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An meine Muse


 
 
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Flammenfreundin
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Beitrag18.04.2015 23:05
An meine Muse
von Flammenfreundin
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Mein lieber Hyacinth,

ich nehme es gleich vorweg: du bist nun gestorben. Deine Agonie kleidete sich formschön in kleinliche Bewegungen, gesteltzte Fingerübungen, bei denen kaum etwas brauchbares hervorkam. Die richtigen Worte, die du mir gewissermaßen immer eingeflüstert hattes, kamen mir zum Schluss vor wie ein besseres Werbesprech. Ja, das halte ich dir zu Gute, dass ich versucht habe dein Ansehen auf meinem Papier, in meinem Notizbuch und im Textverarbeitungsprogramm zu verteidigen. Immer noch wollte ich dich schön haben wie einst. Dein edles Antlitz ehren. Mit der einstigen verschwenderischen Ekstase vor jeder Schriftstellerblockade prahlen.
Aber, nun muss ich es dir einfach noch einmal deutlich sagen, es wird nicht mehr.
Nein. Es ist vorbei.
Wahrscheinlich könnte man denken, eine Entschuldigung sei angebracht. Du hast mir ja nun eindrücklich geschildert, dass, ich bemerkte es im Vorfeld, deine Augen so traurig geworden seien, weil deine Frau lieber im Bett liegt als den Haushalt zu schmeißen. Gewissermaßen verstehe ich also, in welcher Lage du dich befindest. Deine Frau zerwühlt die Laken, weil diese Medikation sie niederstreckt. Man ist wohl recht einsam im Beisein einer verrückten Person. Sicher, ein normaler Mensch kann die Schwierigkeit dieser Lage  zumindes rational nachvollziehen.
Wenn es dir hilft, dann sage ich es dir nun. Es tut mir Leid.
Bitte sieh jedoch ein, dass meine Versuche, die schon zu einem beachtlichem Werk führten, auch Geschenke an dich waren. An Die Einmaligkeit deiner fast gottgegebenen Schönheit. Du bist schon schön.
Inzwischen erzittere ich aber nicht mehr vor deinem maskulinen Kiefer, den feminimen Augen, den breiten Schultern, schmalen Hüften usw..
Es ist Verletzlichkeit in dein Wesen gedrungen. Mein Schreiben braucht eine solche sicher nicht. Wenn ich schreibe, dann muss der Taumel, der Rausch, die frohlockende Herrlichkeit eines allumfassenden Seins die sonst allzu braven Herzen meiner Leser ergreifen.
Mach dir also nichts drauß. Es ist besser für uns beide, wenn wir voneinander Abschied nehmen.
Richte bitte noch Grüße an deine liebreizende Frau aus.

Es verbleibt mit freundlichen Grüßen

Viola

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Gefühlsgier
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Beitrag19.04.2015 01:31

von Gefühlsgier
Antworten mit Zitat

Hallo Flammenfreundin,

dein Text gefällt mit insgesamt ausgesprochen gut. Ich mag, bis auf wenige Ausnahmen, deine Wortwahl und wie die Sätze hier miteinander verknüpft sind und die Art, wie die Emotionen deines LI transportiert werden.


Zitat:
Wahrscheinlich könnte man denken, eine Entschuldigung sei angebracht. Du hast mir ja nun eindrücklich geschildert, dass, ich bemerkte es im Vorfeld, deine Augen so traurig geworden seien, weil deine Frau lieber im Bett liegt als den Haushalt zu schmeißen.


Das umgangssprachliche "[..] den Haushalt zu schmeißen gefällt mir nicht. Es passt nicht zum Stil, den du hier verwendest. Stimmiger wäre es mir "zu führen" oder diesen Satz anders umzuformulieren - ich möchte nicht zu viel vorweggreifen.

Zitat:
Inzwischen erzittere ich aber nicht mehr vor deinem maskulinen Kiefer, den feminimen Augen, den breiten Schultern, schmalen Hüften usw..


