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Fremde


 
 
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AkuRayumi
Geschlecht:weiblichErklärbär

Alter: 25
Beiträge: 1
Wohnort: Bremen


Beitrag22.10.2014 23:59
Fremde
von AkuRayumi
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Soo, nun habe ich es auch endlich geschafft meine Kurzgeschichte 'fertig' zu stellen. 'Fertig' in Anführungszeichen, weil ich die Geschichte unter (für mich viel zu hohem) Zeitdruck schreiben musste. Sie ist im Rahmen eines Deutschprojektes entstanden und wegen eben dieser Zeitknappheit nicht grade das Gelbe vom Ei.
Dennoch hoffe ich, sie gefällt euch. Ich würde mich riesig über Kritik und Verbesserungsvorschläge freuen. (:

___


Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.

Hier kannte ich jede Straße, jedes Haus, jede Person. Nur über mich wusste ich nichts, aber das tat auch sonst keiner. Die Menschen waren ausschließlich auf sich selbst fixiert. Möglichst mit niemandem reden. Nichts preisgeben. Geheimnisse bewahren. Die Fassade aufrecht erhalten.
 Und jeder wusste von dem anderen, aber kannte nur sich.

Ich wusste alles über die Menschen hier. Kannte sie besser als sie sich selbst.
Zum Beispiel wusste ich, dass Martha Kramer, aus dem 14. Haus an der Ecke des dritten Blocks, ihren Mann betrog. Jeden Mittwoch und Donnerstag, wenn er Überstunden machte, traf sie sich mit Jochen. Und jeden Mittwoch und Donnerstag saß sie noch spät Nachts, in eine rotbraune Stickdecke gehüllt, auf ihrem Balkon, weinte und redet mit sich selbst. Über ihren Mann und Jochen und sich.
Niemand hörte ihr zu. Nur ich stand manchmal in der Gasse gegenüber und lauschte ihrem Weinen.

Jochen war deutlich jünger als Martha. Er lebte zwei Blocks weiter, in der Nähe vom Park. Dort hatte er einmal einen Ausschnitt über einige, in die Jahre gekommene Models verloren. Jochen mochte ältere Frauen. Und den Park mochte er wohl auch, denn er war oft dort.

 Sein Vater sah ich kaum. Er war, wie Jochen selbst, selten zu Hause. Jochens Mutter lebte nicht mehr bei ihnen, vielleicht war sie auch tot. Das konnte ich nicht so genau sagen. Seine jüngere Schwester saß oft am Fenster. Eigentlich saß sie immer. Stehen oder gar laufen konnte sie nicht. Vor wenigen Tagen war sie neun Jahre alt geworden. Der Luftballon mit dem Aufdruck der Ziffer 9 hing noch an der Haustür.

In Jochens Park sah ich auch manchmal einen alten Mann. Einmal lief er ganz nah an mir vorbei. Er bemerkte mich nicht, aber ich sah den eingravierten Namen auf seinem Gehstock: Norbert.
Norbert kannte ich auch. Er war ein gebrechlicher und stets freundlich dreinschauender Rentner, der von Zeit zu Zeit die Tauben in besagtem Park fütterte. Jeden Morgen um exakt 6:25 Uhr, besuchte er seine Frau in der Klinik. Sie erkannte ihn nicht mehr und er erkannte sie auch nicht mehr. Trotzdem kam er immer wieder aufs Neue. Und ich, ich kannte beide schon seit langem.
Dass er ein schweres Alkoholproblem hatte, wusste seine Frau nicht. Nicht mal er selbst. Wusste nur ich.

Das alles beobachtete ich. Wusste ich. Ich kannte diese Menschen, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben.
Und sie wussten nichts. Sahen nichts. Ich war gar nicht da. Angepasst. Mit den Schatten der Stadt verschmolzen. Beobachtete. Lernte zu kennen.
Ich war hier zuhause und doch fremd. Ich wusste alles und doch entdecke ich immer neues. Lernte neues:

Würde Martha's Mann ihr mehr Zuneigung zeigen, hätte sie Jochen nie getroffen.
Hätte Jochen eine Mutter gehabt, würde er nicht die Nähe zu älteren Frauen suchen.
Würde der Vater sich nur mehr kümmern, säße Jochens Schwester nicht im Rollstuhl.
Und wäre Norbert kein Alkoholiker, hätte er den Unfall nicht gebaut und seine Frau läge nicht im Sterben.

Sie alle waren Fremde, die ich kannte. Von denen ich wusste, was sie richtig oder falsch machten. Doch das Recht, über sie zu urteilen hatte ich nicht. Das brauchte ich auch nicht. Mir reichte es, sie zu kennen.
Ich selbst war der einzige Fremde, den ich nicht kannte.

Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.
Aber Zuhause ist man kein Fremder. Ich bin es. Ein Fremder der kennt, aber auf ewig unerkannt bleibt.

