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Zwangsurlaub in Gosau mit Tante Inge und Onkel Max


 
 
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Freier Baubiologe
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 23
Wohnort: An der Heide bei Celle


Beitrag13.08.2015 23:31
Zwangsurlaub in Gosau mit Tante Inge und Onkel Max
von Freier Baubiologe
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zwangsurlaub in Gosau mit Tante Inge und Onkel Max

Mama hatte beschlossen, Papa, Paula und mich in einen Zwangsurlaub zu schicken. Dabei wäre ich so gerne Zuhause bei meiner neuen Schwester Karin geblieben. Ich weiß, Jungen spielen ja nicht mit Babys, aber sie sind nun mal so niedlich. Ihre Finger sind so winzig, wie Streichhölzer, auch ist es viel leichter, auf sie aufzupassen, solange sie noch nicht weglaufen können. Denn dann ist es wie Flöhe hüten, sagt Mama.
Meine Oma Eugenie war eingetroffen, ich mochte sie nicht. Sie nervte, immer sollte ich vor jedem Essen beten. Doch wenn man Hunger hat, ist das doch Blödsinn, hinterher hat man doch viel mehr Zeit zum Beten, wenn es denn schon sein muß.
Ich glaube, Papa war ganz froh, daß er in den Urlaub fahren durfte. Er mochte Oma auch nicht so doll, doch er durfte das nicht so zeigen, da sie Mamas Mutter war. Papa sagte mal, nachdem Oma wieder mit ihrer Freikirche genervt hatte, daß Oma ihren Glauben als Krückstock brauchte, aber ihn zum Stützen nehmen sollte und nicht zum Schlagen. Ganz habe ich das nicht verstanden, aber ich weiß, daß Papa seinen Glauben an Gott, wie er mal am Telefon sagte, in einem sinnlosen Krieg verloren hat.
Ein anderer Grund wegzufahren war, daß meine süße kleine Schwester Karin, sie war erst ein paar Tage alt, sich angewöhnt hatte, tagsüber zu schlafen und nachts zu schreien. Mama und Papa hatten davon ganz dunkle Augenringe, sagte Oma. Paula und ich wurden gar nicht erst gefragt, da wir Ferien hatten. Wir waren in der gleichen Klasse, 3a. Warum weiß ich nicht so genau, Paula war fast zwei Jahre älter als ich, aber Papa sagte, das hat was mit unserem Geburtstag und diesen neumodischen Kurzschuljahren zu tun.
Papa ist Architekt und Statiker und muß immer viel zeichnen und rechnen mit seinem Rechenschieber. Irgendwie freute ich mich dann doch auf den Urlaub in Österreich. Dort war es so anders und ich konnte jeden Tag schwimmen gehen. Unser Opel war ganz neu und durfte noch nicht schnell gefahren werden. So wird die Reise länger dauern als letztes Jahr, obwohl da unser altes Auto immer gekocht hat, wenn Papa richtig schnell fuhr. Hat er trotzdem gemacht und wir mußten immer wieder lange Pause machen, damit der Motor wieder kalt wurde.
Die Fahrt nach Gosau war dann echt Mist. Paula mußte immer wieder kotzen, weil das neue Auto angeblich mehr schwankte als unser altes. Und ich mußte, da sie die Kotztüte meist nicht richtig traf, dann sauber machen. Unser Auto fährt mit Automatik, da Papa ein Bein im Krieg verloren hat. Letztes Jahr, als meine Schwester Karin noch nicht da war, sind wir alle, Mama, Papa, Paula und ich, nach Gosau ins Landhotel Kolla gefahren. Mamas Schwägerin ist in Gosau geboren, hat dort gearbeitet, und wir bekommen Rabatte oder so ähnlich. Das Hotel heißt Kolla, weil Frau und Herr Kolla es leiten. Dort sieht es ganz anders aus als bei uns zu Hause. Das Hotel hat einen richtigen Turm und ein Schwimmbad. Überall sind Berge und man kommt schnell aus der Puste. Ich liebe Hotels.
Wenn man sich still in eine Ecke setzt, kann man viele Menschen sehen und auch belauschen.
Ich höre gerne neue Geschichten. Als wir ankamen hat der Hausdiener Wilhelm unsere Koffer auf die Zimmer geschleppt. Papa gab ihm zwei Mark. So viel Taschengeld bekomme ich auch, nur muß ich eine Woche darauf warten. Papa hat gleich einen Architekten-Kollegen am Swimmingpool kennen gelernt. Er ist ein Schweizer, das hat aber nichts mit Käse oder Kühe melken zu tun. Ach ja, Swimmingpool heißt hier das Schwimmbad im Hotelgarten.
