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Die Schublade


 
 
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Herr N.
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 293
Wohnort: Augsburg


Beitrag28.07.2017 21:35
Die Schublade
von Herr N.
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Die Schublade

Liebste,

ich schreibe dir nicht aus Verzweiflung, im Gegenteil, ich bin in einer mehr als zufriedenstellenden Situation, denn von Tag zu Tag gewinnt meine Orientierung die Oberhand über die anfängliche Zerfahrenheit ob der neuen Räumlichkeiten. Ich befinde mich während ich diese Zeilen schreibe in Rückenlage, denn es hat mich nicht lange bedrängt, bis ich bemerkte in welcher Position sich handwerkliche Arbeiten, zu denen ich - Literaten mögen es mir verzeihen -  das Schreiben zähle, am sichersten und fehlerlosesten bewerkstelligen lassen.
Unter meinen Kopf habe ich die Schuhe, die ich hier drinnen nicht benötige, als Stützvorrichtung für meinen Nacken platziert. Es erleichtert mir die Atmung außerdem.
Der Geruch des Holzes ist im Inneren viel intensiver, als man sich das beim unaufmerksamen und eigentlich stets flüchtigen Kontakt mit der Schublade vorstellen mag.
Und falls du, meine Liebste, dich an jene unliebsame Auseinandersetzung entsinnen möchtest, die wir in ordentlich eingetrübtem Zustand gehabt hatten und in der es um den Armreif deiner lieben Frau Mutter sich drehte, so darf ich dir mit freudiger Genugtuung übermitteln, dass ich am Ende, so wie es den Anschein hat, doch Recht behalten durfte und er – übrigens in ausgezeichneter Verfassung – hier im hinteren Bereich, unter einem meiner Notizpapiere, sein Dasein fristet und keinesfalls abhandengekommen ist.
Ich habe im Übrigen Verständnis für deine Entscheidung den Schlüssel in dem für diesen Zweck vorgesehenen Schloss stecken zu lassen; immerhin habe ich dich als stets ästhetisch denkendes und feinfühliges Geschöpf wahrgenommen und ein fehlender Schlüssel kann Skepsis erzeugen, in der übelsten Wendung gar Aufmerksamkeit. Ich bitte dich aber dennoch, ihn, zumindest am Tage, herauszunehmen; denn auch wenn ich in all den Jahren dem Lichte nicht wohlgesonnen war, so merke ich doch, dass ein gewisser Rhythmus der Gesundheit meines Geistes wohl bekommen würde und selbst ein derart geringer Schein, der durch jene Öffnung in diese Behausung brechen würde, wäre diesem Sachverhalt zuträglich.
Wie geht es den Kindern? Ich höre sie spielen, zanken desto weniger und es erfreut mein Herz.
Ich kann deinen Groll aufs vollste verstehen und habe bereits einige Tage damit verbracht mir eine Lösung zu erdenken, wie ich meine charakterliche Schwäche ausbessern möchte, um unser Zusammenleben auch in Zukunft erträglich zu machen.
Eventuell gäbe es ja doch die Versuchung, ja die Möglichkeit, auf ein geringes Klopfspiel sich einzulassen, welches der Kommunikation mit den Kindern dienen könnte?
Selbstverständlich ohne der Bestrafung, die ich mir vornehme ehrenhaft abzuleisten, einen Abbruch zu tun.
Und da ich eben von meinen Papieren sprach, fällt mir doch geradewegs auch eine äußerst wichtige Angelegenheit ein, um welche zu kümmern ich dich höflichst und aus all meiner mit Demut beladenen Befangenheit bitten würde:
Nach meinen Berechnungen müsste es heute Donnerstag sein, und unglücklicherweise kenne ich die Gemächlichkeit der hiesigen Versandinstitution und sehe ein recht seriöses Dokument, das sich um Finanzen des Betriebes dreht, vor dem geistigen Blicke schon verspätet am Hause Bornhardt eintreffen.
Doch nun schweife ich erneut ab und möchte dich mit derlei herrischen Details nicht echauffieren, also fasse ich mich kurz: Könntest du jenes Couvert, - es ist neben dem Kopf der Meduse zur linken Hand auf meinem Schreibtisch platziert – in Bälde dem artigen Moritz überreichen, sodass er es hinab in die Stadt transportiere?
Dies würde eine äußerst verwickelte Angelegenheit in entscheidender Weise entwirren und unsere Wirtschaftsverhältnisse auf ein, zwei Winter verbessern.

Du musst dich im Übrigen um meine Konstitution nicht sorgen, denn es war ein Beutel mit Nusskernen aufzufinden, der mich seither wohl über die Tage bringt. Und da ich durch Mangel an Bewegung wenig Energie verschwende, dürfte dieser Vorrat noch recht weit in den Monat hinein reichen.
Ich habe mir bereits eine gute Struktur für den Tage angeeignet und möchte - nicht ohne Stolz - behaupten, dass ich bereits am Zenit, am Optimum, der bestmöglichen räumlichen Nutzung angelangt bin.
Sämtliche Haupttätigkeiten müssen hier ausschließlich im Sitzen, oder kriechend ausgeführt werden und ich habe aus diesem Grunde die alten Papierservietten, die als hoffnungsfroher Zufall noch von unserer Hochzeitsfeier übrig geblieben sind, in schmale Streifen geteilt und um meine Knie gewickelt, um groben Abschürfungen vorzubeugen.
Was ausnahmslos keinen Grund zur Sorge machen sollte aber dennoch erwähnt werden dürfte ist, dass das trockene Gefühl meiner Kehle zugenommen hat.
Ich schiebe dies jedoch vorerst auf meine Aufgeregtheit und den neu gefundenen Enthusiasmus, als weniger auf Anzeichen einer beginnenden Dehydrierung.
Solltest du dessen ungeachtet beim Vorübergehen einen kleinen Fingerhut mit Wasser in die Schublade hineingeben wollen, so wäre ich dir zu Dank verpflichtet.
Ich verstehe langsam auch die Symbolik die hinter der Bestrafung steht und bin auch aus diesem Grunde aufs äußerste entzückt und voller Tatendrang die Ableistung derselben in vollster Klarheit meiner Seele anzutreten. Ich freue mich förmlich und kann es kaum erwarten nach meiner Begnadigung sämtliche Tätigkeiten, wie sie dem eines würdevollen Ehegatten entsprechen, vorzubringen, denn nichts ist mehr übrig von der Wut des Geschassten, im Gegenteil:
Die Paradoxie die sich in meinem Kopfe geformt, durch meine Glieder wie ein Schauer verbreitet und schließlich in meiner Seele verpflanzt hat, ist geradewegs zu einer neuen Knospe meiner überschwänglichen und fast zu einer der eines Jünglings gleichenden Liebe zu dir geworden, deren Entfesselung ich nicht lange genug auszuharren im Stande bin. Dieses Paradoxon ist die Umdrehung deiner Verzweiflung, Enttäuschung und deines Grams, ja, der Verabscheuung meiner Person, die aus deinen Augen rief, als du mich mit bitterer Stimme an diesen Ort schicktest, hin zu einer aufopferungsvollen neuen und alles Böse vernichtenden Zuneigung zu dir.
Wie nah sind sie wieder – und wenn ich an die Übertragung von Seelengedanken, ja, an die Seelenverbundenheit an sich denken und glauben möchte, dann weiß ich, dass auch du dich ihrer erinnern kannst – die Zeiten, an denen du mir das morgendliche Mahl, als auch den Tee, mit kindlicher Ordentlichkeit zubereitet an mein Bett, in mein Zimmer auf den Tisch brachtest, wohl wissend, dass ein anstrengender Tag vor mir läge. Stets vergalt ich es dir mit Dankbarkeit und unsere Symbiose dankte es uns beiden mit einer mächtigen Verstärkung derselben. Wir lebten von uns, ineinander, durch uns und was denn anderes kann einem Mann zu Glück verhelfen, als eine so dienliche Zulieferin der Kraft, auf dass er die Geschäfte in jedem Sturm aufs Beste könne bewerkstelligen?
Die Flinkheit, die sonst nur einem Reh anzudenken wäre, die Grazilität mit der du über die Flure schrittest, es waren die schönsten Zeiten. Nun weiß ich, sie können wiederkommen. Denn welches Verhalten ist es sonst, dass die Anmut von ihrer eigentlichen Auslebung abhält, als die gebrechliche Verbitterung des Anderen, dessen sie sich eigentlich zum Samariter und Unterstützer verschrieben hat?
Allein, ich habe es erkannt und bin gewillt alles wieder zum Besten zu wenden.
Denn wie es sich beträgt, ist es augenscheinlich, dass nur der unglückliche Geschäftsmanne unter einem schwachen Stern zu wandeln pflegt, der jedoch, dem eine starke Hand den Weg pflastert und ihn anschiebt, wenn der Unmut überhand gewinnt, der ist dem Glücke gewappnet und wird seine Sache gut machen, für Haus und für die Familie.

