Alfred Bekker - Der Sohn der Halblinge

[Epiker]

Es ist ja allgemein bekannt, dass J.R.R. Tolkien mit seinen Hauptwerken "Der Hobbit" und "Herr der Ringe" das moderne Genre der Fantasy begründete und viele Fantasyautoren ihm nacheifern, bzw. Teile seiner Welt entlehnen.

Prinzipiell ist das ja auch nichts schlimmes ("Keine Geschichte ist neu, sie alle wurden früher schon einmal erzählt" wie es so schön heißt), jedoch was Alfred Bekker mit "Der Sohn der Halblinge" geschafft hat grenzt dermaßen an Frechheit und Einfallslosigkeit, dass diese direkte Billigkopie (Betonung auf "direkt") der Ringgeschichte Tolkiens eine eigene Rezesion verdient, damit nicht auch andere den Fehler machen und sich dieses Buch kaufen (das den ersten Band einer Trilogie bildet).

Handlung

Ein großer und dunkler Herrscher wurde einst gemeinsam mit seinen Orkarmeen an den Hängen eines besonderen Berges besiegt (aber nicht vernichtet) und sein Machtzentrum, ein dunkler Turm, zerstört. Eine Friedensperiode folgte bis zu den Tagen des Romanbeginns.
Plötzlich kommen immer mehr Orkhorden aus einem heißen, kahlen Land (begrenzt von einem großen Wachtor am Eingang) und setzen die Bewohner der Welt (vor allem die Halblinge/Hobbits) in Angst und Schrecken.
Schon bald ist klar; der dunkle Herrscher ist zurückgekehrt und sein Turm ist im kahlen Land wiedererrichtet. Seine Schergen, Orks und Schlimmeres, sammeln sich, um erneut ihrem Herrn zu dienen und die Welt zu verheeren.
Nur ein Mensch, ein Elf und zwei Hobbits haben jetzt noch die Möglichkeit die Welt zu retten...

Rezension
Wer jetzt denkt ich hätte versehentlich die Handlung von "Herr der Ringe" zitiert, der irrt, denn es ist tatsächlich die Handlung von "Der Sohn der Halblinge"!
Nur heißt alles ein bisschen anders, aus Sauron wird Ghool, der große Rat von Bruchtal wird "die Versammlung", Mordor heißt hier Hornechsenwüste, die Reiter von Rohan sind jetzt die Reiter von Rasal und das Schwarze Tor (bzw. Morannon) mutiert zum Orktor.

Leider jedoch entbehrt Bekkers Kopie jeglicher Tiefe, die Tolkiens Werk dermaßen faszinierend gemacht hat.
Auch der Schreibstil ist eher unteres Nieveau. Das gesamte Buch ist in simpelstem Pflichtschuldeutsch verfasst. Rückbezogene Reden werden übermäßig gebraucht, meiner Meinung nach viel zu viel.

Die direkten Reden allgemein sind allesamt sehr plump und slangmäßig verfasst. Sie neigen auch sehr gerne zu einer unangenehmen Überlänge.
Alle Figuren, gleich welcher Kultur oder welchen Rangs pflegen denselben lockeren, slanghaften Sprachstil, nirgendwo auch nur eine Spur von gehobener Sprache bzw. Sprachdiversität (eine Magd redet anders wie ein König, ein Zwerg anders als ein Elf).

Abgesehen von der offensichtlich (jedoch schlecht) kopierten Haupthandlung ist auch der Rest des Plots eine einzige Katastrophe.
Es gibt permanent massenhaft Zusatzinformationen zu allen möglichen Dingen, die die Handlung immer hoffnungslos auseinanderreissen, in keinster Weise etwas mit ihr zu tun haben und auch sonst völlig irrelevant sind und hinterher sofort wieder vergessen werden.

Was dem Buch nicht gerade zuträglich ist, sind seine detaillierten, stumpfen Gewaltdarstellungen. Vermutlich versuchte der Autor damit etwas von seiner katastrophalen Handlung zu retten (völlig misslungen).
Zum Beispiel gleich zu Beginn darf man in voller Länge und detailliert beschrieben von Blut und verspritzender Hirnmasse lesen während eines Orküberfalls.

Ereignisse geschehen plötzlich, unangekündigt und "einfach so". Beispielsweise ist in einem Moment noch alles wunderbar und dann auf einmal ist plötzlich Ghool "einfach so" herbeibeschworen und Orks quellen aus dem Orktor um die Welt zu überennen. Das Wie und Warum wird völlig weggelassen (im Gegensatz zu den Tonnen von nutzlosen Zusatzinfos).
Es wird nicht erklärt warum Ghool das alles macht, er macht es eben, "einfach so", weil irgendeinen Bösen muss die Geschichte ja haben und das ist er auch,er ist "einfach so" durch und durch böse.

Eigentlich ist die gesamte Handlung auch schon anhand der Episodentitel im Inhaltsverzeichnis ersichtlich (also wozu hunderte Seiten lesen, wenn es auch das Inhaltsverzeichnis tut?).

Was mich auch verwirrt hat, wie vorher schon erwähnt kommen plötzlich abertausende von Orks unangekündigt aus Ghools Reich durchs Orktor, wohlgemerkt aus einer Wüste (!)!!
Da frage ich mich wie wollen ganze Orkhorden, die in die 100.000e gehen sich jahrzehntelang in einer Wüste ernähren ohne Verluste zu leiden?
Oder hat sie Ghool plötzlich aus dem St. Nimmerleinsland herbeigezaubert?
Das bleibt die bei weitem unlogischte Sache im Buch, die mich die ganze Zeit während des Lesens beschäftigt hat.

Tolkien hatte sich wenigstens in seinem Werk um eine Erklärung bemüht (Die Kornkammer für Saurons Armee war das Gebiet rund um das Nurnenmeer, im Süden Mordors), doch Bekker fand das anscheinend nicht nötig.
Geht es nach der Karte und den Informationen aus dem Text, so leben 100.000 Orks und mehr in einer kargen Wüste ohne jedes Grün und ernähren sich offensichtlich nur von Staub und Luft...

Genauso komisch fand ich die Burg des Waldkönigs, in der die schon erwähnte "Versammlung" der Helden stattfand, die offensichtlich dem Großen Rat von Bruchtal nachempfunden wurde.
Die Burg des Waldkönigs besteht aus einem einzigen riesigen Turm mit Wolkenkratzerdimensionen und er besteht völlig (!) aus Holz.
Da darf aber keine Kerze aus Versehen umgestoßen werden oder noch besser, man betet inbrünstig bei der nächsten Belagerung, dass die feindliche Armee ihre Feuerpfeile zuhause vergessen hat...

Wie ich zu diesem Fehlkauf kam



"Man soll ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen!" dieses Zitat ist wahr wie ich mit Bekkers Halblings-Trilogie leider feststellen musste.
Das oben abgebildete Cover gehört zu Band 3 der Trilogie ("Der Befreier der Halblinge"). Ich habe es eines späten Nachmittags  in einem Thalia entdeckt und das Cover hat mich begeistert.
Es war einfach nur atemberaubend. Nach einer kurzen Information um was es im Buch (in Band 3) ging beschloss ich es mir zu kaufen und via Amazon auch Band 1 und 2 zu bestellen, damit ich die gesamte Trilogie lesen könnte.
Doch leider war die Ernüchterung schnell zur Stelle, nachdem ich die ersten Kapitel gelesen hatte, bis ich vollkommen abgebrochen habe (ungefähr in der Mitte von Band 1).

[Sue Rovia]

Danke für den Hinweis. Wird nicht gekauft.