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Dämmerforst


 
 
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag01.12.2017 11:04

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Andy smile
ach, wenn ich dafür den kleinen verschämten Smiley verwenden darf, dann werd ich dafür auch gern rot. Ich mag den so gern.

Zitat:
… Bis das schrille Gelächter der Türklingel meine schlüpfrigen was hältst Du von „lasziv“? „Schlüpfrig“ hat für mich was Unanständiges, „lasziv“ nicht Fantasien schonungslos zertrümmerte und mit dem Rest alten Duschwassers davon spülte. Tief hinein, in die Gedärme Berlins. Immerhin waren sie dort unten in guter Gesellschaft. schön, dass Du einen Ersatz für „entfleuchte“ gefunden hast - bei der Szene mit dem Bademantel klingt es für mich, als trüge sie ihn noch über dem Arm und nicht am Körper. Ist das so gedacht?
… Wer konnte auch ahnen, dass ich ausgerechnet zwei Uniformierten in Blau gegenüber trat gegenübertreten zusammenschreiben, als ich kläffend und schimpfend die Wohnungstür aufriss?
"Frau Becker?" Komma fragte der ältere der beiden.
… Nebenher oder: Um sie herum spielt ein Orchester aus blass pinken Wänden, rosa Club-Möbeln und einem Urwald an blühenden Pflanzen eine bizarre Symphonie auf, die wohl eher einem Teenager-Girlie zu Gesicht gestanden hätte, als einer fast fünfunddreißigjährigen Journalistin.
Dazu Regale voller 90er-Jahre Boygroup-CDs, die in ihrer schizophrenen Art besser beschrieben Komma wer ich war, als es jedem gesprochenen Wort möglich gewesen wäre.
… Auf Basis der gesicherten Spuren vermuteten die Ermittler, dass mein Schwager zuerst meine Schwester im Alkoholrausch getötet und sich dann selber das Leben genommen hatte. Nur ihre Leiche konnten sie nicht finden.
Schließlich stellten sie ihre Fragen. Ob meine Schwester oder ihr Mann Feinde hatten. Ob sie sich in letzter Zeit seltsam verhielten. da sie in der Präteritum-Zeit schon tot sind, würde ich das in Plusquamperfekt schreiben: verhalten hatten Ob mir irgendetwas an ihnen aufgefallen war. Ich wusste es nicht. Wir telefonierten zwar viel/regelmäßig, sahen uns aber/jedoch/allerdings nicht oft. Schon seit Jahren nicht mehr.
Vor dem Tod unseres Vaters hatte meine Schwester mich hin und wieder in Berlin besucht. Hier, wo das Zentrum meines Leben war. Meistens zu Weihnachten. Im Zentrum ihres Lebens, dem Ort meiner Kindheit, war ich seit dem Studium nicht mehr gewesen. da es ja hier ein Hilfsverbsatz ist, dachte ich mir, man könnte es doch noch verstärken und etwas schreiben wie: „hatte ich seit meinem Studium gemieden“ oder trifft das so nicht zu
Ich verließ an diesem Abend meine Wohnung wie so oft. Doch alles war anders. Ich blieb alleine. Niemand begleitete mich. Sogar die ewig auf Beute lauernden Single-Männer Berlins blieben auf Abstand zu mir. Der stille Schrei des Verlustes hielt sie fern Komma während er mir überall hin überallhin nachfolgte.
