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XIV. 08/09


 
 
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Longo
Geschlecht:männlichKlammeraffe
L

Alter: 34
Beiträge: 890



L
Beitrag18.07.2009 19:18
XIV. 08/09
von Longo
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Im Folgenden vierzehn unveröffentlichte Texte, hauptsächlich von diesem Jahr.


1.

Morgengrauen.
Das Meer ist ruhig.
Piotr blickt mich an.
Ich werfe das Bündel ins Meer.
Gluck.
Piotr rotzt ins Wasser, fragt:
"Kann er schwimmen?"
"Nein."
Piotr lacht.


2. Die Wendung

Ich stand an der Bushaltestelle,
Und blickte den Tafeln in die Augen.
Trostlose, kalte Augen.
Kratzer.
Tau.
Ich stieg in den Bus ein.


3.

Michael bestellte sich einen Wolkenkrater und setzte sich daneben. „Wieso wollen Sie einen Kassenbon?“, fragte er die Pennerin, die im Springbrunnen badete. „Ich hatte drei Söhne!“, rief sie und zersägte sich mit einer ausgeschalteten Kettensäge die rechte Augenbraue. Es wurde September und kalt. Drei Mönche gingen vorüber. Der eine trug einen orangenen Slip, der andere war eine Frau. „Wieso?“, dachte der Hund, der Sprechen gelernt hatte und aus dem Wolkenkratzer blickte. „Weil die Welt nicht so ist, wie sie ist“, sagte Michael, der sich ans Fensterbeet lehnte. Die zwei Mönche installierten eine Steckdose in einer Pfütze – drei, vier Elektroden - und zersägten der jung gewordenen Wasserleiche im Springbrunnen die linke Augenbraue. „Es wird Herbst“, sagte Michael, die Schiausrüstung packend. Michael tötete den Matrosen, der den Hund imitierte, tötete den Toast, den der Hund noch aß und versteckte den Kassenbon – im Falle eines Stromschlages. Natürlich.


4. Nichts

Betrachte die Welt,
Mit ihren Tieren, Wundern, Menschen,
Organismen,
Betrachte dich:
Du bist nichts -
Und alles ist nichts.


5. Im Park

Jörg sitzt auf der Bank. Im Park.
Drei Vögel fliegen über die Wiese.
Ein Radfahrer


6. Träumereien

Er schlief nicht gut.
Woran es lag, konnte niemand sagen.
Wahrscheinlich hatte er Angst.
Man kannte ihn nicht.


7.

Ich negierte, sprang die steile Treppe hinunter, erschrak.


8. Das Wort

Ich fülle die Hülse
Mit Allem,
Was ich ergreifen kann.

Es ist so,
Als ob
Man sich nicht schnell genug drehen könnte.

Man könnte verzweifeln,
Doch das ist es gerade.
Es ist alles.


9.

An einem Wochentag besuchte Ute ihren Sohn Uwe. Sie brachte ihm einen Kuchen vorbei, eine Flasche Rum. Sie setzten sich an den Fliesentisch, redeten, nach einer Stunde ging Ute, Termine. Uwe trank, alleine, ein Glas. Er lachte kurz, verließ später stumm seine Wohnung. Runter an den Imbiss, ein Bier, ein Gespräch mit Hartmut, wieder hoch. Fernseher an. Fernseher aus. Runter an den Imbiss. Ein Bier. Hartmut war immer noch da. Dann wieder hoch. Fernseher an. Runter an den Imbiss. Hartmut an. Zigarette aus. Fliesentisch. Immer noch da. Ute. Stummes Bier. Hartmut aus. Sie lachten kurz. Wieder Rum. An einem Wochentag.


10.

anm.1.
wenn gen. j. müller weiterhin s. dienst verwgt., wird er standrtl. ersch..
anm.2.
obiges gilt f. alle.

gez. meier.


11.

krebs



krebs


krebs

krebs
ich gehe zum doktor.
krebs
er untersucht mich.
krebs
blickt mich an.
krebs
sie haben krebs.
 
im endstadium.

tut mir leid.


12. Ingeborg (2008)

Ingeborg ist siebenundsiebzig, und hatte eine Glatze. Bis vor -
gestern jedenfalls. Jetzt trägt sie eine Perücke der Marke Joop.
Und da sitzt sie nun auf dem Balkon und bewundert in einem
Spiegel ihre blonde Haarpracht. "Wie schön."


13.

Meine kranke Mama liegt unten im kalten Wohnzimmer und
versucht ein wenig zu schlafen.
Ich sitze hier oben vor meinem Computer, leichter
Doublebass durch die Boxen.
Langsam drehe ich die Musik auf. Bis unten:
"Hey, mach' mal leiser" aus dem Flur ertönt.
"Ist ok Mum" sage ich und
drehe nach fünf Minuten wieder langsam die Musik
auf.


14.

vier räume. je eine person in einem raum und keine nahrung. der manager stoppt die zeit bis zum tod. gewebeproben, tabellen, buchveröffentlichungen.


MFG Longo

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Enfant Terrible
Geschlecht:weiblichalte Motzbirne

Alter: 30
Beiträge: 7278
Wohnort: München


Ein Fingerhut voller Tränen - Ein Gedichtband
Beitrag20.07.2009 19:10

von Enfant Terrible
Antworten mit Zitat

Ich bin sowas wie ein Fan deiner Texte, Longo, weil sie mir in ihrer abstrakten scheinbaren Zusammenhanglosigkeit doch sehr viel geben. Generell bin ich fasziniert von solchen Fragmentensammlungen.
Die Texte sagen mir was, auch wenn ich nicht immer genau sagen kann, was. Aber es fühlt sich auf eine verwirrende Weise gut an. Diese Fetzen erinnern mich sehr stark an mein Träume.
Es gehört viel Fantasie dazu, so viele verschiedene Szenen auf engstem Raum aufzugreifen und Ideen so knapp umzusetzen - dir ist es meines Erachtens gelungen. Natürlich sind die Fragmente sehr unterschiedlich und sehr durchwachsen - von Geschichten zu Gedichtsfetzen - aber dieses "unüberlegte" ist nur der erste Anschein.


_________________
"...und ich bringe dir das Feuer
um die Dunkelheit zu sehen"
ASP

Geschmacksverwirrte über meine Schreibe:
"Schreib nie mehr sowas. Ich bitte dich darum." © Eddie
"Deine Sprache ist so saftig, fast möchte man reinbeißen." © Hallogallo
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Nina
Geschlecht:weiblichDichterin


Beiträge: 5012
Wohnort: Berlin


Beitrag24.07.2009 13:41

von Nina
Antworten mit Zitat

hi longo,

sehr schöne auswahl. gefällt mir.

hatte beim lesen zu einem text gleich
assoziationen, und zwar diese:

deins:

4. Nichts

Betrachte die Welt,
Mit ihren Tieren, Wundern, Menschen,
Organismen,
Betrachte dich:
Du bist nichts -
Und alles ist nichts.

meins:

betrachte die welt
mit ihren türen
wundern und wesen
betrachte dich
du bist nichts
und alles
und alles ist nichts

ich geb dir acht federn. acht federn plus - d.h. fast eine neun.
weil mir die bilder so gut gefallen, die unterschiedlichkeit der
aneinander gereihten texte. die gefühle, die du erzeugst. man
wird beim lesen hindurchgetragen ohne irgendwo zu stolpern.
mir gefällts. etwas zur neun fehlt mir, ich kann es jedoch nicht
benennen. aber du bist sehr nah dran.

lg
nina


_________________
Liebe tut der Seele gut.
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