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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 11/2016
Leeres Versprechen

 
 
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag14.12.2016 15:03

von Jenni
Antworten mit Zitat

Eine alte Frau begegnet einem kleinen Kind in der Menschenmenge einer vollen U-Bahn, doch die Begegnung empfindet sie so intensiv, dass sie die Menschen drumherum ausblendet, und sie allein zu sein scheinen. Insofern finde ich das Thema schon gut umgesetzt und die Idee gefällt mir.
Von der Vorgabe dagegen lese ich nichts. Wo ist hier ein Vergessen, ein immer wieder neu Beginnen?
Was ich nicht mag, das ist, wie sehr die Frau Schicksal und Vernachlässigung in den Blick des Kindes interpretiert. Die Erklärung ist (in ihren Augen) nicht weit: Die Mutter bemerkt das Eingreifen der Alten in die Privatsphäre des Kindes nicht einmal, so vertieft ist sie in ihr Gespräch. Dieses Urteilen. Worin soll da das Versprechen bestehen, in einer Errettung vor eingebildeter Gefahr?
Ich will darauf hinaus: ihre Interpretation hat ja nur mit eigenen Erfahrungen zu tun und nichts mit dem Kind. Ihre Gedanken haben aber nur mit anderen Menschen zu tun. Selbst die Erinnerung daran, wo sie diesen Blick schon mal gesehen hat, bleiben sehr vage. Ich denke, ihr Erleben sollte mehr von ihr offenbaren, über ihre Vorurteile hinaus.

Punkteverteilung am Schluss im Vergleich.
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag16.12.2016 18:26
aw:
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Hallo,

aus Zeitgründen nur eine kurze Antwort zu Deinem Text (später gerne mehr), um befedern, bewerten zu können.

Der Titel machte mich neugierig und auch die Geschichte fesselte und berührte mich bis zum Schluss. Sprachlich anschaulich, klar und gut erzählt, ruhig, selbstreflektierend und nicht zu kitschig, wie es hier schnell passieren könnte.
Eine Bahnfart von vielen und doch eine unvergessliche wird hier erzählt, wo die Hand eines fremden Kindes, kurz ergriffen, dem Icherzähler wie ein leeres Versprechen vorkommt.

Ein vielschichtiger Text, den man immer wieder lesen und für sich weiterdenken kann.
Mein Siegertext in diesem Wettbewerb.

Ich gebe Dir zwölf Punkte!

Viele Grüße,
Lilli


_________________
Wer schreibt, bleibt und lebt intensiver
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Sam Violett
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
S

Alter: 37
Beiträge: 10
Wohnort: Dortmund


S
Beitrag16.12.2016 19:13

von Sam Violett
Antworten mit Zitat

Ein wenig beängstigend aber dennoch sehr mitreißend.  Für mich persönlich war der Titel aber nicht richtig erkennbar. Welches leere Versprechen, was wurde versprochen oder nicht versprochen . Irgendetwas fehlt. Ich finde es ist eine Geschichte ohne Ende.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag17.12.2016 21:04

von rieka
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Das war nun mal eine Überraschung. Als ich den Text – mit Bauchgrummeln – abgeschickt hatte, wartete ich darauf, dass er mir mit dem Vermerk „Thema nicht erfüllt“ zurück ins Postfach flattert. Nicht des ‚Niemandslandes‘ wegen, von dem bin ich in meinem Text überzeugt, sondern der zusätzlichen Aufgabenstellungen wegen. Die sah und sehe ich doch als sehr dünn. Aber als ich mich ans Thema setzte, hatte dieses Biest von Szene mein Gehirn blockiert und keine Andere mehr zugelassen.
Nennt man das Tunnelblick?
Die Alternative wäre gewesen, den Text nicht abzugeben und später in die Werkstatt zu stecken. Das habe ich nicht geschafft.
Jetzt freue ich mich umso mehr, irgendetwas steckt in dem Text, dass er trotz der Schwächen viele von euch angesprochen hat.   Die Vielfältigkeit eurer Rückmeldungen, die positiven wie auch die negativen, lassen mich meinen eigenen Text, bzw. meine Art zu schreiben hinsichtlich meiner Schwächen und meiner Stärken besser verstehen. Ich bin vor zwei Jahren mit einer Frage ins Forum gekommen,  habe inzwischen ausreichend Antworten bekommen.  Da, wo ich hin will, bin ich noch nicht. Wie und ob ich dahin komme, weiß ich  noch nicht. Wo ich stehe, kann ich inzwischen klarer sehen.
In den nächsten Tagen möchte ich versuchen, auf eure Rückmeldungen, die mir sehr viel wert sind, einzugehen.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag19.12.2016 14:21

von rieka
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Hallo Uwe Helmut Grave.   
Wow, das ist aber mal eine Anerkennung! Du bist ja überzeugter von meinem Text als ich. smile extra „Überirdisch“, wann bekomme ich sowas mal zu hören. Und viele Punkte.
Ich hatte/habe noch eine Menge Kritik an meinem Text und die Rezension, die ich mir selber schrieb, nachdem ich den Text abgeschickt hatte, klang nicht ansatzweise so positiv wie die deine. Das fing schon mit der schwarzen Nacht und den schwarzen Augen an.
Ich freue mich riesig über deine Einschätzung, weil es mir sagt, dass es mir gelungen ist, dich emotional zu erreichen, einen der Momente, auf den es mir ankommt, bei dir landen zu lassen. Das ist etwas, was ich noch gar nicht lange beherrsche. Es wackelt ja auch noch, aber deine Reaktion macht mir Mut.  




Hallo Dimitrij,  
deine Antworten muss ich erst einmal verdauen. Auch hier war ich verblüfft über die starke Anerkennung. Danke dafür.
Dich haben bestimmte Passagen besonders angesprochen.Ich werde später in Ruhe noch einmal nachdenken, was genau im Einzelnen bei dir so ins Schwarze getroffen hat. Im Moment beschäftige ich mich noch stark mit der Kritk. Das ist mit dem, was auf mich einstürmt, sehr viel.
Es freut mich, dass der Text bei dir so positiv angekommen ist.
Danke auch für die Punkte.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag19.12.2016 14:25

von rieka
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Hallo Constantine,   
du hast mir aber einen Schock eingejagt. Nicht mit dem Begriff  >emotionale Theatralik<, das nehme ich hin. Ich übe, den Ausdruck  zu verbessern, zu verfeinern, Ausschläge nach oben oder nach unten zu erkennen. Wobei es mir in meinen Texten genau auf diesen emotionalen Moment ankommt.
Geschockt hast du mich mit den Begriffen  Thriller, Horror und noch schlimmer, Mystery. Das ist das letzte Metier, das ich anstrebe. Für mich ist die Realität aufregend genug.  Ich würde gerne verstehen, worin du diese Elemente siehst.
Was den Aufbau der Geschichte angeht - ja, ich bin  selbst noch über Einiges unzufrieden.
Danke, dass du dich mit meinem Text beschäftigt hast.
Was aber die Protagonistin in ihrer nächtlichen Zwischenwelt/Niemandsland betrifft, sie ist ein wichtiger Teil der Geschichte. Mir kommt es weniger auf >Effekt< an, sondern auf das Erfassen schwieriger emotionaler Momente. Ob es gelingt, ist eine andere Frage.
Ich danke dir für deine Rückmeldung. Sie ist mir um Vieles wichtiger als Punkte.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag19.12.2016 14:27

von rieka
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Hallo MoL   
Zitat:
Du bekommst von mir leider keine Punkte. Das liegt daran, dass ich die Vorgaben bei deiner Geschichte nur mäßig umgesetzt sehe, das haben andere mMn einfach besser hinbekommen.
Dennoch ist es mir ein Anliegen dir zu sagen, dass ich deine Geschichte wirklich hervorragend finde! Sie hat mich sehr berührt bzw. mir eine Gänsehaut verpasst.  