Papa sagte mir, als er mich vorstellte, ich soll Herr Frisch sagen, doch Herr Frisch meinte, er würde Onkel Max bevorzugen, dabei hat er mir mit einem Auge zugezwinkert. Er sieht Papa ähnlich, so mit hoher Stirn, nur die Haare sind schon etwas grau. Gut, dass Mama nicht da ist, Onkel Max qualmt dauernd aus seiner Pfeife, und Mama mag keine Raucher. Onkel Max hat eine große schwarze Brille auf der Nase, und seine Augen sehen immer so aus, als wenn ich sie durch eine Lupe anschauen würde.
Papa und Onkel Max fachsimpeln immer über Architektur. So heißt das, wenn man die gleiche Fachsprache spricht. Als Paula etwas später dazu kam, erzählte Onkel Max, daß morgen eine Freundin, eine Frau Bachmann kommen und sich freuen würde, wenn wir Tante Inge zu ihr sagen würden. Dabei hat er so komisch gegrinst. Sie kommt aus Rom, das ist in Italien.
Abends erzählte uns Papa, daß Tante Inge eine Schriftstellerin ist.“ Das kenne ich von Karl May, das ist, wenn man viel schreibt“, sagte ich. Dann meinte Paula: “Dann ist Sie wie Mama, die schreibt ja auch immer sehr viel.“
„Nicht ganz so“ sagte Papa, „Mama schreibt als Buchhalterin meist Zahlen.“
Tante Inge war echt nett, sie hatte gleich mit Paula Freundschaft geschlossen. Doch sie hat so komisch geschaut, als Onkel Max sie uns als Tante Inge vorgestellt hat. Erwachsene habe so eine Geheimsprache, so mit dem komisch Schauen und auch mit ihrer Stimme, die sich manchmal, obwohl sie ja sagen, so anhört, als ob sie nein sagen wollten. Egal, sie ist wirklich nett, denn als ich beim Fangen spielen mit Paula aus Versehen ihre Halskette kaputt gemacht habe und alle Perlen im Speisesaal auf dem Boden lagen, hat sie nur gelacht. Mama hätte den Kleiderbügel geholt. Doch das tat nicht so doll weh wie der Lederriemen von Papa. Wir haben dann diese weißen Perlen eingesammelt, alle Gäste im Speisesaal haben mitgeholfen. Ein paar Tage später wollten Papa und Onkel Max am Nachmittag Statik zusammen machen. Papa will Onkel Max irgendwas mit Biegen und Brechen beibringen, ich glaube aber, die wollten uns loswerden. Tante Inge hatte dann vorgeschlagen, mit uns und Frau Kolla auf eine Almhütte zu wandern. Frau Kolla ist die Chefin vom Hotel und sie ist sehr nett und gibt mir manchmal Schokolade. Wir mußten ganz früh ins Bett, denn am nächsten Morgen sollten wir schon um 5 Uhr aufstehen, damit es nicht zu heiß ist, wenn wir auf den Berg gehen. Aber ich konnte nicht einschlafen, hatte auch etwas Durst und bin noch mal runter, um mir was zum Trinken zu holen. Auf der Treppe habe ich gehört, wie Onkel Max und Tante Inge sich im Musikzimmer, dort wo das Klavier steht, fürchterlich gestritten haben. Ich habe mich angeschlichen und hinter dem Sofa versteckt. Es ging um einen Paul Tante Inge hat ihn, ohne Onkel Max zu fragen, eingeladen. Onkel Max war so sauer, daß er seine Pfeife kaputt gebissen hat. Tante Inge sagte, er wäre ihr beider Freund. Und auch etwas von gleiches Recht für alle, warum weiß ich nicht. Egal, ich bin dann leise weg und in die Küche gegangen, dort habe ich mir ein Glas Milch eingeschüttet. Frau Kolla hatte uns das erlaubt, solange wir nicht aus der Milchkanne trinken würden. Paula hat es einmal vergessen und sich ihre neue Bluse doll mit Milch bekleckert. Genau so, wie in dem Satz aus einem Märchen, der mit „kleine Sünden werden sofort bestraft“, oder so ähnlich.
Am nächsten Morgen, die Sonne hatte sich noch hinter den Berg versteckt, wie Tante Inge später sagte. Paula war ganz aufgeregt, sie war noch nie auf einem Berg gewesen. Onkel Max war wieder gut mit Tante Inge, denn sie haben wild geknutscht. Das habe ich zufällig gesehen, als ich Tante Inge abholen wollte und durch das Schlüsselloch geschaut habe. Da ich nicht stören wollte, habe ich bis 5 gezählt und dann geklopft. Onkel Max hatte sich versteckt. Er war nicht zusehen, als die Tür aufging. Warum weiß ich nicht, egal. Tante Inge sah ganz rosa am Mund aus, fast so, wie wenn Paula Himbeeren genascht hat.
