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Florian C. Booktian Erklärbär
Beiträge: 4 Wohnort: Gnearth
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13.12.2016 18:14 Postmortales Persönlichkeitsrecht & Ich von Florian C. Booktian
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Ich möchte in meinem Roman Personen wie Leonardo Davinci, August Gissler, Götz von Berlichingen und andere als Charaktere mit Handlung und Dialog einbauen. Es handelt sich ausschließlich um Personen die Tot sind. Ist das rechtlich möglich, ohne irgendetwas zu verletzten das mich für Schadenersatz angreifbar macht, da ich das Buch verkaufe und im Endeffekt damit Geld verdiene?
Das ganze lässt sich grundlegend hiermit klären:
Zitat: | Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -
Pressemitteilung Nr. 99/2007 vom 12. Oktober 2007 hat Folgendes geschrieben:
Dabei ist ein literarisches Werk, das sich als Roman
ausweist, zunächst einmal als Fiktion anzusehen, das keinen
Faktizitätsanspruch erhebt. Diese Vermutung gilt auch dann, wenn
hinter den Romanfiguren reale Personen als Urbilder erkennbar sind.
Die Kunstfreiheit schließt das Recht zur Verwendung von Vorbildern
aus der Lebenswirklichkeit ein. Allerdings besteht zwischen dem Maß,
in dem der Autor eine von der Wirklichkeit abgelöste ästhetische
Realität schafft, und der Intensität der Verletzung des
Persönlichkeitsrechts eine Wechselbeziehung. Je stärker Abbild und
Urbild übereinstimmen, desto schwerer wiegt die Beeinträchtigung des
Persönlichkeitsrechts. Je mehr die künstlerische Darstellung die
besonders geschützten Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt,
desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschließen.
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Das bedeutet, um sicher zu sein, müsste ich sagen wir mal Albert Einstein Altus Zweigranit nennen. Aber, wenn ich jetzt die Erfindungen und Aussagen von Einstein dieser anderen Person zuschreibe, erkennt das doch eh jeder sofort? Ich gehe im Folgenden mal auf den Wikipedia Artikel ein, und stelle Fragen zu dessen Aussagen:
Der Gesetzgeber kann in einfachen Gesetzen bestimmen, dass besondere Persönlichkeitsrechte auch über den Tod hinaus wirken. Dies hat er beispielsweise im Urheberrechtsgesetz in Bezug auf das Urheberpersönlichkeitsrecht getan,[1] wobei auch die kommerzielle Verwertung über den Tod des Urhebers hinaus für eine bestimmte Zeit geschützt bleibt.
Wie findet man heraus ob so eine bestimmte Person für eine bestimmte Zeit geschützt ist?
Über § 189 StGB ist die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener untersagt.
Auch innerhalb eines fiktiven Romans?
„Das Schutzbedürfnis schwindet in dem Maße, in dem die Erinnerung an den Verstorbenen verblasst und im Laufe der Zeit auch das Interesse an der Nichtverfälschung des Lebensbildes abnimmt[…]
Das macht es ja gerade zu unmöglich zu definieren wie dieses Schutzbedürfnis schwindet. Davinci ist der Allgemeinheit ein Begriff, aber August Gissler nicht. Das Problem dabei ist jetzt aber, das diese Definition von mir stammt und nach meinem Wissensstand getroffen/geschätzt wurde. Wie soll man den so was nachprüfen können? Es gibt ja kein Barometer für Erinnerung an verstorbene Künstler/Erfinder etc. Wo liegen da die Grenzen? Verklagen könnten mich ja immer die Nachfahren. Muss ich die dann herausfinden und anschreiben, das wäre wohl das beste oder? Und wie findet man z. B. die Nachfahren von Einstein? Und spricht dann irgendein Urenkel für die ganze Familie?
Das ganze wirkt gerade zu undurchschaubar komplex auf mich.
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Eris Ado Klammeraffe
Beiträge: 747
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13.12.2016 21:43
von Eris Ado
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Das sollte unproblematisch sein. Du kannst ja auch "Die Handlung des Buches ist frei erfunden" dazuschreiben.
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kioto Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 442 Wohnort: Rendsburg
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13.12.2016 21:55
von kioto
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Hallo Florian,
Erschöpfende Rechtsauskunft wird dir hier wohl nicht zu Teil werden können. Siehe z.B. diesen Link zum Thema Rechtsberatung durch Nichtjuristen.
https://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwalt/zivilrecht/verbraucherrecht-zivilrecht/unerlaubte-rechtsberatung-rechtsdienstleistungsgesetz-was-ist-erlaubt-rechtsanwalt/8381/
Wenn du eine reale Person der Vergangenheit verwendest und weitgehend der Wirklichkeit ähnlich darstellst, wird wohl nicht viel passieren. Der Götz ist ja schon von Goethe literarisch in die Mangel genommen worden und eh eine Kunstfigur.
