelesen. Auch wenn es vielleicht die gleiche Handlung hat… Razz

Aber die Gradwanderung kenne ich nur zu gut.


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Selanna
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Beitrag16.02.2018 16:24

von Selanna
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Hallo Joycec,

Zitat:
das ist eine enge Sprachauslegung, entspricht damit aber meinem Anspruch, also, ja. „sondern“ statt „eher“?

Ja, „sondern“ fände ich schöner.


Zitat:
Nix regional. Die Gläser sind halt groß und werden nur mäßig gefüllt. Wenn sie voll sind, kommen sie ihr wie ein Eimer vor. Scheint aber als Bild nicht zu funktionieren. Das wurde schon einmal bemängelt.

Ach so. Und wenn Du „randvoll gefüllte Bordeaux-Gläser“ schreibst? Das klingt geschmackvoller und jeder weiß, wie viel da reinpasst, wenn die voll geschenkt sind.

Zitat:
Ich würde das als gewagte Metapher durchgehen lassen, oder? (wurde mir jüngst als „Markenzeichen“ angeheftet, was ich nicht unschmeichelhaft fand Smile)

Aber bitte, gerne Smile Das Kompliment ist wirklich nett, ich bestätige es hiermit!

Zitat:
„Die halbe Wahrheit“ wäre auch ein brauchbarer Titel

Um ehrlich zu sein, finde ich das tatsächlich besser. Gute Idee! Dann könntest Du ein paar Theateranspielungen, die ich ein wenig aufgesetzt finde, dezenter formulieren.

Zitat:
mindestens zwei Regeln (als und aber betreffend) verlassen mein Hirn nur zögerlich. Das wird schon.

Denk ich auch. Fehlende Kommata vor „aber“ habe ich hier schon nicht mehr entdeckt Smile

Zitat:
also vielen Dank für die Mühe und die messerscharfen Anmerkungen!

Sehr gerne! Freut mich, wenn Du etwas rausziehen konntest!

Liebe Grüße
Selanna


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Pickman
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Beitrag16.02.2018 19:27
Re: Theater mit Phil
von Pickman
Antworten mit Zitat

Liebe joycec,

lass mich mal sehen, ob ich auch noch etwas beitragen kann.

joycec hat Folgendes geschrieben:
Phil war pubertierende fünfzehn als sein Vater mich ihm vorstellte. Seine Mutter war gestorben als Phil neun war. Ich war das Schlimmste, das er sich vorstellen konnte. Hier würde ich ein Komma oder einen Doppelpunkt setzen. Der fleischgewordene Hochverrat an dem Menschen, den er am meisten vermisste.
Es war nicht so, dass ich mir Ulf an Land gezogen hatte. Wir waren eine dieser über drei Freundesecken verkuppelten Unwahrscheinlichkeiten, die dann doch aufgehen. Ein paar Abende, ein paar Gläser Wein, ein paar nette Gespräche, ein erster Abend zu zweit, ein zweiter in meinem Bett. Keine peinliche Teenagerliebe, keine stürmischen Küsse, eher aufrichtige und beiderseitige Liebe. Unnötige Doppelung von "Liebe". Außerdem: wenn Du auf den Kontrast zwischen Strohfeuer und nachhaltiger Liebe hinauswillst, kann ich mir bessere Lösungen vorstellen.

Unser Kennenlernen ist jetzt vier Jahre her, seit zwei Jahren ist Ulf wieder mehr auf Montage. Phil hat sich nicht nur an mich gewöhnt, wir haben sogar ein paar Gemeinsamkeiten entdeckt. Mindestens eine davon halte ich als Illusion mühsam am Leben.
Phil sitzt auf der Couch, hält sein Rotweinglas umklammert und sieht fasziniert zu, wie die eindeutig Guten den eindeutig Bösen „die Fresse polieren“, wie er es ausdrückt. Vorher war das andersrum, aber innerhalb von belanglosen fünfzehn Minuten hat sich das Blatt gewendet. Absolut überraschender Verlauf der brillanten Storyline. Nicht einmal nach dem dritten Rotwein. Trägt dieser Exkurs zur Geschichte bei? Für mich sieht er wie ein Streichkandidat aus, es sei denn, die Hau-Drauf-und-Schluss-Filme spielen später noch eine Rolle. - Nachtrag: Ich habe Phil und Ulf verwechselt. Jetzt wird mir die Bedeutung der Szene klar. Vielleicht möchtest Du einem von beiden einen Namen mit mehr als einer Silbe und ohne F-Laut geben.

Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht mehr sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Werbepause. Phil steht auf, sieht auf mein Glas und hält mir seine Hand hin.
„Auch noch eins?“
„Klar, danke.“ Meine Stimme klingt, wie ich mich fühle.
„Alles okay?“
„Ja, klar.“ Ich bin eine miserable Lügnerin und ein die meiste Zeit unreflektierter Haufen Elend.
„Weinst du?“
Jetzt ja. Danke dafür. „Schon gut, ist nichts, hab ich schon mal.“
Er nickt, glaubt mir offenkundig kein Wort, zieht aber ab.

Phil kommt mit zwei Eimern Wein wieder. Sie sind aus Glas, fassen wie die, die er mitgenommen hat, einen halben Liter und sind, anders als die von mir eingeschenkten, randvoll.
„Willst du mich abfüllen?“, frage ich mit echtem Entsetzen. Meine Stimmung ist vergessen, für geniale drei Sekunden.
„Nein, ertränken.“
Ich grinse, wenn auch nur kurz.
„Ich renn' doch nicht dauernd in die Küche. Außerdem, wenn du mir so erzählst, was los ist …“ Große Gläser - aha, Rotwein. Aber warum bringt er nicht einfach die Flasche mit? Der Rote muss ja nicht gekühlt werden.
Ich atme tief durch, weil das heute schon der zweite Moment ist, in dem er mich durch so gut wie nichts fast zum Heulen gebracht hat.
„Ach, albern eigentlich“, ich proste ihm zu und nehme einen großen, Mut machenden Schluck, „ich denke an alte Zeiten, wobei damit ganze zwei Jahre gemeint sind.“
„Gut, da habe ich immerhin schon gelebt.“
Ich boxe ihn in die Seite, er ignoriert das und grinst. Wenn er ihr Boxen mit einem Grinsen quittiert, ist das das Gegenteil von ignorieren.
„Gott, ist das peinlich“, winde ich mich, aber es muss raus, das weiß ich selbst am besten und ohne diesen alkoholischen Nebel, würde ich es nie erzählen.
Er trinkt einen großen Schluck.
„Geht es um mich? Soll ich irgendwas …“
„Nein! Es geht um deinen Vater. Um mich. Um uns beide. Um [s]Se[/s]… uns. Nimm zumindest das "e" weg. Du hast ja Phil, der das Fehlende ergänzt.
„Sex, wolltest du sagen?“
Ohne Nebel hätte er das nicht gefragt.

