Manuskript mit alternativem Ende einreichen?

[Magnus Soter]

[PraetoriusCC]

So lange Du Dein Manuskript nicht als Buch auf den Markt schmeißt, kannst Du natürlich so viele Enden ausprobieren, wie Du lustig bist. Es kommt ja auch vor, dass man den Anfang nochmal umschreibt oder den Mittelteil beerdigt, weil der Schluss sich anders öffnet bzw. ergeben hat. Manchmal fällt einem das Ende zuerst ein, und sobald man den Rest dazugeschrieben hat, braucht man dieses Ende gar nicht mehr.
 
Ich würde aber als Autor schon deswegen nie ein Manuskript mit zwei Enden einreichen, weil ich als Verleger keine Lust auf den Stress hätte, mir erstmal eins davon raussuchen zu müssen.
Als Leser fände ich ein Buch mit zwei Enden ebenso kacke wie eins ohne Ende. Ich würde in beiden Fällen denken: Der Autor war zu faul, um seiner Geschichte ein Ende zu geben. Ein anständiges Ende, ob happy oder nicht, pinselt des Lesers Bauch, gibt der Geschichte die Ehre und ist daher des Schreibers Schuldigkeit. Es ist weiß Gott schlimm genug, was Musiker alles dürfen, wenn sie keinen vernünftigen Schluss hinkriegen.
Ein Buch ist ja kein Buffet, an dem ich als unbezahlter Salatier oder Chef de Speisenfolge schufte und mich mit Gedanken an Exklusivität oder Preisvorteile darüber hinwegtröste. Der Autor soll schreiben, und ich will lesen. Ich will mir nicht überlegen müssen, welches Ende besser ist oder wie die Story ausgeht.
Und wenn ich beim Lesen glaube, das Ende vorhersehen zu können, will ich nachher wissen, ob ich "richtig" gedacht habe. Daran lassen sich wiederum verschiedene Lesefreuden festmachen: Entspricht das Ende z. B. nicht meiner Vorhersage, kann ich entweder fröhlich denken, ich hätte da aber ein viel besseres Ende geschrieben, oder ich kann mich darüber freuen, was für ein kluger Autor das ist, der mich so überraschen konnte.

[Magnus Soter]

Hallo Christine,

ich hatte ja nur nach euren Meinungen gefragt, ob ich zwei Enden einreichen soll, oder lieber nicht. Von der Idee bin ich aber längst weg. Ich hatte ja von Anfang an selbst Zweifel daran.
Aber an verschiedene Agenturen je eine andere Version zu senden, dagegen dürfte doch nichts sprechen. Ich wäre mit der Veröffentlichung eines der beiden Enden in etwa gleichermaßen zufrieden. Der Leser weiß dann ja nicht, dass es auch anders hätte ausgehen können.

[Fjodor]

Jeder Schreiber ist natürlich ein bissel anders, aber für mich hört sichs so an, als hätte sich die Geschichte ihr Ende ausgesucht.

Aber wenn du überzeugt davon bist, dass beide Möglichkeiten gleichwertig sind, ist Dein Gedanke, beide Versionen auf die Reise zu schicken, durchaus originell.

[Magnus Soter]