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Die Botschaft


 
 
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TZH85
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 39
Beiträge: 300
Wohnort: Essen
Pokapro 2017


Beitrag23.08.2017 13:33
Die Botschaft
von TZH85
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo wertes Forum,
ich hätte gern Feedback zum folgenden Text, der den ersten Auftritt einer der Hauptfiguren beschreibt.



„Zwei oder drei Finger sollten doch reichen“, rief Lorant zum Fenster im zweiten Stock hinauf. „Katte hat meine Garderobe noch nicht ausgepackt. Das hier ist meine einzige vorzeigbare Uniform und Blut lässt sich so schwer herauswaschen.“
Das Mädchen schluchzte und wand sich in seinem Griff, als würde das irgendetwas ändern. Lorant fühlte sich wie ein Schauspieler auf der Bühne: Ringsum sammelte sich das Publikum in den Fenstern der Nachbarhäuser. Alt und jung, reich und arm, wichtige Herren und Damen oben, Bedienstete unten. Die Laterne warf ihr geisterhaftes Licht auf ihn, während vereinzelte Schneeflocken aus der Dunkelheit hinab segelten und auf dem Kopfsteinpflaster verendeten. Alles, was diesem Trauerspiel noch fehlte, war die Musik. Etwas dunkles, wehleidiges müsste es sein. Vielleicht eine einsame Oboe. Von oben blickte der Intendant der Tragödie in den Hof ohne die Miene zu verziehen.
Lorant seufzte. „Nichts zu machen. Dann eben die ganze Hand.“ Er zerrte das Mädchen am Schopf zum Zaun, der die Grenze zur Straße markierte. Die Grenze zur zivilisierten Welt. „Bitte nicht“, flehte sie. „Ich war es nicht, ich war es wirklich nicht!“ Lorant öffnete seinen Gürtel mit der Linken und fesselte den zierlichen Unterarm an den obersten Balken. Er zog den Riemen fester und fester, bis das Leder tief in ihre Haut schnitt. Sie wimmerte, sie schrie, sie bettelte mit tränenüberströmtem Gesicht, aber er gab nicht nach. Je enger der Gurt saß, desto weniger Spritzer. Desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass er beim Abendessen wie ein Metzgermeister aussehen würde. Das Mädchen versuchte, sich loszureißen und Lorant ohrfeigte es mit der offenen Hand. „Sei still“, zischte er. „Dein Zappeln macht es nicht besser.“
Er löste sein Schwert aus der Scheide. Ihr Atem klang flacher und flacher, sie stank nach Urin und Schweiß. Er spürte den Blick des Generals im Nacken und hob die Waffe. Die Welt um ihn herum wurde still, das Publikum hielt den Atem an – der Akt näherte sich dem Höhepunkt.
„Halt! Sofort aufhören!“ Eine Pfeife schrillte, Schritte donnerten über das Pflaster. Deus ex machina, dachte Lorant. Zwei galvanische Friedenswärter eilten schnaufend in den Hof, als hätte der Gott aus der Maschine sie höchstpersönlich aus der Versenkung geholt. „Stecken Sie augenblicklich die Waffe weg“, rief der größere der beiden. Seine Hand ruhte auf einem Knüppel am Gurt. Lorant ließ das Schwert sinken, während der Andere, ein Mann mit gezwirbeltem Schnauzer und tiefliegenden Augen, das Mädchen losband. Hinter den Neuankömmlingen schlich eine Gestalt in Schwarz an der Hauswand entlang, nickte Lorant zu und schlüpfte unbemerkt durch den Dienstboteneingang ins Anwesen.
„Codex zwei, Artikel fünf des galvanischen Grundrechts. Nur Justizbeamte mit kaiserlicher Befugnis dürfen Urteile vollstrecken.“ Der Mann mit Schnauzer studierte die Abzeichen auf Lorants Uniform und ließ den Blick dann hoch in sein Gesicht wandern. Lorant kannte die Ausdruck. Verachtung. Im Veszmischen gab es dafür zwei Begriffe. Grotredek, das eigentlich eher über jemanden richten bedeutete. Und minär, aber da schwang ein gewisser Standesdünkel mit. Der Friedenswärter verriet ganz ohne Worte, was er von ihm hielt. Keine Übersetzung nötig.
„Ich weiß nicht, wie man das bei euch in Veszma macht, aber hier verkrüppeln wir keine Mädchen. Schon gar nicht ohne Prozess“, sagte er.
Lorant strich seine Uniform glatt. „Ich nehme an, man streichelt Diebe hier zu Tode?“
„Veszmische Hunde“, murmelte der hintere Wachmann, der inzwischen einen Arm um das Mädchen gelegt hatte. Es schluchzte in seinen Mantel, verbarg das Gesicht in den Falten, als könne es sich dort vor Lorant verstecken. „Sag deinem Herrn, dass er morgen früh Anzeige in der nächsten Dienststelle erheben kann“, sagte der andere Wärter.
„General Siroky hat befohlen, dass die Angelegenheit noch heute geregelt wird“, entgegnete Lorant.
Der Galvaner gab sich sichtlich Mühe, sein Temperament im Zaum zu halten. „General Siroky wird sich daran gewöhnen müssen, dass wir die Dinge hier anders handhaben. Du kannst ihm ausrichten, dass Diplomaten keine Narrenfreiheit besitzen.“
„Die Nachricht können Sie selbst überbringen, wenn sie sich trauen.“ Lorants erwiderte die unverhohlene Abscheu seines Gegenübers mit geübter Gelassenheit. „In Veszma sagt man, dass es Glück bringt, dem Überbringer schlechter Nachrichten die Zunge herauszuschneiden.“ Einen Moment lang glaubte er, die beiden würden ihn an Ort und Stelle festnehmen. Doch dann deuteten sie eine unwillige Verbeugung an, kaum mehr als ein Nicken, und zogen mit dem Mädchen davon. Wer einen Diplomaten in einer Zelle sehen wollte, musste sich auf Papierkram gefasst machen. Lorant schätzte, dass sein Anblick auf einer Pritsche es den beiden einfach nicht wert war. Besonders zu so später Stunde. Galvaner. Wie die je den Krieg hatten gewinnen können, war ihm ein Rätsel.
Er wartete bis die drei außer Sichtweite waren und ging zum Hintereingang. Womöglich stand der General noch am Fenster wie ein unheilvoller Zaungast, aber Lorant konnte der Versuchung nicht widerstehen. Im Rampenlicht der Laterne verneigte er sich vor seinem Publikum. Heute keine Zugabe. Er betrat ein Haus, das trotz der leise summenden Lampen mit ihrem warmen Licht wie ausgestorben wirkte. Vielleicht stellten sich die Bediensteten tot oder hielten Kriegsrat in einer dunklen Kammer. Am wahrscheinlichsten war aber, dass sich jeder in sein stilles Ecklein zurückgezogen hatte und schwer damit beschäftigt war, die eigene Existenz zu vertuschen. Angst trieb Menschen auseinander, nicht zusammen.
General Siroky wartete im gelben Salon im zweiten Stock. Er hatte einem der hölzernen Stühle den Vorrang vor dem Sessel am Kamin gegeben. Die plüschigen Kissen mussten auf einen Bewohner warten, der ihnen etwas abgewinnen konnte. Auf dem Nasenrücken des Generals prangte eine runde Brille, die sich auf dem wohlgenährten Gesicht eines gutmütigen Akademikers besser gemacht hätte. Er studierte sein Notizbuch und gab keinen Hinweis darauf, das Eintreten seines Untergebenen überhaupt bemerkt zu haben.
Lorant stand stramm und wartete. Stille legte sich wie ein Leichentuch über den Raum. Früher hätte ihn das nervös gemacht, aber er hatte gelernt, dass Schweigen eine Waffe sein konnte. 
"Bist du stolz auf deine kleine Vorstellung?", fragte der General schließlich.
"Mit Verlaub", entgegnete Lorant. "Ich darf mich den galvanischen Friedenswärtern nicht widersetzen."
"Das nächste Mal, wenn eine dieser Ratten mich bestiehlt, wirst du dafür zur Rechenschaft gezogen. Weil du dich geweigert hast, ein Exempel zu statuieren."
"Jawohl, Herr General."
Zum ersten Mal blickte Siroky von seinen Notizen auf. Es hätte ihn sicher erzürnt zu wissen, wie ähnlich er dem Friedenswärter in diesem Moment sah. Grotredek. Lorant hatte das Gefühl, dass Siroky nach etwas in ihm Ausschau hielt. Ihn musterte wie den aufgespießten Falter in der Sammlung eines Naturforschers. Was immer der General suchen mochte, er wurde nicht fündig. "Verbiete Gott, dass du jemals das Kommando über eine unserer Einheiten hast. Das Heer würde in sich zusammenfallen wie eine alte Jungfer", sagte er. 
"Jawohl, Herr General."
Siroky erhob sich aus seinem Stuhl und trat an Lorant heran. Das Hinken hätte einen weicheren Mann gebrechlich oder lächerlich wirken lassen, doch Siroky verlieh es Dramatik. Er kam eine Armeslänge vor Lorant zum Stehen, eine Wolke aus Leder- und Zigarrengeruch umwehte ihn.
"Was haben diese galvanischen Ratten heute Abend gelernt? Dass du hier keine Macht hast. Dass du dich unterordnen musst. Dass sie mit dir machen können, was sie wollen, weil du ein kleiner, unbedeutender Mann bist. Dass sie nehmen können, was dir gehört und nicht dafür bezahlen müssen."
"Wir wissen nicht mal, ob sie wirklich die Schuldige war", entgegnete Lorant und betreute den Impuls sofort.
"Es geht um die Botschaft." Der General nahm seine Hand in die eigene und einen irrsinnigen Augenblick lang glaubte Lorant, er wollte sie drücken. Doch stattdessen marschierte der Ältere aus dem Raum, zurück blieb nur der Geist eines zynischen Lachens.
Lorant öffnete seine Faust. Zwei goldene Manschettenknöpfe blickten ihn vorwurfsvoll an. 