Ich muss gestehen, dass die Müdigkeit meinen Geist langsam umnächtigt und ich möchte nicht fahrlässig werden und mich in zunehmender Schwäche zu unüberlegten und gar unsachlichen Äußerungen hinreißen lassen, doch, meine Liebste, erlaube mir noch eine, diese letzte Feststellung, gefolgt von einem gut gemeinten Rat:
Ich hörte am heutigen Morgen die Stimme vom Herren Lunstenbacher, dem jungen Krämer aus der Ortschaft, aus der Richtung des Erkers kommen. Ich zweifele nicht, da ich erst vergangenen Freitag in ein Gespräch über unzumutbare Versteuerungen auf Zweitwaren mit ihm mich verwickelt fand.
Ganz deutlich gelang es mir daher, heute in der Frühe, sein eigentümliches Organ - das in Entfernung an einen schwächlichen Sopranisten erinnert - auszumachen und recht schnell einzuordnen.
Leider waren die Fenster geöffnet, und das Rauschen der Blätter machte es mir unmöglich das gesprochene Wort auszuwerten.
Falls werter Herr in Versuchung steht, meine unnütze Situation zum Besten zu gebrauchen und sich in den Kopf gesetzt hat dich in ganz augenscheinlich hinterlistiger Weise in Dingen der Leitung unserer Geschäfte, et cetera, zu beraten, muss ich dem auf das mutigste und ärgste widersprechen und dir anraten sich von ihm tunlichst fern zu halten!
Zu späterer Stunde war außerdem das berstende und quietschende Geräusch zu vernehmen, welches nur von schweren Möbelstücken verursacht wird, die, unter Aufbringung roher Manneskraft, von ihrem angestammten Platze entrückt werden.
Sollte also, Liebste, dir nach Umstellung des Interieurs gelegen sein, so möchte ich keinesfalls mahnend Einspruch erheben, ganz anders herum: Dekor muss variieren, es zeugt von Veränderung, vom Fortschritt einer Seele und vom Leben, von der Wärme und dem Ausgleich derselben. Die deinige drängt nun augenscheinlich auf eben jenen Wandel hin und ich muss es unterstützen.
Ich will aber mit dezenter Absicht doch erklären, dass dieser Sekretär hier, wie du weißt, meinem Großvater gehörte und dessen jetzige Position die einzig akzeptable ist.
Dies sei vorerst also mein einziger Wunsch, denn stehe ich auch unter Bestrafung, so wäre es über die Grenze hinaus gegriffen, müsste der alte Herr – Gott habe ihn selig – sein Erbe nach all den Zeiten doch noch diesem, ihm angestammten Platze entrissen sehen.
Zum Letzten will ich dir noch versichern, dass die Länge dieses Schreibens keinesfalls dem Zwecke dient, dich in die eine, oder andere Richtung einer nahenden Entscheidung zu lenken, sie ist vielmehr einzig der aufregenden Fröhlichkeit geschuldet, mit der ich in unsere glanzvolle Zukunft blicke!

-Franz

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Ansch
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A


Beiträge: 71
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A
Beitrag29.07.2017 09:09

von Ansch
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Hochverehrter Franz N.,

mit gebührender Ehrfurcht und großer Freude habe ich Ihr Werk gelesen und es drängt mich nun, Ihnen eine Antwort darauf zu geben, gleichwohl ich nicht sicher bin, wie es in Ihrer etwas misslichen Lage um den Briefverkehr bestellt ist.
So kann ich nur hoffen, dass auch das Lichte an Ihrem Aufenthaltsort ausreicht, um diese Zeilen zu entziffern.

Mehrere Fragen nun muss ich beantwortet haben und ich hoffe sehr, dass Sie sie mir nicht übelnehmen, aber ich kann nicht anders:  Wird Ihnen der Prozess gemacht? Sind Sie Sudentendeutscher? Und wie ist das Verhältnis zu Ihrem Herrn Papa?

Ihr Vergehen, lieber Franz, bleibt im Dunkeln. Doch bin ich sicher, dass Ihre werte Frau Gemahlin Recht getan hat, lassen doch Ihre Zeilen keine anderen
Schlüsse zu. Ich nehme an, Sie werden sich demnächst in einen Käfer verwandeln, denn könnte es anders sein?

Nur eines noch, nur der Ordnung halber: Bei Ihrer Hochzeit wurden sicherlich, wie in einem wohlsituierten Kaufmannsheime wie dem Ihren üblich, keine Papier-, sondern Leinenservietten benutzt.

Für Ihren Prozess und Ihre Verwandlung wünsche ich Ihnen das Allerbeste.

Mit hochachtungsvollen Grüßen

Frau K


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Ansch
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Herr N.
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Beitrag29.07.2017 09:19

von Herr N.
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liebe frau k.

ich musste lachen.
und das will schon etwas heißen.

übrigens zeigen mir ihre liebevoll latenten andeutungen, dass mir dieses kleine schreibexperiment geglückt ist und sich franz nun tatsächlich in einen käfer verwandeln darf

den hinweis mit den leinenservietten nehme ich natürlich dankend an!


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Jenny
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Beitrag29.07.2017 10:46

von Jenny
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Hallo Herr N.!

Ich fand den Text ... nun: anders. Nicht schlecht, aber definitiv gewöhnungsbedürftig.

Die Idee hat was und die Sprache passt zu dieser Idee. Nur die Kommasetzung solltest du noch ein wenig verbessern. Texte, in denen die Nebensätze nicht oder nur ungenügend mit Kommata abgetrennt sind, lesen sich immer so schwer.

Schöne Grüße,
Jenny


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Grenzen machen mich erst richtig kreativ.
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Herr N.
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Beitrag29.07.2017 11:46

von Herr N.
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Jenny hat Folgendes geschrieben:
Hallo Herr N.!

Ich fand den Text ... nun: anders. Nicht schlecht, aber definitiv gewöhnungsbedürftig.

Die Idee hat was und die Sprache passt zu dieser Idee. Nur die Kommasetzung solltest du noch ein wenig verbessern. Texte, in denen die Nebensätze nicht oder nur ungenügend mit Kommata abgetrennt sind, lesen sich immer so schwer.

Schöne Grüße,
Jenny


bitte um spezifisches beispiel! kommata vergesse ich immer so gerne, bzw verstreue sie wahnhaft.


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Jenny
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Beitrag29.07.2017 12:05

von Jenny
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Beispiel:
Zitat:
Ich befinde mich KOMMA während ich diese Zeilen schreibe KOMMA in Rückenlage, denn


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Elster
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Beiträge: 140



E
Beitrag29.07.2017 14:38

von Elster
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Hallo Herr N.,

sehr schöner Einstand!


Zitat:
Wie geht es den Kindern?

Wunderbar absurd. Dein Text hat mir ein Schmunzeln aufs Gesicht gezaubert.

Viele Grüße,
Elster
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firstoffertio
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Beitrag30.07.2017 23:10

von firstoffertio
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Ich mag auch das Absurde hier, das der Schreibstil nur unterstreicht, der dir gut gelungen ist.
Das mit dem Schlüssel aus dem Schlüsselloch: Da will er durchgucken Können?
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ArtFaulII
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Beitrag01.08.2017 18:00

von ArtFaulII
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Dieser Einstand gefällt mir auch sehr gut. Eine gar absonderliche Situation, die detailverliebt und realitätsgetreu beschrieben wurde, der Humor trifft meinen Geschmack.
Hoffentlich findet der werte Franz, wenn er sich ein wenig in der Schublade umsieht, noch weitere solcher Manuskripte, die dort hoffentlich nicht dem Verstaubungsprozess überlassen werden.