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Nito
Leseratte
N


Beiträge: 105



N
Beitrag23.10.2014 02:20

von Nito
Antworten mit Zitat

Hallo AkuRayumi,

kurz vor dem Schlafengehen noch mal ins Forum geschaut und an deinem Text hängen geblieben. Mir geht's  jetzt vielleicht ähnlich, wie es dir und einigen deiner Mitklässlern ergangen ist, dass ich glaube, Kluges schreiben zu müssen zu einem Text, der für mich das Gelbe vom Ei ist, goldgelb und rund. Er berührt mich und stimmt mich nachdenklich, gut für die Träume dieser Nacht, die das Berührtsein und Nachdenken nicht beenden wird.

Gruß
Nito
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag23.10.2014 02:26
Re: Fremde
von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo AkuRayumi,

Herzlich Willkommen im Forum. Ja, unter Zeitknappheit etwas nach einer Vorgabe verfassen zu müssen, ist nicht sehr optimal, aber es kann dadurch der erste Schritt für etwas Schönes getan werden, den man ansonsten nicht genommen hätte.

Das Thema eurer Projektes ist "Selbstfindung/Identitätssuche", wenn ich mich richtig erinnere. Unter diesem Aspekt würde ich sagen, hast du einem Ansatz gewählt, in welchem dein Protagonist die Identitäten aller Stadtbewohner kennt, bloß die eigene ist unbekannt. In dieser Hinsicht würde mich interessieren, warum der Protagonist nichts über sich weiß: namenlos, gesichtslos, geschlechtslos, alterslos, ohne schulische Bildung oder doch, ohne eigene Vergangenheit usw. Dein Protagonist ist wie ein Phantom und das macht es schwierig für mich nachzuvollziehen, warum dein Protagonist so viel über die anderen Bewohner weiß, wissen möchte, warum ihn das Leben anderer mehr interessiert, als sein eigenes. Da fehlt mir die Motivation. Die Mystik, wie dein Protagonist an all das Wissen rankommt, stört mich nicht.

Warum fühlt sich dein Protagonist fremd in der eigenen Stadt, die sein Zuhause ist?
Die Beobachtungen und die miteinander verwobenen Schicksale finde ich gut und zeigen einen Mikrokosmos von Schein und Sein, mit deinem Protagonisten als Beobachter. So wie dein Protagonist die Mitmenschen analysiert, so blind ist er doch selbst, was seine Person angeht und so, wie ihn andere nicht wahrnehmen, nimmt er sich selbst nicht wahr. Damit hast du einen Gedanken in deiner Geschichte drin, die du meiner Meinung nach etwas mehr rausarbeiten könntest, um die Tragik deines Protagonisten etwas klarer zu zeigen. Kleine Details, wie z.B. dass er dem Rentner Norbert aus dem Weg gehen musste, weil dieser fasst in ihn reingelaufen wäre. Oder wenn er die weinende Martha, die ganz kurz in seine Richtung blickt, ihn aber nicht registriert. Kleinigkeiten, die diese "Unsichtbarkeit" mehr unterstreichen.

Zu deinem Text:
Du nennst Martha mit vollem Namen, belässt aber alle anderen Charaktere nur bei ihrem Vornamen. Das würde ich konsequenter machen und zumindest die Nachnamen von Jochen und Norbert erwähnen. (Vielleicht noch den Vornamen von Jochens Schwester und von Norberts Frau erwähnen, weil sie auch noch relevant für die Geschichte sind, aber da müsste man schauen, ob das nicht zu viele Namen für den kurzen Text wären)

AkuRayumi hat Folgendes geschrieben:

Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden. <-- Wer ist mit "manche" gemeint? Für mich passt das von der Logik der Geschichte nicht, weil dein Protagonist unerkannt in der Stadt ist. Würde ich weglassen.

Hier kannte ich jede Straße, jedes Haus, jede Person. Nur über mich wusste ich nichts, aber das tat auch sonst keiner. <-- diese Erkenntnis würde ich z.B. ans Ende der Geschichte legen. Hier kommt es mir zu früh und damit nimmst du der Geschichte ihren Spannungsbogen und deinem Protagonisten bereits die Tragik. Die Menschen waren ausschließlich auf sich selbst fixiert. Möglichst mit niemandem reden. Nichts preisgeben. Geheimnisse bewahren. Die Fassade aufrecht erhalten.
Und jeder wusste von dem anderen, aber kannte nur sich. <-- diesen Satz würde ich weglassen. Du hast bereits zuvor geschrieben, dass jeder nur auf sich selbst fixiert ist.