Hier stört mich das "usw". Ich finde, dass es wieder nicht in einen Text wie diesen passt und erst recht nicht nach diesem starken Einstieg. Der Satz klingt so "abgewürgt". Schade, denn gerade an diesen Stellen verliert sich dein LI in für Einzelheiten, welche ihm etwas bedeuteten.

Das Ende wirkt m.E. zum Teil etwas "affektiert", aber da denke ich, dass das bewusst eingesetzt ist.  Damit meine ich:

"[...] die sonst allzu braven Herzen meiner Leser ergreifen." ([..] weil der Anfang für mich hier passend klingt, dass ich ihn nicht aufführe)

"Richte bitte noch Grüße an deine liebreizende Frau aus."


Ansonsten habe ich diesen Brief sehr gerne gelesen.


glg


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Flammenfreundin
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Beitrag19.04.2015 10:37

von Flammenfreundin
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Hallo Gefühlsgier,

danke für deine erbauende Kritik. Die Punkte, die du da bezüglich der Wortwahl bemerkst, werde ich auf jeden Fall im Laufe des heutigen Tages bearbeiten.

Immerhin, ein Projekt befindet sich in Planung, handelt es sich bei der Schreiberin des Briefes um eine Schriftstellerin.

Das usw. sollte bewusst lapidar herüber kommen, bzw. du hast ja gut erkannt, dass die Schreiberin gewissermaßen affektiert daher kommt. Aber nun, vielleicht kann man da dran feilen, so dass es sich flüssiger, stimmiger ließt.

Ich danke dir!
Ein Schönes WE!
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Flammenfreundin
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Beitrag19.04.2015 17:00

von Flammenfreundin
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Die angesprochenen Kritikpunkte habe ich nun abgeändert. Zudem eine Wortwiederholung im ersten Absatz. Smile


Mein lieber Hyacinth,

ich nehme es gleich vorweg: du bist nun gestorben. Deine Agonie kleidete sich formschön in kleinliche Bewegungen, gesteltzte Fingerübungen, bei denen kaum etwas brauchbares hervorkam. Die richtigen Worte, die du mir gewissermaßen immer eingeflüstert hattes, qäulten mich zum Schluss wie ein besseres Werbesprech. Ja, das halte ich dir zu Gute, dass ich versucht habe dein Ansehen auf meinem Papier, in meinem Notizbuch und im Textverarbeitungsprogramm zu verteidigen. Immer noch wollte ich dich schön haben wie einst. Dein edles Antlitz ehren. Mit der einstigen verschwenderischen Ekstase vor jeder Schriftstellerblockade prahlen.
Aber, nun muss ich es dir einfach noch einmal deutlich sagen, es wird nicht mehr.
Nein. Es ist vorbei.
Wahrscheinlich könnte man denken, eine Entschuldigung sei angebracht. Du hast mir ja nun eindrücklich geschildert, dass, ich bemerkte es im Vorfeld, deine Augen so traurig geworden seien, weil deine Frau lieber im Bett liegt, als den Verpflichtungen einer guten hausfrau nachzugehen. Gewissermaßen verstehe ich also, in welcher Lage du dich befindest. Deine Frau zerwühlt die Laken, weil diese Medikation sie niederstreckt. Man ist wohl recht einsam im Beisein einer verrückten Person. Sicher, ein normaler Mensch kann die Schwierigkeit dieser Lage  zumindes rational nachvollziehen.
Wenn es dir hilft, dann sage ich es dir nun. Es tut mir Leid.
Bitte sieh jedoch ein, dass meine Versuche, die schon zu einem beachtlichem Werk führten, auch Geschenke an dich waren. An Die Einmaligkeit deiner fast gottgegebenen Schönheit. Du bist schon schön.
Inzwischen erzittere ich aber nicht mehr vor deinem maskulinen Kiefer, den feminimen Augen, den breiten Schultern, schmalen Hüften - du entpuppst dich nun eher  als ein attraktives Exemplar eines beliebigen Mannes.
Es ist Verletzlichkeit in dein Wesen gedrungen. Mein Schreiben braucht eine solche sicher nicht. Wenn ich schreibe, dann muss der Taumel, der Rausch, die frohlockende Herrlichkeit eines allumfassenden Seins die sonst allzu braven Herzen meiner Leser ergreifen.
Mach dir also nichts drauß. Es ist besser für uns beide, wenn wir voneinander Abschied nehmen.
Richte bitte noch Grüße an deine liebreizende Frau aus.

