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Dienstwerk
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 55
Beiträge: 1254
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Beitrag26.11.2012 14:48
Sternenschatten
von Dienstwerk
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Das Telefon schnarrt. Ehe sie abheben kann, verklingt der Ton. Ihre Finger hinterlassen eine mehlige Spur auf dem Hörer. Sie starrt ihn an, minutenlang. Auf dem Display leuchtet „unbekannter Anrufer“. Es ist kurz vor zwei Uhr am Samstagnachmittag und sie hat sich vorgenommen Plätzchen zu backen, die ersten für dieses Jahr. Sie kann zwar gut kochen, aber nicht  backen. Der Fertigteig muss nur ausgerollt werden, die Ausstechformen liegen bereit. Das Ergebnis zählt und sie backt ja nicht für sich, sondern für die Kinder. Vielleicht bringt sie ihrer Mutter ein paar Plätzchen mit. In der Küche ist es still. Das Radio hat sie ausgeschaltet. „Blöde Scheiße“, ertönt eine Stimme durch zwei Türen hindurch. Der jüngere Sohn spielt in seinem Zimmer ein Ballerspiel am Computer. Sie runzelt die Stirn und fragt sich, ob er wohl beim Garnieren helfen wird, wenn die Sterne fertig sind. Das hat er früher immer gern gemacht. Aus dem Wohnzimmer kommen die bekannten Geräusche. Der Fernseher läuft. Sie knetet den Teig zu einem Klumpen und stößt mit der Faust hinein.

*
Es tut weh. Ich wusste nicht, dass es so weh tun kann. Vorgestern hat der Tropf gewirkt und es war erträglich. Vielleicht sollte ich klingeln, sie haben gesagt, ich kann jederzeit klingeln. Aber es gab erst vor einer Stunde Mittag. Die Schwester hat meinen unberührten Teller geholt und versprochen, dass sie gleich noch mal nach mir schaut.  Gestern Abend habe ich mit meiner Tochter gesprochen. Sie klingt immer so fröhlich am Telefon. Jetzt ruft sie jeden Tag an, sonst höchstens einmal im Monat. Am liebsten wäre sie gleich am Dienstag kommen. Aber da konnte ich sie nicht gebrauchen, bin ja grad erst aufgenommen worden. Die Ärztin hat mich sofort erkannt, ich war vor zehn Jahren schon mal bei ihr wegen einer Herzsache. Sie meinte, gesund würde ich hier nicht werden, aber sie tut ihr Bestes. Das Zimmer ist schön, größer als unser Wohnzimmer und so hell. Der Fernseher funktioniert mit Fernbedienung vom Bett aus und ist kostenlos. Es sind nur ein paar Schritte bis zum Balkon, und ich kann rauchen. Mittwoch war ich in der Röhre, Donnerstag beim Zahnarzt, nur gestern war Ruhe, sie wollen mich wohl richtig beschäftigen. Sie sollen lieber wieder den Tropf anhängen. Heute habe ich noch nicht geraucht, schmeckt nicht mehr.

Ich habe meinem Mann gesagt, er braucht mir keine Zigaretten mehr zu bringen. Etwas spät die Einsicht, ich weiß, aber schließlich habe ich keinen Lungenkrebs. Vor einem Jahr haben sie mir die Brust abgenommen. Auf einen Aufbau habe ich verzichtet. Was sollte ich damit, fällt ohnehin nicht auf, hatte ja noch nie viel Brust. Das Gejammer von den jungen Frauen in der Rehaklinik ging mir auf die Nerven. Die hatten schließlich noch ihre Brüste, Brustkrebs im Anfangsstadium ist gut heilbar. Als mir die Haare ausgingen, fand ich das allerdings nicht so toll. Meine Tochter brachte mir eine schwarze Mütze, ein französisches Ballonkäppi. „Probier die mal“, meinte sie, „sieht schicker aus als Dein Fußballcape.“ Sie hatte recht, aber das Ding war voller weißer Haare, als ich es wieder absetzte. Sie besitzt einen Albinokater und ich war sauer, dass sie die Mütze vorher nicht richtig saubergemacht hatte. „Nee, Mutti, das sind Deine Haare“, meinte sie und lachte. Meine Haare sind wieder nachgewachsen. Ich weiß gar nicht, wo die Mütze jetzt ist.