Letztes Jahr bin ich mit Mama schon auf der Goiserer Hütte gewesen und wir haben dort sogar im Heu geschlafen. Papa wandert nicht so gern mit seinem halben Bein. Er hat zwar eine Prothese mit einer Automatik, so wie im Auto, aber sein Stumpf, das ist das Stück Bein was noch da ist, wird manchmal richtig rot und tut ihm weh. Ich und Tante Inge haben jeder einen Rucksack, Paula trägt nur eine Feldflasche, allerdings mit echtem Ziegenfell herum. Mit meinem Offiziersmesser, das ich zum Geburtstag bekommen hatte, habe ich drei Wanderstöcke geschnitzt. Frau Kolla hat einen ganz großen Rucksack mit einem Gestell und einen eigenen Wanderstock, mit vielen bunten Blech-Dingern darauf. Immer wenn sie auf einen Berg gekrakselt ist, hat sie sich so ein neues Blechding draufgenagelt. Tante Inge wollte sich auch so etwas zulegen, aber schon am Abend hatte sie es sich wieder anders überlegt und wollte Berge nur noch von unten anschauen, denn sie hatte eine richtig dicke Blase am Fuß.
Den ganzen Weg hoch zur Hütte hatten mein blöde Schwester Paula und Tante Inge immer nur gequatscht und Händchen gehalten. Paula und Tante Inge wollten bald immer nur Pausen machen. Mit Frau Kolla ist richtig Unterhalten nicht einfach. Frau Kolla redet nicht viel, nur „ ja, nein, ist das so, soso“, das macht keinen Spaß. Am Anfang ist sie immer so langsam gegangen, wohl wegen dem dicken Rucksack. Doch irgendwann hat sie uns überholt.
Als wir endlich an der Almhütte angekommen sind, hatte sie schon Feuer gemacht und Kaiserschmarren gekocht. Das war gut, Mann, hatte ich einen Hunger.
Verlaufen konnten wir uns nicht, es gab viele kleine Holzschilder mit einem Pfeil und manche hatten auch Namen von Hütten drauf. Mir tat mein Rücken etwas weh, der Rucksack wurde auf dem Weg auch immer schwerer, vielleicht hätte ich Papas großes Fernglas, den Fotoapparat und mein Karl-May-Buch nicht mitnehmen sollen.
Der Fotoapparat war auch umsonst mit auf der Alm, es waren nur noch 2 Bilder darauf. Papa lachte später beim Entwickeln. Eins war verwackelt, das, wo Tante Inge uns in den Arm genommen hatte. Auf dem zweiten Bild sind nur Paula und ich ganz zu sehen, denn Tante Inges Kopf ist halb abgeschnitten. Frau Kolla hatte es wohl nicht so mit ruhig halten und dem Zielen. Wir sind abends alle lange draußen geblieben, haben dem Untergang der Sonne mal von ganz oben zugeschaut. Frau Koller und Tante Inge haben ein paar Gläser Enzian, so eine Art Kräutermedizin eingenommen. Das Zeug stinkt ähnlich wie die Heilsalbe, die Papa immer auf seinen Stumpf schmiert.
Tante Inge hat aus ihrem Leben erzählt. Sie ist viel gereist und kennt viele berühmte Leute in der Schweiz, Frankreich und Italien. Paula ist schon bald eingeschlafen mit dem Kopf auf Tante Inges Schoß. Frau Kolla war nicht mehr so wortkarg und hatte noch eine spannende Geschichte aus ihrer Jugend von einem Wanderer erzählt. Er hatte sich drei Tage und Nächte in den Bergen verlaufen, und nichts zu trinken mit gehabt. Da er so schwach geworden war, daß er nicht mehr laufen konnte, hatte er, bevor er starb ein Liebesgedicht an seine Frau geschrieben und in den Felsen gekratzt. Eigentlich konnte ich mir Gedichte immer gut merken, aber Paula hatte so laut geschnarcht. Mama sagte mal zu Papa, das Paula hat Polypen hat. Sie muß bald mal unters Messer, denn sie sägt wie eine Motorsäge.
Und das waren die Worte die ich mir merken konnte:
„Für meine geliebte Martha:
Erlebnisse die uns verbinden, gemeinsam lachen, gemeinsam trauern,
Vertrautheit im Körper und Geist.
Sie schwingen gemeinsam, Gefühle tief, wie vorher nie gekannt.
Trennung wird zur Sehnsucht, Berührung zur Freude.
Es ist die Liebe, die wirklich Große.
Geliebte Martha, wenn ich nicht mehr da bin, lebe, denn das Leben ist schön!
 Sage bitte meinem Sohn Artur, wenn er größer ist, daß ich Ihn lieb habe! Dein Fritz.“