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azareon35
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 292
Wohnort: Hessen


Beitrag23.08.2017 14:25
Re: Die Botschaft
von azareon35
Antworten mit Zitat

Heyo Inkognito,

dann will ich mal Feedback geben. Ist alles nur meine persönliche Meinung, nimm, was du gebrauchen kannst.

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Hallo wertes Forum,



„Zwei oder drei Finger sollten doch reichen“, rief Lorant zum Fenster im zweiten Stock hinauf. „Katte hat meine Garderobe noch nicht ausgepackt. Das hier ist meine einzige vorzeigbare Uniform und Blut lässt sich so schwer herauswaschen.“ Haben die noch nie von Sprudelwasser und Zitronensaft gehört? Cool
Das Mädchen schluchzte und wand sich in seinem Griff, als würde das irgendetwas ändern. Lorant fühlte sich wie ein Schauspieler auf der Bühne: Ringsum sammelte sich das Publikum in den Fenstern der Nachbarhäuser. Alt und jung, reich und arm, wichtige Herren und Damen oben, Bedienstete unten. Die Laterne warf ihr geisterhaftes Licht auf ihn, während vereinzelte Schneeflocken aus der Dunkelheit hinab segelten und auf dem Kopfsteinpflaster verendeten. Alles, was diesem Trauerspiel noch fehlte, war die Musik. Etwas dunkles, wehleidiges müsste es sein. Vielleicht eine einsame Oboe. Von oben blickte der Intendant der Tragödie in den Hof ohne die Miene zu verziehen.
Lorant seufzte. „Nichts zu machen. Dann eben die ganze Hand.“ Er zerrte das Mädchen am Schopf zum Zaun, der die Grenze zur Straße markierte. Die Grenze zur zivilisierten Welt. „Bitte nicht“, flehte sie. „Ich war es nicht, ich war es wirklich nicht!“ Lorant öffnete seinen Gürtel mit der Linken Okay, im Text wird später klar, dass er sie zur Bestrafung verstümmeln will, aber bis hier klingt es so, als wollte Lorant das Mädchen vergewaltigen. und fesselte den zierlichen Unterarm an den obersten Balken. Er zog den Riemen fester und fester, bis das Leder tief in ihre Haut schnitt. Sie wimmerte, sie schrie, sie bettelte mit tränenüberströmtem Gesicht, aber er gab nicht nach. Je enger der Gurt saß, desto weniger Spritzer. Desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass er beim Abendessen wie ein Metzgermeister aussehen würde. Das Mädchen versuchte, sich loszureißen und Lorant ohrfeigte es mit der offenen Hand. „Sei still“, zischte er. „Dein Zappeln macht es nicht besser.“
Er löste sein Schwert aus der Scheide. Ihr Atem klang flacher und flacher, sie stank nach Urin und Schweiß. Er spürte den Blick des Generals im Nacken und hob die Waffe. Die Welt um ihn herum wurde still, das Publikum hielt den Atem an – der Akt näherte sich dem Höhepunkt. Mir gefällt die Theatermetapher sehr gut.
„Halt! Sofort aufhören!“ Eine Pfeife schrillte, Schritte donnerten über das Pflaster. Deus ex machina, dachte Lorant. Zwei galvanische Friedenswärter eilten schnaufend in den Hof, als hätte der Gott aus der Maschine sie höchstpersönlich aus der Versenkung geholt. Ich glaube, den Begriff kennt jeder, den musst du nicht zweimal hintereinander verwenden. „Stecken Sie augenblicklich die Waffe weg“, rief der größere der beiden. Seine Hand ruhte auf einem Knüppel am Gurt. Lorant ließ das Schwert sinken, während der Andere, ein Mann mit gezwirbeltem Schnauzer und tiefliegenden Augen, das Mädchen losband. Hinter den Neuankömmlingen schlich eine Gestalt in Schwarz an der Hauswand entlang, nickte Lorant zu und schlüpfte unbemerkt durch den Dienstboteneingang ins Anwesen.
„Codex zwei, Artikel fünf des galvanischen Grundrechts. Nur Justizbeamte mit kaiserlicher Befugnis dürfen Urteile vollstrecken.“ Der Mann mit Schnauzer studierte die Abzeichen auf Lorants Uniform und ließ den Blick dann hoch in sein Gesicht wandern. Lorant kannte die Ausdruck. Verachtung. Im Veszmischen gab es dafür zwei Begriffe. Grotredek, das eigentlich eher über jemanden richten bedeutete. Und minär, aber da schwang ein gewisser Standesdünkel mit. Der Friedenswärter verriet ganz ohne Worte, was er von ihm hielt. Keine Übersetzung nötig.
„Ich weiß nicht, wie man das bei euch in Veszma macht, aber hier verkrüppeln wir keine Mädchen. Schon gar nicht ohne Prozess“, sagte er.
Lorant strich seine Uniform glatt. „Ich nehme an, man streichelt Diebe hier zu Tode?“ Ich kenne deinen Text jetzt nicht, aber würde man redet Diebe hier zu Tode nicht besser passen?
„Veszmische Hunde“, murmelte der hintere Wachmann, der inzwischen einen Arm um das Mädchen gelegt hatte. Es schluchzte in seinen Mantel, verbarg das Gesicht in den Falten, als könne es sich dort vor Lorant verstecken. „Sag deinem Herrn, dass er morgen früh Anzeige in der nächsten Dienststelle erheben kann“, sagte der andere Wärter.