Heute ist Samstag. Am Montag muss ich noch mal zum Zahnarzt. Es sollen zwei Zähne gezogen werden. Davor habe ich Angst. Am Dienstag kommt meine Schwester zu Besuch, am Mittwoch meine Tochter. Sie wollte mich unbedingt heute besuchen, aber das habe ich ihr gestern Abend ausgeredet. In einer Stunde kommt mein Mann. Vorhin hat mich eine Freundin besucht. Ich war grad auf Toilette und habe gar nicht mitbekommen, dass jemand ins Zimmer gekommen war. Sie griff meinen Arm, brachte mich zum Bett. Mir fällt zwar seit ein paar Tagen jeder Schritt schwer, aber das war mir dann doch unangenehm. Sie streichelte eine halbe Stunde lang meinen Arm, bis ich ihr sagte, sie solle gehen. Ich bin müde. Eben schaute die Schwester rein und fragte, ob sie jemanden anrufen soll. Wozu, mein Mann kommt gleich. Es ist zwei Uhr nachmittags. Das Atmen fällt mir schwer. Ich lege mich auf den Bauch, meine bevorzugte Schlafposition, bei der es am wenigsten schmerzt und schließe die Augen. Aber der Fernseher muss nicht unbedingt laufen. Ich taste nach der Fernbedienung auf den Nachtschrank und drücke den Ausknopf.


*
Inzwischen hat sie doch noch Plätzchen aus dem malträtierten Teig gestochen. Das Telefon klingelt erneut. Es ist drei Uhr nachmittags.
„Hallo Vati.“
„Was machst Du grad?“ - „Ich backe Plätzchen. Hast Du vorhin schon mal angerufen?“
„Nein.“
Du kannst doch gar nicht backen, hätte eigentlich seine Antwort sein müssen, aber das sagt er nicht. Er räuspert sich, bevor er spricht.
Ihre Finger umklammern den Hörer und werden gefühllos. Sie starrt einen Teigkrümel auf dem Tisch an, unfähig, ihn wegzuschnipsen.
„Ich habe doch gestern Abend erst mit ihr gesprochen“, haucht sie tonlos.
„Ja, ich weiß.“
Sie schaut durch die Küchentür ins Wohnzimmer und wiederholt lautlos die Worte ihres Vaters. Ihre Augen hätten so groß wie Untertassen gewirkt, sagt ihr Freund später. Als er aufspringt und zu ihr eilt, sinkt sie an seine Schulter und vergräbt ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Sie kann nicht blinzeln. Ich war nicht da, denkt sie, ich war nicht da. Dann stößt sie ihn von sich. Den Hörer hält sie noch immer fest umschlossen. Im Herd werden die Sterne schwarz.

*
Ich fühle mich leicht und entspannt, unter mir wird es feucht. Mein Mann hält meine Hand, während er meine Tochter anruft. Ich kann nicht mehr hören, was sie sagt, das tut mir leid, aber später am Abend sehe ich sie. Sie laufen am Ufer entlang. Der kleine Dackel hüpft vornweg und macht wie immer, was er will. Ich hatte sie damals gewarnt, Dackel sind schwer zu erziehen. „Dann passt er ja zu mir“, meinte sie.
Jetzt lacht sie nicht, sie sieht traurig aus und ihre Schritte sind langsam. Ihr Freund läuft neben ihr und will ihre Hand nehmen, aber sie zieht sie weg. Nach einer Weile bleiben beide stehen und schauen nach oben. Sie schauen mich direkt an. Er legt den Arm um meine Tochter und lässt nicht zu, dass sie sich entzieht. Ihre Schultern werden weich. Dann spüre ich ihre Stimme. „Dieser Stern dort war gestern noch nicht da“, sagt sie leise -  und mein Licht beginnt zu schmelzen.



©C.G.
17.11.12

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nebenfluss
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Beitrag26.11.2012 16:23

von nebenfluss
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Hallo Ana,

puh! Was für eine 180-Grad-Wende nach dem "Hund, der ins Wasser fiel".
Und dann führst du mich auch noch mit diesem harmlosen Anfang in die Irre.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Kontrast zwischen Plätzchenbackchen und Ableben der Mutter nicht doch zu krass finde.

