|
|
Autor |
Nachricht |
Flegel Erklärbär
F
Beiträge: 3
|
F 09.05.2016 10:34 Wie entwickle ich eine komplexe Thriller-Story? von Flegel
|
|
|
Huhu,
sorry schonmal, falls das hier im Forum schon hundert Mal gefragt wurde.
Wie ich bereits in der Begrüßung geschrieben habe, arbeite ich derzeit an meinem ersten Thriller. Ich habe schon viele Jahre darüber nachgedacht und habe jetzt Figuren entwickelt, die mich so sehr fesseln, dass ich ihre Geschichte auch wirklich erzählen möchte. Ich glaube, das ist erstmal das Wichtigste.
Liebe und Familienbande spielen auch eine große Rolle, aber da ich weder mich noch den Leser mit einer langatmigen Liebesgeschichte langweilen will, muss auch ordentlich Blut fließen.
Ich lese leidenschaftlich gerne Sandra Brown und Charlotte Link und möchte eine Geschichte in diesem Stil schreiben. Die ersten 40 Seiten sind eingetippt, ich weiß, wo die Geschichte anfangen und enden soll. Die Hauptfiguren wurden bereits eingeführt, auch der erste Mord ist schon passiert.
Jetzt geht es aber zur Sache. Ich habe gehofft, dass mir die zündende Idee kommt, während ich schreibe. Aber bisher weiß ich nur, wie sich die Beziehung der Figuren zueinander entwickeln soll. Was ich aber am dringendsten brauche, ist die Geschichte für den eigentlichen Thriller.
Leider fallen komplexe Mordkomplotte nicht vom Himmel. Ich möchte ja nicht, dass der Leser nach der 100. Seite weiß, wer der Mörder ist. Man braucht Wirrungen und Wendungen, und genau da komm ich nicht voran.
Deshalb meine Frage: Wie entwickelt man denn so etwas? Ich weiß, wer der Mörder sein soll und was mit den Hauptfiguren passieren soll. Aber das Wichtigste fehlt.
Hat jemand von euch Erfahrung im Entwickeln komplexer Mordgeschichten und kann mir Tipps geben, wie man da am besten vorgeht? Wo fängt man an und wie bekommt man undurchsichtige, aber logische Wendungen da rein? Je länger ich grüble, desto leerer wird mein Kopf. Dabei brenne ich so darauf, die Geschichte in die Tasten zu hauen. Mir fehlt einfach irgendwie das Know-How....
Danke schonmal;)
Liebe Grüße
Sandra
|
|
Nach oben |
|
|
SonjaB Eselsohr
Beiträge: 328
|
09.05.2016 10:40
von SonjaB
|
|
|
Uff, das ist extrem schwer zu beantworten Gerade, wenn man doch recht wenig über die bisherige Handlung hat.
Ich habe noch nicht viel Thriller geschrieben, habe aber dann immer versucht, falsche Spuren auszulegen, habe also Hinweise eingebracht, die man so oder so verstehen kann, die aber im ersten Moment den Leser dazu bringen, etwas Falsches zu denken, damit der Leser am Ende überrascht ist.
Ich würde erst ganz einfach anfangen.
Warum ist der Mord passiert? Wer ist der Mörder?
Das aufschreiben. Das ist aber nur eine Info für dich, denn der Leser soll das ja während des Schreibens herausfinden.
Dann such dir Motive und Mörder, die es eventuell auch sein könnten. Schreib die auch auf.
Schau, welche Hinweise auf beide zutreffen könnten und bau die in die Story ein.
So würde ich vielleicht vorgehen.
_________________ Eine Geschichte über Toleranz, Freundschaft und Liebe.
Eine Geschichte über das Bestehen von Herausforderungen und das Überwinden von Grenzen.
Die Geschichte von Ben und Zita.
