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Projekt 2 Arbeitstitel: Linde


 
 
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MariaLS
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 61
Beiträge: 140
Wohnort: Wien


Beitrag12.03.2017 11:06
Projekt 2 Arbeitstitel: Linde
von MariaLS
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Dieser Einstieg gehört zu einem Roman für Erwachsene, den ich seit drei Jahren nahezu fertig am PC habe. Im Zuge meiner "Valentina-Depressionen" Wink habe ich ihn wieder entdeckt. Um auch ein bisschen Abstand von meinem Valentina-Projekt zu gewinnen, habe ich mich  entschlossen, diesen zu überarbeiten.
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Kapitel 1 - Einstieg

Endlich war es so weit! Mindestens zehn Anläufe hatte ich heute gestartet, um in aller Ruhe duschen zu können. Ich schälte mich aus Jogginghose und Kermit-Shirt, drehte die Brause auf. Herrlich, diese Ruhe. Vorsichtig prüfte ich die Temperatur des Wassers. Perfekt! Weniger perfekt war der Zustand meiner Beine. Wo zum Teufel waren die Rasierer, die ich gestern gekauft hatte? Allem Anschein nach hatten sie sich spontan in Luft aufgelöst. Seidig, glatte Beine oder Stoppelfeld?

 „Töten! Ich werde dich töten!“

„Halt die Klappe oder ich schneide dir die Stimmbänder durch!“

Es war sonnenklar, dass mir für diese Entscheidung nicht mehr viel Zeit blieb. Ich fischte den alten Rasierer aus dem Mülleimer und spülte ihn notdürftig ab.

Die Türe flog auf. Vor mir standen Lene und Valentin. Lene hielt Valentin am Oberarm fest. Ein Umstand, der meinem Sohn nicht wirklich behagte.

„Lass mich los!“, kreischte er.

„Dann gib du endlich Ruhe!“, schrie Lene in einer Tonlage, wie sie ausschließlich hysterische Teenager beherrschten. Sie sah mich an. In ihren Augen lag die Hoffnung, ich würde sie unterstützen.
„Mama! Du blutest ja!“ Lene ließ den kleinen Bruder los, der am Hosenboden landete. Ohrenbetäubendes Gezeter erfüllte den Raum.

„Ja, weil du meine neuen Rasierer verschleppt hast.“

„Ich blu-t-ääää auch!“, schluchzte Valentin und griff sich theatralisch auf den Hinterkopf. Der Knabe hatte schauspielerisches Talent.

„Hör auf zum Heulen, Vali! Oder soll ich dir eine klatschen, damit du weißt, warum du heulst?“

Oh Gott! Wo hatte Lene diese Erziehungsweisheiten her? Schwarze Pädagogik vom Feinsten. Worte aus einem Mädchenmund, das nie irgendeine Form der Gewalt im Elternhaus erfahren hatte. Ich versuchte es mit der Verantwortungsmasche.

„Lenchen! Nimm deinen kleinen Bruder in der Arm und tröste ihn. Und lasst mich verdammt noch einmal in Ruhe.“

„Der geht mir und meinen Freundinnen seit mehr als einer Stunde auf die Nerven. Der soll da sitzen bleiben und in seinem Tränenmeer ersaufen.“

Valentin trat gegen Lenes Schienbein. Das war der Moment, in dem mein Geduldsfaden mit einem zarten Ping riss. „Raus! Verschwindet alle beide und zwar flott!“, brüllte ich. Beide guckten mich an. „Ich möchte in Ruhe fertig duschen. Ist das klar?“ Sie nickten und zogen ab.

Wieder einmal musste ich mir eingestehen, dass ein Altersunterschied von zwölf Jahren bei Geschwistern alles andere als segensreich war. Die tägliche Mischung aus Trotzalter und Pubertät nagte an meinem Nervenkostüm.

Eingehüllt in den Bademantel, umgeben von einer zarten Parfumwolke, warf ich einen Blick ins Wohnzimmer. Die Herbstsonne schien auf meinen Sohn, der hoch konzentriert mit seinen Playmobil-Figuren spielte. Ich nutzte die Gunst der Stunde, ging nach oben, um nach Lene zu schauen. Klopfte höflich an der Zimmertüre. „Alles gut, Mama“, beruhigte sie mich.
Zurück im Wohnzimmer, ließ ich mich auf die Couch fallen. Nur nicht das spielende Kind stören, war mein Vorsatz. Ich starrte aus dem Fenster. Bei fast allen Bäumen waren die Blätter abgefallen. Noch war es ein schöner Herbst. Lange würde es nicht mehr dauern bis alles in düsteren Grautönen versank.