Der Schock der Tochter ist sehr ergreifend und nachvollziehbar für mich (Schwiegervater letztes Jahr gestorben). Beeindruckend, wie schnell die Krankenhaus-Szenerie vor meinem Auge entstand, aber gerade deshalb hätte der erste "Kursiv-Einschub" für mich nicht so lang sein müssen. Überhaupt das Kursive: Brauchst du das, um die Struktur zu verdeutlichen? Ich würde es mir mal ohne anschauen.

Noch kurz etwas zu dieser Stelle:

Zitat:
„Nein.“
Du kannst doch gar nicht backen, hätte eigentlich seine Antwort sein müssen, aber das sagt er nicht. Er räuspert sich, bevor er spricht.
Ihre Finger umklammern den Hörer und werden gefühllos. Sie starrt einen Teigkrümel auf dem Tisch an, unfähig, ihn wegzuschnipsen.
„Ich habe doch gestern Abend erst mit ihr gesprochen“, haucht sie tonlos.


Erst bin ich gestolpert, wegen der perspektivischen Gradwanderung, dann fand ich es genial. Die beiden kennen sich extrem gut, sie liest aus seinem "Nein" die ganze schreckliche Nachricht heraus.
Hast du dich beim Schreiben gefragt, ob das sein kann?
Dann wäre meine Antwort: Ja, das gibt es, definitiv.

Hat mir imponiert. Ich überlege noch, ob ich es meiner Frau ausdrucke oder nicht.

Grüße
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Rheinsberg
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Beitrag26.11.2012 17:01

von Rheinsberg
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Nebenfluss: besser nicht. Es ist zu gut.

Dienstwerk: fällt mir grade nichts dazu ein.


_________________
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Dienstwerk
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Beitrag26.11.2012 18:08

von Dienstwerk
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@Nebenfluss

Mir fällt ein Stein vom Herzen, dass der Perspektivwechsel offenbar wirkt und bei der Zeitform war ich mir auch unsicher.
Ich hatte den Text vorher nicht kursiv, da war der Wechsel m.E. nicht so deutlich. Weiß nicht.

Ich wollte erst "wellenförmig" schreiben, doch dann floss es genau so. Jetzt befürchte ich, dass ich den Text zersplitte, wenn ich mittendrin die Tochter nochmal beim Plätzchenbacken zeige. Dass die Krankenhausszene in der Palliativstation handelt, wird wohl nicht deutlich?
Der Ausriss beschreibt exakt den Ablauf einer Stunde. Nur der letzte Absatz ist zeitversetzt, aber am gleichen Tag.

Außerdem habe ich gegrübelt, ob Inkognito oder nicht, mich dann doch dagegen entschieden.

Danke fürs Lesen.

LG, Ana
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kskreativ
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K
Beitrag26.11.2012 19:02

von kskreativ
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Lass den Text so wie er ist. Genial und sehr berührend.

_________________
C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann.
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Zauberstift
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Beitrag26.11.2012 20:49

von Zauberstift
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Einfach nur ergreifend geschrieben. Ich war, trotz Perspektivenwechsel, mittendrin. Danke
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lupus
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Beitrag26.11.2012 21:43

von lupus
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servus,

du weißt, dass ich das was ich jetzt schreib, nicht mach um dich zu ärgern, gell.

ich kann mich leider dem Grundtenor nicht umfassend anschließen. Sehr gut funktioniert der Perspektivwechsel, wobei sich die Frage stellt wie er ohne Kursivsetzung und Sternderl funktioniert - im Nachhinein kaum mehr feststellbar, ich wage(!) es aber zu bezweifeln.  Und deshalb würde ich den (neuerlichen) Einstieg anders wählen, eben so, dass er sicher funktioniert.

der erste kursive Teil ist mir zu lang. Nicht, weil ich keine langen Texte mag, sondern, weil er langatmig ist und so das Ergreifende ausrollt wie den Fertigteig.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: was da steht ist gut geschrieben - ganz klar. Ausnahme: "Ausknopf" find ich furchtbar.  Ein bisserl zu viel is es mir halt.