Ja, die zusätzlichen Vorgaben fehlen. Das Niemandsland ist zwar klar, aber das immer wieder neu anfangen und das Vielschichtige ist mir nicht gelungen. Deshalb hatte ich auch  Zweifel, ob der Text genommen wird und dann Zweifel, dass er Punkte bekommt.
Dass er dir trotzdem gefällt, gefällt wiederum mir sehr. Denn das heißt, es gelingt mir inzwischen deutlich besser, als noch bei meinem Einstieg ins Forum vor zweieinhalb Jahren, die Affekte, um die es mir geht, zu transportieren und nicht nur Berichte abzugeben. Deshalb ist mir deine Erklärung sehr viel wert.
Zitat:
  ... und jetzt sag mir bitte, dass alles gut werden wird!

Ja….. was das Kind angeht!?  Ob alles gut wird?
Woher soll die Prota das wissen. Sie weiß ja noch nicht einmal, was mit dem Kind wirklich los war. Sie weiß nicht, was mit der Mutter los war. Vielleicht war alles nur eine Momentaufnahme, hinter die sie doch gar nicht schauen kann. smile Aber die Prota hält alles Mögliche für möglich. Im Übergang vom Wachsein zum Schlaf bricht Manches hervor. Was ist Wissen, was von dem, was geschieht, gehört zur inneren Realität, was ist äußere Wirklichkeit. Was von dem, was die Frau sieht, kommt aus der Erfahrung des Tages, was aus dem Unbekannten in ihr.
Ja, was ist mit dem Kind? Es ist möglich, dass …..
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Uwe Helmut Grave
Geschlecht:männlichOpa Schlumpf

Alter: 69
Beiträge: 1016
Wohnort: Wolfenbüttel


Beitrag19.12.2016 15:39
Klick, Klick, Klick!
von Uwe Helmut Grave
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Und plötzlich machte es in mir "Klick"!
Als ich eben nacheinander deine Antworten las, rieka, zu guter Letzt die an MoL, da stieß ich auf den Satz mit der Momentaufnahme, und schlagartig habe ich begriffen, was genau mir an dieser berührenden Geschichte so sehr gefallen hat, dass ich ihr 12 Punkte gab - geben musste. Du besitzt eine Fähigkeit, die mir in meinem Leben als Berufsschreiberling stets gefehlt hat: innezuhalten und den jeweiligen Augenblick in sich aufzunehmen bzw. glaubhaft eine Momentaufnahme zu Papier zu bringen.
Ich habe mein (Schreib-)Leben lang alles um mich herum gedankenschnell in mich aufgesaugt, Untaugliches wieder gelöscht und den Rest ins Kreativ-Mühlrad geworfen, wo es später zu Geschichten verarbeitet wurde. Um überhaupt schreiben zu können, musste ich aufmerksam beobachten, selbst wenn es nur aus dem Augenwinkel heraus war, was in der weiten Welt und (fast noch wichtiger) in meinem eigenen kleinen Umfeld passiert.
Daraus wurden dann überwiegend temporeiche Geschichten, in die ich möglichst viel Handlung quetschte. Leider habe ich es dabei zumeist versäumt, zu verweilen und den aktuellen Moment wie ein Kameramann oder Maler in mich aufzunehmen.
Du kannst das offensichtlich - wobei es nur eine untergeordnete Rolle spielt, ob du dir "Leeres Versprechen" ausgedacht oder selbst so oder in ähnlicher Weise erlebt hast; es ist dir gelungen, eine berührende Momentaufnahme anschaulich zu beschreiben bzw. zu erschaffen.
(Ich bin fast 62 - vielleicht bleibt mir ja noch Zeit genug, um so etwas zu üben, es sei denn, diese Fähigkeit ist angeboren.)


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U.H.G. - Freude am Lesen
"Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich!" - "Aber er hat ja gar nichts an!" (Hans Christian Andersen) - Die Welt ist anders(en) als sie es dir erzählen.
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Dmitrij
Geschlecht:männlichWortedrechsler

Alter: 50
Beiträge: 79
Wohnort: von der Zivilisation abgeschnitten in Wien-Umgebung


Beitrag19.12.2016 18:36

von Dmitrij
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Liebe Rieka,
ich kann einfach nicht passiv da sitzen und warten bis du dieses "starke Anerkennung"-Rätsel löst.

rieka hat Folgendes geschrieben:
Hallo Dimitrij,...deine Antworten muss ich erst einmal verdauen. Auch hier war ich verblüfft über die starke Anerkennung. Danke dafür.
Dich haben bestimmte Passagen besonders angesprochen.Ich werde später in Ruhe noch einmal nachdenken, was genau im Einzelnen bei dir so ins Schwarze getroffen hat.



Ich habe selbst nicht daran gedacht, welche Passagen mich besonders hingezogen haben. Vom ersten Satz füllte ich mich in diese Geschichte involviert und mit jedem weiterem Wort bewunderte ich deine Fähigkeit die meisterhaft zerstreute Einzelheiten auf irgendeine magische Weise zu einem gesamten Konzept zu knüpfen.

Nach dem ich die ersten ein paar Geschichten gelesen habe, war es für mich eine rettende Insel die Erzählung "Aussen Seeufer Nacht". Dort könnte ich die durch "tote" Texte aufgepumpte Leere, mit der in mich hinein strömenden schöpferischen Energie ersetzen. Dort habe ich die Kraft getankt, um zu deinem Text durchzukämpfen.
Als ich zu deiner Geschichte gelangte, verzweifelt und beinahe erschöpft nach unzähligen Versuchen mich in die Texte von anderen Autoren einzufühlen,  spürte ich sofort die Erlösung. Ja, ich habe sogar mehr als erwartet bekommen. Dein Text spendet mir Trost. Jedes Mal, wenn ich an den denke, bekomme ich die rettende Luft der Erkenntnis, dass es noch die Menschen existieren, die in die Geschichten das echte Leben einhauchen können.
Es war sehr märchenhaft wie der magische Sog deiner Erzählung meine Aufmerksamkeit bis zum Schluss leitete. Entschuldige, ich kann es dir wirklich nicht aufschlüsseln was genau wortwörtlich mir gefallen hat. Ein einziges klischeebehaftetes Wort "Kokon" hat mir nicht gefallen. Das war es. Und ehrlich gesagt, hat es mich geärgert (ja ich bin noch in diesem zarten Alter, wo man sich unüberlegt aufregt), warum ausgerechnet dieser und ein paar anderen Geschichten "zero points" mehrmals vergeben wurden. Diese Beurteilungskriterien wundern mich. Für solche Überlegungen habe ich schon einige kritische Bemerkungen erhalten und mag darüber nicht mehr diskutieren. Keine Ahnung wie man so ein Meisterwerk kritisieren kann Question Ich denke dabei an Ingeborg Bachmann und ihre "kilometerlange" genialen Sätze. Wird man sie dafür genau so skrupulös kritisieren?
Ja, zumindest weiß ich jetzt mit wem ich meine Empfindungen teilen kann, wer solche ehrliche Texte schätzt.
Liebe Grüße,
Dima
PS: un bitte bitte, mein Name ist Dmitrij (Dimitrij gibt es nicht, genauso wie Manifred oder Andireas". Man kann auch Dima schreiben, es ist viel inoffizieller Wink


