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Die Arschkarte


 
 
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host
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
H


Beiträge: 48
Wohnort: nicht zuhause


H
Beitrag04.11.2017 21:07
Die Arschkarte
von host
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Mal zur Abwechslung was Klassisches.



Die Arschkarte

Das Leben war gemein, es hielt mich klein.                   
Vergebens hoffte ich auf schöne Gaben.                         
Vor meinen Füssen fand sich mancher Stein,
Sprang ich hinüber, fiel ich in den Graben!

Ich mühte mich, nie hatt ich Glück, nie Schwein,
Die Hunde bissen gern in meine Waden.
Spaß war passée; dem Leben sagt ich nein!
Was sollt ich ewig diesen Scheiß ertragen!

Und jetzt? Ich sehne mich nach rotem Wein.,
Wo oben alle sich am Kuchen laben,
lieg ich im Sarg und muss auf ewig darben.   

Als Trost bleibt mir, nicht mehr allein zu sein.
Schon höre ich das Krächzen schwarzer Raben,
Und spüre zart das Nagen fetter Maden.




-

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Soleatus
Klammeraffe


Beiträge: 999



Beitrag05.11.2017 11:38

von Soleatus
Antworten mit Zitat

Hallo Host!

"Die Arschkarte" ist ein Text, mit dem ich nicht wirklich zurechtkomme.

Das liegt gar nicht einmal an seinen Form-Eigenheiten, obwohl ich auch zu denen etwas sagen möchte; denn so richtig "klassisch", wie von dir angekündigt, wird die Sonettform ja nicht umgesetzt ...

Das betrifft gar nicht einmal die Kreuzreime der Quartette; auch das nimmt Bezug auf einen Punkt in der Sonettgeschichte (die früheste, "sizilanische" Zeit) und ist damit Bestandteil der Gestaltungsmöglichkeiten.

Etwas störender scheinen mir die unreinen Reime; aber auch da, warum nicht, und ich nehme an, du hast dir dabei auch in Bezug auf die Gedichtaussage etwas gedacht (was mir aber verborgen bleibt).

Das Hinüberführen der Quartettreime in die Terzette ist auch gewöhnungsbedürftig. Wenn ich das in Bezug auf den Inhalt andenke, fällt mir sogar dies oder das ein - Leben, im strengen Gegensatz: der Tod - nein doch nicht (denken ist "wie immer"); Quartettreime, Neueinsatz der Reime im Terzett - nein doch nicht, oder zumindest: kaum. Als einfachste Überlegung. Aber hm: meiner Erfahrung nach ist der Verlust, auch durch die Reibung am Leser, bei solchen Versuchen größer als der Gewinn?!

Was ich gar nicht mag, ist das "laben": Das ist ein totes Wort, das niemand mehr benutzt und mit dem niemand mehr etwas verbindet und das nur noch als Reimbeschaffer in Gedichten auftaucht ...

Inhaltlich lässt mich dein Sonett seltsam unberührt. Das liegt, scheint mir, vor allem an der Beliebigkeit der verwendeten Wörter und Aussagen. "Gaben", "Glück", was meint das?! Ich teste einmal etwas:

Ich mühte mich, nie hatt ich Glück, nie Schwein,
Vergebens hoffte ich auf schöne Gaben.
Das Leben war gemein, es hielt mich klein.
Die Hunde bissen gern in meine Waden.

Vor meinen Füssen fand sich mancher Stein,
Sprang ich hinüber, fiel ich in den Graben!
Spaß war passée; dem Leben sagt ich nein!
Was sollt ich ewig diesen Scheiß ertragen!


Für mich als Nicht-Verfasser könnten die Verse der Quartette auch so stehen, ohne dass etwas (oder: ohne dass viel) verloren ginge? Glückt diese "Umstellprobe", ist das oft ein Warnzeichen für das entsprechende Gedicht; für ein Sonett wahrscheinlich noch stärker, weil man da noch mehr ein Aufeinander-Aufbauen, eine Entwicklung erwartet?!

Das (überirdische) "Krächzen" passt nicht so recht zum Sarg und den Maden? Aber auch da mag ich am Text vorbeidenken.

(In V3: "Füßen", oder? V9 hat hinten ein Satzzeichen zuviel.)

Gruß,

Soleatus

PS: Ich habe ganz früher ein gar nicht so unverwandtes Textlein geschrieben, "Alle Zeit der Welt", mit "Maden" und "laben" und den dazugehörigen Schwierigkeiten (meint: es ist schlecht); ich stelle das einmal ein, nur so als Vergleich ...
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host
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
H


Beiträge: 48
Wohnort: nicht zuhause


H
Beitrag07.11.2017 00:27

von host
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Soleatus,

vielen Dank für deine Kritik und die Zeit, die du dir für mich genommen hast.

Wenn ich Klassisches ankündige, aber mit den damit verbundenen Vorgaben recht "kreativ" oder lasch umgehe, dann macht deine Kritik Sinn.
Aus dieser Sicht kann man das Gedicht  bestenfalls als ein am Sonett orientiertes beschreiben. Da war ich zu unbedacht.
Genau auch wegen dem profunden Wissen, das sich in unserem Forum in einigen wirklich erhellenden Kritiken manifestiert, bin ich ja hier und wage es, ab und an zu veröffentlichen.
 
Dennoch finde ich die "Arschkarte" konsistenter, als es dir erscheint.