„Ja, schon, irgendwie, also auch. Ach, fuck! Früher ist dein Vater über mich hergefallen, nachdem er auf Montage war. Heute komme ich mir vor, als müsste ich lächerliche Tanzübungen vor ihm veranstalten, damit er einen ho…“
„Keine Details, alles klar.“
„Tschuldigung. Ich glaube einfach manchmal, dass er mich nicht mehr attraktiv findet.“
„Kann ich mir nicht vorstellen.“
Mehr Information bitte. Das ist kein ganzer Satz für eine Frau. Warum nicht? Warum genau nicht? Warum außerdem nicht? Männergespräche müssen zu fünfzig Prozent telepathisch verlaufen, sonst könnte da nie was bei rauskommen. Das ist zu viel Reflexion für eine Benebelte. Ich sehe ihn fragend, dann auffordernd an. Peinliche Stille.
Phil sieht aus, als wollte er mich in den Arm nehmen und ich muss mir eingestehen, dass ich einen Arm gebrauchen könnte. Die Tränen wollen zurückkehren und werden mit einem aus Rotwein bestehenden Gegenfeuer in Zaum gehalten Falsches Bild. Gegenfeuer wirkt gegen Feuer, nicht gegen Tränen..
„Also ich finde, dass du noch immer eine schöne Frau bist.“
„Danke, das ist nett.“ Das ist die Untertreibung des Jahres, weil ich mich an nichts Vergleichbares aus dem Mund seines Vaters erinnern kann, seit … was weiß ich. Mein Selbstwertgefühl liegt da wie ein halbherzig poliertes Silberbesteck, das man zwar gerne vorzeigt, mit dem man aber nicht isst. Ich gieße Rotwein darüber, damit es wenigstens für den Rest des Abends glänzt.
Phil hat vermutlich das Gegenteil von dem ausgelöst, was er beabsichtigt hat. Die Sehnsucht nach einem Gefühl, das noch nicht lange genug her ist, um es vergessen zu haben und zu lange, um es noch zu spüren. Ich kann mich noch an Ulfs Blicke erinnern, an die Hände danach, den Geruch von Schweiß unter der Decke und seinen Geruch, wenn wir noch eine Weile liegen blieben.
Immerhin beinhaltet Sehnsucht auch ein paar schöne Erinnerungen. Phil zerrt mich aus deren Umarmung, indem er aufsteht.
Er sieht mich an, hält mir seine Hand hin, sieht auf mein noch halbvolles Glas.
„Oh, war ich wohl etwas schneller als du.“
Ich trinke mein Glas in einem Zug aus und halte es ihm hin.
„Etwas.“

Mit neuer Politur ausgestattet, sitzen wir auf der Couch und sehen wieder auf die Glotze. Meine Füße liegen auf dem Tisch und ich bin eine entspannte Ulf-Versuchung auf zwei atemberaubend tanzenden Beinen, bis mich eine Panzerfaust ins Leben zurückruft.
„Ist das der, der auch diesen Kurierfahrer gespielt hat?“
„Wer?“
„Der ohne Panzerfaust.“
„Hab ich jetzt nicht gesehen“, gesteht er und rutscht sich zurecht.
„Ich denke, du guckst das?“
„Ja, schon.“
Ich bohre nicht nach, stelle aber nach nur einer Minute fest, dass er entweder schielt oder auf meine Füße statt auf den Fernseher sieht.
Ich überlege, was an meinen Füßen nicht stimmt. Zehn Zehen, Keine Alien-Bewegungen unter der Haut. Alles paletti.
Ich beobachte seinen Blick noch mehrmals, bin viel zu betrunken, ihn einzusortieren und verabschiede mich ins Bett.

Ulf ist am Freitagabend kaum zur Tür rein gekommen, da falle ich über ihn her. Er versucht, mich abzuwehren, muss pinkeln, riecht nach einer langen Autofahrt, aber ich will ihn, auf der Stelle. Ich gestehe ihm ein kleines Geschäft zu und überrede ihn zu einer Dusche, indem ich mich nackt darunter stelle und ihm auseinandersetze, was genau ich jetzt gerne einseifen würde. Er lässt sich von mir einen runterholen und stellt die Dusche ab. Im Schlafzimmer lehnt er die zweite Runde ab, weil er einfach zu fertig ist von einer Woche Arbeit und fünf Stunden Autofahrt. Ich gönne ihm seine Ruhe, gehe ins Wohnzimmer und spüle die Leere im Kopf am Kloß im Hals vorbei.