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Selbst wenn du ein überzeugter Optimist bist, unterschätze niemals all die pessimistisch denkenden Menschen;-)
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rieka
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Beitrag19.12.2016 20:56

von rieka
Antworten mit Zitat

Dmitrij hat Folgendes geschrieben:
Liebe Rieka,
ich kann einfach nicht passiv da sitzen und warten bis du dieses "starke Anerkennung"-Rätsel löst.
rieka hat Folgendes geschrieben:
Hallo Dimitrij,...deine Antworten muss ich erst einmal verdauen. Auch hier war ich verblüfft über die starke Anerkennung. Danke dafür.
Dich haben bestimmte Passagen besonders angesprochen.Ich werde später in Ruhe noch einmal nachdenken, was genau im Einzelnen bei dir so ins Schwarze getroffen hat.


Ich habe selbst nicht daran gedacht, welche Passagen mich besonders hingezogen haben. Vom ersten Satz füllte ich mich in diese Geschichte involviert und mit jedem weiterem Wort  ........


..........ehrliche Texte schätzt.
Liebe Grüße,
Dima
PS: un bitte bitte, mein Name ist Dmitrij (D[b]imitrij gibt es nicht, [/b]genauso wie Manifred oder Andireas". Man kann auch Dima schreiben, es ist viel inoffizieller Wink



Hallo Dmitrij   
Dima
Ich merke es mir. Großes Ehrenwort!
Aber warten musst du trotzdem. Twisted Evil
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:04

von rieka
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Hallo Seraiya,   
Zitat:
Traurige Szene. Die Vorgabe Alles, was man weiß, vergessen. Immer neu loslegen wie neu.    sehe ich hier nur am Rande umgesetzt. Insgesamt ein schöner Text, der mich nachdenklich stimmt, aber nicht über andere hinausragt.  

danke dir für deine Konzentration auf meinen Text. Die von dir genannte Vorgabe, ich weiß, ist dünn.




Hallo Heidi   
Zitat:
Heidi schrieb:
Die Idee ist interessant und ich finde, du zeigst gekonnt, dass sich zwischen Kind und Erzählerin, ich nenne es mal, seelisch/geistig etwas abspielt. Das lasse ich als Niemandsland gelten. Allerdings fehlt mir etwas, nicht unbedingt eine Aussage, sondern eher so etwas wie eine Andeutung dessen, was die beiden verbindet, was mit dem Kind anders ist, was es damit auf sich hat, dass ausgerechnet die Erzählerin dieses Anderssein wahrnimmt. Durch die kalten Hände, den viel zu erwachsenen Gesichtsausdruck machst du Andeutungen, die auch in Richtung Horror gehen könnten. Der Schluss bleibt aber offen, was nicht unbedingt schlecht sein muss, aber der Text wirkt auf mich so, als hättest du selbst nicht so recht gewusst, wohin damit und deshalb oben genannte Punkte offen gelassen.
Dazu kommt noch, dass du das Motto überhaupt nicht miteinbezogen hast. Zumindest wüsste ich nicht, an welcher Stelle hier jemand immer wieder wie neu loslegt.
Ich schätze, es wird keine Punkte geben, aber mal gucken. Zum Trost kann ich dir aber sagen, dass das Bild des Kindes und die Verwirrung deiner Erzählerin mir nicht so schnell aus dem Kopf gehen werden.

Nein, um Horror soll es nicht gehen. und doch ja, ich habe gewusst, warum der Text offen bleiben soll.
Aber es ist mir nicht gelungen, meine Absicht dir verständlich zu machen. Deine Rückmeldung hilft mir, hoffe ich, meine Schwachstellen zu erkennen. Danke dir dafür.




Hallo Oktoberkatze   
 
Zitat:
Thema: seh ich gut umgesetzt
Motto: seh ich bei anderen Texten deutlicher umgesetzt
Inhalt: irgendwie erschreckender, aber gleichzeitig auch berührender Text
Fazit: gern gelesen, auch wenn es leider nicht für Punke gereicht hat

Danke, Oktoberkatze, für deine Mühe und für das Spüren des Erschreckenden und Berührenden, auch wenn es für dich nicht einzuordnen geht. Etwas Wesentliches meiner Geschichte ist mir bei dir gelungen, auch, wenn ich die Aufgabe nicht ganz erfüllen konnte.




Hallo tronde   
 
Zitat:
Eine bewegende Geschichte, starke Bilder. Das Thema ist mir allerdings zu fern, die Gedanken am Anfang, die im Niemandsland des Schlafens kommen, sind für die eigentliche Geschichte nicht wichtig. Und dass das Kind in einem inneren Niemandsland lebt, ist eine Behauptung des Erzählers. Und das Motto finde ich auch nicht so recht.
Grade so keine Punkte am Ende.

Danke für deinen Eindruck. So unterschiedlich ist die Sicht auf metaphorisches Niemandsland. Das mit den Gedanken vor dem Einschlafen ist mir wichtig, es geht um die Prota. Doch finde ich auch, dass der Text Mängel hat.




Hallo weltensegler   
 
Zitat:
Die Schilderung einer Situation und der Interpretation des Erlebenden. Für mich fehlt leider der Bezug zum Thema und ich weiß auch mit der Geschichte nicht so recht etwas anzufangen. Das Bild des Kindes sehe ich stark vor mir, aber darüber hinaus finde ich keinen Zugang...

Danke dir trotzdem für deine Mühe. Mir ist jeder Leseeindruck wertvoll.
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:05

von rieka
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Hallo firstoffertio,   
Zitat:
Wie viele Worte es braucht, um ein kurzes Erlebnis zu beschreiben, zu reflektieren, zu erzählen.
Das ist hier sehr gut gelungen. Ich werde beim Lesen zur Protagonistin.
Thema und Vorgaben sind für mich umgesetzt.
Das Niemandsland ist einerseits diese Zeit vor dem Einschlafen, andererseits dieser Moment der Begegnung mit dem Kind, zwei sich Fremde in der Straßenbahn. Die Art, wie mir das erzählt wird, ist ruhig, und doch intensiv.
Das von Vorn beginnen sehe ich darin, dass das Erlebte nun reflektiert wird.