„General Siroky hat befohlen, dass die Angelegenheit noch heute geregelt wird“, entgegnete Lorant.
Der Galvaner gab sich sichtlich Mühe, sein Temperament im Zaum zu halten. „General Siroky wird sich daran gewöhnen müssen, dass wir die Dinge hier anders handhaben. Du kannst ihm ausrichten, dass Diplomaten keine Narrenfreiheit besitzen.“
„Die Nachricht können Sie selbst überbringen, wenn Sie sich trauen.“ Lorants erwiderte die unverhohlene Abscheu seines Gegenübers mit geübter Gelassenheit. „In Veszma sagt man, dass es Glück bringt, dem Überbringer schlechter Nachrichten die Zunge herauszuschneiden.“ Einen Moment lang glaubte er, die beiden würden ihn an Ort und Stelle festnehmen. Doch dann deuteten sie eine unwillige Verbeugung an, kaum mehr als ein Nicken, und zogen mit dem Mädchen davon. Wer einen Diplomaten in einer Zelle sehen wollte, musste sich auf Papierkram gefasst machen. Lorant schätzte, dass sein Anblick auf einer Pritsche es den beiden einfach nicht wert war. Besonders zu so später Stunde. Galvaner. Wie die je den Krieg hatten gewinnen können, war ihm ein Rätsel.
Er wartete bis die drei außer Sichtweite waren und ging zum Hintereingang. Womöglich stand der General noch am Fenster wie ein unheilvoller Zaungast, aber Lorant konnte der Versuchung nicht widerstehen. Im Rampenlicht der Laterne verneigte er sich vor seinem Publikum. Heute keine Zugabe. Großartig! Er betrat ein Haus, das trotz der leise summenden Lampen mit ihrem warmen Licht wie ausgestorben wirkte. Vielleicht stellten sich die Bediensteten tot oder hielten Kriegsrat in einer dunklen Kammer. Am wahrscheinlichsten war aber, dass sich jeder in sein stilles Ecklein zurückgezogen hatte und schwer damit beschäftigt war, die eigene Existenz zu vertuschen. Angst trieb Menschen auseinander, nicht zusammen.
General Siroky wartete im gelben Salon im zweiten Stock. Er hatte einem der hölzernen Stühle den Vorrang vor dem Sessel am Kamin gegeben. Die plüschigen Kissen mussten auf einen Bewohner warten, der ihnen etwas abgewinnen konnte. Auf dem Nasenrücken des Generals prangte eine runde Brille, die sich auf dem wohlgenährten Gesicht eines gutmütigen Akademikers besser gemacht hätte. Er studierte sein Notizbuch und gab keinen Hinweis darauf, das Eintreten seines Untergebenen überhaupt bemerkt zu haben.
Lorant stand stramm und wartete. Stille legte sich wie ein Leichentuch über den Raum. Früher hätte ihn das nervös gemacht, aber er hatte gelernt, dass Schweigen eine Waffe sein konnte. 
"Bist du stolz auf deine kleine Vorstellung?", fragte der General schließlich.
"Mit Verlaub", entgegnete Lorant. "Ich darf mich den galvanischen Friedenswärtern nicht widersetzen."
"Das nächste Mal, wenn eine dieser Ratten mich bestiehlt, wirst du dafür zur Rechenschaft gezogen. Weil du dich geweigert hast, ein Exempel zu statuieren."
"Jawohl, Herr General."
Zum ersten Mal blickte Siroky von seinen Notizen auf. Es hätte ihn sicher erzürnt zu wissen, wie ähnlich er dem Friedenswärter in diesem Moment sah. Grotredek. Lorant hatte das Gefühl, dass Siroky nach etwas in ihm Ausschau hielt. Ihn musterte wie den aufgespießten Falter in der Sammlung eines Naturforschers. Was immer der General suchen mochte, er wurde nicht fündig. "Verbiete Gott, dass du jemals das Kommando über eine unserer Einheiten hast. Das Heer würde in sich zusammenfallen wie eine alte Jungfer", sagte er. 
"Jawohl, Herr General."
Siroky erhob sich aus seinem Stuhl und trat an Lorant heran. Das Hinken hätte einen weicheren Mann gebrechlich oder lächerlich wirken lassen, doch Siroky verlieh es Dramatik. Er kam eine Armeslänge vor Lorant zum Stehen, eine Wolke aus Leder- und Zigarrengeruch umwehte ihn.
"Was haben diese galvanischen Ratten heute Abend gelernt? Dass du hier keine Macht hast. Dass du dich unterordnen musst. Dass sie mit dir machen können, was sie wollen, weil du ein kleiner, unbedeutender Mann bist. Dass sie nehmen können, was dir gehört und nicht dafür bezahlen müssen." Ich weiß nicht, so recht, aber mir gefällt das 'Dass' 3-mal hintereinander nicht so wirklich. Einmal würde reichen. Die anderen beiden Sätze könntest du dann direkter sagen.
"Wir wissen nicht mal, ob sie wirklich die Schuldige war", entgegnete Lorant und bereute den Impuls sofort.
"Es geht um die Botschaft." Der General nahm seine Hand in die eigene und einen irrsinnigen Augenblick lang glaubte Lorant, er wollte sie drücken. Doch stattdessen marschierte der Ältere aus dem Raum, zurück blieb nur der Geist eines zynischen Lachens.
Lorant öffnete seine Faust. Zwei goldene Manschettenknöpfe blickten ihn vorwurfsvoll an. 