Ich wusste alles über die Menschen hier. Kannte sie besser als sie sich selbst.
Zum Beispiel wusste ich, dass Martha Kramer, aus dem 14. Haus an der Ecke des dritten Blocks <-- diese detaillierten Infos sind eigentlich unwichtig, da ich als Leser dazu keinen Bezug habe, und du könntest sie weglassen oder wenn du es behalten möchte, z.B. erwähnen, dass sie in dem Haus an der Ecke wohnte.  , ihren Mann betrog. Jeden Mittwoch und Donnerstag, wenn er Überstunden machte, traf sie sich mit Jochen. Und jeden Mittwoch und Donnerstag saß sie noch spät Nachts, in eine rotbraune Stickdecke gehüllt, auf ihrem Balkon, weinte und redete mit sich selbst. Über ihren Mann und Jochen und sich.
Niemand hörte ihr zu. Nur ich stand manchmal in der Gasse gegenüber und lauschte ihrem Weinen. <-- warum lauscht dein Protagonist? Was bringt es ihm?

Jochen war deutlich jünger als Martha. Er lebte zwei Blocks weiter, in der Nähe vom Park. Dort hatte er einmal einen Ausschnitt über einige, in die Jahre gekommene Models verloren. Jochen mochte ältere Frauen. Und den Park mochte er wohl auch, denn er war oft dort.

 Seinen Vater sah ich kaum. Er war, wie Jochen selbst, selten zu Hause. Jochens Mutter lebte nicht mehr bei ihnen, vielleicht war sie auch tot <-- würde ich weglassen. Dadurch, dass dein Protagonist alles über die Stadtbewohner weiß, müsste er wissen, ob die Mutter noch lebt oder nicht. . Das konnte ich nicht so genau sagen. Seine jüngere Schwester saß oft am Fenster. Eigentlich saß sie immer. Stehen oder gar laufen konnte sie nicht. <-- es kommt für mich nicht heraus, dass sie im Rollstuhl sitzt bzw. querschnittsgelähmt ist. Vor wenigen Tagen war sie neun Jahre alt geworden. Der Luftballon mit dem Aufdruck der Ziffer 9 hing noch an der Haustür.

In Jochens Park sah ich auch manchmal einen alten Mann. Einmal lief er ganz nah an mir vorbei. Er bemerkte mich nicht, aber ich sah den eingravierten Namen auf seinem Gehstock: Norbert. <-- ich finde den Einstieg hier könntest du überdenken. Dein Protagonist kennt den alten Mann und würde ihn meiner Meinung nach nicht zuerst als "alten Mann" nennen, sondern bei seinem Namen. Die Idee mit dem Namen auf dem Gehstock finde ich nicht schlecht, aber mir raubt es das Mystische an deinem Protagonisten, dass er jeden mit Namen kennt.
Norbert kannte ich auch. Er war ein gebrechlicher und stets freundlich dreinschauender Rentner, der von Zeit zu Zeit die Tauben in besagtem Park fütterte. Jeden Morgen um exakt 6:25 Uhr <-- sind schon so früh Besuchszeiten in der Klinik? , besuchte er seine Frau in der Klinik. Sie erkannte ihn nicht mehr und er erkannte sie auch nicht mehr. <-- für mich stimmt das was von der Logik nicht: Norbert ist Alkoholiker und er erinnert sich an seine Frau, aber er erkennt sie nicht mehr? Welchen Schaden die Frau seit dem Unfall hat, weiß man auch nicht, denn sie erkennt Norbert auch nicht. Ist mit "erkennen" "erinnern" gemeint? Trotzdem kam er immer wieder aufs Neue. Und ich, ich kannte beide schon seit langem.
Dass er ein schweres Alkoholproblem hatte, wusste seine Frau nicht. Nicht mal er selbst. Wusste nur ich. <-- das ist klar und kannst du weglassen.

Das alles beobachtete ich. Wusste ich. Ich kannte <-- diese Wiederholungen kannst du weglassen. Etwas weiter unten reicht für mich das "Beobachtete" vollkommen aus für das Bild. diese Menschen, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben.
Und sie
wussten nichts. Sahen nichts. Ich war gar nicht da. Angepasst. <-- was ist mit "angepasst" gemeint? Wenn du damit den Folgesatz meinst, dann könntest es weglassen, denn das Bild mit den Schatten der Stadt zu verschmelzen gefällt mir besser. Mit den Schatten der Stadt verschmolzen. Beobachtete. Lernte zu kennen.
Ich war hier zuhause und doch fremd. Ich wusste alles und doch entdecke ich immer neues. <-- würde ich weglassen, weil es mir zu früh kommt und du am Ende nochmal das gleiche schreibst mit dem Gedanken des zuhause und des Fremdseins. Lernte neues Erkannte die Wahrheit hinter den Geheimnissen:

Würde Martha's Mann ihr mehr Zuneigung zeigen, hätte sie Jochen nie getroffen.
Hätte Jochen eine fürsorgliche Mutter gehabt, würde er nicht die Nähe zu älteren Frauen suchen.
Würde der Vater sich nur mehr kümmern, säße Jochens Schwester nicht im Rollstuhl. <-- diesen Zusammenhang verstehe ich nicht.
Und wäre Norbert kein Alkoholiker, hätte er den Unfall nicht gebaut und seine Frau läge nicht im Sterben.
<-- diese Erklärungen würde ich weglassen. Du nimmst damit deiner Geschichte und den Lesern die Möglichkeit über das Dargestellte selbst nachzudenken und sich selbst ein Bild zu machen. Hier kommt eine Form von Moral bzw. Urteil, die mich erneut zur Frage der Motivation deines Protagonisten bringt, die ich nicht beantwortet bekomme. Ihm steht das Recht des Urteilens nicht zu, und doch urteilt er hier. Das passt für mich nicht. Mit diesen Zeilen nimmst du meiner Meinung nach deiner Geschichte den Wind.

Sie alle waren Fremde, die ich kannte. Von denen ich wusste, was sie richtig oder falsch machten. Doch das Recht, über sie zu urteilen hatte ich nicht. Das brauchte ich auch nicht. Mir reichte es, sie zu kennen.
Ich selbst war der einzige Fremde, den ich nicht kannte.

Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.
Aber Zuhause ist man kein Fremder. Ich bin es. Ein Fremder der kennt, aber auf ewig unerkannt bleibt. <-- vielleicht auch etwas zu viel Erklärung, aber ok.


Vielleicht ist etwas Hilfreiches für dich dabei.
Gute Idee, noch ein wenig dran feilen. bleib am Ball. Ich finde, du hast eine gute Beobachtungsgabe und kannst dich in die Figuren hineinversetzen. Prima.

LG,
Constantine
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Rainer Zufall
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Alter: 70
Beiträge: 801

Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag23.10.2014 11:04

von Rainer Zufall
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Hallo,
sprachlich hat dir Constantine schon ganz viel gesagt. Brauch ich also nicht.
Ich will dir nur rasch sagen, dass ich deine Geschichte sehr schön finde. Sie ist unrund und holprig, müsste überarbeitet und zugespitzt und auf den Punkt gebracht werden und und und. Ja, alles das und noch viel mehr. Aber was solls. Sie ist auch sehr berührend und einfühlsam. Voller Beobachtungsgabe, voller Sensibilität  und mit einem verdammt guten Blick. Gefällt mir von daher ausgezeichnet. Hut ab.
Kein sehr konstruktiver Kommentar, ich weiß, aber so eine kleine Lobeshymne ist ja auh manchmal nicht schlecht. Ich hoffe echt, du schreibst weiter, auch wenn du nicht "gezwungen bist".
Viele Grüße von Zufall.
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lupus
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Beitrag23.10.2014 12:03
Re: Fremde
von lupus
Antworten mit Zitat

gute Idee, guter Ansatz, nicht schlecht geschrieben.

Ansatz: du baust deine Geschichte auf der Diskrepanz zwischen 'wissen über' (Äußerlichkeiten) und 'kennen' (Persönliches) auf, ziehst aber diese Gegenüberstellung nicht konsequent durch. Möglicherweise ist das dem Zeitdruck geschuldet. (dazu an alle: wenn das die Erkenntnis sein sollte aus dem Projekt, dass nämlich gute Texte sehr viel intensive Arbeit und niemals(!) in wenigen Tagen/Stunden zu stemmen sind, dann ist schon einmal ein ziemlicher Schritt vorwärts gemacht.)

nicht schlecht geschrieben: stilistisch ist das tatsächlich ziemlich gut. Satzlängen sind gut gewählt, -strukturen sind variiert soweit in der Kürze machbar. Aber: abgesehen von dem o.a. kleinen Problem: da steht zu viel drin, es finden sich einige Redundanzen. (ich streich die jetzt einmal ohne Begründung einfach raus)

AkuRayumi hat Folgendes geschrieben:


Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.

Hier kannte ich jede Straße, jedes Haus, jede Person. Nur über mich wusste ich nichts, aber das tat auch sonst keiner. Die Menschen waren ausschließlich auf sich selbst fixiert. Möglichst mit niemandem reden. Nichts preisgeben. Geheimnisse bewahren. Die Fassade aufrecht erhalten.
 Und jeder wusste von dem anderen, aber kannte nur sich.

Ich wusste alles über die Menschen hier. Kannte sie besser als sie sich selbst.
Zum Beispiel wusste ich, dass Martha Kramer, aus dem 14. Haus an der Ecke des dritten Blocks, ihren Mann betrog. Jeden Mittwoch und Donnerstag, wenn er Überstunden machte, traf sie sich mit Jochen. Und jeden Mittwoch und Donnerstag saß sie noch spät Nachts, in eine rotbraune Stickdecke gehüllt, auf ihrem Balkon, weinte und redet mit sich selbst. Über ihren Mann und Jochen und sich.
Niemand hörte ihr zu. Nur ich stand manchmal in der Gasse gegenüber und lauschte ihrem Weinen.