Deine Antwort schätze ich besonders. Ja, so habe ich es gemeint. Mit alldem, was hinter dieser schlichten Szene an Empfindungen, Gedanken und Bedeutungen dahinterstecken kann.
Ich freue mich, dass es bei dir angekommen ist. Ich bin noch so unausgereift in meiner Schreibe und mir oft gar nicht sicher, wieweit meine Absicht gelingt. Deine Zuschreibung >ruhig und doch intensiv< geht runter wie Öl.
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:08

von rieka
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Hallo hobbes,    
mit dieser Antwort von dir habe ich gerechnet. smile Ich vermute, das wirst du auch in Zukunft bei meinen Texten so schreiben. Ich habe bei selbst gleichen Szenen sicher andere Hintergrundthemen. Mit äußerer Action habe ich es nicht so, mehr mit inneren Empfindungen in der alltäglichen Realität. Es muss nichts passieren, es ist schon passiert. Ob mir mein Vorhaben gelingt, ist eine andere Frage.
Und obwohl deine Hintergrundthemen nicht meine sind und ich nie so schreiben werde wie du, ganz abgesehen von deinem Können, ich finde deine Texte und damit deinen Schreibstil einfach toll.
Dann schreibst du
Zitat:
also das Sprachliche reißt es leider auch nicht raus.  

Ja, was meine Schreibe angeht, bin ich trotz meines Alters, nun ja, inzwischen zwar keine Grundschul-Schülerin mehr, aber doch noch feste auf der Schulbank. Schade, dass dir meine Themen fremd sind, könntest mir sonst Tipps geben, wie ich meine Geschichten mit meiner Intention geschickter und stilistisch besser umsetze. (Nee, Scherz natürlich)
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:09

von rieka
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Hallo Babella,   
Zitat:
Eine kurze, zufällige Begegnung. Ein kleines Kind, das mit dem Leben zu kämpfen hat, vielleicht, und, vielleicht, in der Erzählerin eine mögliche Rettung sieht. Diese ist schon etwas älter und kennt den rätselhaften, ins Nichts gerichtete Blick, den Menschen haben, denen das Leben nichts mehr zu geben hat. Sie will etwas tun, kann aber nicht, und bleibt mit ihrem Schuldgefühl allein.

Sehr eindringlich geschrieben, nimmt mich mit. Wer so schaut, ist im Niemandsland gelandet: So verstehe ich den Bezug zur Aufgabe.

bei dir brauche ich gar nicht viel sagen. Selbst dieses >vielleicht< ist dir deutlich. Danke dir. Fürs Mitgehen und für die Anerkennung.
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:20

von rieka
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Hallo Literättin,   
An meinem Text sehe auch ich eine ganze Menge Kritik, wie könnte das anders sein. An z.B. meinem Stil, an Unfertigkeiten, Plattheiten etc. Angefangen mit einem, wie ich selbst finde, gestelzten Einstieg, den schwarzen Augen etc.
Deine Einwände erschließen sich mir jedoch nicht.
Zitat:
Literättin schreibt:
Im Kern hätte das eine durchaus spannende und berührende Szene werden können, denn die Ausgangssituation, das Bild vom leblos wie erstarrten Kind in der Bahn, das bindungslos in seiner karre hockt und sich dann doch noch auf eine Berührung einlässt, das ist wohl keine alltägliche Geschichte und auch keine, die einem bereits x-mal in der Literatur begegnet ist - mir wenigstens nicht.  

Es geht mir nicht um Spannung, sondern um die Empfindung, die hier angerissen wird. Sowohl in der Frau als auch die Vermutete im Kind.
Zitat:
Literättin schreibt:
Dennoch scheitert sie meiner Ansicht nach, weil die dem Kind zur Seite gestellte Protagonistin sich eigentlich nur um sich selbst zu drehen scheint….    

Ja, es dreht sich um sie, aber wo liegt darin das Problem, wenn man es nicht moralisch bewertet, sondern als innere Momentaufnahme der Protagonistin sieht. Als Moment, der in der Prota etwa auslöst.
Zitat:
Literättin schreibt:
…  auch diesen winzigen Hoffnungsfunken des Kindes "missbraucht" um sich einerseits als die Hoffnungsbringerin zu fühlen und andererseits sich dafür masochistisch zu geißeln. In jedem Falle scheint sie sich über die Rabenmutter zu erheben und weiß letztlich doch nicht, ob sie nicht nur Zeuge eines einzigen "doofen" Momentes in einer ansonsten guten Beziehung war und sie stellt sich selbst in dieser Hinsicht auch nicht wirklich in Frage.  

Ist das so? Tut sie das? Woher weißt du das? Woraus entnimmst du das?
Zitat:
Literättin schreibt:
Den Neubeginn, den sehe ich im Text nicht und ja, die Bahn, das Niemandsland ... okay.

Mich überzeugt das nicht. Zumindest nicht in diesem ununterbrochenen Kreisen der Protagonistin um sich selbst.

Literättin, verstehst du etwa die Bahn als Niemandsland? Jetzt bin aber verwirrt.

MoL hat mich gebeten, ihr zu sagen, dass, was das Kind angeht, alles gut wird. Meine Antwort:
Zitat:
Ja….. was das Kind angeht!?  Ob alles gut wird?
Woher soll die Prota das wissen. Sie weiß ja noch nicht einmal, was mit dem Kind wirklich los war. Sie weiß nicht, was mit der Mutter los war. Vielleicht war alles nur eine Momentaufnahme, hinter die sie doch gar nicht schauen kann.  Aber die Prota hält alles Mögliche für möglich. Im Übergang vom Wachsein zum Schlaf bricht Manches hervor. Was ist Wissen, was von dem, was geschieht, gehört zur inneren Realität, was ist äußere Wirklichkeit. Was von dem, was die Frau sieht, kommt aus der Erfahrung des Tages, was aus dem Unbekannten in ihr.
Ja, was ist mit dem Kind? Es ist möglich, dass …..

Verstehst du? Es geht mir nicht um das Geschehen, nicht um Spannung, Thriller etc.. Das Geschehen soll nur Transportmittel sein. Es geht mir um diese Gefühle, die offene Situation, hauptsächlich hilfloses Ausgeliefertsein. Mag sein, dass es mir nicht gelingt. Bei dir ist es mir ganz klar nicht gelungen. Woran es liegt, werde ich schon noch erkennen.

Danke für deine Rückmeldung. Ich werde darüber wohl noch eine Weile grübeln müssen. Aber genau da wo es hakt und öst (neue Wortschöpfung von mir Very Happy ) lerne ich am meisten.
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:22

von rieka
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Hallo Lapidar   
 
Zitat:
Eine sehr berührende Erzählung. Das mit dem Niemandsland erkenne ich,  das sich immer wiederholende, da musste ich eine Weile drüber nachdenken. Es ist nicht zentral, sondern rahmt die Geschichte ein.