---
Umdrehungen - Das Leben steht still |
|
Nach oben |
|
|
Flegel Erklärbär
F
Beiträge: 3
|
F 09.05.2016 10:57
von Flegel
|
|
|
Vielen Dank, Sonja, das ist wirklich hilfreich. Wenn man ja eigentlich weiß, wer der Mörder wird und warum er mordet und sich dann überlegt, wer noch in Frage kommen könnte und warum, hat man schon den ersten Schritt hin zum Auslegen falscher Fährten gemacht;)
Ich nehme an, dass genau das, wonach ich hier frage, der schwierigste Teil am ganzen Schreibprozess ist. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber mir persönlich fällt es nicht schwer, eine Geschichte einzutippen. Vllt. macht das auch mein Beruf. Aber eine komplexe Geschichte eigenständig zu entwickeln, das ist neu und sehr schwer für mich. Aber ich sehs als Herausforderung
|
|
Nach oben |
|
|
Akiragirl Dünnhäuterin
Alter: 33 Beiträge: 3632 Wohnort: Leipzig
|
09.05.2016 11:29
von Akiragirl
|
|
|
Bei mir ists genau umgekehrt
Die Geschichte entwickelt sich "nebenbei", in Tagträumen und Selbstgesprächen. Darin bin ich große klasse Aber das Ganze dann spannend und lesbar aufs Papier zu bringen ... Da können schon einige Monate ins Land ziehen.
_________________ "Man bereut nicht, was man getan hat, sondern das, was man nicht getan hat." (Mark Aurel) |
|
Nach oben |
|
|
Willy Bemmert Gänsefüßchen
W
Beiträge: 36 Wohnort: Lichtenstein
|
W 09.05.2016 12:02
von Willy Bemmert
|
|
|
Um falsche Spuren zu legen, parallele Handlungsstränge einzuflechten, verschiedene Optionen aufzubauen, dazu musst du selbst die Handlung kennen - das heißt, ein Konzept haben, was passieren soll, durch wen es passiert, warum, wie es herauskommt bzw. wie es ausgeht. Im Journalismus haben wir immer die sieben (wahlweise auch fünf) W gelernt: Wer, wann, was, wo, wie, warum, woher? Lässt sich auch auf die Belletristik anwenden.
Wie dann dein Charakter in einer bestimmten Situation reagiert - macht er sich vor Angst ins Höschen, bleibt er ganz cool, geht er zum Gegenangriff über usw. -, dass lässt sich aus der Situation heraus entwickeln. Man kennt ja als Schreiber irgendwann seine Charaktere, erfundene Namen auf dem Papier "vermenschlichen" sich, man versetzt sich in sie hinein, "lebt" mit ihnen - und schlussfolgert dann daraus, wie sie wohl reagieren würden.
Der Plot an sich muss jedoch klar sein, wenn ein stringenter, in sich schlüssiger und dazu spannender Handlungsbogen herauskommen soll.
_________________ "Diejenigen, die behaupten, Ordnung ist das halbe Leben, für die ist Ordnung in Wirklichkeit das Wichtigste im Leben, egal in welcher Situation. Und weißt du auch, warum? Weil sie nämlich sonst keine Inhalte haben, nichts, woran sie sich orientieren können!" - aus: "Modellversuch" |
|
Nach oben |
|
|
Piratin Exposéadler
Alter: 58 Beiträge: 2186 Wohnort: Mallorca
|
09.05.2016 12:08
von Piratin
|
|
|
Hallo Flegel,
sicher ist es bestimmt auch zielführend, wenn Du Dir Gedanken machst, ob es ein Thriller oder ein Kriminalroman ist, denn es gibt schon Unterschiede. Vielleicht schaust Du mal in die DSFo-Pedia: http://www.dsfo.de/dsfopedia/index.php/Thriller
Viele Grüße
Piratin
_________________ Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen. |
|
Nach oben |
|
|
Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
|
09.05.2016 12:20
von Merlinor
|
|
|
Hallo Fiegel
Was willst Du schreiben, einen Thriller, oder einen Krimi?
Beim Krimi ist es oft von Vorteil, wenn der Leser nicht weiß, wer der Mörder ist. Viele Krimis bauen darauf, dass der Leser hier ein kleines Rätselraten durchleben darf.
Beim Thriller ist das nicht unbedingt von Bedeutung. Da geht es vordringlich um Geschwindigkeit, Dramatik und Spannung und die kann man mit Plots ganz unterschiedlicher Art erreichen.
Da kann es also durchaus sein, dass der Leser den Mörder von Beginn an kennt.
Aber das nur nebenbei. Zur Plotentwicklung gibt es leider keine allgemein verbindlichen Ratschläge. Das gehen die Autoren auf ganz unterschiedliche Weisen an, da spielen persönliche Vorlieben und Denkweisen eine ganz wichtige Rolle.
Die einen müssen eine Geschichte bis ins Detail kennen, bevor sie den ersten Buchstaben zu Papier bringen, die anderen brauchen einen leeren Bildschirm, der sie vorwurfsvoll anstarrt, um den Geschichtenerfindungsapparat anzuwerfen.