Liebe Grüße und willkommen im Forum,
Arty
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag01.08.2017 19:34
Re: Die Schublade
von Constantine
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Hallo Herr N.,

an dieser Stelle heiße ich dich willkommen im Forum und bedanke mich für deine Hommage an Kafkas Geschichten als Einstand.
Du hast dir sehr viel Mühe gegeben, das sieht man dem Text an, mit der Sprache und dem Inhalt. Was Kommata angeht, da ist noch einiges im Text nachzubessern.
Individuell zusammenfassend halte ich die Geschichte folgend fest:

Zitat:
Ich kann deinen Groll aufs vollste verstehen und habe bereits einige Tage damit verbracht mir eine Lösung zu erdenken, wie ich meine charakterliche Schwäche ausbessern möchte, um unser Zusammenleben auch in Zukunft erträglich zu machen
.
Zitat:
Selbstverständlich ohne der Bestrafung, die ich mir vornehme ehrenhaft abzuleisten, einen Abbruch zu tun.

Zitat:
Und da ich eben von meinen Papieren sprach, fällt mir doch geradewegs auch eine äußerst wichtige Angelegenheit ein, um welche zu kümmern ich dich höflichst und aus all meiner mit Demut beladenen Befangenheit bitten würde

Zitat:
Nach meinen Berechnungen müsste es heute Donnerstag sein

Zitat:
Könntest du jenes Couvert, - es ist neben dem Kopf der Meduse zur linken Hand auf meinem Schreibtisch platziert – in Bälde dem artigen Moritz überreichen, sodass er es hinab in die Stadt transportiere?
Dies würde eine äußerst verwickelte Angelegenheit in entscheidender Weise entwirren und unsere Wirtschaftsverhältnisse auf ein, zwei Winter verbessern.

Zitat:
Du musst dich im Übrigen um meine Konstitution nicht sorgen, denn es war ein Beutel mit Nusskernen aufzufinden, der mich seither wohl über die Tage bringt. Und da ich durch Mangel an Bewegung wenig Energie verschwende, dürfte dieser Vorrat noch recht weit in den Monat hinein reichen.


Zitat:
Was ausnahmslos keinen Grund zur Sorge machen sollte aber dennoch erwähnt werden dürfte ist, dass das trockene Gefühl meiner Kehle zugenommen hat.
Ich schiebe dies jedoch vorerst auf meine Aufgeregtheit und den neu gefundenen Enthusiasmus, als weniger auf Anzeichen einer beginnenden Dehydrierung. Solltest du dessen ungeachtet beim Vorübergehen einen kleinen Fingerhut mit Wasser in die Schublade hineingeben wollen, so wäre ich dir zu Dank verpflichtet.


Zitat:
Sämtliche Haupttätigkeiten müssen hier ausschließlich im Sitzen, oder kriechend ausgeführt werden und ich habe aus diesem Grunde die alten Papierservietten, die als hoffnungsfroher Zufall noch von unserer Hochzeitsfeier übrig geblieben sind, in schmale Streifen geteilt und um meine Knie gewickelt, um groben Abschürfungen vorzubeugen.

Nur die Knie. Warum nicht auch die Ellenbogen?

Zitat:
Ich verstehe langsam auch die Symbolik die hinter der Bestrafung steht und bin auch aus diesem Grunde aufs äußerste entzückt und voller Tatendrang die Ableistung derselben in vollster Klarheit meiner Seele anzutreten. Ich freue mich förmlich und kann es kaum erwarten nach meiner Begnadigung sämtliche Tätigkeiten, wie sie dem eines würdevollen Ehegatten entsprechen, vorzubringen, denn nichts ist mehr übrig von der Wut des Geschassten,

Zitat:
Dieses Paradoxon ist die Umdrehung deiner Verzweiflung, Enttäuschung und deines Grams, ja, der Verabscheuung meiner Person, die aus deinen Augen rief, als du mich mit bitterer Stimme an diesen Ort schicktest, hin zu einer aufopferungsvollen neuen und alles Böse vernichtenden Zuneigung zu dir.

Zitat:
Wie nah sind sie wieder – und wenn ich an die Übertragung von Seelengedanken, ja, an die Seelenverbundenheit an sich denken und glauben möchte, dann weiß ich, dass auch du dich ihrer erinnern kannst

Zitat:
Stets vergalt ich es dir mit Dankbarkeit und unsere Symbiose dankte es uns beiden mit einer mächtigen Verstärkung derselben. Wir lebten von uns, ineinander, durch uns und was denn anderes kann einem Mann zu Glück verhelfen, als eine so dienliche Zulieferin der Kraft, auf dass er die Geschäfte in jedem Sturm aufs Beste könne bewerkstelligen?

Zitat:
Ich hörte am heutigen Morgen die Stimme vom Herren Lunstenbacher, dem jungen Krämer aus der Ortschaft, aus der Richtung des Erkers kommen. Ich zweifele nicht, da ich erst vergangenen Freitag in ein Gespräch über unzumutbare Versteuerungen auf Zweitwaren mit ihm mich verwickelt fand.

Zitat:
Falls werter Herr in Versuchung steht, meine unnütze Situation <-- diese Wortwahl widerspricht leider der ansonsten sehr positiv bezeichneten Situation, in der sich Franz befindet. zum Besten zu gebrauchen und sich in den Kopf gesetzt hat dich in ganz augenscheinlich hinterlistiger Weise in Dingen der Leitung unserer Geschäfte, et cetera, zu beraten, muss ich dem auf das mutigste und ärgste widersprechen und dir anraten sich von ihm tunlichst fern zu halten!

Zitat:
Zu späterer Stunde war außerdem das berstende und quietschende Geräusch zu vernehmen, welches nur von schweren Möbelstücken verursacht wird, die, unter Aufbringung roher Manneskraft, von ihrem angestammten Platze entrückt werden.

Zitat:
Ich will aber mit dezenter Absicht doch erklären, dass dieser Sekretär hier, wie du weißt, meinem Großvater gehörte und dessen jetzige Position die einzig akzeptable ist.
Dies sei vorerst also mein einziger Wunsch

Zitat:
Zum Letzten will ich dir noch versichern, dass die Länge dieses Schreibens keinesfalls dem Zwecke dient, dich in die eine, oder andere Richtung einer nahenden Entscheidung zu lenken, sie ist vielmehr einzig der aufregenden Fröhlichkeit geschuldet, mit der ich in unsere glanzvolle Zukunft blicke!


Franz, der Verfasser des Briefes, hatte vor einigen Tagen einen Streit mit seiner Frau, die ihn daraufhin in die Schublade des Sekretärs seines Großvaters verbannte. Das Streitthema könnte darin wurzeln, dass Franz zu sehr Workaholic, denn Ehegatte und Vater war. Nun fristet er sein Dasein in der Schublade, ernährt sich von gefundenen Nüssen und spürt die Liebe zu seiner Frau neu erblühen und wachsen. Ihm liegen einige Dinge am Herzen, die er ihr mitteilen möchte. Ich denke, der wichtigste Grund ist das Kuvert, worum er seine Frau bittet, abzuschicken, damit die Familie für mindestens zwei Jahre finanziell abgesichert bleibt, und sich vom Krämer Lunstenbacher fern zu halten. Er bittet um etwas Wasser, bittet um Licht durch das Schlüsselloch, welches vom Schlüssel "blockiert" wird (dabei müsste es stockfinster in der Schublade sein und einen Brief unter diesen Umständen zu verfassen, sehe ich sehr kritisch an), und wünscht, dass der Sekretär an Ort und Stelle bleibt. Er beteuert seine Liebe, nimmt die Bestrafung, die ihm seine Frau auferlegt hat, mit Läuterung an und erwartet den Tag seiner Begnadigung.
Seine Frau hat in diesen vergangenen Tagen nicht nach ihm gesehen, nicht mit ihm gesprochen, sondern macht jetzt ihr Ding.
Er schreibt ihr einen dringlichen Brief, wobei unklar bleibt, wie dieser Brief sie erreichen soll. Die Schublade ist verschlossen und es gibt keine Möglichkeit den Brief hinaufzubefördern, damit ihn die Ehefrau zu lesen bekommt.
Was du sehr gut zeigst: Du zeigst dem Leser Franz, seine innere Verfassung, seine Naivität und Einfältigkeit, seine Unterwürfigkeit und was er wie interpretiert. Er ist noch sehr mit der Welt da draußen verbunden, der Großteil des Briefes handelt von der Welt da draußen, für mich leider zu wenig von der Welt in der Schublade, welche ich als interessanter betrachten würde.
Allerdings kann ich seinen Interpretationen nicht völlig Glauben schenken. Z.B. diese Seelenverwandtschaft mit seiner Frau, die mag er vor Jahren gespürt haben, aber davon ist nichts geblieben und so sehr er mir diese hervorhebt, so sehr ist sie doch leer, da sie aus einem verklärten Blickwinkel stammt und mir so gar nicht zum Workaholic passt. Oder, wie er das Möbelrücken interpretiert, zeugt nicht für jemanden, der den Durchblick hat. Insgesamt missinterpretiert Franz seine Situation und Lage und spielt sie extrem runter, z.B. die trockene Kehle wird leicht mit Aufgeregtheit und Enthusiasmus abgetan, denn mit Durst, oder wie er z.B. mit seinen Körperausscheidungen verfährt, wird nicht thematisiert und stört ihn nicht. Insgesamt hat Franz verloren, aber er sieht die Niederlage nicht, sondern ist voller Hoffnung, dass die Bestrafung bald endet, seine Frau ihn begnadigt und er geläutert einem würdevollen Ehegatten entsprechen möge.