Es verbleibt mit freundlichen Grüßen

Viola
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Gefühlsgier
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Beitrag19.04.2015 18:24

von Gefühlsgier
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Hey,

ja, das liest sich schöner. Schön war es aber davor auch schon.

Sehr gut gelungen:


Zitat:
[...]als den Verpflichtungen einer guten hausfrau nachzugehen


Damit kannst du den Haushalt umschreiben. Natürlich gibt es auch gewisse andere "Verpflichtungen" in einer Ehe und wenn die Frau deines LD an einer schweren psychischen Krankheit leidet, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass auch dieser Bereich in mitleidenschaft gezogen wird, was unter anderem auch ein Grund dafür war, dass dein LD deinem LI nicht ganz abgeneigt...Halt, halt!
Argh, ich verliere mich in einer schier endlosen Interpretationskette und zerrede noch alles! Shocked Embarassed *hust*

Aber das ist meiner Meinung nach schon ein gutes Zeichen, wenn ein Text das Gehirn in Bewegung bringt und man die Zeilen nicht einfach nur herunterliest.

Ansonsten habe ich dazu schon alles gesagt Smile

glg

Eins noch: Achtung,Achtung! Großschreibung. Ende der Durchsage, der Klugscheißer wird wieder in die Schublade gepackt. Deckel drauf.


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Flammenfreundin
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Beitrag19.04.2015 18:49

von Flammenfreundin
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Ja, verdammte Großschreibung! Menno! Menno...

Da kann ich nüschts mehr editieren, aber ich werde es BeRücksichtigen. Wink

Ansonsten, oh Mann, diese Komplimente immer. Embarassed Danke...

Gewissermaßen triffst du's mit deiner Interpretation. Ehrlich... habe gestern nach dem Text angefangen einen Plot für eine entsprechende Geschichte zu basteln. Es geht um eine Liebesgeschichte, die an den psychischen Leiden mindestens zweier Personen scheitert. Das LI fängt was mit dem LD an, das LD denkt, das LI wäre fitter als das Eheweib, aber im Grunde genommen dreht das LI auch ganz schön am Rad. *ggg* Drama, Baby!

Und einen schönen Abend dir!
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Gefühlsgier
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Beitrag19.04.2015 18:51

von Gefühlsgier
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ohjee, ohjeee... Shocked

Darf man gespannt bleiben?

Dir auch!


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Flammenfreundin
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Beitrag19.04.2015 19:02

von Flammenfreundin
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Also, wenn man (ich) es schafft am Ball zu bleiben, dann hoffe ich, dass ich jemanden damit reizen kann. Smile Ich habe allerdings ein gutes Gefühl mit der Idee. Muss natürlich noch überprüft werden.

Außerdem hab ich noch nie einen Plot geschrieben, bzw. auch keinen langen Prosatext, zumindest keinen Roman. Das Forum dürfte da hilfreich sein.