Da ist kein Autor wie der andere, glaube ich.
Was ist Dein Weg, um an Geschichten zu kommen? Bist Du ein Tagträumer oder ein Konstrukteur, Ein Chaot oder ein Systematiker, magst Du es ruhig und gemütlich, oder brauchst Du einen Tritt in den Hintern, um in Schwung zu kommen?
Du weißt wer, Du weiß warum und Du weißt wohin. Das ist ein Anfang, aber auch nicht mehr als das.
Es fehlt noch die eigentliche Geschichte, fehlen Ideen für den konkreten Handlungsstrang, fehlt ein dramatischer Aufbau, fehlen die Grundlagen für Spannungsbögen, weil Du für all das noch keine Inhalte hast.
Ohne diese Inhalte gibt es nichts zu erzählen. Du hast zwar ein Gerüst, aber noch keine Geschichte und jetzt starrt der Bildschirm zurück ...
Jetzt ist also Deine Fantasie gefragt, Deine Fähigkeit zu träumen und zu Fabulieren. Versetze Dich in die einzelnen Personen der Geschichte, lass sie handeln, lass sie interagieren, im Guten wie im Bösen. Und dann schreib es auf.
Gibt es dafür Regeln? Nicht für die Geschichte selbst. Da kann Dir keiner helfen. Die musst Du Dir ganz alleine ausdenken. Erzählen darfst Du jede Geschichte, die Dir unter den Nägeln brennt.
Aber dafür, wie man eine Geschichte gut erzählt, dafür gibt es Tipps, Tricks und Ratschläge. Vieles am Schreiben ist Handwerk und kann gelernt werden. Einiges davon findest Du in den Threads dieses Forums, oder in dafür gedachten Schreibratgebern. Hier ein paar Links für im Netz frei zugängliches Informations- und Lehrmaterial: *DSFopedia: Artikelübersicht* → *DSFo: Ralphies Schreibwerkstatt* → *Autorenforum Datenbank: Schreibkurs*.
Wenn Du Dich im Netz umschaust, wirst Du noch eine Menge anderes Hilfsmaterial finden, um Dein Handwerk zu verbessern.
Man muss also nicht unbedingt viel Geld ausgeben, um sich das zum Schreiben nötige Grundwissen zu verschaffen.
Viel Spaß!
LG Merlinor
_________________ „Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“
MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942 |
|
Nach oben |
|
|
Flegel Erklärbär
F
Beiträge: 3
|
F 09.05.2016 13:21
von Flegel
|
|
|
Hallo, Piratin und Merlinor, danke für die Links. Ich werde einen Thriller schreiben. Allerdings soll trotzdem erst am Ende klar werden, wer der Mörder ist. Es sollen mehrere Morde passieren, weil auch ich solche Geschichten am liebsten lese. Einen reinen Krimi, wo am Anfang ein Mord passiert und dann 400 Seiten lang gerätselt wird, wer der Mörder ist, finde ich persönlich langweilig. Aber natürlich sind die Geschmäcker total verschieden
Um darauf zu sprechen zu kommen, was für ein Typ ich bin. Ich bin schon ein kleiner Tagträumer und auch chaotisch veranlagt. Systematische Planungen liegen mir deshalb eher weniger bis gar nicht Es fällt mir nicht schwer, Figuren zu erfinden und sie mit Leben zu füllen, so dass sie authentisch rüberkommen. Auch die Beziehungen der einzelnen Figuren zueinander und die damit einhergehenden Konflikte gehen eigentlich wie von selbst von der Hand.
Das große Problem ist wirklich, die eigentliche "Mordgeschichte" zu planen. Immer, wenn ich einen Thriller lese, bin ich sehr schlecht darin, den Mörder vorher zu erraten, und ich frage mich jedes Mal, wie zum Beispiel Charlotte Link solche Geschichten konstruiert. Schade, dass man sie nicht einfach fragen kann.
Vielleicht denke ich auch viel zu kompliziert, aber irgendwie fehlt mir da dieses logische Denkvermögen. Wahrscheinlich wäre ich viel besser für das Schreiben von Liebesgeschichten geeignet mit vielen Emotionen, aber das reizt mich persönlich einfach nicht. Ich möchte einen Roman schreiben, der von der Mischung lebt. Emotionen UND Spannung
Akiragirl, das finde ich echt interessant, dass es dir genau andersherum ergeht. Wahrscheinlich würden wir beide zusammen einen tollen Roman schreiben;) Als Journalistin bin ich es ja gewohnt, Geschichten, die eben schon vorgebeben sind, in Worte zu packen. Aber wenn ich selbst entwickeln soll, merke ich, dass mir nichts Akzeptables einfällt, so sehr ich es versuche. Wo ist nur die Phantasie geblieben, die man als Kind mal hatte? Da habe ich zwar keine Mordgeschichten geschrieben, aber generell sind mir zahlreiche Geschichten eingefallen, die ich dann aufgeschrieben habe.