Es wird sich wohl alles im Rahmen des Zivilrechts abspielen, falls du den Protagonisten nicht ganz übel mitspielst (Besonders bei Einstein wäre ich sogar ziemlich böse darüber). Aber es gibt ja eine Reihe von Fällen, in denen Angehörige oder Nachfahren geklagt und Recht bekommen haben, wenn sie mit der Darstellung nicht einverstanden waren.
Ich glaube, es hängt weitgehend von dir ab und was du vorhast.
Meine 2 Cent, Werner
_________________ Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.
Gruß, Werner am NO-Kanal |
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Mogmeier Grobspalter
Moderator Alter: 50 Beiträge: 2677 Wohnort: Reutlingen
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13.12.2016 23:52
von Mogmeier
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Hallo Florian,
meines Wissens (und das dürfte nicht in jeder Hinsicht vollkommen sein) klingt das postmortale Persönlichkeitsrecht 20 bis 30 Jahre nach dem Ableben der Person, auf die man zurückgreifen möchte, ab, und es ist nicht gleichzusetzen mit der 70-Jahre-Klausel bzgl. des Urheberrechts.
Denn: dieses „klingt ab“ darf bzw. muss man hierbei wortwörtlich nehmen, denn das Leben einer verstorbenen Person kann nach ihrem Ableben (auch wenn es bereits 20 oder 30 Jahre her ist) von Nachfahren und/oder Institutionen (so als An[ge]denken) aufrechterhalten werden. Und je mehr dieser Anspruch auf dieses An[ge]denken besteht oder auch in die Öffentlichkeit gelenkt wird, desto mehr verlängert sich auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der verstorbenen Person, aber natürlich nicht mit dem Rundumschutz, den die verstorbene Person während dieser vorangegangenen 20 bis 30 Jahre nach ihrem Tod genießen konnte. Das wäre dann halt immer so situationsbedingt. Klagen hagelt es häufig, wenn man als Autor eine verstorbene Person verunglimpft und/oder sie vollkommen anders darstellt, als sie eigentlich war (wie sie eigentlich halt wirklich lebte).
Ein gutes Beispiel, wie man als Autor realexistierende aber nun halt doch schon verstorbene Personen (Personen, die auch nach ihrem Tod heutzutage noch ein öffentliches Ansehen genießen) in 'nem Romanprojekt agieren lassen kann, ohne dass es Klagen gibt, wäre: ›Die Entdeckung der Langsamkeit‹ von Stan Nadolny.
Beste Grüße,
Mog
_________________ »Nichtstun ist besser, als mit viel Mühe nichts schaffen.«
Laotse |
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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14.12.2016 00:13
von Babella
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Mogmeier, weißt du von solchen Klagen?
Es gibt doch unzählige Romane, in denen historische Personen vorkommen. Da muss man die Dialoge und allerlei anderes doch hinzudichten, da hat doch nicht die ganze Zeit jemand gestanden und mitstenographiert. Dass manche Leute nicht gut dabei wegkommen, könnte auch daran liegen, dass man die Wahrheit über sie schreibt - nicht jeder, der verstorben ist, war ein netter Mensch.
Und dann gibt es noch die kunstvolle Verflechtung von Fiktion und Wahrheit, wie das Irvin Yalom macht ("Und Nietzsche weinte", "Das Spinoza-Problem"), oder John Casti "Das Cambridge Quartett", oder Kehlmanns "Vermessung der Welt" oder oder oder.
Ich würde mir jedenfalls erst mal keine Gedanken darüber machen, ob ich darf oder nicht. Zum Schreiben braucht man Mut, und mit Selbstzensur sollte man erst gar nicht anfangen.
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Mogmeier Grobspalter
Moderator Alter: 50 Beiträge: 2677 Wohnort: Reutlingen
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14.12.2016 01:08
von Mogmeier
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Sorry, in meinem letzten Satz hatte ich vor lauter Schreibwut die "verstorbene Person" vergessen, als "kürzlich verstorbene Person" zu bezeichnen.
Babella hat Folgendes geschrieben: | Mogmeier, weißt du von solchen Klagen? |
http://www.online-und-recht.de/urteile/Unterlassungsanspruch-wegen-Persoenlichkeitsverletzung-im-Romy-Schneider-Roman-Landgericht-Frankfurt-20090129/
....................
Was ich eigentlich sagen wollte: bei so Sachen wie ›Leonardo Da Vinci‹ musst du dir keine Gedanken machen. Vorsichtig wäre ich aber bei Albert Einstein. Ihm kann man natürlich aufgrund der künstlerischen Freiheit so einiges unterstellen, aber halt auch nur, wenn es diesen Charakter (so als Person) untermauert.