Es war kalt und meine Strumpfhose zu dünn. Meine Geldkarte lag zuhause auf dem Tisch und das Bargeld würde schon bald nicht mehr ausreichen, um meinen Kummer verstummen zu lassen. Schon nach dem halben Abend musste ich von meinem Stammlokal in eine der kleineren Eck-Kneipen wechseln. Der Sprit dort war zwar ranzig und bissig, aber immerhin billig.
Es passte einfach nicht. Gar nichts passte! Alles war falsch! Ich finde den Teil gut, er gibt einen Einblick in Jasmins Innenleben, der sie mir viel näher bringt
Meine große Schwester tot? Das durfte nicht sein. Susa war immer die Besonnene von uns gewesen. Mein Vater pflegte stets zu sagen, sie besäße genau das richtige Maß an Ehrgeiz und Verantwortungsgefühl. Ihm mangelte es an ersterem, mir an letzterem.
Susa war diejenige von uns, die verletzte Tiere mit nach Hause brachte und alten Leuten über die Straße half. Diejenige, die sonntags in die Kirche ging und sich jeden Abend freiwillig die Zähne putze. Als sie mir vor ein paar Jahren erzählte, dass sie ausgerechnet in einem kleinen Kaff am Ende der Welt ein Hotel eröffnen wollte, war ich schockiert ob dieser plötzlichen Abenteuerlust von ihr.
Bis ich erfuhr, dass der Mann, den sie einige Monate später heiratete, eben jener Münchener Geschäftsmann war, von dem sie sich ihre Unternehmensgründung finanzieren ließ. Sich Geld leihen und den Gläubiger als Absicherung heiraten. Ja, das war genau ihre Art von Risikovermeidung. Intelligent und scharfsinnig. übrigens auch ein bisschen berechnend, oder? Aber das tut hier nichts zur Sache
Ich kann nicht sagen, dass ich meinen Schwager gut leiden konnte. Ich kann nicht einmal sagen Kommadass ich ihn gut kannte. Aber nach allem was ich wusste, waren die zwei glücklich miteinander.
Das ausgerechnet Michael im Suff nach Hause kommt, meine Susa tötet und dann sich selbst, konnte ich nicht glauben. Irgendwas passte das nicht. Susanne und ich waren immer mehr als Schwestern gewesen. Wir waren beste Freundinnen. …Wenn es in ihrer Ehe nicht rund gelaufen rundlaufen zusammenschreibenwäre, dann wüsste ich davon. Da war ich mir sicher.
Also tat ich genau das, was mein Vater[s]s[/] immer als meine impulsive, unstete Ader bezeichnete da der Vater schon tot ist: bezeichnet hatte. Am nächsten Morgen rief ich meinen Chef an ...
Was ich dort zu erreichen hoffte? Ich weiß es nicht.
… Sie lag inmitten eines bewaldeten Talkessels, irgendwo tief im Schwarzwald. Hier fände ich ein Komma schöner, weil der nachfolgende Satz keinen eigenständigen Satz verdient, denke ich Embarassed
Die Fahrt nach Dämmerforst fühlte sich an Komma wie eine Reise in die Vergangenheit. Und nicht nur in meine eigene. Schon wenige Minuten Komma nachdem ich die Autobahn hinter mir ließ und der Straße in das schwarzwälderische Bergland folgte, wurde ich den Eindruck nicht mehr los, in einer anderen Welt angekommen zu sein.
Zugegeben, diese Abgeschiedenheit hatte auch etwas gutes Gutes großschreiben gehabt. …