Willy, du hast Recht, ich spüre, dass ich jetzt an einem Punkt angelangt bin, wo ich ein Konzept brauche. Wenn ich weiter drauf los schreibe und keinen Plan habe, wie sich der Mordkomplott entwickeln soll, werde ich vielleicht noch 100 Seiten schreiben und dann an einen Punkt kommen, wo ich merke, dass ich mich verrant habe und nicht weiterkomme. Dann alles zu löschen wäre schade.
|
|
Nach oben |
|
|
Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
|
09.05.2016 14:03
von Merlinor
|
|
|
Flegel hat Folgendes geschrieben: | ... Das große Problem ist wirklich, die eigentliche "Mordgeschichte" zu planen. Immer, wenn ich einen Thriller lese, bin ich sehr schlecht darin, den Mörder vorher zu erraten, und ich frage mich jedes Mal, wie zum Beispiel Charlotte Link solche Geschichten konstruiert ... |
Hallo Flegel
Ich glaube nicht an "Baupläne" für Geschichten, ich glaube an Geschichten.
Versetze Dich in die Haut einer Deiner Figuren. Sie will ein bestimmtes Ziel erreichen und ist skrupellos genug, dafür einen Mord zu begehen. Dann lass sie überlegen, wie sie das schaffen kann, ohne erwischt zu werden. Schon hast Du eine Basis.
Wie es weiter geht, hängt ganz von Dir ab. Auf jeden Fall brauchst Du dafür einen fetten Konflikt, um eine gute Grundlage für den Spannungsaufbau zu haben.
Nimm also eine der anderen Figuren, und verwickle sie in die Geschichte, zum Beispiel als unfreiwilligen Zeugen, oder als Ermittler, oder wie auch immer sonst. Dann lass die beiden einen spannenden Kampf um die Aufdeckung dieses Komplotts ausfechten.
Da gibt es kein Rezept, keinen Bauplan, sondern nur die eigene Fantasie ...
LG Merlinor
_________________ „Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“
MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942 |
|
Nach oben |
|
|
TZH85 Eselsohr
Alter: 38 Beiträge: 300 Wohnort: Essen
|
09.05.2016 14:10
von TZH85
|
|
|
Krimis und Thriller schreibe ich zwar nicht, aber im Grunde kann man ja jedes "Geheimnis" im Text auf eine ähnliche Art konstruieren.
Ich verlasse mich meist auf Geistesblitze beim Schreiben (oder unter der Dusche). Aber ein bisschen kann man auch mit Logik nachhelfen, finde ich. Ich arbeite da gern mit der Methode: ganz viel an die Wand werfen und schauen, was kleben bleibt.
Z.B. wenn man sich auf die Ziele der jeweiligen Figuren konzentriert. Warum bringt Antagonist A Figur F um? Was hat A davon? War es ein Verbrechen aus Leidenschaft, aus Gier, aus Berechnung?
Sagen wir mal "Gier". A tötet F, weil F etwas besitzt, das rechtmäßig A zusteht.
Als nächstes würde ich mir ein paar Mordszenen einfallen lassen und mich auf die interessanteste Methode einschießen. Ich würde die Szene einfach schreiben und so tun, als hätte ich schon eine feste Geschichte dazu. Meinetwegen sogar mit mysteriösen Andeutungen in den Dialogen, die ich selbst nicht ganz entschlüsseln kann.
Dann hab ich eine Szene, in der vielleicht sogar schon Figuren erwähnt werden, die ich noch gar nicht erfunden hab. Der nächste Schritt wäre dann: Was tut A, um den Mord zu vertuschen und wer würde am meisten profitieren, wenn alles ans Licht kommt. Das könnte dann der provisorische Protagonist P sein.
Ich mach dasselbe mit ihm - schreibe ein paar Szenen, als ob ich mitten im Roman wäre. Z.B. den Moment, als P vom Tod von F erfährt. Oderr eine, in der er A verdächtigt. Meist kommen dann wieder neue Details dazu, die mir bei der Mordszene noch gar nicht eingefallen sind.