_________________ »Nichtstun ist besser, als mit viel Mühe nichts schaffen.«
Laotse |
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spinat.ist.was.anderes Klammeraffe
Beiträge: 502 Wohnort: Hamburg (ab und zu)
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14.12.2016 09:00
von spinat.ist.was.anderes
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Hier spielt noch ein anderer Aspekt hinein. Die Genannten sind "Personen des öffentlichen Lebens" und diese sind weniger geschützt als Otto Normalo. Ansonsten wären auch Zeitungskolumnen über Politker und Stars problematisch.
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Babella Klammeraffe
Alter: 61 Beiträge: 890
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14.12.2016 15:38
von Babella
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Ah. Ok. Da wird aber auch die Frist von 10 Jahren genannt und ausdrücklich die künstlerische Freiheit erwähnt. Vor allem aber: Geklagt wurde, weil tatsächlich verunglimpft wurde im Sinn von: Etwas Falsches - und Beleidigendes - behauptet.
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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14.12.2016 20:45
von MosesBob
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Hallo Florian und herzlich willkommen im Forum! Hast du hier schon mal reingeschaut?
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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Florian C. Booktian Erklärbär
Beiträge: 4 Wohnort: Gnearth
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15.12.2016 04:03
von Florian C. Booktian
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MosesBob hat Folgendes geschrieben: | Hallo Florian und herzlich willkommen im Forum! Hast du hier schon mal reingeschaut? |
Das kann ich gar nicht einsehen.
Vielen dank an alle die bisher geantwortet haben! Ich werde meine Frage jetzt noch dem Verband der deutschen Schriftsteller zukommen lassen und mich dann an die Arbeit machen.
Ich habe nicht vor jemanden zu verunglimpfen. Ganz im Gegenteil, wenn dann wird hier höchstens ge-lobhudelt und vielleicht noch der ein oder andere zu Nachforschungen über bestimmte Personen angeregt. Ich bin der Meinung, wer nichts nettes zu sagen hat, kann es für sich behalten (im Bezug auf Einstein oder gar Tesla etc.). Daher würde ich derartige Aussagen auch nie in ein Buch setzten.
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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15.12.2016 13:50
von MosesBob
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Florian C. Booktian hat Folgendes geschrieben: | Das kann ich gar nicht einsehen. |
Entschuldigung, da habe ich geschlafen. Das ist ein Ratgeber für juristische Fragen rund um die Schreiberei in diesem Bereich (oben). Sobald du 15 Beiträge auf dem Konto hast, ist der Thread für dich einsehbar.
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(Laotse) |
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Gast
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08.01.2017 07:01
von Gast
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Wie lautet deine konkrete Frage?
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BerndHH Klammeraffe
Alter: 60 Beiträge: 966 Wohnort: HH
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20.01.2017 05:43
von BerndHH
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Aber wie und wo liegen da die harten, scharfen oder weichen Grenzen zwischen künstlerischer Freiheit, freier Meinungsäußerung und massiver Verletzung der Persönlichkeitsrechte?
Ist das jedes Mal Auslegungssache oder gibt es bestimmte Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen?
Gut, handfeste Beleidigungen sind natürlich tabu. Ich kann nicht hingehen und Dr. Helmut K. wie den letzten Blödmann darstellen. Auch wenn man ihm den Namen Dr. Helmut Köhler geben würde und im Text des Weiteren die Begriffe “Birne”, “Saumagen” oder “Oggersheim” fallen, weiß trotzdem jeder, wer gemeint ist. Also auch tabu.
Nicht falsch verstehen, ich habe natürlich nichts gegen Dr. Helmut K. (warum auch?), er dient in der Geschichte nur als reines Vehikel.
Oder angenommen man würde eine Geschichte über den Ex-VW Vorstand Dr. Martin W. schreiben und behaupten, er hätte sich ins sozialer Hinsicht wie das letzte AXXXloch benommen und darüber hinaus dies auch noch publizieren, könnte man eine massive Klage wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte an den Hals bekommen.
Man denke nur an den Fall Böhmermann und das Politikum, was daraus wurde.
Also wer sich vor so etwas komplett schützen will, der darf in seinen Erzählungen am besten nur die Namen von rein fiktiven Personen verwenden. Aber wenn ich einen zeitgenössischen Text verwende und aus Schiss vor Strafverfolgung aus bekannten öffentlichen Personen dann Meier, Schulze, Schmidt mache, geht die Authentizität komplett verloren. Wie ist Eure Meinung dazu?
_________________ Michel Teló – Ai se eu te pego
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Sábado na balada
A galera começou a dançar
E passou a menina mais linda
Tomei coragem e comecei a falar |
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