"Das Leben war gemein, es hielt mich klein."  
Dieser einleitende Satz ist ein Ausdruck eines naiven, magischen Denkens ("Ich bin klein, mein Herz ist rein!")
Die nun folgenden Zeilen spielen auf Sprichwörter an: Über einen Stein stolpern, in den Graben fallen, Schwein haben. Auch sie weisen, als Allgemeinsätze formuliert, auf ein naives, vielleicht auch ein kindliches Denkniveau.

"am Kuchen laben" - "auf ewig darben". dieser unreine Reim nutzt obsolete  Wörte und ist gewollt, die Szenerie der beiden Terzette - nicht nur das eine  Wort "laben" - spielt mit altertümelnden Bildern.
Auch das Wort "Gaben" passt m.E. in diesen Kontext von naiv und altertümlich.

Recht gebe ich dir mit Wort "Glück", es wirkt platt und ist unnötig, da "Schwein" das Gleiche und das im Gedichtkontext auch Passendere sagt. Vielleicht wäre eine Alternative gewesen, wenn ich einen Bezug zu "Hans im Glück" hergestellt hätte, das Wort "Glück" allein ist zu schwach und vermag das nicht.


Zum Übergang der Quartette zu den Terzetten.
Vorausgeschickt: nach inhaltlichen Kriterien umfasst die erste Strophe die ersten sechs Zeilen, die zweite die Zeilen sieben und acht (Das Gedicht ist halt nur sonettähnlich).
Zu Beginn der Zeile  sieben wird der Lesefluss irritiert, weil der Iambus pausiert: "Spaß war passée". Sind die Quartette von Zeile eins bis sechs in naivem Ton gehalten, wechselt die "2. Strophe" in den Frust- und Schimpfmodus.

Zwischen den Quartetten und Terzetten verabschiedet sich das gequälte LI von der Welt und redet in der Folge, wie oben gezeigt, in altertümelnder schwarzromantischer Art, ja es ergeht sich sogar Sarkasmus.

Was will das Gedicht?-
Keine Ahnung!
Vielleicht, solange du dich in naiver Weise nur als Unglücksrabe erlebst, wird dich auch als lebender Tote der Neid zerfressen und nämlicher Rabe dich begleiten (hörbar krähend oder höhnisch krächzend auch durch 1 m Erde).
Oder vielleicht mag man in den ersten Zeilen an die Gebrüder Grimm denken  und in den letzten an Edgar A.Poe (Na, wenn das mal wohl nicht zu hoch gegriffen ist).
Vielleicht geht es sogar um die Entstehungsgeschichte der schwarzen Romantik und ihrem Nachwuchs, dem quellendem Horrorgenre, die auf dem Boden destruierter romantischer Weltsicht ihren Anfang nahm.

Ich sollte nicht zuviel darüber nachdenken - eigentlich wollte ich nur ein Gedicht schreiben, über das sich schmunzeln lässt, und in dem ich die Zeile unterbringen konnte: "Und spüre zart das Nagen fetter Maden!"

Nur noch eins: das ich "Füsse" geschrieben habe, ist mir wirklich peinlich (Zu viele Schweizer Bekannte) !

Liebe Grüße Flocke


PS  Ich bin neugierig auf dein "Maden"-"laben"-Gedicht.
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menetekel
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 104
Beiträge: 2452
Wohnort: Planet der Frühvergreisten


Beitrag15.11.2017 18:18
Re: Die Arschkarte
von menetekel
Antworten mit Zitat

host hat Folgendes geschrieben:
Mal zur Abwechslung was Klassisches.



Die Arschkarte


Ich mühte mich, nie hatt ich Glück, nie Schwein,
Die Hunde bissen gern in meine Waden.
Spaß war passée; dem Leben sagt ich nein!
Was sollt ich ewig diesen Scheiß ertragen!

Und jetzt? Ich sehne mich nach rotem Wein.,
Wo oben alle sich am Kuchen laben,
lieg ich im Sarg und muss auf ewig darben.   

Als Trost bleibt mir, nicht mehr allein zu sein.
Schon höre ich das Krächzen schwarzer Raben,
Und spüre zart das Nagen fetter Maden.

-


Hallo Host,

hier nun mein Gegenbesuch.  Smile

Du kündigst an, etwas Klassisches präsentieren zu wollen, tust es aber nicht. Vielmehr bedienst du dich halbherzig einer Sonettform, die es (so kreuzgereimt) gar nicht gibt. Embarassed
Aber darüber hat sich ja schon mein Vorkommentator ausgelassen.

Ich finde, Du könntest hier auf Reime ganz verzichten und eher versuchen, etwas sprachliche Lockerung ins Werk zu transportieren. Beispielsweise:


Zitat:
Das Leben war mir Fluss.
Vor meinen Füßen fand sich mancher Stein,
den ich vergebens überspringen wollte,
...


usw.

Ich glaube, dass du dem Thema so gerechter würdest. -
Falls du nicht ganz auf Reime verzichten möchtest, besser etwas unauffälliger streuen.

Eine andere Möglichkeit wäre, ein "echtes" Sonett zu schreiben, dieses aber betont komisch zu halten. - Mir persönlich gefiele aber ein freier Text besser.
Gut wäre es auch, in einem Bild zu bleiben, also das schöne Flussgeschehen breiter auszubauen. Eigentlich könntest du alles Weitere darunter subsumieren: den Hund, ein vorbeiquiekendes Glücksschwein und final die Maden.

Hoffentlich konnte ich dir ein paar sachdienliche Impulse geben,

m.


_________________
Alles Amok! (Anita Augustin)
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host
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
H


Beiträge: 48
Wohnort: nicht zuhause


H
Beitrag27.11.2017 23:42

von host
pdf-Datei Antworten mit Zitat

danke für eure Kritik

host
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