Also die erste Szene überarbeiten und anpassen. Das ganze wiederhole ich ein paar Mal und dann hab ich meist schon genug Ideen für den Plot und ein paar Nebenhandlungen.
Es hilft, dabei immer ne Datei zu haben, in der man den aktuellen Stand des Plots und ein paar mögliche Entwicklungen notiert.
....zählt das jetzt als chaotisches Schreiben oder als System?
|
|
Nach oben |
|
|
Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6380 Wohnort: USA
|
09.05.2016 14:39
von Murmel
|
|
|
Ich stelle einmal die Behauptung in den Raum, dass man Krimis und Thriller nicht ungeplant schreiben kann. Andere Genres sicher, aber nicht diese.
Beschäftige dich mit den Akten und Genrekonventionen, dann erkennst du auch typische Strukturen. Diesen Strukturen kannst du, musst aber nicht folgen. Sie haben sich nur als besonders gut wirkend herausgestellt. Meistens gibt es bei Thrillern drei Versuche des Heldens/der Heldin, sich von der Bedrohung zu befreien, und der vierte klappt dann, aber es bricht nichts ab, wenn der dritte Versuch schon klappt.
Ich bin ein intuitiver Schreiber, der sich mit Vorplanung schwertut, aber die Notwendigkeit einsieht. Daher wende ich ein Minimalplotting an. Zuerst in einem Satz, um was es in dem Buch gehen soll. "Ich will ein Buch schreiben über ..."
Dann den einen Satz, die Quintessenz: Prota will ___________ weil ___________, aber _________ kommt dazwischen/will es verhindern.
Von diesem ausgehend, kannst du den Pitch bilden, das sind drei, vier Sätze, die das Grundgerüst bilden. Die Lösung, was Prota tun muss, soll enthalten sein.
Wenn du das hast, schreibe eine Zusammenfassung, etwas zwischen 900 und 1500 Wörter. Schreibe auf, was passieren soll. Dann merkst du sofort, wo es hakt. Bist du fertig und zufrieden, kannst du zum Schreiben anfangen. Sollten Änderungen nötig sein, kein Problem, solange du deinen roten Faden nicht aus den Augen verlierst.
Probier's mal.
_________________
|
|
Nach oben |
|
|
Gerling Exposéadler
G Alter: 58 Beiträge: 2382 Wohnort: Braunschweig
|
G 09.05.2016 17:08
von Gerling
|
|
|
Murmel hat Folgendes geschrieben: | Ich stelle einmal die Behauptung in den Raum, dass man Krimis und Thriller nicht ungeplant schreiben kann. Andere Genres sicher,
aber nicht diese. |
ähem ....
_________________ Die Ewigen (Juni 2018)
Architekt des Bösen - Edition M (Aug 2019)
Tag X - Bookspot Verlag (2020)
Caldera - Bookspot Verlag (März 2021)
Brandmale - Rowohlt Verlag (Okt 2021)
Argusaugen - Rowohlt Verlag (Okt 2021)
Kopfgeld - Rowohlt Verlag (April 2022)
Der Perfektionist - Rowohlt Verlag (Mrz 2023)
Die Schuldigen - Rowohlt Verlag (Mrz 2023)
Der Seelsorger - Rowohlt Verlag (Juli 2023) |
|
Nach oben |
|
|
Flar Eselsohr
Alter: 56 Beiträge: 406 Wohnort: Bei Halle, Sachsen-Anhalt
|
09.05.2016 18:40
von Flar
|
|
|
Ich rate zum Plot. Schreib Dir einige Wendepunkte auf, achte darauf, dass Dein Held sich entwickelt. Figurendatenblätter helfen auch. Später kannst Du den Plot immer weiter entwickeln, hin zu einer Kapitelplanung. Wenn Du falsche Spuren legst, musst Du ja die richtigen kennen...
Schaffst Du es schon, Deine Geschichte in ein Exposé zu pressen? Nur für Dich, als erstes Arbeitspapier?
Egal, wie Du planst, Papier, Pinwand, PC... Es hilft, daran kannst Du Dich später festhalten. Und die Durststrecken werden kommen... ... ...
_________________ "Leute fragen mich, warum ich so grausame Sachen schreibe. Ich erkläre ihnen dann gerne, dass ich das Herz eines kleinen Jungen habe… und es in einem Einmachglas auf meinem Schreibtisch steht."
