Die Entscheidung

[Amaryllis]

Liebe/r Inko,

leider hat es dein Text nicht in meine Punkteränge geschafft. Ich konnte mich nicht ganz mit ihm anfreunden, deine Charaktere bleiben für mich zu blass und gerade diesen Satz "Sie wollte keinen Fremdkörper in sich - etwas von ihr", der stößt mir irgendwie sauer auf. Das liegt vielleicht auch daran, weil darin ein Weltbild zum Ausdruck kommt, das mir total fremd ist und dass es deiner Prota eben wichtiger ist, ihren Willen durchzusetzen bzw. ihre Vorstellung vom Muttersein zu verwirklichen, als sich tatsächlich damit auseinander zu setzen, was es bedeutet, ein Kind großzuziehen.

Außerdem finde ich den Text sprachlich auch nicht herausragend, besonders die Formulierung "Mit zuckenden Schultern stand sie auf" hat mich da stolpern lassen, weil ich dann sofort ein Bild im Kopf habe, wie die Schultern von allein zucken, wie bei einer Marionette. Ich nehme an, du wolltest sagen, dass sie einmal mit den Schultern zuckt, während sie aufsteht oder? Dafür finde ich die Formulierung nicht präzise genug.

Es tut mir leid, dass ich kein positiveres Feedback für dich habe, vielleicht kannst du ja trotzdem etwas damit anfangen.

Liebe Grüße,
Ama

[Ithanea]

Ganz schön theatralisch von Karina, die unbefriedigende Kinderwunschdebatte mit einer Abwärtsspirale, in der man verschwindet, zu beschreiben. Aber wer ist nicht manchmal ein bisschen überdramatisch. (Ich schon.)
Leider hat es diese Geschichte nicht in meine Top Ten geschafft.

[anderswolf]

Nachvollziehbarer, weil wahrscheinlich schon oft dargestellter Konflikt: Frau will Kind, Mann hat offensichtlich verpasst, "Verhütung für Dummies" zu lesen.
Dass diese Geschichte einen zweieiigen Zwilling in diesem Wettbewerb hat, beweist die Gefahr von ausgelutschten Konflikten für den Autor, nur ein weiteres Echo eines bereits anderswo gehörten Klangs zu produzieren.
Hier gelingt keine Innovation, keine Überraschung. Im Gegenteil wirken einzelne Sätze in diesem Text selbst wie die Spirale in Karinas Körper: fremd. Es klingt nicht wie Sprache, die aus den Menschen hervorgeht, sondern als wären die Menschen um die Sätze geformt, die sie sagen sollten. Einerseits den aus Kaffeebecher, festem Blick sowie sich hebenden und wieder senkenden Armen bestehenden Konfrontations-Jochen, andererseits die deprimierte Jodeldiplom-Karina, deren Wunsch nach einem spannenderen Leben außerhalb dieser Langeweile das Einzige ist, was Leser und Protagonistin miteinander gemein haben.
Aber auch außerhalb des Dialogs gibt es holperige Formulierungen (" wie das Wasser strudelförmig in den Abfluss rauschte" statt "wie das Wasser in den Abfluss wirbelte" oder "strudelte", wenn man es lustig mag; "Genauso fühlte sie sich: kurz davor in einer Abwärtsspirale zu verschwinden" ist eine Folge des Spiralen-Themas, aber kein glaubhaftes Gefühl: man mag zwar das Gefühl haben, die Entwicklung einer Situation gleiche einem Teufelskreis, es mag alles immer schlimmer werden, manchmal hat man sicherlich auch das Gefühl, unsichtbar, unwichtig zu werden, aber in einer Spirale zu verschwinden klingt nicht nach etwas fühlbarem.)
Weitere Haken: Ist Jochens Tasse leer oder schwappt der Kaffee? Läuft das Wasser, während die beiden am Tisch sitzen, damit Karina später beim Ablaufen in den Strudel gucken kann? "Genauso fühlte sie sich" klingt direkt nach "Schneller, immer schneller" seltsam. Hob Jochen die Arme oder die Schultern? Wenn die Arme: nach vorne oder zur Seite, wie hoch, warum? Wäre es möglich, Dinge, die zuvor im Text schon geschrieben wurden, aber im letzten Abschnitt wieder aufgegriffen werden, mit anderen Formulierungen aufzuschreiben (bspw. "Er verstand es nicht." oder "Sie wollte keinen Fremdkörper in sich")?

