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Valentina - ein Auszug


 
 
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MariaLS
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Beitrag13.02.2017 21:58
Valentina - ein Auszug
von MariaLS
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Neue Version »

Ich stelle hier einmal einen kurzen Auszug aus meinem Projekt vor.
Zu den Personen:
Valentina= Protagonistin
Hilde= ihre Mutter
Franz= ihr Vater
Babsi= Valentinas Erzfeindin seit dem Kindergarten
Renate= Babsis Mutter.
Alle leben auf dem Land. Babsi wohnt nur ein paar Häuser von Valentina entfernt.
Zur Szene:
Zufällig treffen Valentina und ihre Mutter die beiden anderen in einem Shoppingcenter, das ca. 30 km vom Dorf entfernt ist.

------------------------------------------------------------------------------------
„Und Tina, was willst du nach der vierten Klasse machen?“  Renates Neugier kannte keine Grenzen.

Irgendwas, wo ich endlich deine bescheuerte Tochter nicht mehr sehen muss. Nein, Valentina sagte das nicht, obwohl es ihr auf den Lippen lag.
 „Ich gehe in der Stadt aufs Gymnasium, wenn ich die Prüfung in Latein schaffe.“

„Nur ein Gymnasium? Und dann? Willst studieren gehen? Also die Babsi geht auf die Handelsakademie. Finde ich viel gescheiter. Da hat sie etwas in der Hand.“
„Wäre dem Franz auch lieber, aber die Tina hat da ihren eigenen Kopf.“, sagte Hilde.
 „Einen Kopf voll mit schlampigen Locken“, sagte Valentina und grinste.

„Ja, willst du denn nachher studieren?“ Hatte Renates  Fragestunde nie ein Ende?
Hilde wollte dieses Thema auch gerne meiden, denn sie kannte die Antwort ihrer Tochter.
„Wir gehen jetzt weiter shoppen. Ewig haben wir auch nicht Zeit.“ Sie deutete auf eine Uhr, die an der Wand hing.
„Ich dachte, wir haben alle Zeit der Welt, Mama?“, fragte Valentina scheinheilig. Längst hatte sie die Mutter durchschaut. Sie wollte dem Verhör der Babsi Mutter entfliehen. Sie schämte sich für ihre Tochter.

„Die Tina und studieren, Mama?“ Babsi war wild entschlossen, Valentina die Sache mit der der Mathematik-Schularbeit heimzuzahlen. „Ha, Ha. Weißt du was die Tina werden will? Ha, ha.“
 „Sind wir lustig heute?“, fragte Valentina entnervt nach.

Jeder in Klasse kannte ihren Berufswunsch. Schließlich hat sie diesen im Rahmen der letzten Deutsch-Schularbeit zu Papier gebracht. Die Deutschlehrerin war so begeistert von ihrem Aufsatz gewesen, dass sie diesen der ganzen Klasse vorgelesen hatte.

Babsis Mutter machte große Augen, konnte die Neugier nicht länger im Zaum halten. „Na sag schon!“ Auch Hildes zweiter Versuch vom Thema abzulenken scheiterte.  
„Ha, ha. Die will ein Clown werden, die Tina. Wie in der Volksschule, da wollte ich Prinzessin werden. Kannst du dich noch erinnern Mama?“
„Geh bitte Mädchen, bist du für solche Blödheiten nicht ein bisschen zu alt. Clown ist kein Beruf. Wo hast du denn diesen Schwachsinn her?“  Renate konnte es nicht fassen.

Hilde überlegte, ob sie den Berufswunsch der Tochter verteidigen sollte. Dieses Hirngespinst, das sie als Mutter, selbst nicht ernst nehmen konnte.  

Valentina dachte nach, ob sie die pseudo Modelfotos von Babsi auf Facebook ansprechen sollte? Oder das Bild, wo sie auf Olivers Schoß saß, verziert mit tausend Herzen? Oder das Selfie vom Schulclo, auf dem darunter stand, dass Babsi und ihr Anhang die geilsten Weiber ever wären?

Langsam stand sie auf, schaute sich um. Ihr war nach etwas sehr Verrücktem. Sie warf einen Blick in das Lokal? Gab es da irgendwo Kinder? Ja, doch. Schienen so um sechs Jahre alt zu sein. In diesem Alter waren sie leicht zum Lachen zu bringen. Perfekt! Aus ihrem Rucksack fischte sie eine rote Nase aus Schaumgummi.
„Tina!“, sagte Hilde nervös, „lass den Unsinn!“ Sie versuchte ihren linken Arm zu erwischen, sie am Aufstehen zu hindern.  Babsi und die Mutter starrten gebannt auf Valentina.

Valentina steckte sich die rote Nase ins Gesicht und ging auf die Kinder in der Spielecke zu. Guckte von einem zu anderem und grinste. Die Kinder schauten sie erwartungsvoll an.
„Im Leben, meine hochverehrten Damen und Herren, gibt es immer wieder Überraschungen.“
Valentina ließ die Mundwinkel nach unten fallen, schnappte zwei Mal nach Luft und begann zu weinen, echte Tränen. Monatelang hatte sie das geübt. Wie würden die Kids reagieren? Verhaltenes Lachen war zu hören. Ein kleiner Bub war es, der laut zu lachen begann. Das war das Zeichen. Auch die anderen Kinder lachten. Valentina wusste, wenn fünf Kinder lachten, dann konnten sich die Eltern dem nicht entziehen.
„Mein Name ist Valentina und ich will ein Clown werden, ein ganz ein großer“, sagte sie mit fester Stimme.
Hilde war immer noch in der Schreckstarre gefangen. Sogar die Babsi-Mutter lachte.
„Wenn der Clown weint, dann lachen die Menschen. So wird es immer sein“, sagte Valentina, wischte sich die Tränen weg, nahm die Nase ab und setzte sich wieder zum Tisch.