 Ungefähr so hatte ich es verstanden, da Frau Kolla etwas undeutlich sprach. Ich wollte dann auch nicht nachfragen, denn Tante Inge und Frau Kolla hatten beide wegen dem toten Wanderer geweint und dann Brüderschaft getrunken, mit dieser Kräutermedizin, igitt.
Mama nimmt dafür immer guten Wein!
Am nächsten Morgen war der Himmel unbeschreiblich schön. Die Sonne kam von unten den Berg rauf und alles glitzerte im Morgentau. Tante Inge hatte sich auf einen Felsen gesetzt und wollte nicht gestört werden. Sie hat ganz viel geschrieben. Ich hatte, als sie auf dem Häuschen mit dem Herzen war, ein wenig gespinxt, aber es war nur langweiliger Kram, keine Abenteuer wie von Karl May oder Jack London, aber ganz viele Fremdwörter. Es ging um Liebe, Freiheit und um das dreißigste Jahr, dabei sieht sie schon viel älter aus. Und einen Brief an einen Paul hat sie angefangen, doch immer wieder alles durchgestrichen. Ich konnte sie schlecht danach fragen, denn man darf fremde Briefe und Tagebücher nicht lesen, zumindest muß man alles für sich behalten, denn offiziell weiß man ja nichts davon. Blöd, ich hätte schon gerne gewußt, wer dieser Paul aus, ich glaube, Paris ist. Na ja, er ist dann auch nicht gekommen. Ich denke, das war gut so, denn es schien mir, Onkel Max war etwas eifersüchtig auf diesen Paul. Schon komisch! Dabei hat er mal zu Papa gesagt, er und Paul wären gute Freunde. Mama sagte mal am Telefon zu ihrer Schwester, Eifersucht wäre der Anfang der Selbstzerstörung, aber das habe ich nicht kapiert.
Mittags sind wir wieder runter gewandert. Frau Kolla hat die Hütte noch für Gäste vorbereitet, so wie Frauen sowas machen. Mit vielen Blumen auf dem Tisch, die Paula und Tante Inge zusammen gepflückt hatten. Ich glaube, Tante Inge mochte Paula mehr als mich, da Paula auch so´n Gedichtekram schrieb. Aber das war auch nichts für mich! Viel zu langweilig, kein Abenteuer und immer muß sich alles reimen. Deswegen muß man oft auch ein gutes Wort weglassen.
Ich bin nicht so gut im Rechtschreiben, einmal hatte ich 66 Fehler im Diktat, Frau Möller, unsere Lehrerin, sagte, daß wäre ein Negativ-Rekord, auch hätte ich eine Doktorschrift, und das wäre sehr schlecht. Doch Mama meinte, ich wäre ein Legastheniker, das sind Menschen die denken und überlegen schneller als sie schreiben können. Das stimmt auch, ich bin der Beste im Rechnen und ein Buch kann ich in 1 bis 2 Stunden durchlesen. Selbst Papa, der ein Schachmeister ist, sagte, ich wäre richtig schnell. Ich habe auch angefangen, Druckbuchstaben zu lernen, so wie Papa seine Statiken schreibt. In der Schule fand Frau Möller das aber nicht so gut und ich mußte meinen Aufsatz noch mal in Schreibschrift abschreiben. Tante Inge dagegen hatte eine sehr schöne Schrift, doch das konnte ich ihr nicht sagen, wegen dem Spinxen.
Auf dem Rückweg ist Tante Inge dann umgeknickt und wir mußten uns von einem Bauern mit einem Traktor ins Hotel bringen lassen. Das war toll, nicht das mit dem Fuß, aber der Traktor. Ich durfte mit auf dem Traktor sitzen und die Frauen sind nur auf dem Heuwagen mit gefahren. Der Bauer hatte einen Gamsbart auf dem Hut und einen Ziegenbart am Kinn, das sagt man so. Tante Inge hatte es Paula erzählt.
Im Hotel gab es gleich Ärger, denn Papa war mit Onkel Max in eine Kneipe gegangen und Tante Inge war richtig sauer, daß Sie alleine Abendbrot essen sollte, doch Paula hat sie zu uns an den Tisch geholt.
Wir haben nach dem Essen noch etwas Mensch-ärgere-Dich-nicht gespielt. Tante Inge war fast lustig, obwohl ihr Knöchel ganz schön dick geschwollen war. Frau Kolla brachte immer frische Essigumschläge, obwohl die eher stinken als frisch riechen. Doch dann kam ein Nachttelegramm. Danach fing Tante Inge an zu weinen, entschuldigte sich und humpelte auf Ihr Zimmer. Das Telegramm war ganz naß und verschmiert von ihren Tränen. Doch konnte ich noch lesen, daß ein Paul C(?) der Rest war verschmiert, nicht kommen könne, sein Sohn Eric sei erkrankt. Als Unterschrift.... Er bedauere es vielmals, vielleicht später in Rom..... Ihr Beider Freund,  Paul.