Null Punkte.

[Piratin]

Hallo Ihr Kommentatoren,

Danke Euch fürs Lesen und natürlich Eure Anmerkungen. Ich habe mich ja nicht mit Ruhm bekleckert in der Gesamtwertung, umso mehr freue ich mich über die Kommentare und natürlich die Punkte von denjenigen, die mir welche gegeben haben und die ich mit meiner Geschichte erreichen konnte.
So, nun zu jedem Einzelnen und ich hoffe, so kann ich noch ein bisschen Klarheit für Karinas Entscheidung schaffen.
Viele Grüße
Piratin

@ Magnus Soter
Danke für das Lob für das Ende und natürlich für die sensationellen Punkte.

@ gold
Schade, dass es Dich nicht überzeugt hat. Ich wollte vermeiden, zu schreiben, dass sie den Wasserhahn aufdreht und dann abdreht, deshalb dachte ich, dass sie zur Spüle ging, würde reichen. Ja, das Bild mit den zuckenden Schultern war mir so klar, aber da bist Du nicht die Einzige, die das Bild für nicht gelungen hält.

@ shatgloom
Schön, dass Dir die Kürze gefallen hat – besonders das wollte ich diesmal versuchen: nicht die Worte bis ans Limit ausreizen.

@ Jenni
Schade, dass es Dich nicht überzeugt hat, und ja … ein bisschen profan ist sie vielleicht, wobei ich schon denke, dass insbesondere der Konflikt, den Karina mit sich selbst ausmacht, nicht wirklich banal ist.
Zum Show don’t Tell … vielleicht habe ich in letzter Zeit einfach zu viel lesen müssen, wo fast gar nichts von Show enthalten war.

@ Lapidar
Ja, wenn kein anderer Kerl gerade zur Verfügung steht – was will man machen. Aber, da es hier eine Momentaufnahme der Veränderung von Karina ist es bisher auch alles in Ordnung war, reagiert er einfach hilflos überrumpelt auf ihre Meinungsänderung. Eigentlich ist er kein so schlechter Kerl, nur gerade extrem von der Situation überfordert.

@ tronde
Schade, dass es Dir nicht gefallen hat. Ich finde schon, dass ein gleichförmiges Leben eine Abwärtsspirale ist, denn bei aller Gleichförmigkeit geht man langsam aber sicher seinem Lebensende entgegen, und das finde ich schon nahe bei „abwärts“.

@ Literättin
Ja, die Assoziation von der Spirale zum Wasserstrudel ist in Karinas Gedankenwelt aufgetaucht. Es hätte auch die Pille sein können, die sie absetzt, aber mir ging es um das Fremdkörpergefühl im Gegensatz zum heranwachsenden Leben

@Constantine
Schade, dass es Dich nicht überzeugt hat. Dass der Konflikt plötzlich kommt, habe ich der Aufgabenstellung genauso verstanden, „beginnt direkt mit dem Konflikt“. Dass Karina ein „Opfer“ ist, denke ich nicht. Sie war immer mit der Regelung glücklich und zufrieden. Warum Kondome für die beiden keine Alternative sind, hat sich in der Kürze des Textes nicht ergeben und ist auch nicht der Kern der Geschichte. Es geht um Karina, wie sie ihr Leben auf einmal empfindet und wie sie etwas ändern möchte.

@Dienstwerk
Schade, auch Dich habe ich genau mit diesem Augenblick nicht erreicht, denn um diesen ging es mir bei meiner Geschichte.

@ holg
Du hast es wohl auf den Punkt gebracht: Viel ich und wenig Wir. Wie oben schon mal geschrieben, ging es mir exakt darum: Karina und ihre Entscheidung.

@MShadow
Schön, dass Dir das Ende gefällt und insgesamt Dir sogar noch einen Punkt wert war, obwohl es Dich vom Hocker gefegt hat.