Ein paar Menschen klatschten, die Kinder folgten Valentina, wollten mehr sehen. Ein wildfremder Mann, fragte sie, ob sie etwas trinken wollte. Legte seine Visitenkarte auf den Tisch und bot ihr an beim Geburtstag seiner Tochter aufzutreten. Über die Bezahlung würden sie sich schon einig werden.

„Urpeinlich“, stellte Babsi die falsche Schlange fest. Vor drei Minuten hatte sie noch gegrinst.
„Babsi, du rede nicht von urpeinlich. Ich sage nur Facebook und geile Weiber“, warnte Valentina sie. Langsam hatte sie genug.
„Außerdem, hör mir mit Clowns auf. Die sind mir unheimlich“, antwortete Babsi.
„Du bist mir mehr als unheimlich“, flüsterte Valentina.
„Gibt’s was bei euch?“ Ah ja, die Renate, die Übermutter meldete sich zu Wort.
„Tina, das war wieder notwendig“, “, sagte Hilde nach gefühlten hundert Minuten.
Der Mann mit der Visitenkarte und dem Kind hatte das gehört. Er drehte um, kam wieder zu Valentinas Tisch.
„Sind sie die Mutter?“, fragte er. Hilde nickt fast nicht erkennbar. „Sollte sich meine Tochter so entwickeln, dann wäre ich verflucht stolz. Den Mut, sollte sie haben. Dann habe ich wirklich alles gut gemacht.“

-------------------------------------------------------------------------------
Das ist wirklich nur ein kleiner Auszug. Aber, ich will nicht mehr öffentlich online stellen. Wollte euch nur einmal einen Einblick in meine Arbeit geben.



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Babella
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Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag13.02.2017 22:20

von Babella
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Möchtest du denn auch eine Rückmeldung?

Ich frage mich gerade, wie alt die Mädchen sind (nach Schuljahren müssten sie 10 sein, aber so reden sie nicht) und warum Valentina aufsteht? Sitzen sie im Lokal? Du schriebst, sie treffen sich im Shoppingcenter.

Außerdem fragte ich mich, warum man aufs Gymnasium geht, wenn man Clown werden will, und ob wirklich Clowns Kinder allein durch Weinen zum Lachen bringen.

Fragen über Fragen ...
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MariaLS
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Beitrag13.02.2017 22:46

von MariaLS
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Sorry, mein Fehler: Fastfood-Restaurant im Shoppingcenter. (der Fluch, des kleinen Ausschnitts)

Nächster Fehler: Nach der vierte Klasse in Österreich = 8.Klasse in Deutschland.
Die Mädchen sind 14 Jahre alt. .

Valentina möchte nach der 8.Klasse in eine weiterführende Schule gehen. Die Ausbildung zum Clown, es gibt zum Beispiel eine Clownschule in Paris, setzt ein Mindestalter voraus und auch ein Abitur, da die Ausbildung mit einem Bachelor abschließt.

Mit dem Weinen zum Lachen bringen? Doch, doch können sie.

Ja, ich will Kritik. Alles okay!  Und danke fürs Lesen!


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MariaLS
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Beitrag13.02.2017 22:53

von MariaLS
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So noch einmal zum österreichischen Schulsystem:

Also: 1-4. Klasse Volksschule
Danach: Entweder Gymnasium oder Hauptschule. Besonders in ländlichen Gegenden gehen die meisten Kinder in die Hauptschule.
1.-4.Klasse Hauptschule (wir zählen nicht weiter). Danach gibt es die Möglichkeit ein Gymnasium oder eine andere weiterführende Schule zu besuchen. Die Handelsakademie ist eine fünfjährige Schulform mit wirtschaftlichem Schwerpunkt und bei Eltern besonders beliebt. Weil diese eben Abitur (Matura) und eine Berufsausbildung anbietet.


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Mara
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Beitrag14.02.2017 01:18

von Mara
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Hallo Maria,

es ist immer ein bisschen schwierig mit einem Text, wo vorher schon einiges passiert ist und dem "echten" Leser die Figuren schon vertraut sind, ich aber nicht weiß, was schon bekannt ist und was nicht.

Ein paar Sachen, die mir aufgefallen sind, abgesehen von der etwas eigenen Absatzgestaltung, die mir persönlich das Lesen erschwert hat:

Zunächst habe ich mich gefragt, welche Perspektive du gewählt hast? Auf mich hat es gewirkt, als wärst du dir darüber nicht wirklich im klaren: einmal wird aus der Sicht von Valentina erzählt, im nächsten Satz wird die Geschichte aus der Sicht ihrer Mutter erzählt.