Es freut mich, dass es dir gefällt. Du hast es getroffen.
Ich weiß nicht, wie es dir geht. Ich sehe eine Geschichte, baue sie aus, sie verzweigt sich beim Nachdenken in immer mehr Aspekte und am Ende reicht die Zeit nicht. Eigentlich ist jede Geschichte unfertig. Aber vielleicht ist das gerade der Reiz.
Der Leser belegt sie mit dem, was er erkennt. Das ist sehr unterschiedlich. Der eine erkennt die Intention. Bei dir ist sie wohl angekommen. Danke für deine Aufmerksamkeit und deine Anerkennung.
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rieka
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Beitrag19.12.2016 21:24

von rieka
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Hallo V.K.B.   
 
Zitat:
Erst einmal vorweg, ich finde das eine ganz tolle Geschichte, die unter die Haut geht. Gern würde ich dem Text die Höchstpunktzahl geben, aber leider fehlt mir das Motto fast völlig. Das Vergessen und Neuanfangen. Ich kann es reininterpretieren, man vergisst solche verstörenden Ereignisse und fängt diesbezüglich neu an, muss man ja, wer sich zuviel Empathie leistet wird wahnsinnig in dieser Welt. Aber ich sehe da keine bewusste Entscheidung des Protagonisten. Ich möchte hier Punkte vergeben, viele Punkte, aber sehe mich gezwungen, zwei Texten den Vorrang zu lassen, in denen ich die Vorgaben deutlicher umgesetzt sehe.

Mein zweites Kind ist übrigens auch gerade in diesem Alter, von daher sprechen hier vielleicht auch eher die Hormone (ja, das geht nicht nur Müttern so, sondern auch Vätern). Nüchtern betrachtet sind da einige Fehler drin, die den Lesefluss bremsen. Geht also nicht als Favorit durch, sorry.

Trotzdem trifft dein Text einen Nerv. Ich habe beruflich auch öfter mit vernachlässigten Kindern und Jugendlichen zu tun, und kriege immer wieder einen Hass auf solche Eltern. Die sich nach außen hin als tolle Familie geben, aber das selbstverständliche Versprechen ihren Kindern gegenüber, sich um sie zu kümmern und für sie da zu sein, nicht einlösen (so interpretiere ich jedenfalls den Titel). Sei es, weil sie den ganzen Tag mit Alkohol, Drogen oder Pornokonsum beschäftigt sind oder weil sie nur mit sich selbst und ihrer Fremdwirkung beschäftigt sind (kommt durchaus auch in reicheren Gesellschaftsschichten vor). Ich bleibe mal beim Thema Vernachlässigung (ist schlimm genug) und folge keinen dunkleren Gedanken, dass das Kind in deiner Geschichte vielleicht sogar misshandelt oder sexuell missbraucht werden könnte. Emotionale Kälte und Vernachlässigung reicht schon völlig aus, einen Menschen kaputtzukriegen.

PS: Kennst du eigentlich den Film "The Tall Man"? Könntest du interessant finden. (https://de.wikipedia.org/wiki/The_Tall_Man_%E2%80%93_Angst_hat_viele_Gesichter) Aber nicht vorm Anschauen die Plotzusammenfassung lesen, das nimmt dem Film jegliche Spannung und Überraschungsmomente, die es reichlich gibt. Verdammt, je mehr ich über diese Grundidee nachdenke, desto besser finde ich sie.  

Nach langer Überlegung, ewigen Vergleichen, alles vergessen und immer wieder von vorne beginnen wie neu, meine endgültige


Danke dir, V.D.K. für deine ausführliche Antwort und dafür, dass du dich auf die Geschichte eingelassen hast. Deine Gedanken dazu sind mir viel mehr wert als die Punkte. Nicht dass ich mich nicht sehr darüber freue. Vielen Dank auch dafür.
Aber ich sehe mich selbst in meinem Schreiben noch als ungeschliffen an, erlebe hier viele Teilnehmer mit langjähriger Schreiberfahrung und weitem Können, so dass unter ihnen keine Punkte zu bekommen für mich noch keine Abwertung sind.
Interessant finde ich, was du zu deinen Eindrücken aus deinem Beruf sagst. Sowas macht empfindlich, nicht wahr? Ich hatte mit Erwachsenen zu tun, die ja selbst mal Kinder waren.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag19.12.2016 21:26

von rieka
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Hallo Michel   
 
Zitat:
Einlassen auf ein seltsames Kind. Einlassen ertragen.  
Erinnert mich stark an eigene Straßenbahnfahrten, die Atmosphäre dieses stinkenden Zwischenreichs ist fabelhaft eingefangen. Der Erzählton reißt mich gelegentlich heraus, ohne dass ich einen Finger drauf legen könnte, wirkt vielleicht stellenweise etwas betulich, was den nächtlichen Reflexions-Singsang bricht. Die Grundidee - einmalige, deshalb so wertvolle Begegnung - ist nicht neu, aber erzählenswert. Gefällt mir.


Mit deiner Formulierung „einlassen ertragen“ hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Geschichte hat ja keine Antworten und keine Lösung. Es ging mir um diese emotionalen Momente. Das scheint bei dir angekommen zu sein. Das freut mich riesig.

Die Rückmeldung, betulich zu schreiben, höre ich hier öfter. Den einen oder anderen aus dem Forum scheint dies geradezu zur Weißglut zubringen bzw. zum sofortigen Ausstieg aus dem Text. Bisher ist es mir aber noch nicht gelungen, diese Betulichkeit ausreichend zu lokalisieren und zu eliminieren. Es muss ja wohl was in meinem Denken sein. Ich komme hoffentlich noch dahinter, es wiederholt sich zu oft.

Danke für diese ausführliche Rückmeldung. Ja, für die Punkte auch.

.
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6154
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag20.12.2016 00:13

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Zitat:
Danke dir, V.D.K. für deine ausführliche Antwort

 lol Ich bin doch kein großer Sozialverband, nur ein unbedeutender Schreiberling mit (Pen-)Name Veith Kanoder-Brunnel, V.K.B.


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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rieka
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Beitrag20.12.2016 00:22

von rieka
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Danke dir, V.D.K. für deine ausführliche Antwort

 lol Ich bin doch kein großer Sozialverband, nur ein unbedeutender Schreiberling mit (Pen-)Name Veith Kanoder-Brunnel, V.K.B.

Au weia Shocked da sieht man mal, wie hulle im Hirn ich schon bin. Kopf an die Wand Sich kaputt lachen
Es bleibt kein Buchstabe mehr da, wo er hingehört. rotwerd

Lieber Veith Kanoder-Brunnel. Ich hoffe du verzeihst mir deine Entpersönlichung.
Ich geh jetzt schlafen und hoffe, bis morgen habe ich alles wieder richtig zusammen gesetzt. smile
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Literättin
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Beitrag20.12.2016 11:16
Re: Leeres Versprechen
von Literättin
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Liebe Rieka, ich will gerne versuchen, deine Fragen zu beantworten, ich hoffe, ich verliere sie dabei nicht aus dem Kurzzeitgedächtnis, während ich deinen Text noch einmal durchgehe und ich hoffe, ich kann dabei am Text rüberbringen, was ich meinte und meine. Ich färbe dabei einiges ein:

rieka hat Folgendes geschrieben:
Immer ist es das Schweigen in der Nacht, das mir die Plattform bietet für all die Bilder, die der Tag zurückgelassen hat. Bilder, die, ob wohltuend oder bitter, unsortiert als Gefühls- und Gedankenblitze mein Schlafen stören. Die ihren Platz finden wollen in der nicht fassbaren Landkarte dessen, was mein eigenes Leben ausmacht. Wie Heimatlose stehen sie vor dösiger Wahrnehmung und fordern Einlass.
Augen sind es. Schwarze Augen die jetzt nicht weichen wollen. Schwarz und unerbittlich. Wehrlos und rätselhaft. Unergründlich in ihrer Aussage, unklar Fragen aufdrängend.