Ja! Ich finde, der Text ist jetzt viel runder, aber durch den Teil zu Jasmins Trauer auch tiefsinniger und für mich als Leser ist Jasmin greifbarer. Ich habe ihn auch ohne zu stolpern gelesen.
Alles, was ich an Anmerkungen reingeschrieben habe, sind nur Kleinkram, vor allem übersehene Kommata oder Flüchtigkeitsfehler (damit ich mich irgendwie doch verewigen konnte Rolling Eyes ).
Zu den Partizipien kann ich leider nicht mehr sagen. Nur fiel mir jetzt auf: Du verwendest sie gerne im Verbund: windend und stöhnend - kläffend und schimpfend - schreiend und strampelnd. Wie gesagt, ich verwende auch immer wieder mal eins, ich wurde drauf hingewiesen, dass die nicht so beliebt sind und das habe ich weitergegeben, nett gemeint. Jetzt bist Du Dir dessen bewusst und kannst es ändern, bewusst damit spielen oder Dich bewusst dagegen stemmen wink

Liebe Grüße
Selanna


_________________
Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Gast







Beitrag01.12.2017 12:54
#rofl
von Gast
Antworten mit Zitat

Andy1982 hat Folgendes geschrieben:

Dieses Zitat mag treffend sein ... aber von jetzt an werde ich italienische Reiter immer mit ganz anderen Augen sehen. Twisted Evil

 Shocked Smile
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Andy1982
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
A

Alter: 42
Beiträge: 25



A
Beitrag01.12.2017 14:12

von Andy1982
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Selanna hat Folgendes geschrieben:
Hallo Andy smile
ach, wenn ich dafür den kleinen verschämten Smiley verwenden darf, dann werd ich dafür auch gern rot. Ich mag den so gern.

Ok, Smiley-Sucht ist als grund akzeptiert Laughing

Zitat:
was hältst Du von „lasziv“? „Schlüpfrig“ hat für mich was Unanständiges, „lasziv“ nicht

Gefällt mir, ja.

Zitat:
schön, dass Du einen Ersatz für „entfleuchte“ gefunden hast - bei der Szene mit dem Bademantel klingt es für mich, als trüge sie ihn noch über dem Arm und nicht am Körper. Ist das so gedacht?

Nein, war es nicht, das hatte Canyon ja auch schon angemerkt. Ist in der Nächsten Version korrigiert.

Zitat:
oder: Um sie herum

Das klingt auch gut.

Zitat:
da sie in der Präteritum-Zeit schon tot sind, würde ich das in Plusquamperfekt schreiben: verhalten hatten

Ups Embarassed
Da bin ich wohl bei dem Versuch, den Hilfswerben zu Leibe zu rücken, etwas über das Ziel hinausgeschossen. In der ersten Version war da ein hatte.

Zitat:
telefonierten zwar viel/regelmäßig,

Zitat:
aber/jedoch/allerdings

 Daumen hoch²

Zitat:
da es ja hier ein Hilfsverbsatz ist, dachte ich mir, man könnte es doch noch verstärken und etwas schreiben wie: „hatte ich seit meinem Studium gemieden“ oder trifft das so nicht zu

Doch tut es, sogar besser also vorher. Es hatte ja Gründe, das sie lange nicht dort war. Smile

Zitat:
Ich finde den Teil gut, er gibt einen Einblick in Jasmins Innenleben, der sie mir viel näher bringt

Danke. Gut zu hören. Ihc war mir anfangs nicht sicher, ob er den Prolog nicht zu sehr aufbläht. Hätte ihn fast wieder rausgenommen.

Zitat:
übrigens auch ein bisschen berechnend, oder? Aber das tut hier nichts zur Sache

Hmmmm ... schwer. DeFacto hast du recht. Aber ich will nicht den Eindruck erwecken, die Heirat sei das Resultat mathematischer kalkulationen gewesen. wink
Obwohl Susanne ihren Gläubiger in Spe sicher nicht grundlos "gedated" hat, war die Beziehung die sich daraus entwickelt hat, ja trotzdem echt und kein "selbstverkauf".
Ich fürchte "berechnend" würde ein falsches Licht auf die Beziehung werfen und die finanzen (bzw. die ausnutzung ihres Mannes) als Mordmotiv für den Leser plausibler erscheinen lassen. Das hätte mit dem, was wirklich passiert ist, zwar immer noch nichts zu tun, aber dadurch würde dem Fall etwas von seinem Mysterium genommen.
Oder?

Zitat:
Hier fände ich ein Komma schöner, weil der nachfolgende Satz keinen eigenständigen Satz verdient, denke ich Embarassed

Ich habe immer ein wenig Angst vor Schachtelsätzen, deswegen benutze ich lieber Punkte als Kommata. Aber in dem Fall hast du, denke ich, recht. Wohow

Zitat:
Ja! Ich finde, der Text ist jetzt viel runder, aber durch den Teil zu Jasmins Trauer auch tiefsinniger und für mich als Leser ist Jasmin greifbarer. Ich habe ihn auch ohne zu stolpern gelesen.