Obwohl ich die Szene zwei Mal gelesen habe, wurde mir nicht klar, was genau das Ziel der Szene ist. Was ist der Konflikt, die Entwicklung, was treibt die Handlung voran? Ist der einzige Zweck der Szene, dem Leser zu erzählen, dass Valentina Clown werden will? Oder ist die Szene noch ziemlich am Anfang der Geschichte und die Beziehungen zwischen den Personen soll klar gestellt werden? Allerdings hatte ich den Eindruck, dass die Protagonisten dem Leser zu dem Zeitpunkt schon ziemlich vertraut sein dürften.

Nicht ganz nachvollziehbar ist für mich der Teil mit dem "Weinen". Das müsste du mir als Leserin plausibler machen. Vielleicht indem Valentina daran denkt, dasss sie das beim berühmten Clown XY gesehen hat, der die Leute damit dazu brachte, dass sie Tränen lachten und sie das daher jetzt auch probieren will. So wie es jetzt da steht, wirkt es auf mich (die Betonung liegt auf: "auf mich"), als wäre dir nichts wirklich Lustiges eingefallen. Wobei ich das mit dem Weinen originell finde - aber halt so, wie es im Moment geschildert ist, nicht nachvollziehen kann. Vielleicht gehört es ja mehr im Detail geschildert: die Reaktion des kleinen Jungen, der zuerst verwirrt ist (?), nicht weiß, ob er lachen oder traurig sein soll, und dann (warum?) doch zu lachen anfängt. Ich weiß auch nicht. Ist schwierig.
Ziemlich unglaubwürdig fand ich, dass ein Herr sie gleich darauf (noch dazu gegen Bezahlung!) als Clown engagieren will.

Zitat:
Geh bitte Mädchen, bist du für solche Blödheiten nicht ein bisschen zu alt. Clown ist kein Beruf. Wo hast du denn diesen Schwachsinn her?“  Renate konnte es nicht fassen.

Abgesehen davon, dass wir hier auf einmal in Renates Perspektive sind: Würde sie das wirklich zu einem fremden Mädchen sagen - selbst wenn sie diese seit dem Kindergarten kennt? Noch dazu, wenn deren Mutter daneben sitzt?! Ich glaube, nicht.

Noch ein kleines Detail, das mir nicht aus dem Kopf will, sind die "schlampigen Locken" ziemlich am Anfang der Szene. Können Locken schlampig sein? Ich würde eher meinen, sie sind "wirr" oder "unordentlich". Zudem ist - zumindest für mich - der Begriff "schlampig" eher negativ besetzt, und daher würde ich meinen, dass Tina nicht so über ihre eigenen Haare spricht.

Aber nicht vergessen: Das ist nur mein Eindruck! Smile
Vielleicht ist der eine oder andere Gedanke dabei, der dir in deinem Schreiben weiterhilft ...
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MariaLS
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Beitrag14.02.2017 07:12

von MariaLS
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Danke Mara!

Ja, der Wechsel der Perspektive, du hast völlig recht. Und auch die Schwierigkeit das Ausschnitts. Ich arbeite da mal nachmittags dran.

Was natürlich aus diesem Ausschnitt nicht ersichtlich ist, dass Renate, die Nachbarin sich prinzipiell jede Menge herausnimmt. Die Mutter von Valentina es aber nicht wirklich schafft, zu ihrer Tochter zu stehen. Die Mutter kämpft immer wieder damit, dass Valentina sich nicht anpassen will. Dass Valentina Schwierigkeiten macht.

Zu den schlampigen Locken: Der Vorwurf kam an Valentina ein paar  Abschnitte davor.

Zu der Clownszene: Arbeite ich aus.

Danke in jedem Fall, dass du es gelesen hast und dich auch damit beschäftigt hast.


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Elster
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Beitrag14.02.2017 10:28

von Elster
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Hallo Maria,

aus der Szene mit dem Weinen und Lachen bin ich auch nicht wirklich schlau geworden.
Aber mein Problem mit dem Ausschnitt ist, dass ich für niemanden in dieser Situation wirklich Sympathien entwickeln kann. Das klingt jetzt hart, aber Valentina kommt für mich ein bisschen Streber-mäßig rüber. Und wie eine Petze.
Die Grundidee, das Valentina Clown werden will, finde ich aber stark!

Lg Elster
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MariaLS
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Beitrag14.02.2017 16:47

von MariaLS
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@Valentina:
Valentina kommt zu recht strebermäßig rüber. Sie ist hochbegabt und anders als die typische 14jährigen. Von sich selbst sagt sie im ersten Kapitel, dass sie mit dem "Streberstempel" geboren wurde. Sie hat keine Lust sich anzupassen, will ihren eigenen Weg gehen. Sie hat aber auch mit den den Lehrern ihre Probleme. Eben weil sie sich nicht anpassen will.  Im Prinzip sind auch ihre Eltern mit ihr überfordert.

Danke in jedem Fall fürs Lesen!