Der Sonntag vergeht mit Kochen, Essen, einem Spaziergang, Fernsehen mit Ulf und einer schnellen Nummer im Bett, bei der er kommt und ich mich frage, ob ich überhaupt schon in Stimmung gewesen bin. Mein Montag ist ein einsamer, weil Ulf wieder auf Montage und Phil in der Bibiothek ist. Ich sitze drei Stunden auf der Couch, vor einem leeren Word-Dokument und denke darüber nach, ob ich es als inhaltliche Beschreibung der letzten zwei Jahre meines Lebens ausdrucke.
Mein Blick fällt auf ein Päckchen, das so schlecht in unpassend weihnachtliches Geschenkpapier eingewickelt ist, dass es von Phil sein muss. Ulf lässt einpacken. Phil ist an der Uni, also überlege ich, ob ich mit dem Auspacken warten soll. Das könnte ich per Smartphone anfragen, aber meine Laune hindert mich an jedem Sozialkontakt und lässt mich träge das Papier zerreißen.

Der Karton gibt eine weitere Umverpackung preis, auf der eine Schönheit abgebildet ist, die in Wahrheit wahrscheinlich keine ist, aber einen perfekt sitzenden Perlenstring trägt. Ich blicke auf das „Geschenk“ und frage mich, ob ich mich darüber freuen, heulen oder ausrasten soll. Ist das der Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir so einen Scheiß anziehen soll, um noch den Hauch einer Chance zu haben, von meinem eigenen Freund flachgelegt zu werden?

Keine Frau sieht in Wahrheit so aus wie die Photoshop-Karikatur auf dem Bild. Ich gehe ins Bad und ziehe den Perlenstring an, der, im Spiegel betrachtet, optisch unspektakulär ist, für mich zumindest. Er kribbelt ganz nett, weil er sich, wenig überraschend, den Weg des geringsten Widerstands sucht. Am Ziel angekommen wirkt er allerdings recht teilnahmslos und könnte auch fehlen.

Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy“-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten Zwischenstopp. Wow!

Mein schweres Atmen veranlasst eine vermutlich nette Dame, mich zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich nicke, brauche etwas zu lang um „Alles okay“ zu sagen und realisiere Übler Anglizismus. Besser: "werde mir bewusst"., dass ich an eine Tiefkühltruhe gelehnt vor einer fremden Frau auszulaufen drohe. Ich habe die Hälfte des Einkaufszettels abgearbeitet und muss sofort nach Hause.

Nach wiedererlangter Zurechnungsfähigkeit frage ich mich, warum Phil mir so etwas kauft. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich Ulf damit wenigstens zu einer unspektakulären Nummer animieren könnte. Das entspräche meinem Anliegen aber nicht meiner Vorstellung von einer dauerhaften Lösung. Und wenn Phils Lösung ganz anders aussieht und gar nichts mit Ulf zu tun hat? Ich verwerfe den Gedanken, weil die Vorstellung, damit falsch zu liegen und in diesem Nichts vor ihm zu stehen, schon peinlich genug ist.

Stiefsohn schenkt Strohwitwe - erotische Kleidung. Das ist für mich der Höhepunkt der Geschichte. Ab hier will keine rechte Spannung aufkommen; dass das Geschenk auf die Wiederherstellung der sexuellen Beziehung der Eltern abzielt, ist mir als Leser zu unwahrscheinlich, als das ich darin mehr erblicken würde als den Versuch, einen neuen Spannungsbogen zu errichten.


Es funktioniert nicht immer alles, aber schreiben kannst Du.

Liebe Grüße

Pickman


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joycec
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Beitrag16.02.2018 19:58
Re: Theater mit Phil
von joycec
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Hallo Pickman,

vielen Dank für deinen Beitrag!

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Phil war pubertierende fünfzehn als sein Vater mich ihm vorstellte. Seine Mutter war gestorben als Phil neun war. Ich war das Schlimmste, das er sich vorstellen konnte. Hier würde ich ein Komma oder einen Doppelpunkt setzen. Der fleischgewordene Hochverrat an dem Menschen, den er am meisten vermisste.