Aber ich halte dich gern auf dem Laufenden! (und gucke später mal deinen Kram an *neugierigist*)

Schönen Abend nochmal!
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Flammenfreundin
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Beitrag23.04.2015 15:29

von Flammenfreundin
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Mein Lieber Hyacinth,

wie sehr ich fürchte, dass dieser Brief seinen Weg ins Ungewisse findet. An sich sollst nur du ihn lesen, doch da ich zurzeit, du kennst es ja von mir, mit meinen nervösen Nerven kaum etwas zustande bringe, schreibe ich wohl vorerst für eine ominöse Vorstellung von deinem momentanen Wesen. Vielleicht sprechen diese Worte erst später, viel später zu dir. Vielleicht musst du dir irgendeines meiner grandiosen, zukünftigen, noch ungeschriebenen Bücher besorgen, in dem ich, ja, wie du weißt zentriert sich alles um meine Kunst, in der Hoffnung du seist mein Leser, diesen Text hineinsetze. Wenn du ihn nur finden könntest. Wer weiß, ob ich hier nicht umsonst bange...
Die alte Schwärmerei für dich liegt brach wie ein nostalgischer Kahn aus einer alten Zeit. Da meine Umstände sich momentan als zu widrig darstellen, um ein schönes Menschenwesen wie dich in mein Leben zu lassen, beschäftige ich mich mit meinen schreibenden Versuchen und Telefonaten mit alten Freunden. Etwas Liebes kann ich mir selbst kaum zusprechen. Wo mir auch niemand anderes etwas Zärtliches ins Ohr flüstert, lausche ich einem vulgären Dämon. Wie sehr ich einen Bannspruch gegen ihn zu kennen wünschte! Oder einen Priester, der gekonnt seinen Exorzismus an mir durchführt und das Mistvieh vertreibt. Niemand weiß einen Rat, der mich in meiner Ungeduld befriedigt. Es hilft wohl nur Zeit und ein gewisses, gesundes Handeln und vielleicht auch ein anderer Ort in dieser Stadt.
An sich befanden sich meine Sterne wohl in einer unglücklichen Konstellation. Manche Zeiten im Leben eignen sich besser für Begegnungen als andere. Ob ich jemals wieder in deinem Leben sein werde? Wer weiß. Die Frage stelle ich und erwarte keine Antwort.
Hyacinth, ich hoffe deiner lieben Anna ergeht es besser. Richte ihr doch meine Wünsche zur Genesung aus.

Träumend verbleibt

Viola
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Flammenfreundin
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Beitrag24.04.2015 16:02

von Flammenfreundin
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Nun, so grotte? *g* Gebt mir doch eine Chance, dass ich noch etwas verbessern kann!

Ein dritter Text ist in Arbeit. Aber immer ruhig Blut mit den verrückten Pferden, man muss sich da ja wohl ein wenig Zeit lassen. Smile
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Flammenfreundin
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Beitrag24.04.2015 18:48

von Flammenfreundin
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Nun doch noch ein Text. Ungeduld. Smile