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MariaLS
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Beitrag14.02.2017 18:07

von MariaLS
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So, ich habe diese Szene einmal überarbeitet. Habe Valentina und ihren Berufswunsch mehr in den Vordergrund geholt und die Szene mit den Kindern ausgebaut!
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„Und Tina, was willst du nach der vierten Klasse machen?“  Renates Neugier kannte keine Grenzen. Am liebsten hätte Valentina geantwortet, irgendwas wo sie die bescheuerte Babsi nie wiedersehen musste.
„Ich gehe in der Stadt aufs Gymnasium, wenn ich die Prüfung in Latein schaffe.“
„Nur ein Gymnasium, Tina? Und dann? Willst studieren gehen? Also die Babsi geht auf die Handelsakademie. Finde ich viel gescheiter. Da hat sie etwas in der Hand.“
„Wäre dem Franz auch lieber, aber die Tina hat da ihren eigenen Kopf.“, sagte Hilde.
 „Einen Kopf voll mit schlampigen Locken“, sagte Valentina und grinste.
„Ja, willst du denn nachher studieren?“ Hatte Renates  Fragestunde nie ein Ende?
 „Wir gehen jetzt weiter shoppen. Ewig haben wir auch nicht Zeit.“ Hilde deutete auf eine Uhr, die an der Wand hing.
„Ich dachte, wir haben alle Zeit der Welt, Mama?“, fragte Valentina scheinheilig. Längst hatte sie die Mutter durchschaut. Sie wollte dem Verhör der Babsi Mutter entfliehen. Sie schämte sich für ihre Tochter.
„Die Tina und studieren, Mama?“ Babsi war wild entschlossen, Valentina die Sache mit der der Mathematik-Schularbeit heimzuzahlen. „Ha, Ha. Weißt du was die Tina werden will? Ha, ha.“
 „Sind wir lustig heute?“, fragte Valentina entnervt nach.
Jeder in Klasse kannte ihren Berufswunsch. Schließlich hatte sie diesen im Rahmen der letzten Deutsch-Schularbeit zu Papier gebracht. Die Deutschlehrerin war so begeistert von ihrem Aufsatz gewesen, dass sie diesen allen anderen vorgelesen hatte.
„Na, sag schon Tina! Das würde mich wirklich interessieren.“ Valentina hatte das Gefühl, dass Renate demnächst vor Neugierde platzen würde. Ihre großen Augen und der fragende Blick deuteten darauf hin.
 „Ha, ha. Die will ein Clown werden, die Tina. Wie in der Volksschule, da wollte ich Prinzessin werden. Kannst du dich noch erinnern Mama?“
„Ein Clown?“
„Ja, ein Clown!“
„Und wozu brauchst du dazu eine Ausbildung? Eine Matura? Und kann man damit überhaupt Geld verdienen?“
Valentina schaute Hilde in der Erwartung an, sie würde sich einmischen oder ihre eigene Tochter ermutigen. Nach ein paar Minuten des Schweigens gab Valentina auf. Sie wusste, dass selbst ihre Mutter von diesem Plan nichts hielt. Das Warten auf Unterstützung war sinnlos.
„Clowns werden ausgebildet. Es gibt Clownschulen in Deutschland und Paris. Wunderbare Schulen sind das. Da bin ich mir ganz sicher.“ Valentina wusste viel über die Ausbildung, konnte viel darüber erzählen. Stunden verbrachte sie im Internet, um noch viel mehr herauszufinden. Es war ihr verdammt ernst.
„Clownschulen? Sind da lauter so Clowns wie du zu finden?“ Babsi begann schon wieder zu lachen. Valentina hatte große Lust ihr auszuholen und ihr mitten ins Gesicht zu schlagen. Einzig die Anwesenheit der beiden Mütter hinderte sie daran. Ihr war klar, dass sie Babsi genauso durch den Dreck ziehen hätte können, aber sie ließ es bleiben, verfolgte einen ganz anderen Plan.
Aus ihrem Rucksack kramte sie eine rote Nase, hängte sich den Rucksack um und stand langsam vom Tisch auf. In der Spielecke des Fast-Food-Restaurants sah sie ein paar Kinder spielen. Könnte klappen!
„Setz dich sofort wieder nieder, Tina!“, zischte Hilde nervös. Aber Valentina nahm sie nicht mehr wahr. Der Moment, in dem sie die rote Schaumgumminase auf ihre eigene steckte, hatte etwas Magisches. Sie fühlte sich stark und unverletzlich.
„Guten Tag der Herr!“, sagte sie fröhlich lächelnd und schüttelte einem wildfremden Menschen die Hand.  Einer Frau wünschte sie einen wunderschönen Nachmittag. Einem Mädchen, das am Weg zu einem der leeren Tische war, folgte sie. Nahm ihr das Tablett ab, zog einen nicht vorhandenen Hut vor ihr. „Guten Appetit, junge Frau!“  Mittlerweile waren die Kinder in der Spielecke auf sie aufmerksam geworden, schauten sie erwartungsvoll an.
„Na ihr? Habt ihr schon alle brav aufgegessen?“, wollte sie von den Kindern wissen.  Noch herrschte Schweigen. Valentina ließ den Kindern die Zeit. Plötzlich kam ein Mädchen zu ihr. „Du Clown, ich habe kleine Pommes und einmal Chicken-Nuggets gehabt“, sagte sie. „Und ich einen Hamburger!“ „Ich nur Pommes, weil ich kein Fleisch esse.“ Das Eis war gebrochen. „Gut, dann werde ich auch jausnen. Macht Platz, Kinder!“ In ihrem Rucksack fand sie einen Pullover, eine Jausendose und eine leere Flasche.  Den Pullover breitete sie umständlich auf dem Boden aus, nahm Platz und öffnete die Dose. „Wow! Heute habe ich Schnitzel und Pommes mit!“ Sie legte ein imaginäres Schnitzel auf den Boden, machte einen tiefen Schluck Luft aus der Flasche. Lachen konnte ansteckend sein. Denn kaum hatte ein Kind damit angefangen, lachten alle.  „Oh! Jetzt hat mir wer mein Schnitzel geklaut“, stellte sie traurig fest.  Sie zog die Mundwinkel nach unten, echte Tränen quollen aus ihren Augen. Das Lachen der Kinder wurde lauter. Hinter diesen Tränen steckte monatelanges Training.  Valentina wusste, dass ein Clown der weinen konnte, immer die Herzen der Kinder erobern würde.
Als Valentina die Kinderecke verließ klatschten nicht nur Kinder, auch einige Erwachsene waren begeistert. „Kannst du noch was?“, fragte ein kleiner Bub, der ihr nachgegangen war. „Hmm? Ich kann ganz viel. Was würdest du denn gerne sehen?“ „Kannst du auf den Händen gehen?“ Klar konnte Valentina das.  „Und wie heiß du?“ Der Kleine wollte gar nicht mehr von ihrer Seite weichen. „Ich heiße Valentina und will Clown werden, ein ganz ein großer!“, sagte sie laut und deutlich. Dann nahm sie die rote Nase ab und setzte sich wieder zum Tisch.
„Valentina? War das wirklich notwendig?“, fragte Hilde entnervt.
„Mama, ja das war es. Ich habe das in diesem Moment gebraucht. Und mir ist egal, was sich wer gerade über mich denkt.“
Babsi schaute Valentina entgeistert an. „Du, das war aber schon ein bisserl peinlich, Tina.“
„Babsi? Was war peinlich? Was genau hat dich gestört? Komm sag es mir!“ Schön langsam hatte Valentina die Schnauze voll.  
„Ich hasse Clowns, sie sind mir unheimlich. Sorry!“
„Babsi, das war nicht die Antwort auf meine Frage. Aber ich sage dir auch was. Du bist mir ungefähr genauso unheimlich.“
„Gibt’s was bei euch beiden?“, wollte Renate wissen.
„Entschuldigung? Sie sind sie die Mutter dieses Mädchens?“ , mischte sich ein Mann ein. Renate schüttelte den Kopf und deutete auf Hilde. Er ging auf Hilde zu, gab ihr die Hand. „Ich möchte Ihnen zu ihrer Tochter gratulieren. Meine Tochter ist erst sechs Jahre alt, aber sollte sie sich so entwickeln, wäre ich unendlich stolz auf sie. Diesen Mut und diese Entschlossenheit müsste sie haben. Großartig.“  
„Da hörst du es Mama!“
„Wir gehen, komm Tina!“  Valentina hatte keine Ahnung, ob ihre Mutter die Worte des Unbekannten überhaupt mitbekommen hatte. So wie es aussah nicht, sonst hätte sie irgendeine Reaktion gezeigt.


