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Rheinsberg
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Bronzenes Messer


Beitrag29.06.2008 15:16

von Rheinsberg
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Sleepless - ich würde die Fortsetzungen hier natürlich vermissen, aber ich muss black rider recht geben. Komplett gebunden und mit einem Tee in der Sofaecke zu genießen, wäre mir dein Buch bestimmt recht.  Laughing

_________________
"Write what should not be forgotten…" Isabel Allende

"Books are written with blood, tears, laughter and kisses. " - Isabel Allende

"Die größte Gefahr ist die Selbstzensur. Dass ich Texte zu bestimmten Themen gar nicht schreibe, weil ich ahnen kann, welche Reaktionen sie hervorrufen." - Ingrid Brodnig
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Merlinor
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Beitrag29.06.2008 17:15

von Merlinor
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Hallo Sleepless

Auch wenn ich es bedaure, hier keine weiteren Folgen Deines Werks mehr bewundern zu können, muss ich mich meinen Vorrednern anschließen und teile Deine persönliche Einschätzung: Mehr solltest Du nicht ins Netz stellen, um die Chancen einer Veröffentlichung zu wahren!
Belass es also dabei und suche Dir einen Verleger. Dieses Buch hat alles, was man für eine Veröffentlichung braucht.

Hierfür wünsche ich Dir gutes Gelingen. Mein Vorschlag: Wende Dich an einen Agenten.

Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
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Leona
Leseratte
L

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Beiträge: 120



L
Beitrag29.06.2008 18:41

von Leona
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Hallo Sleepless!

Dein fünfter Teil hat mir, genau wie der sechste, sehr gut gefallen. Wie meine Vorredner (oder Schreiber) bin ich der Meinung: such dir einen Verlag! smile
Ich drück dir beide Daumen, dass es klappt. Wenn ja, dann sagst du uns doch hoffentlich Bescheid, oder?  Very Happy

lg,
Leona
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BlackRider
Richter und Henker
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B
Beitrag30.06.2008 10:14

von BlackRider
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grins, ja, ja, Buerokratie muss sein, ob Folter oder Sklavenhandel, um den Papierkrieg kommt man nicht herum smile

...von zwei nackten. von der Decke hängenden Glühbirnen erhellt ...
der Punkt sollte wohl ein Komma sein.

Es kommt ein Marienbildnis im Text vor. Soweit scheint der Text ja nicht in unserer Welt zu spielen. Ich schaetze mal, das marienbildnis wird schon Sinn ergeben.... nur fuer den Fall, dass es vielleicht doch ein Versehen ist.... da wird ein Marienbildnis gezeigt smile

Im Osten hing ein bleicher Sichelmond am Himmelsrand, als wär er noch nicht ganz sicher, ob er wirklich über der Gumbana aufgehen wollte ...
Klasse smile

»Geh sterben!« sagte Nicola ruhig.
Hm, klingt irgendwie unvollstaendig. Ausserdem steht das Ausrufezeichen ein wenig im nGegensatz dazu, dass sie es ruhig sagt.

Wie immer, klasse Text. Ist fast schon langweilig, immer dasselbe sagen zu muessen smile
Besonders der Schluss war wirklich gelungen.

Leg Dich ins Zeug, schreib das Ding fertig und vergiss nicht, die Veroeffentlichung hier im Forum kund zu tun smile


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lupus
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Beitrag30.06.2008 10:28

von lupus
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es wird mir was fehlen  Crying or Very sad , aber es ist das Beste was du tun kannst. Es lebe die Gumbana.

In 2 Jahren werden die Leuts hier sagen: Kannst dich an den sleepless erinnern? Immer das selbe. Kaum schreiben sie einen Bestseller, lassen sie sich nich mehr blicken Wink


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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sleepless_lives
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Beitrag30.06.2008 15:31

von sleepless_lives
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Hallo BlackRider, Rheinsberg, Merlinor, Leona und lupus,
freut mich, dass ihr bis hierhin mit mir durch die Gumbana gereist seid, euch nicht von der wilden Hunden habt abschrecken lassen und den Sodarwin-Leuten die Stirn geboten habt. Manchmal war die Fahrt ein bisschen ruppig (lange Satze als das Pendant zu Schlaglöchern Smile  ) und das Ziel nicht immer in Sicht..
Ich hab mich entschieden, tatsächlich nicht mehr als die sechs Teile hier reinzustellen. Vielen Dank für den Zuspruch und die Ermunterung, kann ich gut gebrauchen, denn für das weitere Schreiben von Wildhundland fällt ja jetzt die Motivierung durch das Forum weg. Neben der konstruktiven Kritik, die einen zwingt, sich mit dem eigenen Text sehr genau auseinanderzusetzen, ist die Motivation durch die Gewissheit, da sind zumindest ein paar Leser (und die haben Argusaugen Wink ), eine der größten Hilfen.
Was für eine Frage, ob ich euch das mitteilen werde, falls es ein richtiges Buch geworden ist... ich werd wahrscheinlich schon Wochen vorher an meiner Dankesrede im Büchervorstellungsboard feilen Laughing
Und das mit dem Bestseller, da sitzen wir ja alle im gleichen Boot: bin ja mal gespannt, wer von euch nach seinem/ihrem Bestseller hier noch vorbeischaut. Nee, dann hocken sie lieber alle bei Oprah aufm Schoß  lol

Wiidhundland geht, ich bleibe, lang lebe die Gumbana!