(King of Horror Stephen King) |
|
Nach oben |
|
|
Volker Wortedrechsler
Beiträge: 85
|
09.05.2016 18:47
von Volker
|
|
|
Ich rate hierzu:
http://www.amazon.de/einen-verdammt-guten-Thriller-schreibt/dp/3897058057
_________________ Wenn Sie im Leben etwas anderes tun können als zu schreiben, dann rate ich Ihnen: "Tun Sie das!" (George Simenon)
|
|
Nach oben |
|
|
Willy Bemmert Gänsefüßchen
W
Beiträge: 36 Wohnort: Lichtenstein
|
W 10.05.2016 18:06
von Willy Bemmert
|
|
|
@TZH85:
Das ist ein ziemlich gutes System, was du vorgibst, Chaos sieht da deutlich anders aus.
Und was da gemeinhin so als das Gegenteil zur systemischen Planung die Umschreibung "Chaos" verpasst bekommt, ist eigentlich nur das, was der Schreiberling als drittes Drittel neben handwerklichem Fundament und Fleiß braucht: die Fantasie!
Sollte nicht zu kurz kommen und die kann auch schon mal mit einem ein bisschen durchgehen.
Ich glaube, das ist bei Krimis nicht viel anders als bei Dramen, Feuilletons, Lyrik, Fantasy... denkt euch ein paar weitere Genres aus, ihr liegt in jedem Fall richtig!
_________________ "Diejenigen, die behaupten, Ordnung ist das halbe Leben, für die ist Ordnung in Wirklichkeit das Wichtigste im Leben, egal in welcher Situation. Und weißt du auch, warum? Weil sie nämlich sonst keine Inhalte haben, nichts, woran sie sich orientieren können!" - aus: "Modellversuch" |
|
Nach oben |
|
|
Fjodor Reißwolf
Beiträge: 1497
|
11.05.2016 15:33
von Fjodor
|
|
|
@Flegel: Ich bin eigentlich auch eher der Drauflosschreiber, doch zuletzt bei einem Krimi habe ich kapitelweise (ich schreib kurze Kapitel) festgehalten, was jeweils inhaltlich passieren wird.
So konnte ich komplexer konstruieren, die Dramaturgie gut aufbauen, hatte Sicherheit, dass die Story schlüssig wird.
Beim Ausarbeiten gab es dennoch Raum für Spontanität, aber ich fühlte mich immer auf einem tragfähigen Fundament. Gegenüber der ursprünglichen Struktur gab es bei 50 Kapiteln nur 2 oder 3 Änderungen (wenn ich mich richtig erinnere), weil mir noch irgendwo eine gute Pointe bzw. ein geeigneter Cliffhanger unterkam oder evtl. der Inhalt von zwei Kapiteln gut in Einem unterzubringen war.
Die Arbeitsweise erwies sich als effektiv und hat Spaß gemacht.
|
|
Nach oben |
|
|
Nina C Klammeraffe
Alter: 36 Beiträge: 984 Wohnort: Op dr\' Jück
|
18.05.2016 01:31
von Nina C
|
|
|
Ich bin so der Typ halb Chaos halb Notizen, kommt auch auf die Geschichte und deren Länge an. Das von dir beschriebene Problem hatte ich allerdings auch schon – tolle Charaktere und Beziehungen zwischen ihnen entwickelt... aber verdammt, da wurde ja auch noch so ein Spannungsbogen benötigt *hust* Geholfen hat mir manchmal, anstatt verzweifelt an den fehlenden Stücken zu basteln, erstmal das zu schreiben, was ich im Kopf habe, also die Szenen, die mir gut von der Hand gingen. Oft habe ich die dann nur kurz in den Handlungsstrang eingeordnet und ansonsten erstmal so stehen lassen. Dabei sind mir nicht selten schon ganz nebenbei Ideen für die bislang fehlenden Teile der Geschichte gekommen. Außerdem hatte ich immer das Gefühl nicht zu stagnieren und weniger vor mich hin zu blockieren. Ich weiß aber natürlich nicht, ob das bei dir auch so funktioniert
Liebe Grüße,
Nina
_________________ Wenn ihr nicht die gequälten Sklaven der Zeit sein wollt, macht euch trunken, ohn’ Unterlass! Mit Wein, mit Poesie mit Tugend, wie es euch gefällt. (Charles Baudelaire) |
|
Nach oben |
|
|
Willy Bemmert Gänsefüßchen
W
Beiträge: 36 Wohnort: Lichtenstein
|
W 18.05.2016 21:47
von Willy Bemmert
|
|
|
Nina C. schrieb: ... an den fehlenden Stücken zu basteln, erstmal das zu schreiben, was ich im Kopf habe, also die Szenen, die mir gut von der Hand gingen. Oft habe ich die dann nur kurz in den Handlungsstrang eingeordnet und ansonsten erstmal so stehen lassen.