Gute Idee. Ein Doppelpunkt. Wann hat man schon mal die Gelegenheit? wink

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Unnötige Doppelung von "Liebe". Außerdem: wenn Du auf den Kontrast zwischen Strohfeuer und nachhaltiger Liebe hinauswillst, kann ich mir bessere Lösungen vorstellen.

Da dürftest du recht haben. Muss ich drüber nachdenken, weil da spontan nichts vorliegt.

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Nachtrag: Ich habe Phil und Ulf verwechselt. Jetzt wird mir die Bedeutung der Szene klar. Vielleicht möchtest Du einem von beiden einen Namen mit mehr als einer Silbe und ohne F-Laut geben.

Spricht nichts dagegen.

Pickman hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht mehr sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Warum würdest du "und mich" streichen? Gemeint ist ja die Beziehung, nicht er als Person.
Mit "mehr" klingt es besser. Eigentlich klingt es, als hätte da "mehr" gestanden, hat es aber nicht ... Dann doppelt es sich allerdings mit "mehr bieten" im Folgesatz, wenn auch nicht bedeutungsgleich.

Pickman hat Folgendes geschrieben:

„Ich renn' doch nicht dauernd in die Küche. Außerdem, wenn du mir so erzählst, was los ist …“ Große Gläser - aha, Rotwein. Aber warum bringt er nicht einfach die Flasche mit? Der Rote muss ja nicht gekühlt werden.

ja, das Bild hängt schief, da werden volle Gläser draus

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Ich boxe ihn in die Seite, er ignoriert das und grinst. Wenn er ihr Boxen mit einem Grinsen quittiert, ist das das Gegenteil von ignorieren.

denke ich auch immer, wenn ich die Stelle lese, hat nur bisher - glaube ich - niemand angemeckert, das hat sich dann ja jetzt erledigt wink

Pickman hat Folgendes geschrieben:

„Nein! Es geht um deinen Vater. Um mich. Um uns beide. Um [s]Se[/s]… uns. Nimm zumindest das "e" weg. Du hast ja Phil, der das Fehlende ergänzt.

japp, hat mich selbst gestört, aber scheinbar nicht genug


Pickman hat Folgendes geschrieben:

Mehr Information bitte. Das ist kein ganzer Satz für eine Frau. Warum nicht? Warum genau nicht? Warum außerdem nicht? Männergespräche müssen zu fünfzig Prozent telepathisch verlaufen, sonst könnte da nie was bei rauskommen. Das ist zu viel Reflexion für eine Benebelte.

nüchtern betrachtet stimmt das Laughing

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Die Tränen wollen zurückkehren und werden mit einem aus Rotwein bestehenden Gegenfeuer in Zaum gehalten Falsches Bild. Gegenfeuer wirkt gegen Feuer, nicht gegen Tränen..

Aber ein schönes Bild. Razz  Was ist mit einer aus Rotwein bestehenden Flut? Oder Flutwelle?

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy“-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten Zwischenstopp. Wow!

wie meinen? Zu heftig?

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Mein schweres Atmen veranlasst eine vermutlich nette Dame, mich zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Ich nicke, brauche etwas zu lang um „Alles okay“ zu sagen und realisiere Übler Anglizismus. Besser: "werde mir bewusst".

okay ja gut

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Stiefsohn schenkt Strohwitwe - erotische Kleidung. Das ist für mich der Höhepunkt der Geschichte. Ab hier will keine rechte Spannung aufkommen; dass das Geschenk auf die Wiederherstellung der sexuellen Beziehung der Eltern abzielt, ist mir als Leser zu unwahrscheinlich, als das ich darin mehr erblicken würde als den Versuch, einen neuen Spannungsbogen zu errichten.

War gar nicht als solcher gedacht, kann also vermutlich auch raus, weil die Auflösung, also der Zweck des Geschenks, ja im Dialog vorkommt.

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Es funktioniert nicht immer alles, aber schreiben kannst Du.

Vielen Dank! Für das Lob und die Anmerkungen!