Dieser erste Absatz hat für mich im Ansatz etwas vom Gedankenstrom, bleibt dafür aber erst einmal in allgemeinen Erklärungen hängen, wie ein solcher am Abend einsetzt. Ich bin zwar sofort mitten in den Gedanken der Protagonistin, sie erreichen mich aber kaum, weil sie so "allgemein" bleiben. und direkt im Anschluss beginnt der innere Vorgang des inneren Bewertens, der - ich sage es mal platt und unprofessionell - literarisch nicht gut tut. Mir fehlt es hier an erzählerischer Distanz, die Raum lässt für eigene Empfindungen beim Lesen. Mir wird jeder einzelne Gedanke vorerzählt und in jedem Gedanken steckt auch gleich die Bewertung desselben und diese Bewertungen, das Hin und Herwenden erst vom Allgemeinen, dann ins Konkrete und schließlich ins angekündigte Geheimnis, das lässt mir als Leser keinen Raum, sondern es pflanzt eine Protagonistin in meinen Kopf, die um sich selbst kreist und ich denke: hm, die ist mir jetzt schon zu viel in dieser Eigenart alles und jedes zu bewerten. Das ist in etwa, wie wenn ich ein Bild betrachte, das sich mir quasselnd erklärt: "Hier, ich bin der Schrei, was ich dir in diesem oval gezerrten schwarzen Loch und den aufgerissenen Augen im gezerrten Schädel begreiflich machen will und die expressive Pinselführung, die drückt aus, dass ..." (Mir ist klar, dass der Vergleich hinkt, aber vielleicht ahnst Du so besser, was ich meine?
Eine [color=orange]alltägliche Fahrt in der Straßenbahn. Scheppern, metallenes Kreischen, Gedränge, stickige Luft. Müde, gehetzte Menschen, die ihre Blicke in innere Fernen richteten. Wenige in Gespräche vertieft.[/color]

Hier wird es für mich spannender, wobei das Orange eine Bewertung bereits wieder enthält. Dennoch: es wird spannender, weil ich mehr Raum habe zu sehen, was mir da gezeigt wird. Hier habe ich die Bahn auch als Niemandsland identifiziert: Ein Ort, der ein Zwischenraum ist, an dem man so zwischen hier und dort hängt, meist mit leerem Blick und leeren Gedanken, keiner, an dem man sich niederlässt und lebt.
[color=orange]Gut, dass ich noch einen Platz erwischen konnte, zwar direkt gegenüber dem Eingang gelegen, unruhig war es hier, doch ich war froh, sitzen zu können.[/color] Hier bewertet sie sofort wieder. Der Kinderwagen, ein Sportbuggy, wurde vor meine Knie geschoben.
Faszinierend, diese High-Tec-Fahrzeuge. Hätte da z.B. nur gestanden: Eines dieser High-Tech-Fahrzeuge, wäre sofort ein Bild da und gleichzeitig Raum, es selbst irgendwie zu finden, dieses High-Tech-Fahrzeug. Ich kenne sie noch, die alten schweren Kästen, die voluminösen Wiegen mit den kleinen Rädern, für die man Kraft brauchte, sie über holprige Wege zu zerren. Wie schwerelos, wie schwebend wirken diese Kinderwagen dagegen heute. Dem Kind darin wird dies gleichgültig sein. Hauptsache, es hat es warm, weich und trocken. Hauptsache es ist geborgen.

Und sie sieht, beobachtet und wertet die ganze Zeit weiter, auch das Kind, das mögliche Innenleben des Kindes, das verhalten der Mutter wird von ihren Gedanken und Bewertungen besetzt. Und das finde ich für Literatur eher ungünstig. Sie, die Protagonistin hat für mich als Leser alles schon parat. Und das auf eine nicht wirklich sympathische Art, obwohl sie in der gleichen bewertenden Art auch sich selbst runtermacht.
Die Mutter des Kindes, eine lebhafte Frau. Ob es ihre Freundin war, mit der sie so angeregt plauschte? Ihr Mund stand nicht still. Dieser Satz z.B. klingt für mich nach recht hässlichem Nachbarschaftstratsch - ich glaube, diese Formulierung war in den Sechzigern sehr gängig, wenn gegen unliebsame Nachbarinnen gehetzt wurde, jedenfalls löst er diese Assoziation bei mir aus. Ihre Aufmerksamkeit konzentrierte sich ausschließlich auf ihr Gegenüber eine ähnliche Wertung / Interpretation des Innenlebens der beobachteten Personen, alles weitere Geschehen um sie herum schien ausgeblendet.Und hier denkt sie zwar in Möglichkeiten (schien ausgeblendet) aber sie stellt es gleichzeitig in den Raum, als Wertung, als Interpretation. Es wird mir als Leser so serviert, ich habe die Frau also auch so zu sehen: Kein Raum dafür, dass sich etwas in mir entfalten kann, stattdessen beginnt mich die Protagonistin irgendwie zu nerven mit ihren ständigen Interpretationen. Auch im Folgenden: Sie erstaunt mich immer wieder, diese passive Abgrenzung, die wir Menschen uns schaffen. Und sie kommt zudem noch ins "Wir", als wüsste sie gleich über alle Menschen Bescheid. Ein "literarischer Übergriff" sozusangen. Wie Inseln, wie treibende Schilfbündel auf einem Gewässer, kommen sie mir vor, Menschen in der Bahn, isoliert voneinander. Selbst wenn wir aneinanderstoßen, immer allein, oder, wie diese Mutter, in einem eigenen Kokon. Möglicherweise ist dies nur meine Interpretation solcher Situationen. Sicher bin ich mir nicht. Aber kenne ich es nicht so von mir? Einen Sitzplatz finden, zurücklehnen nach einem langen Arbeitstag, alle Sinnesorgane auf Aufnahmestopp stellen und in den Dösen-Modus fallen bis mit der Durchsage der eigenen Haltestation alle Funktionen erneut auf Aktion umspringen.

Schwarze Augen hatte es, das Kind im Buggy. Dunkel wie diese heutige Nacht, die diese Bilder des Tages weckt, sie hervorzerrt und mich zwingt, sie zu ergründen. Seine Augen drängen sich mir auf.