In meinem "Modellversuch" musste ich das auch einige Male so halten, wo ich dachte, da kommt mir eine tolle Idee für den späteren Verlauf, die ich dann nur noch an die richtige Stelle einbaue!
Aaaaber: Selbst wenn ich die (vermeintlich) richtige Stelle gefunden habe, mit dem nahtlosen Einbauen tat ich mich immer ziemlich schwer. Weil Problem: Wenn ich beim Schreiben an die "richtige Stelle" gekommen bin, dann logischerweise in einer Phase, wo ich "im Fluss" war, sodass mir die eingefügte Passage immer wie ein Fremdkörper vorkam, wegen der ich den Fluss unterbrechen musste.
Ein Teufelskreis!
Natürlich nur ein ganz Individueller, bei einem anderen Schreiber kann er sich zur himmlischen Fügung entwickeln. Es stimmt schon: Jeder hat halt seine eigene Methode, die sich nicht ohne weiteres übertragen lässt.
Jack London hat, glaube ich mich an "John Barleycorn" zu erinnern, nach dem Frühstück rund 500 Worte geschrieben, bevor er sich den ersten (von zahlreichen) Whiskeys genehmigt hat.
Die Methode war schriftstellerisch erfolgreich, aber er ist mit ca. 40 Jahren gestorben. Sollte man also auch nicht einfach so übernehmen...
_________________ "Diejenigen, die behaupten, Ordnung ist das halbe Leben, für die ist Ordnung in Wirklichkeit das Wichtigste im Leben, egal in welcher Situation. Und weißt du auch, warum? Weil sie nämlich sonst keine Inhalte haben, nichts, woran sie sich orientieren können!" - aus: "Modellversuch" |
|
Nach oben |
|
|
ReinhardStaupe Wortedrechsler
Alter: 55 Beiträge: 64 Wohnort: Bremen
|
27.05.2016 08:06
von ReinhardStaupe
|
|
|
Gerling hat Folgendes geschrieben: |
ähem .... |
Ebenfalls: ähem...
|
|
Nach oben |
|
|
MoL Quelle
Beiträge: 1845 Wohnort: NRW
|
27.05.2016 08:25
von MoL
|
|
|
Liebe Flegel!
Bevor ich auf Deine eigentliche Frage eingehe:
Flegel hat Folgendes geschrieben: | Die ersten 40 Seiten sind eingetippt, ich weiß, wo die Geschichte anfangen und enden soll. Die Hauptfiguren wurden bereits eingeführt, auch der erste Mord ist schon passiert.
|
(Hervorhebung von mir)
Das macht mir ehrlich gesagt ein wenig Sorge. Das klingt für mich, als würdest Du so schreiben, wie ich früher. Sprich: Jede Menge lange Vorrede machen. Es gibt durchaus Meinungen, nach denen bei einem Thriller der erste Mord innerhalb der ersten drei Seiten stattfinden muss. Das halte ich für etwas übertrieben. Kann sein, dass ich das jetzt fehlinterpretiere, daher nur so viel: Ein Mord auf 40 Seiten ist für einen Thriller nichts Außergewöhnliches. Auf welcher Seite erwischt es das Mordopfer denn?
Ich bemühe mich immer, mich an das gute alte "Start at the action" (King?) zu halten.
Nun zu Deiner Frage: Es gibt solche und solche! Ich habe schonmal einen Krimi einfach so drauflos geschrieben und erst iiiiiirgendwann, als es auf das Ende zuging, mit dem plotten begonnen. War lustig, aber auch beängstigend,
Erst Szenen zu schreiben, die Dir "gut von der Hand gehen", mag erstmal gut klingen, halte ich aber für einen Fehler. Warum? Weil ich schon einige Bücher gelesen habe, denen ich entweder das oder nachträglich eingebaute Kapitel zwecks Längenstreckung unterstelle. Ehrlich, wenn Du nicht gerade begnadet bist, merkt man das als Leser, der Text ist dann viel weniger "aus einem Guß", falls Du verstehst, was ich meine. Es gibt immer schwierige und nervig zu schreibende Stellen, da muss man durch.
