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Jan Philipp Reemtsma: Im Keller

 
 
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Babella
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 889

Das goldene Aufbruchstück Der bronzene Roboter


Beitrag15.03.2016 17:57
Jan Philipp Reemtsma: Im Keller
von Babella
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Passiert mir nicht so oft, dass ich ein Buch nicht weglegen kann. Aber warum soll man ein Buch über eine "Entführung de luxe" lesen?

Reemtsma, bekannter Sozialwissenschaftler, "Zigarettenerbe", wurde 1996 entführt und 33 Tage in einen Keller gesperrt, bis er gegen ein hohes Lösegeld freikam.

"Entführung de luxe", weil der Entführer täglich klopfte und nach seinen Wünschen fragte. Reemtsma bekam Bücher und Schreibzeug. Er wurde überfallen und mit dem Kopf vor eine Wand geschlagen, er wurde angekettet, aber danach nicht gefoltert.

"Gibt Leute, die Schlimmeres erlebt haben"  -?

Reemtsma schildert in beklemmender Weise, wie er seiner selbst beraubt wurde, wie er "aus der Welt" gefallen ist, wie er, selbst Traumaexperte, mit dem Trauma umging. Oder nicht umgehen konnte.

"ertragen - nicht ertragen - wo ist der Unterschied?" Was soll jemand machen, der nichts tun kann, der so von sich selbst entkernt ist, dass er über sich selbst in der dritten Person schreiben muss? Was tut man denn, wenn man es "nicht mehr aushält", wenn man gar keine Handlungsoptionen hat?

Nachher helfen manche Briefe - und manche Reaktionen sind einfach nur schlimm und verstörend (siehe oben: Luxusentführung??).

Warum soll es jemand lesen, der selbst schreibt? Weil man einen Eindruck davon bekommt, wie schwer es *wirklich* ist, sich in jemand hineinzuversetzen. Das Lesen hat bei mir einen großen Respekt entstehen lassen vor den Gefühlen von Traumatisierten - überhaupt vor den Gefühlen anderer. Und vor dem Autor, der das so schreiben konnte.
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Bananenfischin
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant

Moderatorin

Beiträge: 5339
Wohnort: NRW
Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag15.03.2016 20:06

von Bananenfischin
Antworten mit Zitat

Oh ja, das Buch habe ich damals bei Erscheinen gelesen und kann dir nur beipflichten.

_________________
Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag15.03.2016 21:22

von rieka
Antworten mit Zitat

Dieses Buch wurde uns/mir in einer Weiterbildung vorgestellt und es gab darin eine Aussage, die sich mir ins Bewusstsein gebrannt hat:
Gegen erzwungene Intimität hilft nur Öffentlichkeit.
Reemtsma hat es anders formuliert, seine Aussage enthält aber diesen Sinn.
Diese Aussage fand ich deshalb so wichtig, weil in ihr eine Befreiungsstrategie nicht nur dramatischen Traumata gegenüber steckt, sondern auch eine Befreiungsstrategie den vielen kleinen Unterwerfungs- und Übergriffsituationen gegenüber, in die Menschen in ganz gewöhnlichen Abhängigkeitsverhältnissen des Alltags kommen können.


zu Reemtsma:
Er wurde nicht gefoltert, er wurde sogar mit einer gewissen Achtung behandelt. Aber, und das war der entscheidende Moment, er wusste zu keinem Zeitpunkt, ob er überleben wird.
Das Ausgeliefertsein, das sich-nicht-mehr-selbst-gehören, ist das eigentliche Wesen der inneren Zerstörung, zusammen mit dem Verlust des im normalen Leben so wenig bewussten Sicherheitsgefühls.

Ich finde das Buch auch gerade für Schriftsteller lesenswert, weil er Erlebensmomente aufzeigt, die sich nicht so ohne Weiteres durch Nachdenken, Zuhören und Einfühlung erschließen.

@babella
Freut mich, dass du das Buch hier vorgestellt hast. Danke dir dafür.
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