@Einar Inperson
Schade, dass es nicht fürs Punktesystem gereicht hat, aber ein Trost, dass es Federn gegeben hätte.

@BlueNote
Es freut mich sehr, dass ich Dich mit der Geschichte ansprechen konnte, wenn es auch eher der männliche Prota ist, dessen Sorgen Dir „nahegehen“. Danke für die Punkte.

@ rieka
Danke für das Lob für den lebendigen Dialog und „kleines Psychodrama“ gefällt mir besonders. Danke für die Punkte.

@ fancy
Toll, dass Dir meine Geschichte so gut gefallen hat, dass Du mir so viele Punkte gegeben hast.

@ Mermaid
Schade, dass Karinas Entscheidung Dich nicht berührt hat. Oben hatte ich bereits geschrieben, dass ich bewusst die Maximalwortzahl nicht ausschöpfen wollte.

@Kateli
Die „zuckenden Schultern“ haben nicht nur Dich gestört. Das mit „Wasserhahn abdrehen“ ist, trotz Deines Gefühls beim Lesen, korrekt. Auch der Duden gibt diesem den Vorzug vor „den Wasserhahn zudrehen“. Dass Jochen der Überrumpelte ist und eigentlich nur der Konfliktpartner von Karina ist, die vielmehr einen inneren Konflikt als einen äußeren austrägt, war so gewollt. Und am Ende sagt (brüllt sie ihm entgegen) sie ja auch, was sie möchte. Schade, dass es Dich nicht überzeugen konnte.

@ Nihil
Anhand der Kommentare und auch Deinem habe ich erkannt, dass meine Intention, Karinas Entscheidung und ihre Gefühlswelt als Hauptpunkt darzustellen, nicht gelungen ist. Es gab schon einen Kommentar bezüglich der Möglichkeit, Kondome zu verwenden, aber das ist nicht Karinas Dilemma und um Jochen geht es dabei nicht, es ist nur ihre Emotion und das was sie momentan bewegt. Schade, dass mir wohl nicht gelungen ist, dass im Text deutlich zu machen.

@Seraiya
Schön, dass es Dir gefallen hat.

@ Gießkanne
Noch jemand, dem der Schluss gefällt, das freut mich sehr. Tja, mit der Originalität ist das immer so eine Sache, da man nie weiß, ob auch andere etwas Ähnliches schreiben werden. Ich war fest davon überzeugt, dass es einige Tornados, Wasserstrudel, Slinkys und Weltraumgalaxien geben würde, weshalb ich dachte, dass ich mich da diesmal raushalte.

@Amaryllis
Da habe ich wohl neben dem starken Kinderwunsch vergessen, einzubinden, dass gerade, ein Kind großzuziehen, die Gleichförmigkeit durchbricht und ihr genau das Hoffnung gibt, in keine Abwärtsspirale zu kommen. Und ja „die zuckenden Schultern“ … Schade, dass es Dir nicht gefallen hat.

@ Ithanea:
Ja, theatralisch, aber auch ihr Dilemma, was sie zu einer Entscheidung zwingt, da sie sonst das Gefühl hat, ohne etwas hinterlassen zu haben, einfach zu verschwinden, als hätte es sie nie gegeben.

@ anderswolf
„Konfrontationsjochen“ trifft es ziemlich gut, denn er ist der Konfliktpartner, aber um ihn geht es überhaupt nicht (habe ich oben schon was zu geschrieben). Auch oben hatte ich mich geäußert, dass es Karina ist, die die Spiralform des verschwindenden Wasser als solche mit der ihr entnommenen Spirale assoziiert. Sie ist in einem Umbruch. Zu dem Wasser in der Spüle: Sie geht zur Spüle und ich dachte, ich könnte auf „Wasser einlaufen“ verzichten, da es klar ist. Genauso wollte ich nicht jede Kleinigkeit beschreiben (er hob die Arme, weil er sie offensichtlich in selbige nehmen wollte, es aber nicht tut – ob die Kaffeetasse noch Inhalt hat, spielt für die Geschichte keine Rolle). Schade, dass mein Text Dir nicht gefallen hat.