Liebe Grüße
Joyce
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Pickman
Geschlecht:männlichPlottdrossel


Beiträge: 2292
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag16.02.2018 23:41
Re: Theater mit Phil
von Pickman
Antworten mit Zitat

joycec hat Folgendes geschrieben:

Pickman hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht mehr sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Warum würdest du "und mich" streichen? Gemeint ist ja die Beziehung, nicht er als Person.
Mit "mehr" klingt es besser. Eigentlich klingt es, als hätte da "mehr" gestanden, hat es aber nicht ... Dann doppelt es sich allerdings mit "mehr bieten" im Folgesatz, wenn auch nicht bedeutungsgleich.


Wie wäre es mit "wie früher" oder "wie damals"?

joycec hat Folgendes geschrieben:

Pickman hat Folgendes geschrieben:

„Ich renn' doch nicht dauernd in die Küche. Außerdem, wenn du mir so erzählst, was los ist …“ Große Gläser - aha, Rotwein. Aber warum bringt er nicht einfach die Flasche mit? Der Rote muss ja nicht gekühlt werden.

ja, das Bild hängt schief, da werden volle Gläser draus

Du hast dann immer noch das Problem, dass er die Flasche gleich mitbringen könnte, statt alle Nase lang in die Küche zu rennen. Weinflaschen, die in der Küche, genauer: im Kühlschrank, bleiben müssen, beinhalten Weißen oder Sekt. Weißwein und Sekt stehen jedoch für andere Stimmungen als Rotwein. Nimm Sekt - eine einfacherer Lösung kann ich Dir nicht einbieten, eine bessere findest Du bestimmt eher als ich.

joycec hat Folgendes geschrieben:
Pickman hat Folgendes geschrieben:

Einen klitzekleinen Prosecco später bin ich angefixt und trage das Perlending unter meinem „Ich bin sexy“-Outfit, also kurzer Rock und Bluse, zum Einkaufen. Ich bin hoffnungslos overdressed und nach einer Viertelstunde Regal-Labyrinth rattenscharf. Das verfluchte Teil zieht sich immer weiter rein, reibt mit gönnerhaft großen Perlen an mir und zwingt mich bei der Käsetheke, dem Gewürzregal und der verhassten Fischtheke zu einem interessierten Zwischenstopp. Wow!

wie meinen? Zu heftig?


Nein, nein, superscharf geschrieben, ohne auch nur ein Genital beim Namen zu nennen. Jedes Wort sitzt, außer - jetzt, wo ich den Text zum zweiten Mal lese - im Sinne eines besseren Leseflusses würde ich "also kurzer Rock und Bluse" ersetzen durch "bestehend aus kurzem Rock und dünner Bluse".


_________________
Tempus fugit.
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joycec
Gänsefüßchen


Beiträge: 25



Beitrag17.02.2018 01:07
Re: Theater mit Phil
von joycec
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi Pickman,

Pickman hat Folgendes geschrieben:

joycec hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht mehr sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Wie wäre es mit "wie früher" oder "wie damals"?

Wie früher klingt sehr gut!

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Du hast dann immer noch das Problem, dass er die Flasche gleich mitbringen könnte,

Ich weiß nicht. Der Jungspund schenkt mal kräftig ein, das spart einen Gang in die Küche. Und Nachschenken ist ja schon sehr aufmerksam, vor allemm für einen Neunzehnjährigen, oder was meinst du?

Pickman hat Folgendes geschrieben:

joycec hat Folgendes geschrieben:

wie meinen? Zu" heftig?

Nein, nein, superscharf geschrieben, ohne auch nur ein Genital beim Namen zu nennen. Jedes Wort sitzt, außer - jetzt, wo ich den Text zum zweiten Mal lese - im Sinne eines besseren Leseflusses würde ich "also kurzer Rock und Bluse" ersetzen durch "bestehend aus kurzem Rock und dünner Bluse".