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Yaouoay
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Beitrag14.02.2017 19:08

von Yaouoay
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Liebe Maria,
ich habe deine Geschichte (die neue Version) gelesen und fand es sehr schön.
Ein paar Details sind sicher noch verbesserungswürdig, aber ich möchte jetzt nicht so ausführlich werden, da ich gleich los muss.
Ich schreib später vielleicht noch mehr.

Liebe Grüße smile
Yaouoay


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In Liebe – das Leben
(Erzählung)
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d.frank
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D
Beitrag14.02.2017 19:21

von d.frank
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Hallo Maria,

mir fehlt die Atmosphäre! Es liest sich eher wie ein Drehbuch ohne Setting.
Die Idee deines Buches finde ich super!

Und ich denke
1. Du kannst das besser!

und

2. Ein jugendbuch muss auch heutzutage nicht wie ein Twitterroman geschrieben sein wink
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Mara
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Beitrag14.02.2017 20:09

von Mara
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Hallo Maria,

das Überarbeiten hat sich eindeutig ausgezahlt! Smile Das ist in meinen Augen schon viel besser als die erste Fassung! In die Clownszene hast du mich jetzt schon viel mehr hineingezogen, ich bin mit den Kindern und dem Clown in der Kinderecke gewesen.

Ich hänge immer noch an dem Thema "Perspektive".  So wie sich die Szene jetzt entwickelt hat, würde ich denken, dass die Szene aus Valentinas Sicht erzählt gehört - was sie zum Großteil auch ist, aber noch nicht durchgehend.

Auch der Dialog am Ende, nach der Clownszene, wirkt noch ziemlich konstruiert. Aber wenn du da noch einmal drüber gehst, wird das sicherlich! Und die paar Rechtschreib- und Grammatikfehler, die sich beim Überarbeiten eingeschlichen haben, findest du sicher auch. Wink

Prima - ich habe die neue Fassung echt gern gelesen!

Liebe Grüße,
Mara
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MariaLS
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Beitrag14.02.2017 20:51

von MariaLS
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Liebe Diana!
Vielen Dank und natürlich auch an Mara.
Sag mal Diana, nur so eine Frage? Was verstehst du unter einem Twitterroman? So ganz kapier ich das gerade nicht. Meinst du die Dialoge?

Ah ja und ich arbeite daran. Muss nur jetzt noch eine Hausübung für mein Fernstudium machen, das natürlich auch mit Schreiben zu tun hat.