Danke schön. Embarassed

Zitat:
Alles, was ich an Anmerkungen reingeschrieben habe, sind nur Kleinkram, vor allem übersehene Kommata oder Flüchtigkeitsfehler (damit ich mich irgendwie doch verewigen konnte Rolling Eyes ).

Naja, deine Textanmerkungen waren nicht ohne, ich denkem das meiste davon lasse ich in die nächste Version noch einfließen.

Zitat:
Zu den Partizipien kann ich leider nicht mehr sagen. Nur fiel mir jetzt auf: Du verwendest sie gerne im Verbund: windend und stöhnend - kläffend und schimpfend - schreiend und strampelnd. Wie gesagt, ich verwende auch immer wieder mal eins, ich wurde drauf hingewiesen, dass die nicht so beliebt sind und das habe ich weitergegeben, nett gemeint.

Stimmt, du hast recht.
War mir gar nicht so aufgefallen, aber ja. Ich habe mich mal bemüht, für die nächste Version die Doppelpartizipien zu streichen. Ob der Text dadurch jetzt für den Leser ansprechender ist, kann ich nicht beurteilen, aber ich glaube zumindest die ersten zwei Absätze sind ihre Tendenz zum Trashigen jetzt endgültig los.
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Canyon
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Beiträge: 128
Wohnort: Nimmerland


Beitrag01.12.2017 15:07

von Canyon
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Ich weiß, ich nerve. lol
Aber lasziv ist auch so ein Wort, das mir an dieser Stelle nicht passend erscheint - es sei denn man möchte beim Zuhörer/Leser eindeutige Gefühle wecken. Sie erzählt aber im weiteren Verlauf doch eher "sachlich" von diesem Tag, und du hast ja auch selbst geschrieben, dass Erotik für dich etwas anderes ist, als diese Szene.
Wie wäre denn dann, wenn man es insgesamt einfach subtiler beschreibt. Zum Beispiel:

Zitat:

Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals unter der Dusche stand und gerade ausgiebig mit mir selbst beschäftig war. Bis das schrille Gelächter der Türklingel meine Fantasien schonungslos zertrümmerte und mit dem Rest Duschwasser davon spülte - tief hinein, in die Gedärme Berlins. Immerhin waren sie dort unten in guter Gesellschaft.


Eventuell könnte man die Fantasien auch noch mit dem Namen ihres Lieblings-Boygroupsängers in Verbindung bringen.

Nur noch mal als Idee ... und nun bin ich still. Embarassed Laughing


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Andy1982
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Beiträge: 25



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Beitrag02.12.2017 14:10

von Andy1982
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Sodele, nächster Versuch:

Willkommen in Dämmerforst
Prolog


Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals unter der Dusche stand. Eine Hand an meinen Brüsten, die anderen zwischen den Beinen. Mein begieriges Stöhnen nur übertönt vom Rauschen des Wassers.
Bis zu jenem Augenblick, in dem das schrille Gelächter der Türklingel meine sinnlichen träume zertrümmerte und mit dem Rest alten Duschwassers davon spülte. Tief hinein, in die Gedärme Berlins. Immerhin waren sie dort unten in passender Gesellschaft.
Augenblicke später eilte ich zur Tür. Nichts an mir tragend als einen viel zu knappen Bademantel und den Entschluss, gleich einen Mord zu begehen. Wer konnte auch ahnen, dass ich ausgerechnet zwei Uniformierten in Blau gegenübertrat, als ich kläffend die Wohnungstür aufriss?
"Frau Becker?", fragte der ältere der beiden. "Jasmin Becker? Können wir wohl einen Moment hereinkommen und uns setzen?"
Ich verstand in diesem Moment nicht, was die beiden zu mir sagten. Ich hörte ihnen zu, redete mit ihnen. Antwortete auf ihre Fragen. Und dann ging ich zur Arbeit. Ich schrieb meinen neuen Artikel zu Ende, aß in einem nahen Fast-Food-Restaurant zu Mittag und ärgerte mich über die überfüllte U-Bahn. Genau wie jeden Tag.
Erst gegen Abend begriff ich den Sinn ihrer Worte. Den Grund für dieses flaue Gefühl, dass ich den Tag über in meinem Magen herum getragen hatte.
Da saßen also zwei Polizisten in meinem Wohnzimmer. Der eine alt, längst ergraut und bärtig. Der andere ein Grünschnabel mit Brille und schiefem Gesicht. Um sie herum spielt ein Orchester aus blass pinken Wänden, rosa Club-Möbeln und einem Urwald an blühenden Pflanzen eine bizarre Symphonie auf, die wohl eher einem Teenager-Girlie zu Gesicht gestanden hätte, als einer fast fünfunddreißigjährigen Journalistin.
Dazu Regale voller 90er-Jahre Boygroup-CDs, die in ihrer schizophrenen Art besser beschrieben, wer ich war, als es jedem gesprochene Wort möglich gewesen wäre.
Und mitten drin ich. Mit hängenden Haaren, aus denen der Schaum tropfte. Nass glänzender Haut und nichts am Leib außer einem Bademantel. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, ob er überhaupt zugebunden war.
Mein Schwager, so erzählten die Polizisten, war tot aufgefunden worden. Und meine Schwester wurde vermisst. Auf Basis der gesicherten Spuren vermuteten die Ermittler, dass mein Schwager zuerst meine Schwester im Alkoholrausch getötet und sich dann selber das Leben genommen hatte. Nur ihre Leiche konnten sie nicht finden.
Schließlich stellten sie ihre Fragen. Ob ich etwas über potentiellen Feinde wusste. Ob sie sich in letzter Zeit seltsam verhalten hatten. Ob mir irgendetwas an ihnen aufgefallen war. Ich konnte keine davon beantworten. Wir sahen uns nicht oft. Schon seit Jahren nicht mehr.
Vor dem Tod unseres Vaters hatte meine Schwester mich hin und wieder besucht. Doch in letzter Zeit nicht mehr. Das Telefon war alles, was uns geblieben war. Ihr fehlte die Zeit um nach Berlin zu kommen und ich mied den Ort meiner Kindheit seid ich das Studium begonnen hatte.
Ich verließ an diesem Abend meine Wohnung wie so oft. Doch alles war anders. Ich blieb alleine. Niemand begleitete mich. Sogar die ewig auf Beute lauernden Single-Männer Berlins blieben auf Abstand zu mir. Der stille Schrei des Verlustes hielt sie fern, während er mir überallhin nachfolgte.
Es war kalt und meine Strumpfhose zu dünn. Meine Geldkarte lag zuhause auf dem Tisch und das Bargeld würde schon bald nicht mehr ausreichen, um meinen Kummer verstummen zu lassen. Schon nach einer Stunde wechselte ich von meinem Stammlokal in eine der kleineren Eck-Kneipen. Der Sprit dort war zwar ranzig und bissig, aber immerhin billig.
Es passte einfach nicht. Gar nichts passte! Alles war falsch!
Meine große Schwester tot? Das konnte nicht sein. Susa war immer die Besonnene von uns gewesen. Mein Vater pflegte stets zu sagen, sie besäße genau das richtige Maß an Ehrgeiz und Verantwortungsgefühl. Ihm mangelte es an ersterem, mir an letzterem.