Ach Hyacinth,

den letzten Brief hast du nun erhalten. Schon faltig klemmte er als Lesezeichen in Kafkas "Das Schloss", als wir uns zufällig begegneten. Du erklärst dich mir nicht, erscheinst mir wie mein eigenes Schloss, zu dem man gelangen will, sich dabei aber nur in einen Irrweg begibt. Verzeih mir diese literarische Anspielung, denn ich ahne ja, dass ein  Leben weniger kompliziert wirkt, als ein verästelter Roman.
Die Erzählungen über deine Frau, Anna, beunruhigen einerseits, deine Unrast wird verständlich sein. In ihrem Wahngebilde jedoch findet sich, auf eine irrsinnige Art eine tiefe, innere Wahrheit. So sehe ich es. Also lass es mich dir mitteilen.
Sie wähnt sich verfolgt. Ihre Sinne suggerieren ihr etwas, das uns anmutet wie eine komische verzerrte Form von Wirklichkeit, die unsinnig und verquer ihre Legitimation einbüßt. Diese Berichte vom abgehörten Telefon, einem roten Auto, dass ihr bedeutsam erscheint, dem Türklingeln besorgt Mitmenschen, die doch wohl eher Postboten sein dürften, der ständigen Konfrontation mit ihren, du nanntest sie so, Aufpassern - sie beunruhigen. Dabei scheint Anna jedoch nicht ihre eigene Treibjagd zu inszenieren, sondern ihre Rettung. Die Aufpasser achten auf sie, du erwähntest es, damit sie keine Dummheiten begeht, sich nicht verletzt. Sie, deinen Worten nach, versucht sich in ihrer eigenen Rettung. Es ist komisch, ja, aber irgendwie verständlich.
Die eingeleiteten Maßnahmen erscheinen mir sinnvoll.
Sie nimmt wieder Medikamente. Sie wartet auf einen Platz in der Tagesklinik. Sie beschäftigt sich selbst, soweit ihr Zustand es zulässt. Sie begibt sich in einem vernünftigen Maß unter Menschen.
Ich zumindest, auch wenn ich es nicht wissen kann, denke, die alte Anna wird wieder zurückkehren. In früheren Zeiten erlebte ich sie oft als fröhlich und patent.
Zuletzt ein Wort zu uns beiden Hyacinth. Unsere Beziehung scheint vertrackt. Wir kommunizieren nicht eindeutig und klar miteinander. Missverständnisse stehen im Raum und ich, ich sage es dir, ich bin derzeit nicht stark genug um für eine vertraute Atmosphäre zu sorgen. Da ich uns beiden gerecht werden möchte, kann ich dir nur ein einziges Versprechen geben. Das Versprechen mich zu melden, wenn ich wieder in eine gesunde Beziehung zu mir selbst getreten bin. Es kann Tage dauern. Wahrscheinlich aber eher Wochen. Fühle du dich auch frei zu antworten, wenn du es wünscht.

In freudiger Erwartung

Viola
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Flammenfreundin
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Beitrag27.04.2015 09:43

von Flammenfreundin
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Liebster Hyacinth,

nachdem wir uns nun schon wieder auf eine so verwirrend anmutende Art anschweigen, ersuche ich nun ein letztes Mal um Kontakt. Du wirst mir vielleicht nicht antworten. Du existierst nunmehr als eine Art Phantasmagorie, ein Trugbild, das den wirklichen Hyacinth ausschließt. So gestaltet sich mein Eindruck...
Tatsächlich leide ich unter  falschen Schlüssen und Folgerungen. Das Leben betreffend, dich betreffend. Hyacinth, die Erkenntnis, dass Warten in Bezug auf alle Dinge des Lebens, warten auch auf eine Begegnung mit dir, die teiltest du mir stets gütig lächelnd mit.
Vielleicht bin ich zu schwach.
Was ich fürchte? Deinen Zorn vielleicht. Wie ein kleines Kind verkrieche ich mich in sinnbildlicher Form unter einem Stuhl, kauere mich zusammen und hoffe auf besseres Wetter, was die Laune meiner Mutter angeht. Im Grunde genommen leide ich aber mehr unter dem Warten und unter den irren Vorstellungen, was du dir von mir so denken könntest.
Tatsächlich müsste ich mich nun aber langsam bewegen. Ich müsste handeln.
Was bringt es mir, mich hinter irgendeiner Diagnose zu verstecken, die ein gelangweilter Psychiater irgendwann beschlossen hat. Natürlich könnte ich fallen. Es wäre leicht. Der zweite Arbeitsmarkt in diesem Land fängt die gefallenen Gestalten sicher oft genug auf. Es gibt Kliniken, Medikamente, Betreuer. Was das Herz begehert, oder was es eigentlich nicht begehrt.
Im Grunde genommen habe ich mich entschlossen: aufstehen. Etwas zum besseren Wenden. Schreiben.
Vielleicht gelingt es mir, dich nun doch anzusprechen. Ich wünsche es mir.