Herr N., abgesehen von der recht einfältigen Figur des Franz und seines Ehedramas, empfinde ich deinen diesen einen Brief oder den Gesamttext als zu wenig.
Problematisch sehe ich z.B. diese einführenden Worte, die mit ihrer konsequenten Kleinschreibung und inhaltlich wie ein Fremdkörper zum folgenden Text wirken:
Zitat:
dieser seltene brief wurde irgendwo gefunden, zwischen staubigen pilzen und unrat:.....

Du lässt mich als Leser damit völlig allein zurück, mit einem Brief, der von irgendjemanden irgendwo gefunden worden ist. Dieser Fund einer unbekannten Person rief zumindest bei mir nach Fragen: Wer fand den Brief? Was dachte und machte der Finder mit dem Brief? Wie ging es nach diesen einleitenden Worten "dieser seltene brief wurde irgendwo gefunden, zwischen staubigen pilzen und unrat:..... " weiter?
Dahingehend würde ich diese Einleitung überdenken und streichen, denn sie bewirkt eine andere Erzählebene, die keinerlei Relevanz hat. Außer die Infos von staubigen Pilzen und Unrat, die ich mir (nicht in diesem konkreten Bild, aber vom Verständnis der Lage von Franz), denken kann, dass dieser Brief seine Empfängerin nicht erreicht hat.

Soweit mein Leseeindruck deines Textes.
Ich habe ihn gerne gelesen und danke dir dafür.

LG
Constantine

edit:
Zitat:
Und falls du, meine Liebste, dich an jene unliebsame Auseinandersetzung entsinnen möchtest, die wir in ordentlich eingetrübtem Zustand gehabt hatten und in der es um den Armreif deiner lieben Frau Mutter sich drehte, so darf ich dir mit freudiger Genugtuung übermitteln, dass ich am Ende, so wie es den Anschein hat, doch Recht behalten durfte und er – übrigens in ausgezeichneter Verfassung <-- an diesem Ausdruck bleibe ich hängen. Kann ein Armreif eine ausgezeichnete Verfassung haben? eher: ausgezeichnetem Zustand – hier im hinteren Bereich, unter einem meiner Notizpapiere, sein Dasein fristet und keinesfalls abhandengekommen ist.
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Herr N.
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 293
Wohnort: Augsburg


Beitrag01.08.2017 22:42
Re: Die Schublade
von Herr N.
pdf-Datei Antworten mit Zitat

lieber constantine,

vielen dank, dass du dir die zeit genommen hast und ein so ausführliches feedback zusammengestellt hast. das ehrt mich dann doch ein bisschen.
ich werde versuchen auf die von dir angesprochenen punkte etwas genauer einzugehen.


Zitat:

Problematisch sehe ich z.B. diese einführenden Worte, die mit ihrer konsequenten Kleinschreibung und inhaltlich wie ein Fremdkörper zum folgenden Text wirken:
Zitat:
dieser seltene brief wurde irgendwo gefunden, zwischen staubigen pilzen und unrat:.....

Du lässt mich als Leser damit völlig allein zurück, mit einem Brief, der von irgendjemanden irgendwo gefunden worden ist. Dieser Fund einer unbekannten Person rief zumindest bei mir nach Fragen: Wer fand den Brief? Was dachte und machte der Finder mit dem Brief? Wie ging es nach diesen einleitenden Worten "dieser seltene brief wurde irgendwo gefunden, zwischen staubigen pilzen und unrat:..... " weiter?
Dahingehend würde ich diese Einleitung überdenken und streichen, denn sie bewirkt eine andere Erzählebene, die keinerlei Relevanz hat. Außer die Infos von staubigen Pilzen und Unrat, die ich mir (nicht in diesem konkreten Bild, aber vom Verständnis der Lage von Franz), denken kann, dass dieser Brief seine Empfängerin nicht erreicht hat.



das grundproblem scheint der einleitende satz gewesen zu sein.
dazu muss ich sagen, dass ich, eventuell etwas zu optimistisch, davon ausgegangen bin, dass klar sein dürfte, dass das eigentliche 'werk' mit der titelzeile beginnt.
kurz: der einleitende satz ist nicht teil des werkes und dass er nun dort steht, ist rückblickend betrachtet wahrscheinlich meiner eigenen unsicherheit geschuldet. irgendwie war ich der meinung, ich müsse hervorheben, dass es sich bei dem brief um eine sache handele, die bereits an die öffentlichkeit gelangt ist.
eigentlich nimmt dieser satz dem leser nicht nur einen teil seines eigenen interpretationsspektrums ab, sondern er nimmt ihm außerdem das gefühl, selbst der finder zu sein (übrigens eine sache, die mir beim schreiben wichtig war - der aspekt des subtilen kontakts zum leser, per stiller übereinkunft, dass er selbst der erste und vielleicht einzige finder sei)

ich hoffe, ich konnte das einigermaßen verdeutlichen? jedenfalls ist der satz nun verschwunden. danke also für den hinweis! edit: kann ihn nicht rausnehmen.

jetzt zu deiner eigentlichen interpretation, die ja subjektiv ist und der ich aus diesem grund nicht widersprechen werde.
trotzdem werde ich versuchen einige unklarheiten aufzulösen, ohne hoffentlich meine eigene intention preiszugeben.



Constantine hat Folgendes geschrieben:


[Franz] liegen einige Dinge am Herzen, die er ihr mitteilen möchte. Ich denke, der wichtigste Grund ist das Kuvert, worum er seine Frau bittet, abzuschicken, damit die Familie für mindestens zwei Jahre finanziell abgesichert bleibt, und sich vom Krämer Lunstenbacher fern zu halten.

hier ist sehr schön, wie du das eigentlich paradoxe herausstellst. denn natürlich geht es franz primär darum, seine missliche lage durch besonders ausgeschmückte worte zu verbessern - man könnte meinen, er bestäche seine frau - und doch verfällt er immer wieder, unbewusst (?), in alte muster, die ihn ursprünglich erst in diese situation befördert haben. hier nämlich die aufforderung an die gemahlin geschäftsunterlagen weiterzureichen. eine sache, die für seine rettung keine relevanz hat.


Zitat:

Er bittet um etwas Wasser, bittet um Licht durch das Schlüsselloch, welches vom Schlüssel "blockiert" wird (dabei müsste es stockfinster in der Schublade sein

dafür möchte ich meine hand nicht ins feuer legen, das müsste man ausprobieren...und: franz hat gute augen  : - )


Zitat:

Er schreibt ihr einen dringlichen Brief, wobei unklar bleibt, wie dieser Brief sie erreichen soll. Die Schublade ist verschlossen und es gibt keine Möglichkeit den Brief hinaufzubefördern, damit ihn die Ehefrau zu lesen bekommt.

da könnte in der tat ein logikfehler vorliegen. vielen dank für den hinweis!


Zitat:

Was du sehr gut zeigst: Du zeigst dem Leser Franz, seine innere Verfassung, seine Naivität und Einfältigkeit, seine Unterwürfigkeit und was er wie interpretiert. Er ist noch sehr mit der Welt da draußen verbunden, der Großteil des Briefes handelt von der Welt da draußen, für mich leider zu wenig von der Welt in der Schublade, welche ich als interessanter betrachten würde.

subjektive einschätzung deinerseits. nehme ich so zur kenntnis. in meinen augen ist es wichtiger, mit hilfe von anhaltspunkten der 'äußeren welt', die franz uns gibt, die umstände seiner situation und vor allem sein verhältnis zur ehefrau hervorzuheben. und: könnte seine frau, an die der brief ja gerichtet ist, ein ausuferndes jammern über die umstände in der schublade nicht falsch verstehen?