„Töten! Du musst sie alle töten!“

Schon wieder! Wann würde das große Abschlachten ein Ende finden? Valentin setzte sich zu mir und fuchtelte mit einem Kleiderbügel vor meiner Nase herum. „Die Feinde, Mama. Die müssen wir kaputt machen.“, erklärte er mir. Ich nahm Valentin auf den Schoß, legte den Kleiderbügel zur Seite und drückt ihn an mich. Meine Nase versenkte ich in den Kinderhaaren. Ein bisschen roch er immer noch nach Baby.

„Komm mein Schatz! Wir reden mit den Feinden. Das sind sicher sehr liebe Menschen“. Valentin schaute mich wie ein Alien an und schüttelte den Kopf. Zu Friedensverhandlungen war er nicht bereit.

„Okay Großer! Ich ziehe mich an. Willst du mir dann beim Kochen helfen?“

„Mit einem richtigen Messer?“

Er rutschte von meinem Schoß und lief in die Küche. Die Aussicht auf Essbares verlieh ihm Flügel. Valentina liebte essen, leider. Bis vor drei Jahren war ich der Ansicht, dass Eltern von moppeligen Kindern geteert und gefedert gehörten. Kinder würden nie dick werden, so lange man sie richtig ernährte. Nur böse Menschen ohne einem Funken Verantwortung würde es zulassen, dass deren Kinder schon im Alter von vier Jahren zu dick wären. Tja, alles Theorie. Valentin belehrte mich eines Besseren.

Im Radio träumte Peter Fox von einem Haus am See. Valentin stopfte sich abwechselnd Gurken und Tomaten in den Mund und sang mit. Nicht textgetreu, aber die Stelle mit den zwanzig Kindern und der schönen Frau beherrschte er.

„Zwanzig Kinder? Valentin das ist aber schon viel“, gab ich schmunzelnd zu bedenken.

„Nein! Sophia hat gesagt, das ist okay“, nuschelte er und schniefte. Legte das Messer kurz zur Seite, wischte seine Nase mit dem Ärmel des Pullovers ab. Dann sah er mich mit ernster Miene an. „Die liebt mich nämlich.“ Sein versonnenes Lächeln brachte mein Herz zum Schmelzen.



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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
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Alter: 44
Beiträge: 1128
Wohnort: berlin


D
Beitrag13.03.2017 00:17

von d.frank
Antworten mit Zitat

Hallo Maria,

ich glaube, alle hier sind jetzt enttäuscht, dass du deiner Valentina vorerst den Rücken kehren willst. wink

Und dann schimmerte sie auch noch durch deinen neuen Text durch:
Zitat:
Die Aussicht auf Essbares verlieh ihm Flügel. Valentina liebte essen, leider.
wink

Mal abgesehen davon, dass auch ich deine Entscheidung bedaure, finde ich, du hast einen feinen Humor, der den täglichen Familienwahnsinn hier ansprechend einzufangen vermag. Wenn das für dich zum Aufatmen ok ist, dann ist das auch als Text relativ gut gelungen (bis auf die wiederkehrenden und seltsamen Tötungsfantasien / alle töten, Stimmbänder durchschneiden, ist das noch lustig oder geht das doch schon in eine andere Richtung? Wenn ja, dann passt dein Ton hier nicht oder du wagst das Experiment, ihn mit der Handlung zu verändern. Wie sagte mal Peter Ustinov? Erst dann wird etwas böse, wenn es nicht mehr komisch ist? )

Wenn es bei seichter Familienkomödie bleibt und du meine Prognose für die Chancen auf dem Buchmarkt hören willst, dann sehe hier vorerst ein Projekt wie viele andere, dem nur deine locker leichte Schreibe Auftrieb verleihen mag. Das muss ja kein Problem sein und ist sicher genau die richtige Ablenkung. Also mach hier ruhig weiter, mir gefällt´s. Bücher müssen einem ja nicht immer und unbedingt den Kopf spalten. wink

PS und persönlich: Ich glaube, du bist eine gute Pädagogin und ziemlich coole Mutter? smile

Grüße
diana


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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MariaLS
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 61
Beiträge: 140
Wohnort: Wien


Beitrag13.03.2017 07:03

von MariaLS
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Liebe Diana!

Wow, genau davor hatte ich Angst! Dass die Valentina durchschimmert. Ich habe den Text 100 Mal gelesen, ausgedruckt und noch mal gelesen. Zack! Da ist sie wieder.

So seicht bleibt es nicht, geht ziemlich in die Tiefe. Nein, Tote wird es keine geben. Ich habe mich bei Valentin am Kind einer Freundin orientiert, der in diesem Alter gedanklich und verbal im Spiel alles niedergemetzelt hat. Wink

Vielen Dank für deine Worte. Valentina, mein anderes Projekt, lebt und wächst. Aber, ich werde auch dieses Projekt Linde beenden. Weil es, wie ich erwähnt habe, nahezu fertig ist.  Es ist an der Zeit Nägel mit Köpfen zu machen.


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