Also, neue Versionen dann ab morgen abends. Hab  Trainingsverbot bekommen, somit mehr Zeit zum Schreiben. (war ein bisserl off-topic)


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d.frank
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Beitrag14.02.2017 21:13

von d.frank
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Naja, in einem anderen faden hab ich gelesen, dass du dir die Frage stellst, wie ein Jugendbuch heute geschrieben sein sollte, damit es von der Zielgruppe auch gelesen wird (Greg und Co). Diese Frage muss auch ich mir stellen, den mit meinem aktuellen Projekt möchte ebenfalls dieses schwierige Publikum ansprechen. Ich habe auch mit meiner 14 jährigen Tochter (die leider kein Bücherwurm ist) darüber gesprochen und zur Antwort bekommen, dass es eben spannend sein muss. wink
Twitterroman, ja, beim Lesen beschlich mich eben das Gefühl, dass du dich zu sehr auf Dialoge konzentrierst. Wahrscheinlich, weil du dich deinem Publikum beugen willst.
Ich habe für mich persönlich beschlossen, zu schreiben, wie ich gern lesen möchte. Und alle jugendlichen Leser, die mir deshalb flöten gehen, später mit der Verfilmung zu kriegen. wink lol2 lol2

Grüße
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MariaLS
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Beitrag14.02.2017 22:30

von MariaLS
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Ich bin ein Dialog-Fan. das stimmt. Und ich mag deine Sicht der Dinge wirklich gerne. Vielleicht liegt der Hang zum Dialog der Tatsache zugrunde, dass ich jeden Tag mein Zielpublikum reden und sprechen höre (= meine SchülerInnen).

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Nicki
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Beitrag14.02.2017 23:20

von Nicki
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Was mich an den Dialogen in erster Linie irritiert, sind die vielen Wechsel, die man erst erkennt, wenn man die jeweilige Aussage zu Ende gelesen hat. Du könntest den Sprecher einbinden, am besten nach einem kurzen Satzteil oder Wort. Wenn du eine kleine Aktion hinzufügst, sparst du dir auch die vielen sagte.

Beispiel:

„Und Tina?" Renate, deren Neugier mal wieder keine Grenzen zu kennen schien, beugte sich vor. "Was willst du nach der vierten Klasse machen?“

oder:

„Wäre dem Franz auch lieber", mischte sich jetzt Hilde ein, "aber die Tina hat da ihren eigenen Kopf.“

oder

„Wir gehen jetzt weiter shoppen", bestimmte Hilde nach einem Blick auf die große Wanduhr. "Ewig haben wir auch nicht Zeit.“


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*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
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MariaLS
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Beitrag15.02.2017 17:18

von MariaLS
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Liebe Nicki! So in meiner ganz ursprünglichen Fassung hatte ich die Dialoge unterteilt. Von irgendwo kam der Tipp, ich möge sie nicht zerteilen.

Aber danke in jedem Fall fürs Lesen und Kritisieren. Da kommt eine neue Version. Very Happy Very Happy


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Kätzchen
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Beitrag15.02.2017 17:33

von Kätzchen
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Liebste Maria,
das "irgendwo" ( Laughing) meldet sich mal zu Wort und glaubt sich zu erinnern, darauf hingewiesen zu haben, Sätze lediglich nicht mittendrin zu teilen. Beispiel:

"Und Tina? Was willst du nach", Renate beugte sich vor, "der XY Klasse machen?"

So war das nämlich in dem Text, in dem das "irgendwo" dies anmerkte - Nickis Trennungen sind nämlich astrein Razz

LG
-Katze alias Irgendwo Cool Laughing


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Beitrag15.02.2017 20:14

von MariaLS
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Laughing Laughing Laughing Laughing

Kätzchen alias irgendwo, du nimmst mir das eh nicht krumm, hoffe ich zumindest. Embarassed

Oh doch, ich steh auf astreine Trennungen. Genaues Lesen hätte mir sicher helfen können. Ich bin ein bisschen eine Chaotin smile


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Kätzchen
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Beitrag15.02.2017 22:57

von Kätzchen
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Ach was gar nicht, ich habe viel mehr lachen müssen Laughing
Keine Sorge ich seh so ziemlich alles seeehr easy
 Cool

Liebste Grüsse
-Katze


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Beitrag16.02.2017 22:33

von MariaLS
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Ich habe eine neue Version ( oh du Hölle Wink ich wollte eben Version mit F schreiben. Ich sollte dann mal Pause machen).  Ich hoffe, dass ich jetzt besonders jeglichen Perspektive-Wechseln den Garaus gemacht habe. Zumindest finde ich keine mehr.

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Valentina wollte unbedingt verhindern, dass sie sich mit Babsi und der überspannten Mutter einen Tisch teilen musste.  Das war kein leichtes Unterfangen in einem Fast-Food-Restaurant um die Mittagszeit. Sie zupfte Hilde am Ärmel, deutete mit dem Kopf zu einem Tisch, der gerade frei geworden war.  „Kommt!“, rief Hilde. „Da ist Platz für uns alle.“ „Tolle Aussichten“, murmelte Valentina und knallte das Tablett auf den Tisch. Ein Becher kippte um und ergoss sich über Pommes und Hamburger.  Auf den Zehn-Euro-Schein, den ihr Mama anbot um sich Ersatz zu holen, verzichtete Valentina. Stattdessen stocherte sie lustlos in ihrem Salat herum.  Alle anderen stopften das Essen in sich hinein, als stünde eine Hungersnot bevor. Auf der Oberlippe von Renate klebte Mayonnaise, im rechten Mundwinkel Ketchup.  Sie, die Frau vornehm und supertoll, aß gerade wie ein dreijähriges Kind.