Zitat:

Allerdings kann ich seinen Interpretationen nicht völlig Glauben schenken. Z.B. diese Seelenverwandtschaft mit seiner Frau, die mag er vor Jahren gespürt haben, aber davon ist nichts geblieben und so sehr er mir diese hervorhebt, so sehr ist sie doch leer, da sie aus einem verklärten Blickwinkel stammt und mir so gar nicht zum Workaholic passt.

sind seine, du musst zugeben, recht übertrieben blumigen ausführungen denn ehrlich? oder sind sie vielmehr ein versuch der manipulation?


Zitat:

 Oder, wie er das Möbelrücken interpretiert, zeugt nicht für jemanden, der den Durchblick hat.

wieso?


Zitat:

 Insgesamt missinterpretiert Franz seine Situation und Lage und spielt sie extrem runter, z.B. die trockene Kehle wird leicht mit Aufgeregtheit und Enthusiasmus abgetan, denn mit Durst, oder wie er z.B. mit seinen Körperausscheidungen verfährt, wird nicht thematisiert und stört ihn nicht.

um seiner frau stärke zu beweisen? siehe kommentar oben. mich würde an dieser stelle interessieren, ob andere leser das an dieser stelle ähnlich interpretieren? das wäre dann jedenfalls glatt an meiner intention vorbei.




Zitat:

Soweit mein Leseeindruck deines Textes.
Ich habe ihn gerne gelesen und danke dir dafür.

LG
Constantine


und ich danke dir nochmals für deine mühe! hat mich wirklich sehr gefreut, ich hätte ehrlich gesagt nicht mit einer so intensiven auseinandersetzung gerechnet.

danke auch an die anderen feedbacker!

edit: Verfassung -> Zustand  klare sache. danke constantine!


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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag02.08.2017 01:23
Re: Die Schublade
von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Herr N.,

auf deine Antworten und Fragen gehe ich gerne ein:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
kurz: der einleitende satz ist nicht teil des werkes und dass er nun dort steht, ist rückblickend betrachtet wahrscheinlich meiner eigenen unsicherheit geschuldet. irgendwie war ich der meinung, ich müsse hervorheben, dass es sich bei dem brief um eine sache handele, die bereits an die öffentlichkeit gelangt ist.
eigentlich nimmt dieser satz dem leser nicht nur einen teil seines eigenen interpretationsspektrums ab, sondern er nimmt ihm außerdem das gefühl, selbst der finder zu sein (übrigens eine sache, die mir beim schreiben wichtig war - der aspekt des subtilen kontakts zum leser, per stiller übereinkunft, dass er selbst der erste und vielleicht einzige finder sei)

ich hoffe, ich konnte das einigermaßen verdeutlichen? jedenfalls ist der satz nun verschwunden. danke also für den hinweis!

Danke für deine Verdeutlichung, was hier dem einleitenden Satz steckt, und dass du die Problematik dieses Satzes siehst. Dadurch, dass du diesen einleitenden Satz streichst, näherst du dich deiner eigentlichen Intention: Der Text ist formal als ein Brief gehalten und in dem du den Lesern den Brief allein (ohne einleitenden Satz) darreichst, ist die Ebene Leser = Finder gegeben.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
jetzt zu deiner eigentlichen interpretation, die ja subjektiv ist und der ich aus diesem grund nicht widersprechen werde.

Richtig, subjektiv, und ohne Anspruch auf Richtigkeit bzw. die Intention des Verfassers 100%ig zu erkennen, dafür vielleicht eine glaubhafte Interpretation, die ok für dich sein könnte. Mir können Sachen im Text entgehen. Insofern kannst/darfst/sollst du interpretatorisch eingreifen, sollte es für dich wichtig sein.


Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:
[Franz] liegen einige Dinge am Herzen, die er ihr mitteilen möchte. Ich denke, der wichtigste Grund ist das Kuvert, worum er seine Frau bittet, abzuschicken, damit die Familie für mindestens zwei Jahre finanziell abgesichert bleibt, und sich vom Krämer Lunstenbacher fern zu halten.

hier ist sehr schön, wie du das eigentlich paradoxe herausstellst. denn natürlich geht es franz primär darum, seine missliche lage durch besonders ausgeschmückte worte zu verbessern - man könnte meinen, er bestäche seine frau - und doch verfällt er immer wieder, unbewusst (?), in alte muster, die ihn ursprünglich erst in diese situation befördert haben. hier nämlich die aufforderung an die gemahlin geschäftsunterlagen weiterzureichen. eine sache, die für seine rettung keine relevanz hat.

Die Motivation des Verfassens des Briefes ist bedeutend und scheint sich hinter mehreren Ebenen zu verstecken.
Der Grund der Verbannung in die Schublade war für mich der Streit zwischen Franz und seiner Frau über seine Arbeitswut. Dahingehend fallen mir zwei Punkte im Brief auf, die sich mit den Finanzen der Familie auseinandersetzen. Diese beiden Punkte werden allerdings mit sehr viel "Honig ums Maul" der Gemahlin verwoben, um seinen Charakterfehler, von dem er im Brief spricht und der der Grund für seine Verbannung ist, zu kaschieren. Insofern, ja, es ist mir aufgefallen, dass Franz in alte Verhaltensmuster verfällt, diese aber durch wortreiche Ausschmückungen zu verstecken versucht. Ja, für seine Rettung haben diese beiden Punkte keine Relevanz, aber er ist Geschäftsmann und ihn treiben finanzielle/geschäftliche Themen an.
Der Gedanke mit der Bestechung seiner Frau, wird weiter unten nochmal aufgegriffen mit der Manipulation. (siehe unten)

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Er bittet um etwas Wasser, bittet um Licht durch das Schlüsselloch, welches vom Schlüssel "blockiert" wird (dabei müsste es stockfinster in der Schublade sein

dafür möchte ich meine hand nicht ins feuer legen, das müsste man ausprobieren...und: franz hat gute augen  : - )

Gott bewahre, ich natürlich auch nicht. Es sind Franz' Augen und wenn ihm die Lichtverhältnisse zum Verfassen des Briefes gereicht haben, dann ist gut. smile

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Er schreibt ihr einen dringlichen Brief, wobei unklar bleibt, wie dieser Brief sie erreichen soll. Die Schublade ist verschlossen und es gibt keine Möglichkeit den Brief hinaufzubefördern, damit ihn die Ehefrau zu lesen bekommt.

da könnte in der tat ein logikfehler vorliegen. vielen dank für den hinweis!

Franz sollte eine Möglichkeit sehen, wie er seiner Frau den Brief rechtzeitig "übermitteln" kann, denn ansonsten macht der Brief keinen Sinn. Wenn du die Schublade mit einem Schlitz am oberen Rand versehen könntest, so wäre die Möglichkeit, ein Blatt Papier durchzuschieben gegeben.
Allerdings würde ich dann auf diesen Abschnitt verzichten, da er zu der beschwichtigenden Lichtproblematik nicht passt:
Zitat:
Ich habe im Übrigen Verständnis für deine Entscheidung den Schlüssel in dem für diesen Zweck vorgesehenen Schloss stecken zu lassen; immerhin habe ich dich als stets ästhetisch denkendes und feinfühliges Geschöpf wahrgenommen und ein fehlender Schlüssel kann Skepsis erzeugen, in der übelsten Wendung gar Aufmerksamkeit. Ich bitte dich aber dennoch, ihn, zumindest am Tage, herauszunehmen; denn auch wenn ich in all den Jahren dem Lichte nicht wohlgesonnen war, so merke ich doch, dass ein gewisser Rhythmus der Gesundheit meines Geistes wohl bekommen würde und selbst ein derart geringer Schein, der durch jene Öffnung in diese Behausung brechen würde, wäre diesem Sachverhalt zuträglich.


Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Was du sehr gut zeigst: Du zeigst dem Leser Franz, seine innere Verfassung, seine Naivität und Einfältigkeit, seine Unterwürfigkeit und was er wie interpretiert. Er ist noch sehr mit der Welt da draußen verbunden, der Großteil des Briefes handelt von der Welt da draußen, für mich leider zu wenig von der Welt in der Schublade, welche ich als interessanter betrachten würde.

subjektive einschätzung deinerseits. nehme ich so zur kenntnis. in meinen augen ist es wichtiger, mit hilfe von anhaltspunkten der 'äußeren welt', die franz uns gibt, die umstände seiner situation und vor allem sein verhältnis zur ehefrau hervorzuheben. und: könnte seine frau, an die der brief ja gerichtet ist, ein ausuferndes jammern über die umstände in der schublade nicht falsch verstehen?

Du missverstehst meine subjektive Einschätzung in der Form, dass du Franz ein ausuferndes Jammern über die Umstände in der Schublade andichtest. Im gesamten Brief vermeidet er es, jammernd seiner Frau gegenüber rüber zu kommen. Dahingehend könnte er in seinem gewählten Tonus und Duktus über die "innere Welt" berichten und gewänne dadurch mehr.
Allerdings begeht Franz für mich einen Denkfehler, was seine Überlebensstrategie bzw. seine Konzeption angeht und deswegen ist er für mich naiv und einfältig. Ich kenne seine Frau nicht, aber für mich als Leser ist sein Brief, wie du selbst schirebst:
Zitat:
denn natürlich geht es franz primär darum, seine missliche lage durch besonders ausgeschmückte worte zu verbessern

Mittel zur Manipulation. Doch anstelle, dass diese Manipulation subtiler Art ist, kommt sie sehr dick, für manche sogar ironisch/humorvoll daher (z.B. die Frage nach den Kindern). Und wenn diese Manipulation für den Leser ersichtlich ist, gehe ich davon aus, dass es auch für die Ehefrau der Fall ist, außer sie ist einfältig und intellektuell/sprachlich nicht auf dem virtuosen Level wie er. Wie gesagt, ich kenne seine Frau intellektuell nicht, sein Plan kann klappen oder nicht.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Allerdings kann ich seinen Interpretationen nicht völlig Glauben schenken. Z.B. diese Seelenverwandtschaft mit seiner Frau, die mag er vor Jahren gespürt haben, aber davon ist nichts geblieben und so sehr er mir diese hervorhebt, so sehr ist sie doch leer, da sie aus einem verklärten Blickwinkel stammt und mir so gar nicht zum Workaholic passt.

sind seine, du musst zugeben, recht übertrieben blumigen ausführungen denn ehrlich? oder sind sie vielmehr ein versuch der manipulation?

Mit deiner Rhetorik beantwortest du deine Frage selbst.
Wie gesagt, ich kann Franz nicht völlig glauben, was er im Brief über seine Frau, über seine Läuterung, über seine wiederaufgeblühte Liebe für sie schreibt. Ja, er ist unehrlich und versucht sie zu manipulieren, einerseits um seine Situation zu verbessern, andererseits - da er nicht weiß, wann er aus der Schublade befreit werden könnte -  um einige geschäftliche/finanzielle Dinge erledigt oder geklärt zu wissen.
Im Brief sind Brüche sichtbar und darin besteht die Gefahr, dass sein eigentlicher Plan scheitert.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

 Oder, wie er das Möbelrücken interpretiert, zeugt nicht für jemanden, der den Durchblick hat.

wieso?

Nun, die Ehefrau verbannt ihren Mann in eine Schublade und wenige Zeit später engagiert sie Männer, die sich um die Möbel kümmern.
Der besagte Abschnitt:
Zitat:
Zu späterer Stunde war außerdem das berstende und quietschende Geräusch zu vernehmen, welches nur von schweren Möbelstücken verursacht wird, die, unter Aufbringung roher Manneskraft, von ihrem angestammten Platze entrückt werden.
Sollte also, Liebste, dir nach Umstellung des Interieurs gelegen sein, so möchte ich keinesfalls mahnend Einspruch erheben, ganz anders herum: Dekor muss variieren, es zeugt von Veränderung, vom Fortschritt einer Seele und vom Leben, von der Wärme und dem Ausgleich derselben. Die deinige drängt nun augenscheinlich auf eben jenen Wandel hin und ich muss es unterstützen.

Für Franz die Umstellung des Interieurs ein Zeichen, dass seine Frau einen seelischen, fortschrittlichen, wärmenden Wandel durchgemacht hat. Das ist für mich eine große Verharmlosung und auch wieder eine Manipulation seinerseits. In mir war der Manipulationsgedanke noch nicht so tiefgehend und dafür danke ich dir, Herr N. Ja, Franz blickt durch, was es mit dem Möbelrücken auf sich hat und ihm läuft die Zeit davon. Deswegen schreibt er diesen Brief, um korrigierend auf seine Frau einzuwirken.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

 Insgesamt missinterpretiert Franz seine Situation und Lage und spielt sie extrem runter, z.B. die trockene Kehle wird leicht mit Aufgeregtheit und Enthusiasmus abgetan, denn mit Durst, oder wie er z.B. mit seinen Körperausscheidungen verfährt, wird nicht thematisiert und stört ihn nicht.

um seiner frau stärke zu beweisen? siehe kommentar oben. mich würde an dieser stelle interessieren, ob andere leser das an dieser stelle ähnlich interpretieren? das wäre dann jedenfalls glatt an meiner intention vorbei.

Für mich der falsche Ansatzpunkt und was er eigentlich mit seinem Brief bewirken wird, ist das genaue Gegenteil von dem, was er sich erhofft.
Wie gesagt, ich kenne seine Frau nicht und vielleicht treffen seine Ausschmückungen, seine blumige und vor Honig und Schleim triefende Sprache ihr Ziel. Ich bezweifle es, denn anstelle Stärke zu beweisen, sollte er sich zu seinen Schwächen bekennen. Ich meine nicht Jammern, sondern über sein Innerstes reflektieren. Ja, er beteuert seine wiederaufgeblühte Liebe zu seiner Frau nach bereits einigen Tagen in der Schublade, aber das kommt so dick daher, dass ich mir schwerlich vorstellen kann, dass ihm das seine Frau abkauft. Sein Bestrafung, ein leichtes für ihn. Das Kratzen im Hals ist nur aufgrund seiner Aufgeregtheit und Enthusiasmus. Durstig? Er? Nein. Diese Stärke, die Franz im Brief zelebriert, sie ist kontraproduktiv und verstärkt den manipulativen Charakter, anstelle dass diese Manipulation unterschwellig bleibt.
Wie gesagt, was ich mir gut vorstellen könnte, wäre, wenn Franz seiner Frau das gibt, was sie sich erhofft: wahre, innere Emotionen und Tiefe, und dies könnte Franz damit erreichen, in dem er mehr auf diese innere Welt in der Schublade eingeht, mehr in sich geht und eine breitere Klaviatur an Emotionen - seiner eigenen oder die seiner Frau - verwendet. Anstelle sie durchweg zu loben, könnte er auch mit ihren Ängsten spielen und diese für sich nutzen, um sie zu manipulieren. Für jemanden wie Franz, der so pragmatisch ist, kein abwegiger Gedanke.


Herr N. hat Folgendes geschrieben:

und ich danke dir nochmals für deine mühe! hat mich wirklich sehr gefreut, ich hätte ehrlich gesagt nicht mit einer so intensiven auseinandersetzung gerechnet.

danke auch an die anderen feedbacker!

edit: Verfassung -> Zustand  klare sache. danke constantine!

Gern geschehen und freut mich, wenn ich hilfreich sein konnte. Ich danke dir für deine Erklärungen.

LG
Constantine
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Herr N.
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Beitrag02.08.2017 11:55
Re: Die Schublade
von Herr N.
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:


Franz sollte eine Möglichkeit sehen, wie er seiner Frau den Brief rechtzeitig "übermitteln" kann, denn ansonsten macht der Brief keinen Sinn. Wenn du die Schublade mit einem Schlitz am oberen Rand versehen könntest, so wäre die Möglichkeit, ein Blatt Papier durchzuschieben gegeben.
Allerdings würde ich dann auf diesen Abschnitt verzichten, da er zu der beschwichtigenden Lichtproblematik nicht passt:


darüber muss ich nachdenken. ein sehr interessanter hinweis, wobei ich die gefahr sehe, dass dies schnell konstruiert wirken könnte. da muss ich abwägen, ob die ungewissheit nicht doch einen teil zur mystizität beiträgt.



Zitat:


Du missverstehst meine subjektive Einschätzung in der Form, dass du Franz ein ausuferndes Jammern über die Umstände in der Schublade andichtest. Im gesamten Brief vermeidet er es, jammernd seiner Frau gegenüber rüber zu kommen.

ich muss dir recht geben. 'jammern' ist ein zu starkes wort und trifft seine formulierungen nicht.