Susa war diejenige von uns, die verletzte Tiere mit nach Hause brachte und alten Leuten über die Straße half. Diejenige, die sonntags in die Kirche ging und sich jeden Abend freiwillig die Zähne putze. Als sie mir vor ein paar Jahren erzählte, dass sie ausgerechnet in einem kleinen Kaff am Ende der Welt ein Hotel eröffnen wollte, war ich schockiert ob dieser plötzlichen Abenteuerlust von ihr.
Bis ich erfuhr, dass der Mann, den sie einige Monate später heiratete, eben jener Münchener Geschäftsmann war, von dem sie sich ihre Unternehmensgründung finanzieren ließ. Sich Geld leihen und den Gläubiger als Absicherung heiraten. Ja, das war genau ihre Art von Risikovermeidung. Intelligent und scharfsinnig.
Ich kann nicht sagen, dass ich meinen Schwager gut leiden konnte. Ich kann nicht einmal sagen dass ich ihn gut kannte. Aber nach allem was ich wusste, waren die zwei glücklich miteinander.
Das ausgerechnet Michael im Suff nach Hause kommt, meine Susa tötet und dann sich selbst, konnte ich nicht glauben. Irgendwas passte da nicht. Susanne und ich waren immer mehr als Schwestern gewesen. Wir waren beste Freundinnen. Auch wenn wir so weit entfernt voneinander waren, im Herzen hatten wir uns nie getrennt. Wenn es in ihrer Ehe nicht rundgelaufen wäre, dann wüsste ich davon. Da war ich mir sicher.
Also tat ich genau das, was mein Vaters immer als meine impulsive, unstete Ader bezeichnet hatte. Am nächsten Morgen rief ich meinen Chef an und bat kurzfristig um ein paar Tage Urlaub. Ich packte meinen kleinen Reisekoffer und saß keine zwei Stunden später im Auto.
Dämmerforst. Jener Ort, der mich im Augenblick meiner Geburt zum Mörder gemacht hatte. Hilflos im Kindbett liegend, beschmiert mit dem Blut meiner Mutter. Und doch ohne Wissen darum, wie viel ich ihr in dieser Nacht genommen hatte.
Was ich dort zu erreichen hoffte? Ich weiß es nicht.
Das erste, was mir in den Sinn kommt, wenn ich an jene Nacht zurückdenke, ist diese unwirkliche Dunkelheit, die über allem lag. Kein Stern stand am Himmel und der Mond hatte sich hinter hoch aufragenden Türmen aus schwarzen Wolken versteckt. Achtzehn Jahre meines Lebens hatte ich an diesem Ort verbracht. Und beinahe ebenso lange war ich nicht mehr dort gewesen.
Jetzt war alles, was ich von der steilen und engen Straße aus sehen konnte, diese Dunkelheit. Wie sie zäh zwischen den Bäumen dahinfloss. Und nach und nach verschlang sie alles, was mir noch an positiven Erinnerungen an den Ort verblieben war.
Dämmerforst war schon immer eine kleine Stadt gewesen und würde auch niemals etwas anderes sein. Denn dazu fehlte ihr der Wille. Still lag sie da. Inmitten eines bewaldeten Talkessels, irgendwo tief im Schwarzwald. Regungslos, als wäre sie in der Zeit eingefroren. Errichtet aus seltsam windschiefen Häusern und bewohnt von einem verschrobenen Menschenschlag. Sie war umgeben von weiteren Tälern. Sohlen, von denen man sagte, dass zwischen ihren uralten Bäumen, den traurig gurgelnden Bächen und den zerklüfteten Felsen, weit schlimmere Dinge hausten, als Wölfe oder Bären.
Die Fahrt nach Dämmerforst fühlte sich an, wie eine Reise in die Vergangenheit. Und nicht nur in meine eigene. Schon wenige Minuten, nachdem ich die Autobahn hinter mir gelassen hatte und der Straße in das schwarzwälderische Bergland folgte, wurde ich den Eindruck nicht mehr los, in einer anderen Welt angekommen zu sein.
Zugegeben, diese Abgeschiedenheit hatte auch etwas Gutes. Die Region war von den Schrecken, die zwei Weltkriege über das Land gebracht hatten, weitgehend verschont geblieben. Weder von der orgiastischen Zerstörung, die die Alliierten bei ihrem Einmarsch zelebrierten, noch von dem blutigen Reigen, den die Nazis zu ihrem Abgesang tanzten, war hier etwas zu spüren gewesen.
Wenn man den Ort nicht kannte, so würde man meinen, er wäre so abgeschieden, dass sogar der Weltuntergang ihn übersehen würde.
Kannte man ihn jedoch, dann wusste man natürlich, dass das Unsinn war. Denn wenn die Apokalypse dereinst tatsächlich käme, dann würde sie hier ihren Anfang nehmen.