Hier beginnt sie, die Begegnung, die spannend werden könne, die aber durchdrungen ist vom Beobachten-Durchdenken-Bewerten-Teufelskreis bei dem ich als Leser mich immer stärker frage: woher will sie das alles wissen? Und wenn sie sich einmal selbst in ihrem "Allwissen" in Frage stellt, dann kreist sie selbst hiermit noch um sich, während ich als Leser das Kind eigentlich viel spannender finde (allerdings nicht im Sinne der moralischen Rabenmutter-Vorführung).
Ungefähr zwei Jahre alt mochte es sein, vielleicht auch zweieinhalb. Junge oder Mädchen? Ich konnte es nicht erkennen. Das Kind verhielt sich anders, als ich es bisher erlebt habe. Es ließ sich meine Beobachtung gefallen, hielt sogar den Blickkontakt, Hier das z.B. das ist mir alles so fraglich: Lässt es sich die Beobachtung gefallen? Vielleicht ist es gedanklich ja völlig woanders und nimmt die Prota nicht einmal wahr, und dann dieses [i]sogar, wieder diese Wertung, ist es ein "toll, es sieht mich an?" Und bereits da sehe ich das (ich weis, zu starkes Wort, aber ich habe kein anderes) leise "missbräuchliche", weil dieses sogar auf die Protagonistin zeigt, die sich hier mehr für ihre eigenen Gefühlsbedürfnisse interessiert, als für die des Kindes.[/i]  zeigte jedoch keinerlei Reaktion. Dieser blaue Satz ist einer der wenigen, die nicht im Sinne der Protagonistin wertet. Da war nichts von der begeisterten Aufmerksamkeit, mit der Neues und Fremdes begrüßt wird. Aber hier geht es sofort wieder weiter mit der Bewerterei, wie es zu sein hätte, normalerweise. Da gab es nichts von dieser Spannung in dem kleinen Körper, die ich sonst kannte bei solchem jungen Leben, nichts von dem sich Strecken, dem Zappeln, dem Aufsaugen der für es noch abenteuerlich neuen Welt. Es lag still wie eine Puppe.
Seine Augen, die zu mir ausgerichtet waren, wirkten müde. Nicht schlafmüde. Es kämpfte nicht mit zufallenden Augen. Es war wach und wirkte trotzdem müde, traurig müde, schwer müde, ohne Aussage. Kam dieser Eindruck wirklich ausschließlich von seinen Augen, oder wurde diese Wahrnehmung durch sein Gesicht bewirkt? War auch das es nicht? War es die Reglosigkeit, mit der es den Kontakt zu mir hielt? Ich weiß, es sind hier wohl eher präzise Beobachtungen gemeint, auch Mühe zu verstehen in der Protagonistin, die zu ergründen versucht und dennoch: Unterm Strich ist mir hier längst klar, dass sie sich sehr viel weniger für das Kind interessiert, als viel mehr für sich selbst. Es hat etwas Selbstgerechtes und im Kanon all ihrer Bewertungen und wertenden Beobachtung der Mutter, scheint sie sich (vor allem im Zusammenspiel mit dem Titel) in dieser Situation als die Überlegene, die empathische, die die hinsieht zu fühlen und zu präsentieren. Die Mutter, das hat sie oben ja schon festgestellt, interessiert es ja nicht. Das Fehlen eines Lächelns, das Fehlen von Neugierde? War es Ernst, das es ausstrahlte? Oder war da, schlimmer noch, Erwartungslosigkeit in seiner Haltung?
Woher kenne ich diesen Ausdruck. Ich habe sie manches Mal gesehen, diese Öde, in der keine Freude, keine Lust, kein Zorn, keine Angst, keine Verzweiflung mehr ist. Eine ganz entschiedene Bewertung: sie sieht das Kind durch die Brille der eigenen bewertenden Gefühle hindurch und legt somit die Gefühlswelt des Kindes für den Leser fest, wogegen ich mich als Leser sträube.Oft habe ich diesen Blick gesehen. Als Kind hatte ich ihn gesehen, bei einem Onkel. Spätheimkehrer war er gewesen. „Warum schaut er so seltsam“, hatte ich meine Mutter gefragt. „Er schaut ja nirgendwo hin? Er sieht doch nichts wirklich an?“ „Lass ihn, das verstehst du noch nicht.“ Gesprächig war sie nicht, meine Mutter.
Diesen Blick oder vielmehr Nicht-Blick trug auch mein Nachbar nach dem Tod seiner Frau. Ein Jahr später starb auch er. Er war schon neunzig, seine Zeit war gekommen.
An eine Schulkameradin erinnere ich mich, Außenseiterin in der Klasse. Ach, eigentlich gab es Viele, bei denen ich diesen Ausdruck sah, aber man gewöhnt sich daran und nie kamen diese nicht verorteten Blicke mir sehr nah.
Hier wird der Erfahrungshintergrund benannt, vor den sie dieses Kind setzt und es wird hier eine ganze tragische Bandbreite aufgeblättert von Krieg und Sterben, von Ausgerenztsein und da mitten hinein setzt sie das Kind und lässt einen mutmaßen: Es muss wirklich schlimm um dieses Kind stehen. Jetzt soll ich als Leser aber auch genau das empfinden: Dieses Kind sitzt in einer Hölle. Die Protagonistin hat es mir beweisen, abgeleitet, vorgerechnet. Für mich funktioniert das nicht, ich verspüre immer mehr Unmut über die Protagonistin, die zwar vorgeblich nur präzise wahrnimmt, aber alles gleichzeitig bewertend festlegt und sich dabei sehr wichtig nimmt. Sie beobachtet, sie bewertet, sie entscheidet und sortiert ein, obwohl sie alles auch immer wieder mit Fragezeichen versieht. Es wirkt in etwa so, wie wenn eine Nachbarin fragt: "Dieses Kind, es muss wirklich arm dran sein, bei dieser Mutter! Fürchterlich nicht? Und sieh, wie es mich ansieht!"Doch, manches Mal habe ich ihn gesehen. Aber bei einem Kind, einem so kleinen Kind? Ein Kind, gesund und gepflegt aussehend, hübsch angezogen, in einem schicken Buggy liegend?
Sein Verhalten, seine Ausstrahlung beschäftigen mich. Ich fühle mich nicht wohl.