Jochen war deutlich jünger als Martha. Er lebte zwei Blocks weiter, in der Nähe vom Park. Dort hatte er einmal einen Ausschnitt über einige, in die Jahre gekommene Models verloren. außerdem verstehe ich den satz nicht Jochen mochte ältere Frauen. Und den Park mochte er wohl auch, denn er war oft dort.

 Seinen Vater sah ich kaum. Er war, wie Jochen selbst, selten zu Hause. Jochens Mutter lebte nicht mehr bei ihnen, vielleicht war sie auch tot. Das konnte ich nicht so genau sagen. Seine jüngere Schwester saß oft am Fenster. Eigentlich saß sie immer. Stehen oder gar laufen konnte sie nicht. das ist sehr gut: du schreibst nicht explizt worum es geht, aber es ist völlig kler Vor wenigen Tagen war sie neun Jahre alt geworden. Der Luftballon mit dem Aufdruck der Ziffer 9 hing noch an der Haustür.

ein bisserl länger könnten die Sätze zwischendurch schon sein

In Jochens Park sah ich auch manchmal einen alten Mann. Einmal lief er ganz nah an mir vorbei. Er bemerkte mich nicht, aber ich sah den eingravierten Namen auf seinem Gehstock: Norbert.
Norbert kannte ich auch. Er war ein gebrechlicher und stets freundlich dreinschauender Rentner, der von Zeit zu Zeit die Tauben in [s]besagtem Park[/s] fütterte. Jeden Morgen um exakt 6:25 Uhr, besuchte er seine Frau in der Klinik. Sie erkannte ihn nicht mehr und er erkannte sie auch nicht mehr. Trotzdem kam er immer wieder aufs Neue. Und ich, ich kannte beide schon seit langem.
Dass er ein schweres Alkoholproblem hatte, wusste seine Frau nicht. Nicht mal er selbst. Wusste nur ich. is klat, sonst könnte es das ICH nicht schreiben

Das alles beobachtete ich. Wusste ich. Ich kannte diese Menschen, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben. steht alles schon da
Und sie wussten nichts. Sahen nichts. Ich war gar nicht da. Angepasst. Mit den Schatten der Stadt verschmolzen. Beobachtete. Lernte zu kennen.
Ich war hier zuhause und doch fremd. Ich wusste alles und doch entdecke ich immer neues. Lernte neues: der Absatz ist besonders verwirrend

Würde Martha's Mann ihr mehr Zuneigung zeigen, hätte sie Jochen nie getroffen.
Hätte Jochen eine Mutter gehabt, würde er nicht die Nähe zu älteren Frauen suchen.
Würde der Vater sich nur mehr kümmern, säße Jochens Schwester nicht im Rollstuhl.
Und wäre Norbert kein Alkoholiker, hätte er den Unfall nicht gebaut und seine Frau läge nicht im Sterben.

Sie alle waren Fremde, die ich kannte. Von denen ich wusste, was sie richtig oder falsch machten. Doch das Recht, über sie zu urteilen hatte ich nicht. impliziert die Aufteilung in 'richtig' und 'falsch' nicht schon das 'Richten'? Das brauchte ich auch nicht. Mir reichte es, sie zu kennen.
Ich selbst war der einzige Fremde, den ich nicht kannte.

Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.
Aber Zuhause ist man kein Fremder. Ich bin es. Ein Fremder der kennt, aber auf ewig unerkannt bleibt. wie gesagt: die 'kennen-wissen-Gegenüberstellung' klarer bedenken


fazit: unbedingt überarbeiten, dann wird was draus.

lgl


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gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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holg
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Beitrag23.10.2014 12:29
Re: Fremde
von holg
Antworten mit Zitat

Hallo AkuRayumi.
deine Geschichte gefällt mir gut.
Eine beinahe schon mystische Gestalt bewegt sich in "ihrer" Stadt, beobachtet die Menschen so genau, dass sie sie zu kennen glaubt, ihre Geheimnisse, ihr Leben. Gleichzeitig ist sie sich selbst fremd, steht neben sich, vermisst eine eigene Identität, da sie Identität als Erkennen, als Zugehörigkeit definiert.

Dabei hast du meiner Meinung nach viel richtig gemacht, vor allem deinen eigenen Stil, diene eigene Sprache gefunden.

Kritik und Vorschläge schreibe ich einfach in deinen Text rein.