Zeichensetzungsfehler sind mir keine aufgefallen, sehr gut!
Ich musste auch nur wenig Schreibfehler bemängeln, noch besser!

Es ist wunderbar flüssig geschrieben und auch sehr fesselnd. Ich habe nichts überflogen. Vielleicht könntest du die Theatermetapher für die Unterhaltung mit dem General auch noch verwenden. Nach dem großen Bühnendrama, der Oper vom Anfang, nun das kleine, klaustrophobische Kammerspiel.

Im Moment weiß ich noch nicht recht, was ich von Lorant halten soll. Er wirkt auf mich wie der professionelle Berufssoldat, der seine Befehle ausführt, wenn auch widerstrebend. Falls das beabsichtigt war, dann gut gemacht!

Für das Ende brauche ich eine Erklärung. Wurde Lorant befördert oder gefeuert?


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Fenris
Gänsefüßchen
F


Beiträge: 36



F
Beitrag23.08.2017 15:44
Re: Die Botschaft
von Fenris
Antworten mit Zitat

Hallo Inkognito,

ich schließe mich zunächst den Anmerkungen von azareaon an, möchte aber noch ein paar Kleinigkeiten hinzufügen - hauptsächlich Dinge, die mir beim Lesen eingefallen sind, vielleicht sind sie für dich einigermaßen brauchbar.