Onkel Max brachte etwas später Papa ins Hotel. Sie hatten fachgesimpelt und gefeiert, doch Onkel Max darf nicht viel trinken. Irgendetwas in seinem Bauch ist kaputt, daher hat Papa für ihn etwas mitgetrunken. Ich glaube es ging um ihre Berufswahl, Papa wollte eigentlich Landwirt werden, wie mein Opa und sein Opa, doch nach dem Krieg mit einem Bein ging das nicht so recht. Ich finde Architekt eh besser. Onkel Max, erzählte mir Papa später einmal, hatte mit Häuser bauen aufgehört und er bereute es manchmal. Das kann ich gut verstehen, wenn ich mal groß bin, werde ich Architekt.
Papa gab uns einen Kuß, der nach dieser Kräutermedizin roch, was er sonst nie machte. Und er sagte, wir sollen schlafen gehen, und ging dann etwas wackelig in sein Zimmer.
Egal, ich gab Onkel Max, der nach Tante Inge fragte das eingeweichte Telegramm, er las es und sagte dann noch, schade, er hätte sich schon gefreut. Dann ist er schnell zu Tante Inge gegangen. Leider sah ich die beiden nicht wieder, denn sie sind ganz früh am nächsten Morgen abgereist.
Papa hat sich noch verabschiedet und uns später liebe Grüße bestellt, sie wollten uns nicht so früh wecken. Paula hat dann sogar etwas geweint. Wochen später bekam Papa, zwei Bücher mit Widmungen von Onkel Max und Tante Inge, sie heißt eigentlich Ingeborg, als Geschenk für Paula und mich. Doch Mama sagte, daß wir noch zu jung für solche Bücher wären, sie würden sie gut für uns aufheben, wir würden sie jetzt noch nicht verstehen. Ich glaube, ich weiß, was für Bücher das sind. So Bücher habe ich mal bei meinem Cousin Ralf gesehen, er hatte sie unter dem Bett versteckt, es waren nur nackte Menschen drin und meist verknotet und undeutlich. Dabei sind große Bilder mit nackten Menschen, teils auch ohne Haut, viel genauer in unserem medizinischen Lexikon abgebildet. Papa meinte auch noch, es wäre schade, wenn ich in den beiden Büchern rumschreiben würde. Dabei habe ich nur ein paarmal bei ganz schlechten Büchern versucht, die Geschichten zu verbessern. Einmal in Omas Bibel. Oje, das gab Ärger. Ich mag es nicht, wenn Geschichten kein “gutes Ende“ nehmen. Mama sagt immer Happy-End, das ist Englisch. So war das mit unserem Zwangsurlaub. Seit meine kleine Schwester Karin alleine essen kann, fahren wir jedes Jahr im Sommer wieder alle gemeinsam nach Gosau.
Ach ja, der Name Gosau. Onkel Max hatte mir abends mal erklärt, woher der Name kommt.
Also, nach dem Krieg sind Amis, so nennt man die Amerikaner, in Oberösterreich gewesen. Und weil es keine Schweinehirten mehr gab und es so schön warm auf der Straße war, haben sich die Sauen auf den Straßen hinlegt. Wenn die Amis, die ja kein gutes Deutsch sprachen, mit ihren Jeeps dort durchfahren wollten, mußten sie die Sauen vertreiben.
Also riefen sie immer “Go...Sau, Go...Sau, “ und da diese kleine Dorf damals noch keinen Namen hatte, wurde es so getauft.
Ich bin mir nicht so sicher, ob Onkel Max mich mit der Geschichte auf die Schippe nehmen wollte, aber er war ganz ernst dabei. Tante Inge jedoch hatte die ganze Zeit gekichert und dann gesagt, sie stellt es sich nur sehr lustig vor, mit all den Sauen auf der Straße…..