Canyon hat Folgendes geschrieben:
Ich weiß, ich nerve. lol

Ach wo, ich bin froh über jeden Kommentar, den ich kriege.

Zitat:
Eventuell könnte man die Fantasien auch noch mit dem Namen ihres Lieblings-Boygroupsängers in Verbindung bringen.

Hier muss ich zugeben, das ich mich in dem Bereich schlicht null auskenne. Ich habe das Bild nur gewählt weil es es so wiedersprüchlich ist. Die Erfolgszeit der Boygroups war in den 90er Jahren, ihre Höhrerschaft allerdings im mittleren bis unteren teenageralter.
Das in der Wohung genau solche CD's rumliegen, spiegelt also sowohl Jasmins alter, als auch ihre geistige Einstelklung teilweise wieder. Ahnung habe ich von dem Zeug aber nicht Laughing

Zitat:
... und nun bin ich still. Embarassed Laughing

Bitte nicht Shocked Confused


Besteht eigentlich interesse daran, dass ich noch mehr veröffentliche statt immer nur den selben auszug zu posten? Ich könnte das erste Kapitel noch anhängen.
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Selanna
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Beitrag04.12.2017 18:54

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Andy1982,
Zitat:

Zitat:
übrigens auch ein bisschen berechnend, oder? Aber das tut hier nichts zur Sache

Hmmmm ... schwer. DeFacto hast du recht. Aber ich will nicht den Eindruck erwecken, die Heirat sei das Resultat mathematischer kalkulationen gewesen.  
Obwohl Susanne ihren Gläubiger in Spe sicher nicht grundlos "gedated" hat, war die Beziehung die sich daraus entwickelt hat, ja trotzdem echt und kein "selbstverkauf".
Ich fürchte "berechnend" würde ein falsches Licht auf die Beziehung werfen und die finanzen (bzw. die ausnutzung ihres Mannes) als Mordmotiv für den Leser plausibler erscheinen lassen. Das hätte mit dem, was wirklich passiert ist, zwar immer noch nichts zu tun, aber dadurch würde dem Fall etwas von seinem Mysterium genommen.
Oder?

Das war nur ein Gedanke von mir als Leser beim Lesen wink Lass es so stehen, wie es dasteht, und lass den Leser ruhig interpretieren, er kann ja im Laufe des Textes seine Meinung noch ändern oder eben auch nicht.

Liebe Grüße
Selanna

Edit: Wenn Du denkst, dass Dein erster Abschnitt so passt bzw. Du damit zufrieden bist, und Du Lust hast, am nächsten Abschnitt zu arbeiten, stell ihn ruhig ein. Überleg Dir aber auch, wenn Du das mal veröffentlichen willst, ob es nicht geschickter wäre, eine AG zu eröffnen.


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Andy1982
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Beitrag05.12.2017 00:51

von Andy1982
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Naja, mit der AG dürfte schwer werden wink

Zum einen kennt mich / meinen Text hier wohl kaum einer, so dass es mir schwer fallen würde, leute in die AG zu holen und zum anderen bin ich noch nicht lange genug dabei.