dann wieder ein nicht-kursiver Teil, der sehr gut gemacht ist, die Tatsache, dass du den Vater nicht reden lässt, ihn aber trotzdem reden lässt ist sehr gut gelöst, vermittelt die Betroffenheit sehr gut

und dann hast du mich rausgeschmissen, hochkant, ein schreiberischer A...tritt der Extraklasse. Na(c)htotdingens mit Sternderln am Himmel. Da is dann die Betroffenheit flöten, da is alles flöten, was du bis dahin aufgebaut hast. Das is sicherlich Geschmackssache, aber auch nicht, zumindest nicht nur: das Motiv is sehr abgedroschen, viel zu oft bemüht mE und deshalb sehr sehr nahe am Kitsch.

tja, tut mir leid.

zusammenfassend: sprachlich gut, inhaltlich gut, etwas zu lang vlt (damit könnt ich aber leben), mit einem Schluss, der mE so nicht (mehr) machbar ist.


_________________
lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

-------------------------------------------------------
"Ich bin leicht zu verführen. Da muss nur ein fremder Mann herkommen, mir eine Eiskugel kaufen und schon liebe ich ihn, da bin ich recht naiv. " (c) by Hubi
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nebenfluss
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Beitrag26.11.2012 21:57

von nebenfluss
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@Rheinsberg:

Ist auch meine Entscheidung. Wunden sollen heilen dürfen.

@Ana:

Nein, Zersplittern halte ich auch für kontraproduktiv. Palliativmedizin war einerseits klar, andererseits habe ich mich etwas gewundert, dass sie am Tag vor ihrem Tod noch auf den Balkon zum Rauchen kommt bzw. überhaupt noch das Bett verlässt. Es gab hier irgendwo einen Thread, wo sich eine Krankenschwester (Intensivstation) fachlich geäußert hat, aber ich weiß den Nick nicht mehr und auch nicht, welche Story es war. Entscheidet auch nicht wirklich über die Qualität der Geschichte.

LG
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Dienstwerk
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Beitrag27.11.2012 03:09

von Dienstwerk
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@lupus

Keine Sorge, das weiß ich.
Der Schlusssatz war ursprünglich anders und lautete: "...und endlich weinte sie." Ich geben Dir Recht, was den Kitschhammer mit dem Stern betrifft.

"Ausknopf" IST furchtbar. Todeszeitpunkt...


@Nebenfluss

Sie hat tatsächlich noch am Tag zuvor eine Zigarette geraucht. Gegen Mittag ist sie noch (wie beschrieben) selbstständig aufgestanden.

@alle

Danke fürs Lesen.

LG, Ana


edit:

Ich bin wohl eine Erklärung schuldig. Habe den Text vorgestern Nacht geschrieben und überlegt, ob ich ihn hier einstelle oder nicht. Mag vielleicht pietätlos, egoistisch oder sonst was sein, aber ich wäre sonst geplatzt. Bis auf die Plätzchenbackerei hat sich alles exakt so zugetragen, der Zeitablauf ist korrekt, das Datum unter dem Text authentisch. Meine Mutter ist erst vier Tage zuvor aufgenommen worden. Am Donnerstag war sie von dort aus noch beim Zahnarzt (mit dem Taxi). Erst nach der Zahnbehandlung am Montag sollten die Schmerzmittel eingestellt werden. Niemand hat so schnell damit gerechnet. Sie auch nicht. Ich habe jeden Tag mit ihr telefoniert und versucht, sie mental zu unterstützen, wohne leider nicht um die Ecke, sondern knapp 200 km entfernt. Am Freitagabend war sie müde und meinte, wir reden morgen weiter. Sie war verdammt stark. Ich vermisse sie. Ich bin so sauer auf alles mögliche. Kitsch hin oder her - für mich ist sie der eine Stern da oben. Schlaf gut, Mama.
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nebenfluss
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Beitrag27.11.2012 14:13

von nebenfluss
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Hallo Ana,

ich hatte es befürchtet. Die Intensität der Geschichte ist außergewöhnlich.

Das Erlebnis zu Prosa zu verarbeiten, finde ich nicht pietätlos, sondern völlig nachvollziehbar. Ich selbst hätte das aber an deiner Stelle nicht hier eingestellt, schon gar nicht so schnell. Wie willst du damit umgehen, dass die letzten Gedanken der Mama langatmig wirken und gekürzt gehören. Das könnten dir 50 Leser sagen, du wirst trotzdem nicht darauf hören.