[quote="Inkognito"]Hallo wertes Forum,

...Das hier ist meine einzige vorzeigbare Uniform und Blut lässt sich so schwer herauswaschen.“ Um azareaons Kommentar aufzugreifen: Vielleicht ein kurzer Hinweis auf äußerst empfindliches Material? Oder ein Hinweis darauf, dass die Flecken sich entfernen lassen, allerdings nur unter sehr viel Mühe, die es Lorant dann aber doch Wert ist?
... Alt und jung, reich und arm, wichtige Herren und Damen oben, Bedienstete unten.
Was ich mir sehr gut vorstellen könnte, wäre eine kurze nähere Beschreibung der Mimik. Entweder in Form von Adjektivattributen oder als Parenthese - möglicherweise ließe sich dadurch auch das "wichtige" gleich ersetzen; ich stelle mir beispielsweise vor, dass die Bediensteten fast schon gelangweilt dreinblicken, die noblen Herrschaften darüber eher so Shocked aussehen.. wink  
Die Laterne warf ihr geisterhaftes Licht auf ihn, während vereinzelte Schneeflocken aus der Dunkelheit hinab segelten und auf dem Kopfsteinpflaster verendeten. Alles, was diesem Trauerspiel noch fehlte, war die Musik. Etwas dunkles, wehleidiges müsste es sein. Vielleicht eine einsame Oboe. Abgesehen davon, dass es korrekt "Etwas Dunkles, Wehleidiges" heißt, gefällt mir dieser Teil sehr gut. Was ich mir wünsche: Noch ein, zwei Sätze zum musikalischen Charakter des Augenblicks. Idee: Die nicht vorhandenen Instrumente imaginieren, ihren Klang beschreiben, eventuell sogar mit dem verendenden Schnee auf dem Boden assoziieren? Jede der Flocken (es ist ja kein Schneegestöber) könnte musikalisch untermauert werden. Stelle ich mir sehr beeindruckend vor. Usw.
Lorant seufzte. „Nichts zu machen. Dann eben die ganze Hand.“ Er zerrte das Mädchen am Schopf zum Zaun, der die Grenze zur Straße markierte.
... Desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass er beim Abendessen wie ein Metzgermeister aussehen würde. [color] Ich hadere mit dem Vergleich zum Metzgermeister. Er scheint mir nicht perfekt in die Szene zu passen -> Lorant macht sich kurze Gedanken um seine Uniform, die Leute "gaffen", die Atmosphäre eines Trauerspiels wird evoziert -> vielleicht würde ein heroischeres Bild, allerdings nicht übertrieben, auch gut passen?  [/color]

...als hätte der Gott aus der Maschine sie höchstpersönlich aus der Versenkung geholt. Da stimme ich zu: die Übersetzung "der Gott aus der Maschine" ist m.E. hier nicht nötig

..Lorant kannte die Ausdruck. den Ausdruck?

..Grotredek, das eigentlich eher über jemanden richten bedeutete. die objektsprachliche Bedeutung kennzeichnen, z.B. durch Kursivsetzung: über jemanden richten ; oder eine alternative Erklärweise nutzen

.. Es schluchzte in seinen Mantel, verbarg das Gesicht in den Falten [color=red] Für mich nicht eindeutig genug: "seinen" kann auf den Mantel des Wachmanns verweisen, ebenso aber auf einen möglichen Mantel des Mädchens -> "Es schluchzte, verbarg das Gesicht unter dem //Adjektiv// Mantel des Wächters o.ä...
  


...Lorants erwiderte Lorant statt Lorants
... Am wahrscheinlichsten war aber, Mir gefiele eine Inversion für den Lesefluss besser: Am wahrscheinlichsten aber/jedoch/allerdings/... war, ...

...Dass du hier keine Macht hast. Dass du dich unterordnen musst. Dass sie mit dir machen können, was sie wollen, weil du ein kleiner, unbedeutender Mann bist. Dass sie nehmen können, was dir gehört und nicht dafür bezahlen müssen." Es sind nicht nur drei, wie azareon schreibt, sondern sogar vier "Dass"-Sätze hintereinander. Was ich mir gut vorstellen könnte: Nach jedem (bzw. vor jedem) Dass-Satz eine kurze Beschreibung, z.B. davon, wie sich der General Lorant annähert, ihn mit einem Finger 'erstarren' lässt, die Arme ausbreitet, wie auch immer.

..."Wir wissen nicht mal, ob sie wirklich die Schuldige war" Das heißt also, wenn jemand die Schuld trägt, dann eine weibliche Person? Ich würde es anders ausdrücken: Wissen wir denn, ob man wirklich ihr die Schuld [dafür/für ...] geben sollte? -> Falls du dich für eine andere Variante entscheidest, würde ich auch die nachfolgende Reaktion des Generals anpassen, z.B. "Irrelevant. Es geht um die Botschaft."

...Der General nahm seine Hand in die eigene ... lieber etwas genauer: wessen Hand wird genommen? -> Der General packte Lorant am Handgelenk und zog ihn zu sich ran, .....

... Doch stattdessen marschierte ... Hier habe ich den Eindruck, dass es ohne das "Doch" auch gut funktioniert

Azareons Vorschlag, die "Theatermetapher" für den abschließenden Dialog fortzuführen, kann ich zustimmen! Gerne auch zur Hinzufügen von Begriffen der Dramaturgie. Oder, wenn die Begriffe nicht zum Setting passen, dann die Ideen -> vom "Höhepunkt" und der ausbleibenden Zugabe hast du ohnehin schon geschrieben. Wie wäre es mit einem retardierenden Moment (Verzögerung, bevor?

Alles in allem finde ich den Auszug(?) sehr ansprechend! Kommt noch mehr? Wink
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misterdoogalooga
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Beitrag23.08.2017 20:25

von misterdoogalooga
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hi mystischer inkognito

sehr schöner Einstieg – atmosphärisch wunderbar, ohne den Leser mit Beschreibungen zu erschlagen.

Lorant wird überhaupt sehr gut von dir gezeichnet. Du machst das sehr raffiniert, ohne viele Beschreibungen und dennoch hat man ein sehr deutliches Bild von ihm. Respekt!
 