„Du Renate, mach einmal so“, sagte Valentina und fuhr sich mit Hand über den Mund. Sie ertrug den Anblick nicht mehr länger, es ekelte ihr.  Renate suchte nach einer Serviette und tupfte sich Mayo, Ketchup und gefühlte 100 Gramm Lippenstift ab.

„Tina, das hättest du ruhig netter sagen können“, warf Hilde Valentina vor. Netter, Glätteisen, nicht so schlampig. Lieb, freundlich und angepasst. Nicht auffallen, den Mund halten und blöd grinsen. Oh ja, Valentina hatte längst durchschaut, worauf es in Mutters heiler Welt ankam.  Natürlich gehört auch eine solide Ausbildung dazu.

„Und Tina, was für Pläne hast du nach der Hauptschule?“, wollte Renate wissen. Diese Frau konnte allem Anschein nach Gedanken lesen.  Die beste Antwort überhaupt wäre in Valentinas Augen gewesen, irgendetwas, wobei sie endlich für immer und ewig die bescheuerte Babsi loswerden konnte.  Zur Hölle mit dieser Bitch! Und Tschüss!

Um Hilde nicht gnadenlos zu blamieren, antwortete sie höflich: „Ich geh in die Stadt aufs Gymnasium, sollte ich die Aufnahmeprüfung in Latein schaffen.“
„Latein? Gymnasium? Und dann? Willst du studieren gehen?“, wunderte sich Renate. „Wolltest du nicht mit Babsi auf die Handelsakademie gehen? Das ist doch viel gescheiter. Da hast du nachher einen Beruf und eine Matura.“
Valentina hatte absolut keine Lust mehr über eine mögliche, berufliche Zukunft zu reden. Es ging Renate nichts an. Selbst, wenn sie den Rest ihres Lebens auf einer Bank säße und Enten fütterte, konnte es ihr egal sein.
„Weißt du Mama, die Tina die hat ganz besondere Pläne“, mischte Babsi sich ein. „Sie will ein Clown werden.“ Die letzten zwei Wörter gingen in Babsis spöttischen Gelächter unter.
„Ein was?“, fragte Renate nach. „Ein Clown?“  

Unvermittelt stand Hilde auf, deutete auf die Uhr, die an der Wand hing. „Komm Tina, wir gehen jetzt. Uns läuft die Zeit davon.“ Valentina schenkte ihr einen verwunderten Blick. Vor nicht einmal einer knappen Stunde, hatte Hilde erklärt, sie würden alle Zeit der Welt haben. Der lief gar nichts davon. Die wollte nur verhindern, dass Valentina irgendjemanden ihre Zukunftspläne erzählte. Dazu war es ohnehin zu spät. Außerdem war sie sich fast sicher, dass Renate ohnehin Bescheid wusste und hier nur eine miese Show abzog. Schließlich hatte die Klassenlehrerin vor zwei Wochen Valentinas Aufsatz, der die beruflichen Träume und Ziele zum Thema gehabt hatte, vorgelesen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Babsi davon zuhause nichts berichtet hatte.
 „Und wozu brauchst du dazu eine Ausbildung? Eine Matura?“, bohrte Renate weiter. „Und kann man damit überhaupt Geld verdienen?“ Valentina schaute Hilde in der Erwartung an, sie würde sich einmischen oder ihre eigene Tochter ermutigen.  Nach ein paar Minuten des Schweigens gab Valentina auf.  „Clowns werden ausgebildet. Es gibt Clownschulen in Deutschland und Paris. Wunderbare Schulen sind das. Da bin ich mir ganz sicher.“ Valentina wusste viel über die Ausbildung, konnte viel darüber erzählen. Stunden verbrachte sie im Internet, um noch viel mehr herauszufinden. Es war ihr verdammt ernst.
„Clownschulen? Sind da lauter so Clowns wie du zu finden?“ Babsi begann schon wieder zu lachen. Valentina hatte große Lust auszuholen und ihr mitten ins Gesicht zu schlagen. Einzig die Anwesenheit der beiden Mütter hinderte sie daran. Sie verfolgte einen ganz anderen Plan.

Aus ihrem Rucksack kramte sie eine rote Nase, hängte sich diesen um und stand langsam vom Tisch auf. In der Spielecke des Fast-Food-Restaurants sah sie ein paar Kinder spielen. „Setz dich sofort wieder nieder, Tina!“, zischte Hilde nervös. Aber Valentina nahm sie nicht mehr wahr. Der Moment, in dem sie die rote Schaumgumminase auf ihre eigene steckte, hatte etwas Magisches. Sie fühlte sich stark und unverletzlich.