Laut den Regeln müssen es drei Monate sein, da bin ih noch weit von weg. Wink
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Selanna
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Beitrag05.12.2017 12:46

von Selanna
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Hallo Andy1982,

als ich mich hier angemeldet und den ersten Text eingestellt habe (ist ca. erst ein Jahr her), habe ich auch gedacht, dass die drei Monate noch endlos dauern und das die reinste Qual ist Crying or Very sad Wink  Aber mit einem Mal sind sie rum. Wenn Du Dir die Klicks anschaust, die für Deinen Text angeführt sind, bist Du auch gar nicht so unbekannt und Du hast ja auch schon den ein oder anderen Beitrag außerhalt Deiner eigenen Textarbeit geschrieben, je mehr Du das machst, desto bekannter wirst Du. Drittens glaube ich, wenn Du eine AG vorstellst, hängt das auch ganz klar vom Thema ab; ist es interessant, finden sich auch Leute.

Aber Du hast ganz den zweiten Aspekt in meiner Antwort übersehen: Wenn Du mit Deinem ersten Textabschnitt (also dem Prolog, inzwischen hab ich das verinnerlicht Wink Laughing ) zufrieden bist, kannst Du auf den nächsten Abschnitt einstellen und irgendwo im Antwortfenster auf den Button "Fortsetzung" klicken, und auf neues Feedback warten Smile

Dann mal voran! wink Liebe Grüße
Selanna


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Canyon
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Beitrag05.12.2017 13:12

von Canyon
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Da bin ich ja froh, dass ich dir doch nicht zu sehr auf den Keks gegangen bin. Embarassed

Andy1982 hat Folgendes geschrieben:

Canyon hat Folgendes geschrieben:
Eventuell könnte man die Fantasien auch noch mit dem Namen ihres Lieblings-Boygroupsängers in Verbindung bringen.

Hier muss ich zugeben, das ich mich in dem Bereich schlicht null auskenne. Ich habe das Bild nur gewählt weil es es so wiedersprüchlich ist. Die Erfolgszeit der Boygroups war in den 90er Jahren, ihre Höhrerschaft allerdings im mittleren bis unteren teenageralter.
Das in der Wohung genau solche CD's rumliegen, spiegelt also sowohl Jasmins alter, als auch ihre geistige Einstelklung teilweise wieder. Ahnung habe ich von dem Zeug aber nicht Laughing


Um das zu ändern kann man doch prima Google missbraucnen. Laughing Ich denke das beste Beispiel für solche Bands - um das man auch nicht wirklich herum kam, wenn man selber keine Boygroups hörte - waren Take That. Da gab es hauptsächlich die Mark Owen-, und die Robbie Williams-Fraktion. Da Robbie ja seit Jahren in seinem Soloding deutlich erfolreicher ist, würde ich im Text zu Mark Owen tendieren. Aber wie gesagt, da ließen sich - bei Bedarf - online noch etliche andere Opfer finden. Cool

Den Vorschlag mit der AG von Selanna finde ich übrigens auch gut und auch ich denke, dass du mit Sicherheit Leute finden würdest. Ich weiß aber nicht, ob dafür schon genug Text vorhanden ist - in dem Zeitraum, bis du Zugang zu diesem Bereich bekommst, könnte man dieses Problem aber auch beseitigen. Zumindest würde ich aber empfehlen, die Forsetzungen nicht mehr öffentlich zu posten. Denn da könnte es sonst eventuell wirklich mal Probleme geben, wenn es ans Verlegen geht. Irgendwo kann man einstellen, dass der Thread nur für registrierte Forenuser sichtbar ist; frag mich aber nicht wo, hab das noch nie gemacht. ^^


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Andy1982
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Beitrag05.12.2017 14:51

von Andy1982
Antworten mit Zitat

Naja, Text,material ist schon vorhanden.

Da das ganze ja eine Anthologie von Kurzgeschichten und Novellen ist, kann ich ja auch problemlos nicht-chronologisch schreiben und mit den kürzesten Geschichten anfangen.

Ich denke, ich werde einfach den Prolog noch ne weile drin stehen lassen, und schauen, wer sich sonst noch so meldet. Aber Selannas einwand ist korrekt. Mir eine potentiell mögliche veröffentlichung zu versauen nur weil ich hier was gepostet habe, ist ja auch nicht clever wink
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