Ja, passt. Auch so eine Stelle, die auf Verbesserung wartete. Laughing Dünn muss sie nicht zwingend sein. Cool
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Pickman
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Beiträge: 2292
Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare


Beitrag17.02.2018 07:23
Re: Theater mit Phil
von Pickman
Antworten mit Zitat

joycec hat Folgendes geschrieben:

Pickman hat Folgendes geschrieben:
Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht mehr sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt. Vielleicht muss ich ihm einfach mehr bieten. Eine Idee, die auch mindestens drei Gläser braucht, um sich auch nur halbwegs vernünftig anzuhören.

Warum würdest du "und mich" streichen? Gemeint ist ja die Beziehung, nicht er als Person.


Hier bin ich Dir noch eine Antwort schuldig.

Analytisch betrachtet ist "an Ulf und mich" die richtige Formulierung; denn es geht um ihre Beziehung.

Emotional betrachtet jedoch: kann die Prota an Ulf denken, ohne gleichzeitig an die Beziehung mit Ulf zu denken? Ich glaube nein. Aber es kann natürlich sein, dass Du diese Frage anders beantwortest.

Ob Du nun "an Ulf" oder "an Ulf und mich" schreibst - es handelt sich nur um Bedeutungsnuancen.


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Tempus fugit.
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Willebroer
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5442
Wohnort: OWL


Beitrag17.02.2018 14:37

von Willebroer
Antworten mit Zitat

Um mal eine dritte Meinung reinzubringen:

Bei "Ich denke an Ulf und mich" sind das für mich zwei verschiedene, getrennte Themen. "Ich denke (oft) an Ulf" oder "denke immer wieder an ..." hat doch nur Sinn, wenn eine emotionale Beziehung besteht, da denkt man an IHN und nicht auch noch an sich selbst.

Wenn man dagegen die Beziehung als solche meint oder einen Aspekt, dann sollte das auch gesagt werden: "... an die Zeit mit Ulf", "unsere Zeit" oder "jenen Abend/jene Nacht", "an unsere erste Begegnung " usw., usf.
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joycec
Gänsefüßchen


Beiträge: 25



Beitrag17.02.2018 15:14

von joycec
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo @Willebroer, hallo @Pickman,

jetzt denke ich seit gestern (mit Unterbrechungen Wink) über diese Stelle nach, dabei ist sie ja eigentlich nicht kriegsentscheidend. Dennoch:

Willebroer hat Folgendes geschrieben:

Wenn man dagegen die Beziehung als solche meint oder einen Aspekt, dann sollte das auch gesagt werden: "... an die Zeit mit Ulf", "unsere Zeit" oder "jenen Abend/jene Nacht", "an unsere erste Begegnung " usw., usf.

Guter Einwand und der Augenöffner dafür, dass es nicht um die Beziehung geht, s.u.

Pickman hat Folgendes geschrieben:

Emotional betrachtet jedoch: kann die Prota an Ulf denken, ohne gleichzeitig an die Beziehung mit Ulf zu denken? Ich glaube nein.

Genau, kann sie nicht, steht ja auch im selben Absatz, s.u.

Wenn ich mir jetzt den Original-Satz ansehe und vor allem den danach:
joycec hat Folgendes geschrieben:

Ich frage mich, warum mir nach zu viel Wein immer die Tränen in die Augen steigen, wenn ich an Ulf und mich denke. Vielleicht liegt es an mir, dass er mich nicht sofort bespringt, wenn er von der Montage zurückkehrt


Dann kann es eigentlich nur "Ulf" heißen, ohne "und mich", weil es ja darum geht, dass er sie nicht mehr begehrt. Es geht also nicht um die ganze Beziehung (vielleicht um einen Teil davon, aber:) sondern eher um Ulf, der nicht mehr der ist, der er mal war.
qed

Danke für die Gedanken! Ich schreibe gerade die Boutique um, danach kommt das Theater.

Liebe Grüße
Joyce
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