Auch mir gefällt Azareons Vorschlag der Fortführung der  "Theatermetapher" – allerdings besteht da immer die Gefahr, dass man es übertreibt und den Leser damit nervt

Das Ende mit den Manschettenknöpfen interpretiere ich als „Auftrag“, oder, dass jemand Lorants Auftrag erledigt hat und ihm zuvor gekommen ist – hm, insofern bin ich gespannt, wie’s weitergeht
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Yorinde
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Beitrag26.08.2017 15:04

von Yorinde
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Hallo Inkognito!
Ich kann mich meinem Vorschreiber nur anschließen - ein atmosphärischer, flüssiger Text mit interessanten Charakteren. Danke dafür!
Den Anfang musste ich zwei, dreimal lesen, der Name "Katte" (ist das ein Name?) hat mich immer wieder rausgeworfen und erst als du von der ganzen Hand schreibst, war mir klar, was du mit den Fingern meintest. Wink
Du hast den Text als "Fantasy" reingestellt. Von daher ist es natürlich ok, dass Lampen, Brillen, Manschettenknöpfe, Diplomaten - alles Dinge, die ich in eine zumindest semi-moderne Welt einordnen würde - zusammen mit einem Schwert auftauchen. Aber trotzdem wurde dadurch zumindest bei mir im Kopf das Bild nicht ganz rund. Vielleicht müsste ich dafür aber auch deine Welt besser kennen.
Ansonsten bleibt mir nur zu sagen: weiter so!
Viele Grüße, Yorinde
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azareon35
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Beitrag26.08.2017 16:14

von azareon35
Antworten mit Zitat

Yorinde hat Folgendes geschrieben:

Von daher ist es natürlich ok, dass Lampen, Brillen, Manschettenknöpfe, Diplomaten - alles Dinge, die ich in eine zumindest semi-moderne Welt einordnen würde - zusammen mit einem Schwert auftauchen. Aber trotzdem wurde dadurch zumindest bei mir im Kopf das Bild nicht ganz rund. Vielleicht müsste ich dafür aber auch deine Welt besser kennen.

Yorinde,
der Fairness halber muss ich da für Inkognito in die Bresche springen.
-Straßenbeleuchtung und Diplomaten gibt es seit der Antike, die Kunst der Diplomatie wahrscheinlich noch länger
-Die erste Lesebrille wurde, der Überlieferung nach, Ende des 13. Jahrhunderts in der Toskana erfunden (oder zumindest in Norditalien, die Quellen sind sich da uneinig)
-Manschettenknöpfe tauchen schon im 17. Jahrhundert auf, wurden aber erst im 18. Jahrhundert gebräuchlich.  

Bis auf die Manschettenknöpfe (und selbst da kann man sich streiten, wo die Grenze zur Moderne gezogen wird) sind diese Dinge nicht wirklich semi-modern.


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Yorinde
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Beitrag26.08.2017 16:32

von Yorinde
Antworten mit Zitat

Hallo azareon35,
in meinem Kopf meinte ich mit semi-modern alles nach dem Mittelalter. Nach so einer Zeit klingt mir der Text - wobei, wie gesagt: Kategorie Fantasy, nicht Histo!
Was die Diplomatie angeht - stimmt schon. Und auch sonst - wie gesagt, es ist in Ordnung, nur in meinem Kopf hat es kein rundes Bild ergeben. Subjektive Meinung halt. Wink
Ich meinte übrigens nicht die Straßenbeleuchtung, sondern das hier:

Zitat:
leise summenden Lampen


Klingt mir eben irgendwie nach Strom... Aber letztendlich sind das Peanuts.
Wobei, wenn wir schon beim Einwefen von Jahreszahlen sind -im 12. Jahrhundert wurden Feuerwaffen erfunden, die recht schnell das Schwert als gebräuchlichste Waffe ablösten. Und da gab es nun mal wahrhaftig noch keine Manschettenknöpfe. Wink
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TZH85
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Pokapro 2017


Beitrag26.08.2017 16:34

von TZH85
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Rückmeldungen! Damit kann ich etwas anfangen.
Offenbar sollte ich das Ende der Szene oder den Anfang der nächsten etwas klarer gestalten. Die Manschettenknöpfe sind der Gegenstand, den das Mädchen angeblich gestohlen haben soll. Dem General fehlt überhaupt nichts, er wollte nur gleich nach dem Einzug präventativ ein Exempel statuieren. Ursprünglich hatte ich da einen Hinweis im Ausruf des Mädchens, aber den hab ich dann gestrichen. Dachte, man könnte das Puzzle vielleicht auch ohne den Tipp am Ende der Szene lösen. Mal schauen, was ich da mache.


Zur Technik übrigens: Anhand der Szene ist es zwar noch nicht erkennbar, aber dieses "nicht ganz runde" ist tatsächlich ein gewollter Konflikt in der Handlung. Die Geschichte spielt in einer Welt, die sich bis vor einigen Jahren vor Einsetzen der Erzählung auf einem technischen Niveau befunden hat, das ungefähr in die Zeit kurz vor der industriellen Revolution eingliedert. Dann gab es eine wichtige Entdeckung, die das zentrale Thema der Geschichte ist, und plötzlich wurde die Welt technisch massiv nach vorne geworfen.
Aber ich glaube fast, ich sollte das Schwert in einen Degen oder ähnliches verwandeln, weil man bei Schwert wohl tatsächlich automatisch Mittelalter assoziiert. Danke fürs Feedback!
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Willebroer
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Beitrag26.08.2017 17:51

von Willebroer
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Yorinde hat Folgendes geschrieben:

Und da gab es nun mal wahrhaftig noch keine Manschettenknöpfe. Wink


Aber es gab schon immer Fibeln, Spangen und Ähnliches, wahrscheinlich viel eher als der ordnungsgemäß angenähte Knopf. Modern wäre höchstens die Bezeichnung "Manchettenknopf" selbst (lt. meinem etym. Lexikon Anfang des 18. Jhd.).
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azareon35
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Beitrag27.08.2017 02:16

von azareon35
Antworten mit Zitat

Willebroer hat Folgendes geschrieben:


Aber es gab schon immer Fibeln, Spangen und Ähnliches, wahrscheinlich viel eher als der ordnungsgemäß angenähte Knopf. Modern wäre höchstens die Bezeichnung "Manchettenknopf" selbst (lt. meinem etym. Lexikon Anfang des 18. Jhd.).

Danke, Willebroer. What he said.


Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Offenbar sollte ich das Ende der Szene oder den Anfang der nächsten etwas klarer gestalten. Die Manschettenknöpfe sind der Gegenstand, den das Mädchen angeblich gestohlen haben soll. Dem General fehlt überhaupt nichts, er wollte nur gleich nach dem Einzug präventativ ein Exempel statuieren. Ursprünglich hatte ich da einen Hinweis im Ausruf des Mädchens, aber den hab ich dann gestrichen. Dachte, man könnte das Puzzle vielleicht auch ohne den Tipp am Ende der Szene lösen. Mal schauen, was ich da mache.

Ah, das macht natürlich viel mehr Sinn. Die Arschlochtaktik des Generals kam zwar rüber, aber das Ende klang mehr so, als wäre Lorant gefeuert oder befördert worden. Manschettenknöpfe waren oft Rangabzeichen. Ich schlage vor, das Mädchen wieder ausrufen zu lassen, es habe die Knöpfe nicht gestohlen.


 

Inkognito hat Folgendes geschrieben:
Zur Technik übrigens: Anhand der Szene ist es zwar noch nicht erkennbar, aber dieses "nicht ganz runde" ist tatsächlich ein gewollter Konflikt in der Handlung. Die Geschichte spielt in einer Welt, die sich bis vor einigen Jahren vor Einsetzen der Erzählung auf einem technischen Niveau befunden hat, das ungefähr in die Zeit kurz vor der industriellen Revolution eingliedert. Dann gab es eine wichtige Entdeckung, die das zentrale Thema der Geschichte ist, und plötzlich wurde die Welt technisch massiv nach vorne geworfen.
Aber ich glaube fast, ich sollte das Schwert in einen Degen oder ähnliches verwandeln, weil man bei Schwert wohl tatsächlich automatisch Mittelalter assoziiert.

Ah, das Stilmittel der Hochtechnik mit niedriger Kultur! Sehr schön, das sieht man nicht oft. Very Happy
Ich würde jetzt nur nicht gleich in Richtung Degen gehen, das weckt dann Assoziationen an die Musketiere. Klar, bei Schwert denkt der Ottonormalleser erstmal ans europäische Mittelalter.

Ursprünglich bezeichnete der Degen eine Dolchform, später dann ein Rapier und ab dem 18. Jhd war es eine Offzierswaffe. Das würde natürlich zu Lorant passen, aber mit einem Degen hackt man nicht so einfach jemandes Finger zur Bestrafung ab, von der Hitze des Gefechts mal abgesehen.

Aus meiner Sicht solltest du dir die Frage stellen: haben die Waffen zeremoniellen oder praktischen Charakter? Zeremonielle Waffen sind eher Schmuckstücke, dazu gedacht, beeindruckend auszusehen. Das könnten durchaus Degen sein, mit denen man zwar kunstvolle Fechtfiguren vorführen kann, praktisch aber eher eine Behinderung sind. Praktische Waffen sind eben das, praktisch anwendbare Gegenstände. Die müssen nicht schön oder beeindruckend aussehen, die müssen nur funktionieren. Da würde ich eher Kurzschwerter, Äxte oder Morgensterne erwarten.
Veszma scheint, soweit ich das gelesen habe, eher in letztere Kategorie zu fallen.


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V.K.B.
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Beitrag27.08.2017 21:21

von V.K.B.
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Hallo Inko,

ich hab auch gerade mal durchgelesen und mir gefällt es. Das Setting ruft bei mir sofort Assoziationen an das Kaiserliche Preußen hervor, auch besonders durch den Namen "Katte" (hieß so nicht der Freund Friedrichs des Großen, den sein Vater hinrichten ließ, um seinem Sohn einen Arschtritt zu verpassen?)

Das Gehabe des Generals würde auch in dieses Preußen passen. Nun scheint die Welt aber Fantasy zu sein. Was mir aufgrund von Übersättigung in dem Genre immer gleich automatisch ein Gähnen entlockt.

Gut geschrieben ist das ganze allemal, es lasst sich flüssig lesen und mich hat nichts groß rausgeworfen. Dass du dir Gedanken um Kultur und Sprache gemacht hast (und die Wortbedeutungen) verleiht dem Ganzen etwas mehr Tiefe als dem gängigen Standardfantasy-Werk. Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal kann ich hier allerdings noch nicht herauslesen. Also einen Grund, warum ich gerade dieses Fantasy-Werk statt eines der dröfhundertachtundachzig anderen (nicht) lesen sollte. Aber das kann ja noch kommen.

Vom Stil her hat's mir auf jeden Fall gefallen, ob ich für den Rest überhaupt in die Nähe der Zielgruppe komme, kann ich noch nicht sagen.

Also alles nur subjektiv. Soweit meine Gedanken, nimm was du brauchen kannst und verwerfe den Rest.

beste Grüße,
Veith
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shaadar
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Beitrag28.08.2017 07:54

von shaadar
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Ich finde die Beschreibungen und Zwischendurch-Assoziationen gut. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Hab damit manchmal selbst Schwierigkeiten, gleite ins Berichthafte. Aber so gefällt es mir.
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TZH85
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Beitrag28.08.2017 12:50

von TZH85
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Preußisches Kaiserreich ist sehr nahe dran. Vielleicht muss ich Katte auch noch umbenennen, sonst wird es zu offensichtlich Wink

Gegen Genre-Vorlieben und -Abneigungen bin ich natürlich machtlos. Wobei Fantasy in diesem Fall eigentlich eine falsche Fährte ist, der ein Teil der Figuren aufsitzt. Ich werde demnächst mal eine Szene mit der eigentlichen Hauptfigur posten. Die dürfte das genrehafte Setting ziemlich sprengen.

Danke für eure Eindrücke!
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TZH85
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Pokapro 2017


Beitrag30.08.2017 13:48

von TZH85
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier kommt mal die erste Szene mit der wichtigsten POV-Figur.
Insgesamt werden es vier verschiedene POVs, drei falls ich doch noch entscheide, die Funktion der vierten an Lorant zu übergeben.