Mit herzlichen Grüßen

Viola

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Flammenfreundin
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Beitrag07.06.2015 00:25

von Flammenfreundin
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Liebster Hyacinth,

das Leben wandelt sich. Nachdem ich in die Gespenster aus eigener Kraft niedergerungen habe, schwinge ich zum ersten Mal in meinem Leben in Freiheit. Dies hat eine etwas beängstigende Mischung aus Glück und Furcht zur Folge.  Es gibt keinen Halt im Außen. Die Aufgabe scheint zu sein, einen Halt in mir zu finden.
Du weißt um meine kleinlichen Verhältnisse. Sie gelangeten in der Vergangenheit direkt von meinem Kopf, hin zu den Füßen und Händen, zurück in den Kopf - ins Herz. So unfrei wie man mich eins gemacht habe, machte ich mich später selbst; du wehrtest dich hingegen gegen den zimplerlichen Krieg mit mir. Recht so!
Nun werde ich eine Zeit für mich sein. Mich um die verschiedenen  Belange meines Lebens kümmern. Mich sinnbildlich selbst an die Hand nehmen.
Dir und deiner Anna wünsche ich eine wundervolle Zeit.

Mit herzlichen Grüßen

Viola
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Einar Inperson
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Wohnort: Auf dem Narrenschiff


Beitrag07.06.2015 02:54

von Einar Inperson
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Flammenfreundin hat Folgendes geschrieben:
Liebster Hyacinth,

das Leben wandelt sich. Nachdem ich in die Gespenster aus eigener Kraft niedergerungen habe, schwinge ich [mich] zum ersten Mal in meinem Leben in [die]Freiheit. Dies hat eine etwas beängstigende Mischung aus Glück und Furcht zur Folge.  Es gibt keinen Halt im Außen. Die Aufgabe scheint zu sein, einen Halt in mir zu finden.
Du weißt um meine kleinlichen (?) Verhältnisse. Sie gelangeten in der Vergangenheit direkt von meinem Kopf, hin zu den Füßen und Händen, zurück in den Kopf - ins Herz. So unfrei wie man mich eins gemacht habe, machte ich mich später selbst; du wehrtest dich hingegen gegen den zimplerlichen Krieg mit mir. Recht so!
Nun werde ich eine Zeit für mich sein. Mich um die verschiedenen  Belange meines Lebens kümmern. Mich sinnbildlich selbst an die Hand nehmen.
Dir und deiner Anna wünsche ich eine wundervolle Zeit.

Mit herzlichen Grüßen

Viola


Hallo Flammenfreundin,

da für die Kürze des aktuellen Textes doch einige Fehler , Unklarheiten aufgefallen sind, habe ich dir meine Anmerkungen einmal farbig markiert.

rot: da scheinen mir Fehler rein gerutscht zu sein.
blau: Ergänzung
violettt: Wortwahl.

Aber vielleicht auch eine gute Gelegenheit einer Wortmeldung. Deinen ersten Brief an Hyacinth kannte ich schon, dann habe ich die Briefe aber etwas aus den Augen verloren. Eine spannende Geschichte einer schwierigen Dreiecksbeziehung und gleichzeitig der Kampf darum, das eigene Leben zu finden. So würde ich jetzt lesen. Den ersten Brief hatte ich noch als Schreiben einer Schriftstellerin an einen nicht mehr benötigten Charakter eines Romans verstanden. Ich bleibe dran.


_________________
Traurige Grüße und ein Schmunzeln im Knopfloch

Zitat: "Ich habe nichts zu sagen, deshalb schreibe ich, weil ich nicht malen kann"
Einar Inperson in Anlehnung an Aris Kalaizis

si tu n'es pas là, je ne suis plus le même

"Ehrfurcht vor dem Leben" Albert Schweitzer
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Flammenfreundin
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Beitrag07.06.2015 13:08

von Flammenfreundin
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Danke Einar Inperson!

Im Laufe des Tages werde ich mir deine Anmerkungen zu Herzen nehmen und eine Überarbeitung formulieren.
Es freut mich, dass meine Intention in deiner Lesart gut herauskommt. An sich handelt es sich bei den Briefen schon um die Ideenfindung zu einem Roman, jedoch entwickeln sie offenbar auch eine Eigenständigkeit.

ich wünsche dir eine schöne Zeit!
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