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Hineininterpretieren? Herausinterpretieren?

 
 
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silesio
Eselsohr

Alter: 89
Beiträge: 237
Wohnort: Dubai


Beitrag04.11.2017 12:47
Hineininterpretieren? Herausinterpretieren?
von silesio
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Ein Gedicht zu lesen, heisst für mich, dieses Gedicht zu interpretieren. Ich kann nicht anders. Es interpretiert in mir. Assoziationen kommen automatisch. Und ich vermute, das hat der Dichter doch wohl gewollt.
   Das Problem: Schon im Deutschunterricht des Gymnasiums habe ich mich oft gefragt: Ist die Interpretation des Lehrers richtig, oder besser, angemessen? Lässt er nicht Phantasie, Wissen, ja auch Eitelkeit zu freie Bahn?
   Es ist vielleicht nur ein kleiner Unterschied:
   Hinein- oder Herausinterpretieren?


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Canyon
Leseratte

Alter: 44
Beiträge: 128
Wohnort: Nimmerland


Beitrag04.11.2017 13:08

von Canyon
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Ich denke, das Interpretieren findet ganz automatisch statt, sobald man anfängt über einen Text nachzudenken. Das Gelesene erzeugt Bilder und Gedanken im Kopf und man fängt an sich zu fragen, was diese Bilder und Gedanken zu sagen haben, und ob der Autor die gleichen Bilder und Gedanken beim Schreiben hat. Eine feine Sache, die durchaus Spaß machen kann. Ich persönlich finde es auch gar nicht so wichtig, dass die Interpretationen des Lesers immer zu hundert Prozent mit der Intention des Autors übereinstimmen, sondern viel spannender, wenn beim Interpretieren mehrere, unterschiedliche Blickwinkel zu Tage kommen.
Allerdings nur, solange man sein eigenes Ergebnis nicht als "die Wahrheit" in Stein meißelt. Denn was der Autor am Ende wirklich sagen wollte, wird man vermutlich nur in den wenigstens Fällen erfahren.


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"Du bist, was du warst; und du wirst sein, was du tust."
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silesio
Eselsohr

Alter: 89
Beiträge: 237
Wohnort: Dubai


Beitrag04.11.2017 13:23

von silesio
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Es gibt ja genügend Interpretationen, die von den Autoren selbst stammen! Wissen sie allein und am besten, ob sie richtig liegen?
   Es gibt zwei Möglichenkeiten: Entweder ändern sie ihre eigene Interpretation später oder es bildet sich (im Lauf der Jahrhunderte) Eine Communis opinio, wie dieses Werk zu verstehen ist oder nicht.
   Für mich stelle ich fest und lege Auch Wert darauf: Jede Interpretation ist subjektiv.


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LeviathanII
Geschlecht:männlichEselsohr
L


Beiträge: 297



L
Beitrag04.11.2017 18:01

von LeviathanII
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Es kommt natürlich darauf an, was man mit dem interpretieren erreichen möchte, aber ich halte das "Herausinterpretieren", wenn ich es richtig verstehe: das Treffen von Aussagen über die reale Welt an literarischen Texten entlang, für die wertvollere Form der Interpretation.
Die Interpretaion innerhalb von Texten (und ihren Autoren) ist dagegen im Grunde auch nur eine Art von Eskapismus, welcher nett sein kann, aber immer dagegen anzukämpfen hat, dass eigentlich nichts langweiliger sein kann, als die ausgedachten Geschichten ausgedachter Personen.
Wirklich herrlich ist dagegen nur die "gefährliche" Literatur, Texte, so selten sie auch sein mögen, die aus sich selbst heraus zu kommen scheinen, die einem einen wirklich anderen Blick erlauben.
(Wie wenn man als Jugendlicher zum ersten mal Hesse leist, oder später Kafka, oder Kästners Fabian)
- Wobei mir vor allem Kafkas Texte gefallen, die geradezu zwingen, durch ihre Unförmigkeit, hineinzuinterpretieren, wo dies aber auf so vielen Ebenen geschieht, dass man automatisch beginnt, herauszuinterpretieren.

Zur Frage der Legitimität:
Es gibt zwei Unterschiede. Aus persönlicher Sicht reicht natürlich die subjektive Interpretation, sie kann sogar sehr wertvoll sein: Hesse hat mich die Freiheit gelehrt, Kafka die Unfreiheit erkennbar gemacht und an Kästners Fabian bin ich, vollkommen verstört/fasziniert, vom gedankenlos Zweifelnden zum Atheisten geworden. Der Autor zählt hier nicht, man blickt, mit den ganz eigenen Augen, Gedanken auf eine Wortstruktur, die er geschaffen hat, weswegen ein wirklich gutes Buch meistens nichts anderes sagt, als das was man eh schon vermutet (um ausgerechnet 1984 zu paraphrasieren).
Wissenschaftlich ist es eine andere Frage, die Wissenschaft ist da, wo der Konsens ist, gerade die schnelllebigen Geisteswissenschaften, doch auch die Naturwissenschaften sind nicht wirklich anders, sind im Grunde genommen nur "Institutionen" relativ geordneter Kommunikation, man muss sich darin als Stimmchen einfinden. Wobei das im Falle des Deutschlehrers ungefähr so übersetzt werden kann, dass auch ein Deutschlehrer kein Konsens ist, sodass seine Interpretation erst dann 'richtig', im wissenschaftlich-kommunikativem Sinne, wird, wenn man seine andere Interpretation aufgibt, oder sie, lange nachdem der Lehrer die Diskussion abgebrochen hat, vergisst. Bis dahin ist sie, von der Note abgesehen, gleichsam legitim. Richtig ist etwas erst, sobald sich niemand mehr streitet (und solange sich niemand streitet) was im Klassenzimmer natürlich leicht autoritär durchzusetzen ist, in der Wissenschaft hingegen recht unwillkommen wäre.
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