 
AkuRayumi hat Folgendes geschrieben:
Soo, nun habe ich es auch endlich geschafft meine Kurzgeschichte 'fertig' zu stellen. 'Fertig' in Anführungszeichen, weil ich die Geschichte unter (für mich viel zu hohem) Zeitdruck schreiben musste. Sie ist im Rahmen eines Deutschprojektes entstanden und wegen eben dieser Zeitknappheit nicht grade das Gelbe vom Ei.
Dennoch hoffe ich, sie gefällt euch. Ich würde mich riesig über Kritik und Verbesserungsvorschläge freuen. (:
Das gehört nicht zum Text, hat deswegen hier nichts zu suchen. Wenn du das Deutschprojekt erwähnst, nenne auch das Thema. Grundsätzlich wirken solche "Vorworte" wie vorauseilende Entschuldigungen für Versäumnisse bei der Schreibarbeit. Das kommt nicht gut an. Und lässt das Urteil des Lesers nicht milder ausfallen. Im Gegenteil. "Wenn du nicht von deiner Geschichte überzeugt bist, warum belästigst du mich dann damit."
Also Weg damit.


___


Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.Hier spricht nur einer.

Hier kannte ich jede Straße, jedes Haus, jede Person. Nur über mich wusste ich nichts, aber das tat auch sonst keiner. Das nimmt zuviel vorweg. Die Menschen waren ausschließlich auf sich selbst fixiert. Möglichst mit niemandem reden. Nichts preisgeben. Geheimnisse bewahren. Die Fassade aufrecht erhalten.
 Und jeder wusste von dem anderen, aber kannte nur sich.

Ich wusste alles über die Menschen hier. Kannte sie besser als sie sich selbst.
Zum Beispiel wusste ich, dass Martha Kramer Alle mit Nachnamen oder keinen, aus dem 14. Haus an der Ecke des dritten Blocks, Das ist eine sehr seltsame Ortsbeschreibung. Wie wärs mit einer Adresse. Oder etwas kürzerem. drittes Obergeschoß, an der Ecke gegenüber der stillen Gasse. oder so. ihren Mann betrog. Jeden Mittwoch und Donnerstag, wenn er Überstunden machte, traf sie sich mit Jochen. Und jeden Mittwoch und Donnerstag saß sie noch spät Nachts, in eine rotbraune Stickdecke gehüllt, auf ihrem Balkon, weinte und redete mit sich selbst. Über ihren Mann und Jochen und sich.
Niemand hörte ihr zu. Nur ich stand manchmal in der Gasse gegenüber und lauschte ihrem Weinen. Das ist stark. Ich würde da nichts erklären oder weiter ausführen. Das Bild spricht mMn für sich.

Jochen war deutlich jünger als Martha. Er lebte zwei Blocks weiter, in der Nähe vom Park. Dort hatte er einmal einen Zeitungs-(?)Ausschnitt über einige, in die Jahre gekommene Models verloren. Jochen mochte ältere Frauen. Und den Park mochte er wohl auch, denn er war oft dort.

Seinen Vater sah ich kaum. Er war, wie Jochen selbst, selten zu Hause. Jochens Mutter lebte nicht mehr bei ihnen, vielleicht war sie auch tot. Die Stelle hat es in sich. Hier lese ich zum ersten mal, dass der Protagonist doch nicht alles weiss. Das widerspricht der Aussage weiter oben. Wenn das beabsichtigt ist, dann lass es so stehen (ohne das "auch"). Wenn nicht, dann streich den "vielleicht"-Satz. Der nächste Satz ist redundant und kann weg.Das konnte ich nicht so genau sagen. Seine jüngere Schwester saß oft am Fenster. Eigentlich saß sie immer.  Sie saß immer. Mach eine Aussage draus. Auf eigentlich folgt mental immer ein "aber". Stehen oder gar laufen konnte sie nicht. Vor wenigen Tagen war sie neun Jahre alt geworden hatte sie Geburtstag. Der Luftballon mit (dem Aufdruck) der Ziffer 9 hing noch an der Haustür.

Imn Jochens Ist schon klar, dass das der gleiche Park ist Park sah ich auch manchmal einen alten Mann. Einmal lief er ganz nah an mir vorbei. Er bemerkte mich nicht, aber ich sah den eingravierten Namen auf seinem Gehstock: Norbert.
Norbert kannte ich auch. Das zeigst du ja jetzt. Er war ein gebrechlicher und stets freundlich dreinschauender Rentner, der von Zeit zu Zeit die Tauben in besagtem Park fütterte. Sein Name war in eine Plakette an seinem Stock eingraviert. jeden Morgen um exakt 6:25 Uhr, besuchte er seine Frau in der Klinik. Sie erkannte ihn nicht mehr und er erkannte sie auch nicht mehr. Das kann er Prota nicht wissen. Trotzdem kam er immer wieder aufs Neue. Und ich, ich kannte beide schon seit langem.
Dass er ein schweres Alkoholproblem hatte, wusste seine Frau nicht. Nicht mal er selbst. Wusste nur ich. Woher? Sein Atem roch...