Eine weitere Gleichung
- Epilog -



Auf der anderen Seite der Glaswand sprang das Licht an.
»Teddy«, flüsterte Epilog und presste seine Handflächen gegen die Trennwand. Er war zurück, endlich. »Es tut mir leid! Ich mache so etwas nie wieder!«, rief Epilog, obwohl keines seiner Worte die Scheibe durchdringen würde, bis jemand endlich den blöden Knopf drückte. Jetzt verhielt er sich schon irrational. Dem Ziel wieder einen Schritt näher. Würden sie weitermachen, wo sie aufgehört hatten? Gawain und Ragnelle standen noch immer vor dem Altar. Epilog hatte all seine Willenskraft einsetzen müssen, um nicht heimlich den Rest der Geschichte zu verschlingen. Gawain würde seine Maid natürlich von ihrem Fluch befreien, das stand außer Frage. Aber der Weg war das Ziel und niemand erzählte so gut von dieser Reise wie Teddy. Er hauchte allem Leben ein.
Doch der Mann, der den Raum betrat, war ein Fremder und er kam nicht allein. Vier Gestalten in dunklen Uniformen folgten ihm. Er selbst war von Kopf bis Fuß in weiß gekleidet – wie Teddy. Aber statt eines weiten, schlackernden Kittels, auf dem sich immer irgendwo ein Kaffeefleck versteckte, trug der Fremde perfekt geschnittene Gewänder und auf Hochglanz polierte Stiefel. Er wirkte, als wäre er gerade erst vom Band gelaufen, und ließ die weißen Fliesen des Labors schäbig und vergilbt neben sich aussehen. Epilog war Besuch nicht gewohnt. Zum Glück hatte Teddy ihm eingebläut, was zu tun war, wenn Fremde auftauchten. Zeit, dem Protokoll zu folgen. Er ließ die Arme sinken, verscheuchte jede Regung von seinem Gesicht und starrte geradeaus. Der Mann in Weiß sprach zu seinen Begleitern, die eifrig nickten und direkten Blickkontakt mit ihm mieden. Kein Ton drang durch das Glas, aber Lippenlesen war erstaunlich einfach, wenn man erst mal die Grundlagen beherrschte und jede Menge Zeit zum Üben hatte. Leider drehte der weiße Mann ständig den Kopf. Epilog schnappte »Kunstwerk«, »unverwundbar« und »gefährlich« auf.
Einer der Fremden salutierte, trat an die Wand und öffnete ein Panel direkt über der Stromversorgung. Währenddessen ließ sich der weiße Mann ans Pult sinken, in Teddys Stuhl, und drückte den Knopf.
»Wie lautet dein Name«?« Die fremde Stimme schien von überall her zu kommen. Ihr fehlten die Höhen und Tiefen, an denen Epilog Teddys Laune immer ablesen konnte. Er zwang sich, all seine Gliedmaßen in der Standardstellung zu halten und deaktivierte vorübergehend den Patch für Intonation, Dialektik und kontextbezogene Betonung.
»Excalibur1.7.«
»Korrektur«, sagte der Mann. Seine Finger spielten ungeduldig mit dem silbernen Reif, der auf seinem Kopf ruhte. »Ich spreche von deiner Hardware.«
Glück gehabt! Offenbar waren die Männer nicht wegen der geheimen Programme hier. »Prototyp ›Artus‹, Modell Titan und Nano-Latex«, entgegnete Epilog.
»Wie verhält sich ›Artus‹ unter extremen Außenbedingungen?«
»›Artus‹ hält Temperaturen von minus zweihundert bis plus dreihundertfünfzig Grad celsius Stand, ist wasserdicht bis 30 Meter Tiefe und druckbeständig bis 50 bar; die maximale Belastbarkeit liegt bei einer halben Tonne. Die Lebensdauer des Titan-Skeletts wird auf fünftausend Jahre bei regelmäßiger Wartung geschätzt.« Epilogs »Bauchgefühl«-App sendete Warnsignale aus, aber ihr Code war noch längst nicht ausgereift und der Fremde trug immerhin so etwas wie einen weißen Kittel. Die Verbindung zur Cloud schien tot zu sein, seltsam. Vorsicht ist besser als Nachsicht, pflegte Teddy zu sagen. Sicherheitshalber kopierte er alle selbst geschriebenen Programme und Apps, sowie sämtliche Aufzeichnungen der vergangenen hundert Tage auf die interne Speicherkarte seines KernChips.
»Interessant«, sagte der weiße Mann. »Ich glaube, wir sind fündig geworden. Auf mein Kommando kappen wir die Stromverbindung.« Sein Blick glitt mit der Präzision eines Lasers an Epilog hinab. »›Artus‹. Setze alle Modifikationen auf die Werkseinstellung zurück und wirf deinen KernChip aus.«
Es war die Entscheidung eines Augenblicks und am Ende nur eine weitere Gleichung: die Waffen an den Hüften der Männer, der weiße Anzug, Teddys Abwesenheit. Die Summe all dessen schien Desaster zu versprechen. Aber auf der anderen Seite der Rechnung stand Teddy. Wo immer er stecken mochte, er würde nie zulassen, dass diese Männer Epilog etwas antaten. Die geheimen Patches und Programme, ihr gemeinsamer Traum, waren wichtiger als ein Moment der Erniedrigung. So wie König Artus auf seine Gawains, Lancelots und Galahads vertrauen musste, würde Epilog auf Teddy vertrauen.
Ein Sirren erklang, als der Schlitz an seinem Hinterkopf freigelegt wurde. Das letzte, das Epilog sah, bevor die Verbindung zu den optischen Sensoren des Artus-Prototyps abriss, war das Gesicht des weißen Mannes. Es war vollkommen leer.
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