Nun ja, was kann ich dir wünschen, fröhliche Weihnachten fallen aus.
Dass ihr Kampf so schnell zu Ende war, mag dich ein wenig trösten. Alles Weitere bleibt wohl der Zeit überlassen. Und schick diese idiotischen Schuldgefühle zum Teufel.

LG
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Marie-Pascale
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Beiträge: 50
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M
Beitrag28.11.2012 09:24

von Marie-Pascale
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Liebe Ana,
gestern Abend habe ich deine Geschichte gelesen und war wirklich berührt. Und betroffen, als ich die Diskussion danach gelesen habe. Da gibt es jetzt wohl nichts mehr zu sagen, habe ich gedacht; und dann ging mir die Geschichte nach und war heute beim Aufwachen wieder da. Und ich möchte noch gern etwas zur Rettung des Sterns anfügen, der immerhin titelgebend ist.
Der Stern ist wunderbar. Er sollte freilich viel schlichter daherkommen, und vor allem nicht aus der Perspektive der Mutter, sondern der Tochter erzählt werden (so empfinde ich es jedenfalls). Dass sie einen neuen Stern am Himmel sieht, ist ein zeitloses Symbol, das jeder versteht. Er steht für etwas, das bleibt, ein Licht, zu dem man aufschauen kann, und vielleicht auch Trost finden kann.
In diesem Sinn einen lieben Gruß!
Marie-Pascale
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BlueNote
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Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag28.11.2012 10:03

von BlueNote
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Hallo Dienstwerk,

erstmal wünsche ich dir, dass du alles, was du gerade erlebt hast, möglichst gut verkraftest. Vor diesem Hintergrund ist es natürlich sehr schwierig, Textarbeit zu leisten. Es wundert mich, dass du nach so kurzer Zeit schon so einen phantastischen Text schreiben konntest. Für dich wird der Text wahrscheinlich zum  Zeitdokument werden und es ist gut, dass du ihn geschrieben hast.

Mir hat dein Text sehr gut gefallen, bis auf den letzten Absatz. Hier dachte ich ähnlich, wie lupus es bereits formuliert hatte. Ich habe diesen Absatz nur zähneknirschend akzeptiert (das mit den Sternen und dem oben im Himmel sein), weil es nun mal die verkitschte Sichtweise vieler in dieser Situation beschreibt, das Unbeschreibliche überhaupt noch Worte zu fassen.

Vielleicht schreibst du doch - irgendwann, wenn du die Zeit oder Kraft dazu hast, den Schluss aus der Perspektive der Tochter und nicht aus der der der Mutter. Vielleicht kommst du dann auch ohne den Stern am Himmel aus.

Was ich beim Lesen nicht recht herausgefunden habe war, welche Relevanz der Zahnarzt in der Geschichte haben soll. War es ein Zufall, dass die Zahnbehandlungen gleichzeitig stattfanden? Wenn ja, dann muss das ja nicht unbedingt in die Geschichte.

Aber sonst: Ganz hervorragend und gekonnt geschrieben.

Ich wünsche dir alles Gute!

BN
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cascail
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Alter: 72
Beiträge: 410
Wohnort: frankreich


Beitrag28.11.2012 10:54

von cascail
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Oh nein! Wie schrecklich für dich! Ich habe gerade gelesen und jetzt schnüffel ich vor mich hin.Der Text trifft den Schock und die unfassbare Realität, mit der du klar kommen musst, sehr gut. Selbst wenn manche das Ende etwas sentimental- kitschig finden, ich glaube, es ist einfach so, dass man etwas braucht, was man in diesen Momenten festhalten kann , um sich selber festzuhalten. Ich finde es sehr mutig von dir, so was hier rein zu stellen.

_________________
Nur mit Natur, möglichst pur!
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crim
Geschlecht:männlichsex, crim & rock'n'roll


Beiträge: 1578
Wohnort: München
Die lange Johanne in Gold Lezepo 2015
Pokapro und Lezepo 2014 Pokapro VII & Lezepo V



Beitrag28.11.2012 12:44

von crim
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Liebe Ana,

ich kann nachempfinden, dass du diesen Text einstellen musstest. Mich haben der Text und dein erster Kommentar bewegt. Mehr bleibt mir nicht zu sagen.

LG Crim
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