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Rodge
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 845
Wohnort: Hamburg


Beitrag14.08.2015 09:50

von Rodge
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Hi,

sorry das zu sagen, aber ich fand das langweilig und hab nach einigen Absätzen aufgehört zu lesen. Auch wenn das sprachlich mit der Kinderstimme gelungen scheint, bin ich mir doch nicht sicher, ob das eine gute Idee ist, da dich das in deinen Beschreibungen sehr einengt bzw. tiefgehendere Kommentare schnell altklug wirken können oder man sie deinem Protagonisten nicht abkauft.

Grüße
Rodge
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Freier Baubiologe
Geschlecht:männlichGänsefüßchen


Beiträge: 23
Wohnort: An der Heide bei Celle


Beitrag14.08.2015 16:30
Eine Kurzgeschichte mit Ingeborg Bachmann und Max Frisch
von Freier Baubiologe
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Rodge,
danke für deine Meinung.

Ja, die Geschichte plätschert leise so dahin, ob langweilig kann ich nicht so sehen, jedoch bin ich wohl befangenen.
Die Schriftsteller Ingeborg Bachmann und Max Frisch waren zwischen 1958 und 1962 ein Liebespaar und verreisten heimlich in kleine Landhotels.
Aus der Sicht eines achtjährigen Jungen in den 60er geschrieben ohne zu wissen wer die "Beiden" sind.

Gruß Dirk


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Jack Burns
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 54
Beiträge: 1444



Beitrag15.08.2015 01:22

von Jack Burns
Antworten mit Zitat

Hallo Baubiologe,
Kinderperspektive ist eine ziemlich schwierige Sache. So weit ich es überschaue, gelingt es Dir ganz gut. Manches erscheint sehr konstruiert, um trotz der Perspektive Informationen zu vermitteln, die eigentlich nicht zur Gedankenwelt eines Kindes passen.
Aber das ist wohl unvermeidbar und ich kann damit leben.
Allerdings hat mich die Kombination des kindlichen Erzählens mit dem uninteressanten Thema auf die Couch geworfen. Bachmann und Frisch sind als Autoren sicherlich sehr wichtig. Aber die hier geschilderte Episöde ihres Lebens, reizt mich in keinster Weise dazu, die anstrengende Form zu überwinden.

Nun gut. Es gibt verschiedene Zielgruppen. Und ich gehöre eben nicht in die entsprechende.
Allerdings lese ich in der Kategorisierung Kindergeschichte 6 bis 10 Jahre. Ich habe den Verdacht, dass der Plan war, Kinder als Publikum anzusprechen, indem der Erzähler als Kind konzipiert wird. Ich glaube da hast Du Dich vertan. Helden in der eigenen Altersstufe sind natürlich sehr passend. Aber die Art, wie hier erzählt wird und leider auch das Thema  wird nicht viele Kinder erreichen.

Grüße
Martin


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