Ich fühlte mich in der Straßenbahn nicht wohl. Ratlosigkeit kroch in mir hoch. Unbestimmte, unklare Gedanken, Fragen, die noch keine waren, Unsicherheit. Eng wurde mir ums Herz.
Ich lächelte das Kind an, streckte ihm meine offene Handfläche entgegen, fragte mich, ob es sich bewegen, danach fassen würde. Eine Weile veränderte es seine Ausdruckslosigkeit nicht, wandte sich auch nicht ab, schien zu warten. Und an dieser Stelle finde ich sie übergriffig, also "missbräuchlich", den sie will ja nur wissen, ob das Kind sich auf sie einlässt. Bei einem Erwachsenen, der leer vor sich hin stiert, würde sie so etwas niemals tun. Aber dieses Kind, jenseits des Aufmerksamkeitsradius der Mutter, samt Freundin, das bietet sich als "Opfer" für ein solches "Kontaktangebot" an, es wird nicht laut fragen: "Ey, was soll das?", oder "Was willst Du von mir?", es ist ja klein und leer und Opfer und es regt sich nicht. Und so, wie es lebhafteren Kindern oft passiert, dass sie angequastscht, getätschelt und mit Reden überhäuft werden, ob sie wollen oder nicht, so geschieht dies hier in der vermeintlich empathischen, sanft, zurückhaltenden Version, die mir aber vom Kern her genau so daherkommt, wie eine lautere, lebhaftere Tätschelszene in der Erwachsene Kindern gegenüber ihre eigenen "Kontaktbedürfnisse mit dem "Wehrlosen"" stillen. Es ist diese um einen Milimeter verschobene Perspektive, die mich stört: Für mich ist das Kind die eigentliche Hauptperson, aber ich will es nicht diesem um-sich-selbst-kreisenden Blick der Protagonistin ausgeliefert sehen. Da sträubt sich was in mir. Was mag in seinem Köpfchen vorgegangen sein? Welche noch wortlosen, vielleicht auch bildlosen Szenen mochten in ihm hin und her flirren. Regte sich überhaupt etwas in ihm, war es nicht vielleicht still? Zu still? Wartete es vielleicht wirklich auf nichts, wie mir meine inzwischen aufgewühlte Vorstellungskraft einflüsterte?
Ich begann flacher zu atmen, wie ich es häufig tue, wenn Anspannung und Beklemmung sich in mir breit machen.  
Plötzlich, ein kleiner Ruck. Das Kind griff nach meiner Hand, zögernd, umfasste vorsichtig meine Fingerspitzen, dabei unverwandt mein Gesicht festhaltend. Seine Mimik veränderte es nicht. Dann nach einem kurzen Moment schlüpfte sein kleines Händchen unvermittelt ganz in meine große Hand.   Und da ist es, was mich stört: "sein kleines Händchen" ... "ganz in meine große Hand". Und direkt im Anschluss hat sie "moralisch gewonnen": Sie hat die erwartbare Bestätigung und sie erschrickt sich doch. Nur weshalb? Wie oft haben kleine Karrenkinder kalte Finger? Andauernd. Was nimmt sie aber da für sich in Anspruch? Sie, die große, die warme Hand. Und nun erschrak ich. Die Hand des Kindes war kalt und feucht. Trotz der warmen Witterung war sein weiches Kinderhändchen kalt und feucht. War es etwa krank? Blass war es nicht. Fiebrig sah es auch nicht aus, seine Augen waren klar.

Ich glaube ab hier, brauche ich nicht weiter aufzuzeigen.Gesichtsausdruck und Haltung behielt das Kind weiterhin unverändert bei. Auch seine Augen blieben nach wie vor ernst, doch es kam Leben in sie. Ihr Ausdruck wurde interessiert und konzentriert und sie blieben weiter unverwandt auf mein Gesicht gerichtet.   
Prüfte es mich?
Sie rührte  mich, diese unvermutete Beherztheit der kleinen Hand, die trotzdem verhalten blieb.  
„So ein kaltes Händchen.“ Ich sagte es leise und verwundert, eher zu mir, als zu dem Kind.
Im nächsten Moment schlüpfte seine Hand tiefer in meine und ich spürte, wie die Wärme meiner Hand in seine floss.
Jäh geschah eine auffallende Veränderung. Der Griff des Kindes wurde fest. Unvermittelt verstärkte es seinen Händedruck mit einer Kraft, die ich einem solch kleinen Geschöpf nicht zugetraut hätte und ich erschrak erneut.
Und es ließ nicht mehr los.

Mich verwirrte die Entschlossenheit der kleinen Hand. Bei alledem blickte das Kind mich weiter an. Über sein Gesicht glitt ein zaghaftes Lächeln, seine Augen banden mich, bekamen ein schwaches Leuchten.  
Es regte sich nicht, zeigte nach wie vor nichts von dem lebendigen Schäkern und Ausprobieren, das Kleinkindern oft eigen ist. Es blieb nur dieser bindende Blick und dieser feste Griff.
Ich weiß nicht, was ich in diesem Moment gefühlt oder gedacht habe. Ich weiß lediglich, dass ich mich diesem Blick und diesem Griff überließ. Jetzt war ich es, die die Welt in dieser Bahn um mich herum verlor. Ich war nur zusammen mit diesem fremden Kind.

Dann kam die Haltestelle, an der die Mutter sich zum Aussteigen bereit machte. Äußerst vorsichtig löste ich meine Hand aus dem festen Griff des Kindes. Ängstlich war ich, wollte das Kind nicht verletzen mit einer heftigen Bewegung und war mir in diesem Moment doch bewusst, dass ich auch durch sanftes Entziehen verletzend sein könnte.
Die Mutter packte den Wagen und zog ihn durch die Tür, ohne ihr Gespräch mit ihrer Bekannten zu unterbrechen.
Nun, im Entfernen, begann sich das Kind zu regen. Es streckte seine Arme nach mir aus und begann zu rufen. In kurzen Sätzen. Ich konnte seine Worte nicht verstehen, aber es hörte nicht auf zu rufen und seine kleinen Sätze zu wiederholen. Immer und immer wieder.
Die Mutter schaute verblüfft auf ihr Kind, schüttelte den Kopf, um sich dann abzuwenden und in ihrem Gespräch fortzufahren.  
Der Blick des Kindes blieb auf mich gerichtet, die Arme ausgestreckt, als sich die Tür schon geschlossen hatte. An seinen Mundbewegungen erkannte ich, dass es weiterrief. Mir blieb nur ein hilfloses Winken. Ich blieb betroffen zurück.

Jetzt ist es Nacht und ich bin gefangen in der Erinnerung an diesen Blick, der sich in einer Welt zu befinden scheint, in der es keinen Halt, keinen Ort gibt. Ich fühle noch immer den festen Griff dieses kleinen Händchens, höre seine Rufen und kämpfe mit Traurigkeit.
Und warum fühle ich mich schuldig.

Nur zum Schluss noch: Es hätte wirklich eine spannende Geschichte werden können - mit spannend meine ich keinen Krimi-Thrill o.ä., sondern eine spannende Beobachtung, eine spannende Begegnung zwischen diesen beiden, wäre das ganze halt nicht so durch die wertende, leicht selbstgerechte und eben leicht "missbräuchlich um ihre eigene Gefühlswelt bemühte" Brille der Protagonistin gezeigt. Das Setting, die Straßenbahn-Tristesse, dieses besondere Kind, das ist ein durchaus spannendes und interessantes Setting, das mir gut gefallen könne für so eine Alltags-Beobachtung, nur eben keine mit einer solchen Ausrichtung.
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rieka
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Beiträge: 816



Beitrag20.12.2016 12:49

von rieka
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Liebe Literättin   
Danke für deine nochmalige Mühe. Ich glaube, deine jetzige Rückmeldung wird mir eine Hilfe sein.
Wenn es dir Recht ist, vertiefe ich mich in deine Hinweise, wenn ich den Kopf ein klein wenig freier habe, also in den nächsten Tagen. Im Moment bin ich mit den Antworten noch nicht durch und dann weihnachtet es ja auch noch gewaltig. Leider kann ich selten zusammenhängend am Text bleiben.
Ich freu mich schon drauf, mich mit deinen Anregungen zu beschäftigen.
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