Und jetzt wird wieder geschrieben...

Grüße an alle,

- sleepless_lives

PS:
BlackRider hat Folgendes geschrieben:
Es kommt ein Marienbildnis im Text vor. Soweit scheint der Text ja nicht in unserer Welt zu spielen. Ich schaetze mal, das marienbildnis wird schon Sinn ergeben.... nur fuer den Fall, dass es vielleicht doch ein Versehen ist.... da wird ein Marienbildnis gezeigt smile

Danke für den Hinweis. Nee, der Text spielt in unserer Welt... oder fast, er spielt in einem 'was wäre wenn'

BlackRider hat Folgendes geschrieben:
»Geh sterben!« sagte Nicola ruhig.
Hm, klingt irgendwie unvollstaendig. Ausserdem steht das Ausrufezeichen ein wenig im nGegensatz dazu, dass sie es ruhig sagt.
   
Meine Prota hat gesagt, ja, das Ausrufezeichen muss weg, aber der Satz bleibt. Und mit manchen meiner Figuren leg ich mich an und setz mich manchmal sogar durch - mit Nicola nicht. Nur Mira aus meinem letzten Theaterstück "Ruhe auf den billigen Plätzen" ist schlimmer, die hat nämlich einen ausgeprägten Hang zur Gewaltigkeit (sie wolle der Welt ihre Ungerechtigkeit in gleicher Münze heimzahlen, hat sie mal gesagt).


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BlackRider
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B
Beitrag01.07.2008 09:44

von BlackRider
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Mit manchen Protas soll man nicht streiten smile
Es klingtt auf jeden Fall so, als wuerde Nicola fuer so manch guten Kommentar gut sein.

Wie gesagt... mein Sofa wartet. Leider ist es nicht meins, nur das von einem Kumpel der es bei mir fuer unbestimmte Zeit abgestellt hat. Es ist aber furchtbar bequem. Es tickt also die Uhr smile smile


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sleepless_lives
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Beitrag04.04.2010 06:45

von sleepless_lives
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Noch mal ein kurzer Ausschnitt, bei dem mich besonders interessieren würde, ob das Geschehen klar herüberkommt. Dieser Teil schließt nicht da an, wo der Rest aufgehört hat, es ist aber nicht allzu viel dazwischen. Der Kontext sollte hier jedoch nicht von Bedeutung sein. Wer wissen will, wie der Protagonist zu seiner Schrotschusswunde gekommen ist, muss wohl die vorigen Teile lesen.



Nachdem die Zellentür ins Schloss gefallen war und Jonas sicher war, dass der Narbige in den Wachraum zurückgekehrt war und ihn nicht durch das Guckloch in der Tür beobachtete, nahm er den Strohsack vom Bettgestell, setzte sich auf den metallischen Gitterrost, riss das Handtuch in zwei Teile und umwickelte den Glassplitter auf der einen Seite mit dem Handtuchteil. Die andere Seite lief spitz in ein lang gezogenes Ende aus, scharf genug, hoffte Jonas, aber was hätte er jetzt für ein bisschen Alkohol oder zumindest eine Kerzenflamme zur Desinfektion gegeben. Er holte tief Luft setzte sich noch einmal um, so dass er mit dem Rücken an der Wand lehnte, als Vorsichtsmaßnahme, sollte er ohnmächtig werden, atmete wieder tief ein und schnitt mit dem Glassplitter die erste Wunde auf. Bevor sie wieder zu bluten begann, hatte er kurz das schwärzliche Etwas des Schrottkorns wahrgenommen. Der Schnitt tat weh, aber er konnte es ertragen.

Er senkte die Glassplitterschneide ein zweites Mal in die Wunde und versuchte, ohne viel zu sehen, unter das Schrottkorn zu kommen und es mit einer hebelartigen Bewegung an die Oberfläche zu bugsieren, was gelang trotz eines heftigen Zuckens mit dem verwundeten Arm, als ohne Vorwarnung ein stechender Schmerz diesen und die Schulter durchfahren hatte und regenbogenfarben schillernde und flimmernde, amorphe Figuren vor seinen Augen aufgetaucht waren. Das Schrotkorn fiel auf den Boden, nachdem es mit einem hellen metallischen Geräusch vom Rand des Bettgestells abgeprallt war, das irgendwie freundlich trügerisch klang und als ob es von besseren Zeiten erzählte. Zwischen den Schrotkörner legte er eine Pause ein, redete sich selbst gut zu und versuchte die Blutungen ein bisschen einzudämmen. Gott sei Dank hatte ihn der Schuss nicht wirklich erwischt, sondern eher gestreift, wenn man so etwas von einem Schrotschuss sagen konnte, von dieser Menge von metallischen Partikeln, die eher aus Gewohnheit als physikalischen Gesetzen folgend mehr oder weniger in die gleiche Richtung zu fliegen schienen, mit einer Gewebe zerfetzenden Geschwindigkeit.