Zitat:


Wie gesagt, ich kann Franz nicht völlig glauben, was er im Brief über seine Frau, über seine Läuterung, über seine wiederaufgeblühte Liebe für sie schreibt. Ja, er ist unehrlich und versucht sie zu manipulieren, einerseits um seine Situation zu verbessern, andererseits - da er nicht weiß, wann er aus der Schublade befreit werden könnte -  um einige geschäftliche/finanzielle Dinge erledigt oder geklärt zu wissen.
Im Brief sind Brüche sichtbar und darin besteht die Gefahr, dass sein eigentlicher Plan scheitert.


dass der leser probleme damit hat, franz zu glauben, liegt natürlich in meiner intention, denn, wie du richtig erkennst, ist er naiv, vielmehr jedoch egozentrisch und von sich und seiner gedachten position im leben anderer eingenommen. deshalb auch dieser etwas unbedarft wirkende ausbruch seinerseits, in form ausufernder lobhudeleien und blumiger worte.
und: sein plan muss scheitern, denn sonst ergibt der brief keinen sinn.



Constantine hat Folgendes geschrieben:

 Oder, wie er das Möbelrücken interpretiert, zeugt nicht für jemanden, der den Durchblick hat.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
wieso?


Für Franz die Umstellung des Interieurs ein Zeichen, dass seine Frau einen seelischen, fortschrittlichen, wärmenden Wandel durchgemacht hat. Das ist für mich eine große Verharmlosung und auch wieder eine Manipulation seinerseits. In mir war der Manipulationsgedanke noch nicht so tiefgehend und dafür danke ich dir, Herr N. Ja, Franz blickt durch, was es mit dem Möbelrücken auf sich hat und ihm läuft die Zeit davon. Deswegen schreibt er diesen Brief, um korrigierend auf seine Frau einzuwirken.


an dieser stelle bin ich mir ehrlich gesagt selbst nicht so sicher, ob franz die gefahr der umrückaktion tatsächlich spürt, oder ob er dies, im alten modus seiner selbstgefälligkeit schlicht ausblendet. das spräche dann auch eher wieder für einen rückfall in alte 'belehrende' muster, dann nämlich, wenn er seine ehefrau 'rügt', dass der sekretär doch bitte an ort und stelle verbleibe, sie, als autonomes wesen also nicht wahrnimmt.
(vielleicht hat franz an dieser stelle eigenleben entwickelt und ist mir kurz entwischt? ; - ))


Zitat:

Wie gesagt, was ich mir gut vorstellen könnte, wäre, wenn Franz seiner Frau das gibt, was sie sich erhofft: wahre, innere Emotionen und Tiefe, und dies könnte Franz damit erreichen, in dem er mehr auf diese innere Welt in der Schublade eingeht, mehr in sich geht und eine breitere Klaviatur an Emotionen - seiner eigenen oder die seiner Frau - verwendet. Anstelle sie durchweg zu loben, könnte er auch mit ihren Ängsten spielen und diese für sich nutzen, um sie zu manipulieren. Für jemanden wie Franz, der so pragmatisch ist, kein abwegiger Gedanke.


ich glaube grundsätzlich, dass franz zu dieser form der reflektion nicht fähig ist, denn selbst die manipulativen sequenzen erscheinen ja halbgar, fast mürrisch maschinell, als sei dies etwas, was nun eben getan werden müsse. ohne zweifel wäre dies mit sicherheit der beste weg, um seine situation zu verbessern.


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Constantine
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Beitrag02.08.2017 16:31
Re: Die Schublade
von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Herr N.;

das wichtigste zuerst:
ich entschuldige mich bei dir. Mit meinen Gedanken zu deinem Text sind mit mir die sprichwörtlichen Pferde durchgegangen. Das spricht um so mehr für die hohe Qualität deines Textes.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:

Franz sollte eine Möglichkeit sehen, wie er seiner Frau den Brief rechtzeitig "übermitteln" kann, denn ansonsten macht der Brief keinen Sinn. Wenn du die Schublade mit einem Schlitz am oberen Rand versehen könntest, so wäre die Möglichkeit, ein Blatt Papier durchzuschieben gegeben.
Allerdings würde ich dann auf diesen Abschnitt verzichten, da er zu der beschwichtigenden Lichtproblematik nicht passt:


darüber muss ich nachdenken. ein sehr interessanter hinweis, wobei ich die gefahr sehe, dass dies schnell konstruiert wirken könnte. da muss ich abwägen, ob die ungewissheit nicht doch einen teil zur mystizität beiträgt.

Der Brief ist der Brief und allein dieser sagt bereits sehr viel über deinen Protagonisten aus. Die Motivation für den Brief ist deutlich. Wie dieser Brief die vermeintliche Adressatin erreicht, vermag das Medium nicht zu vermitteln und diese Vermittlung ist mMn auch nicht relevant, in irgendeiner Weise im Brief thematisiert zu werden. Das Mystery-Element ist prima und daran zu rütteln, würde ich sein lassen.
Vergiss bitte meinen Einwand diesbezüglich.


Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Wie gesagt, ich kann Franz nicht völlig glauben, was er im Brief über seine Frau, über seine Läuterung, über seine wiederaufgeblühte Liebe für sie schreibt. Ja, er ist unehrlich und versucht sie zu manipulieren, einerseits um seine Situation zu verbessern, andererseits - da er nicht weiß, wann er aus der Schublade befreit werden könnte -  um einige geschäftliche/finanzielle Dinge erledigt oder geklärt zu wissen.
Im Brief sind Brüche sichtbar und darin besteht die Gefahr, dass sein eigentlicher Plan scheitert.

dass der leser probleme damit hat, franz zu glauben, liegt natürlich in meiner intention, denn, wie du richtig erkennst, ist er naiv, vielmehr jedoch egozentrisch und von sich und seiner gedachten position im leben anderer eingenommen. deshalb auch dieser etwas unbedarft wirkende ausbruch seinerseits, in form ausufernder lobhudeleien und blumiger worte.
und: sein plan muss scheitern, denn sonst ergibt der brief keinen sinn.

Dass Franz scheitert, steht für mich auch außer Frage.
Meine Sicht auf Franz war diejenige, dass er einen seiner Meinung nach wasserdichten Plan verdient hätte, und insofern wünschte ich ihm mehr Subtilität und mehr taktisches Feingefühl, wodurch für mich seine Tragik mehr an Gewicht bekommen hätte. Weil er ja letzten Endes scheitert. Aber mit mehr Taktik würde diese Eindeutigkeit des Scheiterns verwässert, und das wäre kontraindiziert.
Auch hier, mea culpa, die Brüche von Franz sind für mich als Leser gut ersichtlich, zwischen naiv, egozentrisch und manipulativ dick aufgetragen, aber es zeigt uns den Menschen Franz, der nicht aus seiner Haut kann und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln sein Bestes versucht.


Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:

 Oder, wie er das Möbelrücken interpretiert, zeugt nicht für jemanden, der den Durchblick hat.


wieso?


Für Franz die Umstellung des Interieurs ein Zeichen, dass seine Frau einen seelischen, fortschrittlichen, wärmenden Wandel durchgemacht hat. Das ist für mich eine große Verharmlosung und auch wieder eine Manipulation seinerseits. In mir war der Manipulationsgedanke noch nicht so tiefgehend und dafür danke ich dir, Herr N. Ja, Franz blickt durch, was es mit dem Möbelrücken auf sich hat und ihm läuft die Zeit davon. Deswegen schreibt er diesen Brief, um korrigierend auf seine Frau einzuwirken.


an dieser stelle bin ich mir ehrlich gesagt selbst nicht so sicher, ob franz die gefahr der umrückaktion tatsächlich spürt, oder ob er dies, im alten modus seiner selbstgefälligkeit schlicht ausblendet. das spräche dann auch eher wieder für einen rückfall in alte 'belehrende' muster, dann nämlich, wenn er seine ehefrau 'rügt', dass der sekretär doch bitte an ort und stelle verbleibe, sie, als autonomes wesen also nicht wahrnimmt.
(vielleicht hat franz an dieser stelle eigenleben entwickelt und ist mir kurz entwischt? ; - ))