Das alles beobachtete ich. Wusste ich. Ich kannte diese Menschen, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben.
Und sie wussten nichts. Sahen nichts. Ich war gar nicht da. Angepasst. Mit den Schatten der Stadt verschmolzen. Beobachtete. Lernte zu kennen.
Ich war hier zuhause und doch fremd. Ich wusste alles und doch entdecke ich immer neues. Lernte neues:
Das ist eine schwierige Kiste. Dein Prota sagt, er habe nicht das Recht zu urteilen. Der folgende Abschnitt legt genau das aber sehr nahe. Hätte er dies nicht getan, wäre das nicht passiert. Das klingt, wenn nicht nach Urteil zumindest nach Anschuldigung. Ist da Schuld dein Thema? Identität durch Schuld? Näh, das täte der Geschichte nicht gut. Identität durch Leid? Das könnte funktionieren, denn alle leiden. Dann musst du aber ein wenig umformulieren und weniger anklagend wirken. Vielleicht wäre es am einfachsten und der Geschichte am bekömmlichsten, hier nochmal Details zu nennen, die die einzelnen Figuren besonders kennzeichnen. Ganz ohne auf Schuld oder ihr Leiden zu verweisen. Ein Beispiel:
Dass eine Häkeldecke fehlende Nähe nur unzureichend ersetzt.
Dass eine Hand, die am Gehstock zittert, auch ein Lenkrad nicht sicher halten kann.

Und dann, am Schluss wieder ein Satz, der sich auf den Protagonisten bezieht und sein Fremdsein, seine Identitätssuche.


Würde Martha's Mann ihr mehr Zuneigung zeigen, hätte sie Jochen nie getroffen.
Hätte Jochen eine Mutter gehabt, würde er nicht die Nähe zu älteren Frauen suchen.
Würde der Vater sich nur mehr kümmern, säße Jochens Schwester nicht im Rollstuhl.
Und wäre Norbert kein Alkoholiker, hätte er den Unfall nicht gebaut und seine Frau läge nicht im Sterben.

Sie alle waren Fremde, die ich kannte. Von denen ich wusste, was sie richtig oder falsch machten. Doch das Recht, über sie zu urteilen hatte ich nicht.  Das brauchte ich auch nicht. Mir reichte es, sie zu kennen.
Ich selbst war der einzige Fremde, den ich nicht kannte.

Diese Stadt. Meine Stadt.
Mein Zuhause, wie manche sagen würden.
Aber Zuhause ist man kein Fremder. Ich bin es. Ein Fremder der kennt, aber auf ewig unerkannt bleibt.


Ich muss mal Schluss machen. Es juckt mir zu sehr in den Fingern, selbst einen Schluss für die Geschichte zu schreiben. Aber das ist deine Story, dein Thema, das wirklich gut rübergebracht wird. Am Schluss läuft es dir mMn ein wenig aus der Richtung, aber ich glaube, du kriegst das hin.

Bleib dran. Es lohnt sich.

Holg


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Why so testerical?
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seitenlinie
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Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag23.10.2014 13:39

von seitenlinie
Antworten mit Zitat

Zitat:
Diese Stadt. Meine Stadt.
 Mein Zuhause, wie manche sagen würden.

 Hier kannte ich jede Straße, jedes Haus, jede Person. Nur über mich wusste ich nichts, aber das tat auch sonst keiner. Die
Menschen waren ausschließlich auf sich selbst fixiert. Möglichst mit niemandem reden. Nichts preisgeben. Geheimnisse bewahren.
Die Fassade aufrecht erhalten.
  Und jeder wusste von dem anderen, aber kannte nur sich.
Lass es den Leser selbst entdecken/interpretieren.

 Ich wusste alles über die Menschen hier. Kannte sie besser als sie sich selbst.
 Zum Beispiel wusste ich, dass Martha Kramer, aus dem 14. Haus an der Ecke des dritten Blocks, ihren Mann betrog. Jeden
Mittwoch und Donnerstag, wenn er Überstunden machte, traf sie sich mit Jochen. Und jeden Mittwoch und Donnerstag saß sie noch
spät Nachts, in eine rotbraune Stickdecke gehüllt, auf ihrem Balkon, weinte und redet mit sich selbst. Über ihren Mann und Jochen
und sich.
 Niemand hörte ihr zu. Nur ich stand manchmal in der Gasse gegenüber und lauschte ihrem Weinen.

 Jochen war deutlich jünger als Martha. Er lebte zwei Blocks weiter, in der Nähe vom Park. Dort hatte er einmal einen Ausschnitt
über einige, in die Jahre gekommene Models verloren. Jochen mochte ältere Frauen. Und den Park mochte er wohl auch, denn er
war oft dort.