„Guten Tag der Herr!“, sagte sie fröhlich lächelnd und schüttelte einem wildfremden Menschen die Hand.  Einer Frau wünschte sie einen wunderschönen Nachmittag. Einem Mädchen, das am Weg zu einem der leeren Tische war, folgte sie. Nahm ihr das Tablett ab, zog einen nicht vorhandenen Hut vor ihr. „Guten Appetit, junge Frau!“  Sie war in der Spielecke angelangt. Erwartungsvolle Blicke hafteten an ihr.
 „Na ihr? Habt ihr schon alle brav aufgegessen?“, wollte sie von den Kindern wissen.  Noch herrschte Schweigen. Valentina ließ den Kindern Zeit. Plötzlich kam ein Mädchen zu ihr. „Du Clown, ich habe kleine Pommes und einmal Chicken-Nuggets gehabt“, sagte sie. „Und ich einen Hamburger!“ „Ich nur Pommes, weil ich kein Fleisch esse.“ Das Eis war gebrochen. „Gut, dann werde ich auch jausnen. Macht Platz, Kinder!“ In ihrem Rucksack fand sie einen Pullover, eine Jausendose und eine leere Flasche.  Den Pullover breitete sie umständlich auf dem Boden aus, nahm Platz und öffnete die Dose. „Wow! Heute habe ich Schnitzel und Pommes mit!“ Sie legte ein imaginäres Schnitzel auf den Boden, machte einen tiefen Schluck Luft aus der Flasche. Lachen konnte ansteckend sein. Denn kaum hatte ein Kind damit angefangen, lachten alle.  „Oh! Jetzt hat mir wer mein Schnitzel geklaut“, stellte sie traurig fest.  Sie zog die Mundwinkel nach unten, echte Tränen quollen aus ihren Augen. Das Lachen der Kinder wurde lauter. Hinter diesen Tränen steckte monatelanges Training.  Valentina wusste, dass ein Clown der weinen konnte, immer die Herzen der Kinder erobern würde.

Als Valentina die Kinderecke verließ klatschten nicht nur Kinder, auch einige Erwachsene waren offensichtlich begeistert. „Kannst du noch was?“, fragte ein kleiner Bub, der ihr nachgegangen war. „Hmm? Ich kann ganz viel. Was würdest du denn gerne sehen?“ „Kannst du auf den Händen gehen?“ Klar konnte Valentina das.  „Und wie heißt du?“  „Ich heiße Valentina und will Clown werden, ein ganz ein großer!“, sagte sie laut und deutlich. Dann nahm sie die rote Nase ab und setzte sich wieder zum Tisch.  Sie war wieder in die Welt zurückgekehrt, die sie an manchen Tagen kaum ertrug. Hildes entnervte Frage, ob sie denn solche Auftritte wirklich nötig hätte, trugen das ihre dazu bei.
 „Mama, ja! Ich habe das in diesem Moment gebraucht. Mir ist egal, was sich wer gerade über mich denkt. Und jetzt können wir von mir aus shoppen gehen, bis dieses dämliche Einkaufszentrum zusperrt“, sagte sie zornig.  

„Gute Idee“, pflichtete Renate Valentina bei. „Komm Babsi wir gehen gleich mit denen mit.“ Babsi gesellte sich zu Valentina. „Sag mal Tina, das war aber schon fett peinlich?“, sagte sie. „Peinlich? Weißt du was wirklich peinlich ist?“, Valentina holte kurz Luft. „Du bist das. Du und deine bescheuerten Bilder auf Facebook. Da komme ich aus dem Fremdschämen nicht mehr heraus.“ Babsis entsetzter Blick sprach Bände.   Als alle zusammen das Fast-Food-Restaurant verließen, winkte ein Mädchen Valentina. „Tschüss, Clown“, rief sie. „Ein tolles Mädchen“, stellte ein Mann fest. „So mutig! Wow!“  Valentina drehte sich um und schenkte den beiden ein zufriedenes Lächeln.


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d.frank
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Beitrag16.02.2017 23:07

von d.frank
Antworten mit Zitat

Hallo Maria,

ich finde deine neue Fersion wink viel besser und lebendiger!
Mir gefällt auch der jugendliche Wortwitz, der den Ton ausmacht.

Du musst aber unbedingt darauf achten, immer, wenn der Sprecher wechselt, einen Absatz einzufügen.

Beispiel:
Zitat:
Tisch, der gerade frei geworden war. „Kommt!“, rief Hilde. „Da ist Platz für uns alle.“ „Tolle Aussichten“, murmelte Valentina und knallte das Tablett auf den Tisch.


muss so aussehen:
Tisch, der gerade frei geworden war. „Kommt!“, rief Hilde. „Da ist Platz für uns alle.“
„Tolle Aussichten“, murmelte Valentina und knallte das Tablett auf den Tisch.

Auch hier bin ich gestolpert:
Zitat:
Ein Becher kippte um und ergoss sich über Pommes und Hamburger. Auf den Zehn-Euro-Schein, den ihr Mama anbot um sich Ersatz zu holen, verzichtete Valentina.


Habe beide Sätze zusammen gelesen, weil es sich anbot, und heraus kam, dass auch der Zehn Euro Schein von dem Erguss betroffen war..wink

Ich würde empfehlen, die Mutter ruhig Mutter statt Hilde zu nennen. Oder einen Namen zu finden, der sich stärker von Renate abhebt.

Das, was mir jetzt so auf die Schnelle aufgefallen ist, habe leider nebenbei noch Papierkrieg zu erledigen.

Grüße
diana
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