Es tut mir leid, hier habe ich als Leser mehr gesehen, als das Medium Brief und Franz hergeben. Für mich standen die Fragen, welche Ereignisse mögen Franz dazu getrieben haben, seinen Brief jetzt und in dieser Form zu verfassen. Unter anderem müssen die Außengeräusche, die er wahrnimmt, dazu beigetragen haben und dementsprechend interpretierte ich das Möbelrücken als ein Warnsignal für ihn. Beim Möbelrücken sah ich bereits den Sargdeckel für Franz niedersausen und dichtete es ihm an, dass er es genauso sieht und dementsprechend schnell handeln muss, den Brief zu verfassen.
Auch hier alles ok.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Wie gesagt, was ich mir gut vorstellen könnte, wäre, wenn Franz seiner Frau das gibt, was sie sich erhofft: wahre, innere Emotionen und Tiefe, und dies könnte Franz damit erreichen, in dem er mehr auf diese innere Welt in der Schublade eingeht, mehr in sich geht und eine breitere Klaviatur an Emotionen - seiner eigenen oder die seiner Frau - verwendet. Anstelle sie durchweg zu loben, könnte er auch mit ihren Ängsten spielen und diese für sich nutzen, um sie zu manipulieren. Für jemanden wie Franz, der so pragmatisch ist, kein abwegiger Gedanke.


ich glaube grundsätzlich, dass franz zu dieser form der reflektion nicht fähig ist, denn selbst die manipulativen sequenzen erscheinen ja halbgar, fast mürrisch maschinell, als sei dies etwas, was nun eben getan werden müsse. ohne zweifel wäre dies mit sicherheit der beste weg, um seine situation zu verbessern.

Ich denke, mein Vorschlag ist zu durchdacht, zu empathisch, und entspricht nicht Franz und seinem Charakter.
Auch hier ein Zuviel von mir.

Die Ebenen in deinem Brief gefallen und ich wiederhole mich gerne, dein Text besitzt mMn eine hohe Qualität und bewirkt in mir als Leser einiges an Kopfkino.
Dafür danke ich dir.

LG
Constantine
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Herr N.
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Beitrag02.08.2017 19:03

von Herr N.
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und ich danke dir, constantine.
dein ausführliches feeback hat zu einer erneuten, intensiven auseinandersetzung mit dem text geführt, zu der ich so, ohne weiteres, nicht gekommen wäre.


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Beitrag04.08.2017 13:55

von Piratin
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Hallo Herr N.,

beeindruckend, wirklich beeindruckend.
Ich habe auch die anderen Kommentare hier gelesen (mache ich sonst meist nicht), um zu sehen, ob mein Eindruck im Widerspruch zu den anderen steht.
Ein wenig ja, denn für mich hat es den Anschein, dass Franz sich durchaus auf einer inneren Ebene bewusst ist, dass es für ihn keine Rettung geben kann. Diese Ebene drängt sich vor und er schiebt sie von sich aus Selbstschutz. Was auch immer er getan hat, ein Teil von ihm sucht nach einer Art Rechtfertigung und will gleichzeitig eine Hoffnung auf Lösung ausdrücken, die eine zweite Ebene seines Bewusstsein meiner Ansicht nach schon gar nicht mehr glaubt. Er schreibt sich in eine Hoffnung, von der dieser Teil weiß, dass sie sich nicht erfüllen wird. Dieser Teil in ihm jedoch, hält durch den Brief eine Hoffnung aufrecht, die ihn in eine Art von Normalität bringt, die ihm erlaubt eine Zukunft zu sehen. Er gaukelt sich dadurch etwas vor, was ihm hilft durchzuhalten, wobei dem kleinen inneren Teil klar ist, das es sinnlos ist, denn Rettung wird es nicht geben.
Danke für diesen tollen Text,
viele Grüße
Piratin


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Beitrag04.08.2017 17:37

von Herr N.
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Piratin hat Folgendes geschrieben:
Hallo Herr N.,

beeindruckend, wirklich beeindruckend.
Ich habe auch die anderen Kommentare hier gelesen (mache ich sonst meist nicht), um zu sehen, ob mein Eindruck im Widerspruch zu den anderen steht.
Ein wenig ja, denn für mich hat es den Anschein, dass Franz sich durchaus auf einer inneren Ebene bewusst ist, dass es für ihn keine Rettung geben kann. Diese Ebene drängt sich vor und er schiebt sie von sich aus Selbstschutz. Was auch immer er getan hat, ein Teil von ihm sucht nach einer Art Rechtfertigung und will gleichzeitig eine Hoffnung auf Lösung ausdrücken, die eine zweite Ebene seines Bewusstsein meiner Ansicht nach schon gar nicht mehr glaubt. Er schreibt sich in eine Hoffnung, von der dieser Teil weiß, dass sie sich nicht erfüllen wird. Dieser Teil in ihm jedoch, hält durch den Brief eine Hoffnung aufrecht, die ihn in eine Art von Normalität bringt, die ihm erlaubt eine Zukunft zu sehen. Er gaukelt sich dadurch etwas vor, was ihm hilft durchzuhalten, wobei dem kleinen inneren Teil klar ist, das es sinnlos ist, denn Rettung wird es nicht geben.
Danke für diesen tollen Text,
viele Grüße
Piratin


liebe piratin,

es freut mich, dass dich der text erreichen und in diesem zusammenhang sogar begeistern konnte.
dein ansatz, mit den zwei in franz herrschenden und konkurrierenden ebenen seiner situationswahrnehmung, und dem daraus entstehenden zwiespalt, gefällt mir gut.
ich sehe es ähnlich wie du, dass franz wahrscheinlich bereits instinktiv weiß, dass seine situation kein gutes ende nehmen wird und deshalb seine liebesbekundungen fast ins wahnhaft verzweifelte eskalieren.

vielen dank für dein feedback


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Beitrag06.08.2017 21:58

von azareon35
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Hallo Herr N.,

dann will ich mich mal in Kritik üben. Ist alles nur meine Meinung, nimm dir, was du gebrauchen kannst.


Wir haben es hier also mit einer Briefgeschichte zu tun, erzählt aus der Sicht eines Protagonisten, der irgendwo eingesperrt ist und sich nur kriechend bewegen kann. Er lässt seiner Frau Briefe zukommen. Offenbar hat sie ihn eingesperrt, aber wo das ist, kann ich nicht genau sagen. Es scheint der Dachboden zu sein.
Was auch immer es ist, es ist schon verdammt gruselig. Sehr klasse!

An Rechtsschreibfehlern fällt mir nur das hier auf:
Zitat:
Falls werter Herr in Versuchung steht, meine unnütze Situation zum Besten zu gebrauchen und sich in den Kopf gesetzt hat dich in ganz augenscheinlich hinterlistiger Weise in Dingen der Leitung unserer Geschäfte, et cetera, zu beraten, muss ich dem auf das mutigste und ärgste widersprechen und dir anraten sich von ihm tunlichst fern zu halten!

Meine Korrektur:
Falls werter Herr in Versuchung steht, meine unnütze Situation zum Besten zu gebrauchen und sich in den Kopf gesetzt hat, dich in ganz augenscheinlich hinterlistiger Weise in Dingen der Leitung unserer Geschäfte, et cetera, zu beraten, muss ich dem auf das Mutigste und Ärgste widersprechen und dir anraten, sich von ihm tunlichst fern zu halten!
 

Stilistisch kann ich nichts aussetzen, der gedrechselte Stil des 19. Jahrhunderts ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber das trägt sehr gut zur Atmosphäre bei. Eine spannende Erzählung, aber du müsstest noch klarer herausarbeiten, wo er eingesperrt ist. Oder wenigstens am Ende einen Hinweis geben.

MfG
Azareon


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Beitrag06.08.2017 22:00

von firstoffertio
Antworten mit Zitat

Ich fand den Hinweis ja im Titel, und dazu passte der Text.
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Herr N.
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Beitrag06.08.2017 22:09

von Herr N.
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azareon35 hat Folgendes geschrieben:
Eine spannende Erzählung, aber du müsstest noch klarer herausarbeiten, wo er eingesperrt ist. Oder wenigstens am Ende einen Hinweis geben.


Satz in der Geschichte hat Folgendes geschrieben:
Der Geruch des Holzes ist im Inneren viel intensiver, als man sich das beim unaufmerksamen und eigentlich stets flüchtigen Kontakt mit der Schublade vorstellen mag.


vielen dank für dein feedback und den hinweis auf die fehler. Wink


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