  Seinen Vater sah ich kaum. Er war, wie Jochen selbst, selten zu Hause. Jochens Mutter lebte nicht mehr bei ihnen, vielleicht war
sie auch tot. Das konnte ich nicht so genau sagen. Seine jüngere Schwester saß oft am Fenster. Eigentlich saß sie immer. Stehen
oder gar laufen konnte sie nicht. Vor wenigen Tagen war sie neun Jahre alt geworden. Der Luftballon mit dem Aufdruck der Ziffer 9
hing noch an der Haustür.

 In Jochens Park sah ich auch manchmal einen alten Mann. Einmal lief er ganz nah an mir vorbei. Er bemerkte mich nicht, aber ich
sah den eingravierten Namen auf seinem Gehstock: Norbert. (Laufen klingt zu forsch für einen gebrechlichen Rentner)
 Norbert kannte ich auch. Er war ein gebrechlicher und stets freundlich dreinschauender Rentner, der von Zeit zu Zeit die Tauben in
besagtem Park fütterte. Jeden Morgen um exakt 6:25 Uhr, besuchte er seine Frau in der Klinik. Sie erkannte ihn nicht mehr und er
erkannte sie auch nicht mehr. Trotzdem kam er immer wieder aufs Neue. Und ich, ich kannte beide schon seit langem.
 Dass er ein schweres Alkoholproblem hatte, wusste seine Frau nicht. Nicht mal er selbst. Wusste nur ich.

 Das alles beobachtete ich. Wusste ich. Ich kannte diese Menschen, ohne sie jemals kennen gelernt zu haben.
 Und sie wussten nichts. Sahen nichts. Ich war gar nicht da. Angepasst. Mit den Schatten der Stadt verschmolzen. Beobachtete.
Lernte zu kennen.
 Ich war hier zuhause und doch fremd. Ich wusste alles und doch entdecke ich immer neues. Lernte neues:

 Würde Martha's Mann ihr mehr Zuneigung zeigen, hätte sie Jochen nie getroffen.
 Hätte Jochen eine Mutter gehabt, würde er nicht die Nähe zu älteren Frauen suchen.
 Würde der Vater sich nur mehr kümmern, säße Jochens Schwester nicht im Rollstuhl.
Und wäre Norbert kein Alkoholiker, hätte er den Unfall nicht gebaut und seine Frau läge nicht im Sterben.
(Kein „und“, die Aufzählung könnte theoretisch fortgesetzt werden.)

 Sie alle waren Fremde, die ich kannte. Von denen ich wusste, was sie richtig oder falsch machten. Doch das Recht, über sie zu
urteilen hatte ich nicht. Das brauchte ich auch nicht. Mir reichte es, sie zu kennen.

Ich selbst war der einzige Fremde, den ich nicht kannte.

 Diese Stadt. Meine Stadt.
 Mein Zuhause, wie manche sagen würden.

Aber Zuhause ist man kein Fremder. Ich bin es. Ein Fremder der kennt, aber auf ewig unerkannt bleibt.


Gefällt mir sehr gut. Die Geschichten werden angedeutet, ein Teil unserer Fantasie überlassen. Und es schwingt einiges zum
Nachdenken mit. Aus der Distanz fühlt sich Leben anders an, manches sogar klarer, vertrauter ...  

Ein paar Dinge habe ich gestrichen. Die Wirkung kann stärker sein, wenn etwas nicht ausgesprochen wird.
Aber das sind nur Vorschläge. Entscheiden musst du selbst.
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Papa Schlumpf
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Alter: 64
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Wohnort: Friedersdorf


Beitrag23.10.2014 22:15

von Papa Schlumpf
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Hallo,AkuRayumi,
für meine Begriffe der Beste Text zum Thema, den ich bisher las.
Da sucht jemand nach sich und findet die anderen, die so sind, wie er nicht sein will, sich selbst aber kann er so nicht finden.
Inhaltlich ein richtiger Hammer, mit einer philosophischen und psychologischen Dimension, die es in sich hat. Liebevoll und geschickt gemacht mit der Klammer vom ersten zum letzten Satz, intensiv beobachtet und auch stilistisch ordentlich gearbeitet, zu den Kritikpunkten haben die Vorposter schon ausreichend gelästert. Dem Meisten kann ich folgen.
Liebe AkuRayumi, nach solchem Einstand: Können wir auf Weiteres gespannt sein? Schön wär's.
Danke für die Story!
Papa Schlumpf


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firstoffertio
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Beitrag23.10.2014 23:46

von firstoffertio
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Das ist gut und nicht schlecht geschrieben.
Vor allem wirft der Text auch bewusst Fragen auf.

Zum Beispiel: Wieso schreibst du zweimal: "wie manche sagen würden"?

Wieso ist Prota zu Hause ein Fremder, der ewig unerkannt bleibt, auch sich selbst?

Interessanter Text.
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