Manche plotten einen Thriller komplett durch, andere nicht, da musst Du für Dich den richtigen Weg finden. Bei mir ist das oft so, dass ich eine genaue Vorstellung vom Ende habe - und dann quasi fast komplett rückwärts plotte, sprich: Ich habe Storyende B und Storyanfang A und dazwischen sollen bitteschön X Seiten, wie komme ich dahin?
Als grobe (!) Plothilfe könnte Dir der klassische Dramenaufbau behilflich sein:
Einleitung - Steigerung - Höhepunkt - Verzögerung - gutes/böses Ende
LG, MoL
|
|
Nach oben |
|
|
Nina C Klammeraffe
Alter: 36 Beiträge: 984 Wohnort: Op dr\' Jück
|
30.05.2016 23:02
von Nina C
|
|
|
@Willy Bemmert : Na, da muss ich mal ganz sacht widersprechen Das kann natürlich so laufen, muss aber nicht. Wenn ich mir zuvor bewusst mache „Stückchen“ zwischendurch zu schreiben, gehe ich das ja anders an. Ich lasse mir z.B. „sticky ends“ die sich möglichst leicht mit vorhandenen Textteilen verbinden lassen. Und widme eine Extra-Korrekturrunde dem Glattbügeln möglicher Bruchstellen. Das hat bislang zumeist so gut funktioniert, dass meine Gegenleser (denen ich die Stellen natürlich nicht genannt hatte) nicht gemerkt haben, wo etwas eingefügt wurde. Viel, viel ärgerlicher finde ich persönlich etwas, das mir am Anfang manchmal passiert ist: In dem Glauben quasi in der Linie weiterschreiben zu müssen, habe ich für mich interessante Stellen auf den „passenden“ Zeitpunkt verschoben. Und dann saß ich da und dachte „Verdammt, vor x Wochen hattest du dazu so perfekte Bilder und Sätze, wo sind die nur hin?“ und habe es - zumindest gefühlt - nicht mehr so schön hinbekommen. Ich glaube also das ist Geschmacks- und Gewohnheitssache, ob Schreiben stückweise funktioniert.
Liebe Grüße,
Nina
_________________ Wenn ihr nicht die gequälten Sklaven der Zeit sein wollt, macht euch trunken, ohn’ Unterlass! Mit Wein, mit Poesie mit Tugend, wie es euch gefällt. (Charles Baudelaire) |
|
Nach oben |
|
|
Paul_D Gänsefüßchen
P Alter: 55 Beiträge: 48 Wohnort: Graz
|
P 06.07.2016 03:03 Genrekonventionen Thriller von Paul_D
|
|
|
Ich suche verzweifelt nach einer vollständigen Liste der Genrekonventionen, da ich in meinem Roman genau diese verletzt habe. Nicht die üblichen, sondern jene die nirgendwo stehen - weil keiner daran denkt und sie dennoch existieren.
Üblich im Thriller sind:
* Irgendetwas wird bedroht das Leben des Protagonisten
* Eine massive, ultimative Katastrophe liegt in der Luft
* Protagonist muss die Bedrohung schließlich überwinden
Doch dazu gibt es einen Haufen "geheimer" Konventionen wie:
* Die Mordmotive müssen stets die selben sein und dürfen nicht ineinander
übergehen - d. h. der Mörder muss z. B. dauernd aus Rache morden; er darf
jedoch nicht in Einzelfällen aus Rache und verschmähter Liebe morden.
* Der Antagonist darf kein psychisch Kranker sein, da sonst sofort der Verdacht
des Zufall bemühenden Autors aufkommt.
* Die ultimative Katastrophe muss bereits am Anfang des ersten Akts angedeutet werden. Wenn ein Killer da und dort Leute abknallt und zu Schluss die Atombombe zünden will, dann muss die Atombombe dem Leser schon auf den ersten Seiten aufs Aug gedrückt werden, damit er fiebert, ob die Atombombe hochgeht oder nicht.
* Die Überwindung des Täters muss ebenso am Anfang gepflanzt werden. Wenn die Protagonistin den Killer im Nahkampf besiegt, dann muss man die Nahkampffähigkeiten am Anfang bringen. Ebenfalls im Exposé.
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte sie laufend zu erweitern - um nicht in der Angebotsphase zu scheitern, weil man irgendeine dieser "geheimen" Konventionen verletzt hat.
|
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 4 |
Gehe zu Seite 1, 2, 3, 4 |
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|