Die zwei am tiefsten sitzenden hatte er sich bis zum Schluss aufgespart. Das Beste am Ende, dachte er, während eine andere weinerliche, gleichwohl genauso sarkastische Stimme ihm einflüsterte, wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören. Bei dem ersten der beiden letzten brauchte er mehrere Ansätze, um überhaupt in die Nähe des Schrotkorns zu gelangen, und er musste alle Willenskraft aufbringen, um nicht einfach sein improvisiertes Skalpell auf den dreckigen Boden zu werfen, doch er fuhr fort, einen blutigen Sumpf in der Wunde hinterlassend beim Herausholen, als das Schrotkorn ihm mehrmals entglitt und er es an den Rand der Wunde drängen musste, um es herauszupulen. Zweimal war er nah daran, dass Bewusstsein zu verlieren, fühlte, wie eine samtene Dunkelheit sich seiner bemächtigten wollte, und nur ein rhythmisches Schlagen mit der Hand des unverletzten Arms gegen das Bettgestell, das Glassplitterskalpell eilig neben sich auf dem Strohsack abgelegt, bewahrte ihm vom Kontrollverlust. Es half auch gegen den zeitweise unerträglichen Schmerz. Beständig fürchtete er eine Arterie zu treffen, doch mehr als diese in den Tatsachen begründete, sozusagen rationale Angst machte ihm ein kindergleiches Erschrecken vor der Wunde zu schaffen, die als verzehrendes Loch im Körper erschien, eine Öffnung in der Haut ohne Existenzberechtigung, ein Auseinderklaffen, das nicht da sein sollte und seine Fähigkeit, sich in einem Stück zusammenhalten zu können, in Frage stellte.

Entgegen Jonas Befürchtungen ließ sich das letzte Schrotkorn relativ leicht entfernen.


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MosesBob
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Beitrag04.04.2010 08:15

von MosesBob
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Moin!

Zuallererst: Entscheide dich! Schrottkugeln oder Schrotkugeln! Laughing

Aus vielen deiner Sätze würde ich zwei machen. Da du aber bekennender Langsatz-Fetisch bist, versuche ich, bei meinen Vorschlägen auch bei der Ein-Satz-Variante zu bleiben.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Nachdem die Zellentür ins Schloss gefallen war und Jonas sicher war, dass der Narbige in den Wachraum zurückgekehrt war und ihn nicht durch das Guckloch in der Tür beobachtete, nahm er den Strohsack vom Bettgestell, setzte sich auf den metallischen Gitterrost, riss das Handtuch in zwei Teile und umwickelte den Glassplitter auf der einen Seite mit dem Handtuchteil.

Man könnte das erste „war“ (immerhin eins von dreien gleich am Anfang!) einfach weglassen. Ich würde aber eher das Präteritum benutzen. Dass der Narbige ihn noch durchs Guckloch beluschern könnte, halte ich für einen verzichtbaren Einschub, der den Satz nur unnötig streckt. Jonas ist sich sicher, dass der Narbige verschwunden ist, Punkt. Dass der Gitterrost metallisch ist, erschließt sich eigentlich von selbst. Denke ich an Gitterroste, denke ich zuerst an metallische. Das Wort verwendest du gleich dreimal in den ersten beiden Absätzen. Einmal streichen kann nicht schaden. Zum Schluss wiederholst du die Wörter „Teil“ und „Handtuch“, was wohl hauptsächlich auch deswegen ins Gewicht fällt, weil gleich am Anfang dreimal etwas „war“. Das summiert sich. Ich finde den Satz umständlich. Vorschlag:

„Nachdem die Zellentür ins Schloss fiel und Jonas sicher war, dass der Narbige in den Wachraum zurückgekehrt war, nahm er den Strohsack vom Bettgestell, setzte sich auf den Gitterrost, riss das Handtuch entzwei und wickelte es um die eine Seite des Glassplitters.“

Ich gehe davon aus, dass das Handtuch vorher schon irgendwo Erwähnung fand? In dem Satz klingt es so selbstverständlich, als hätte er es bereits in der Hand gehabt. Mir geht es dabei nicht um Logik sondern um den Klang des Satzes, beziehungsweise den Umgang mit dem Wort.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Die andere Seite lief spitz in ein lang gezogenes Ende aus, scharf genug, hoffte Jonas, aber was hätte er jetzt für ein bisschen Alkohol oder zumindest eine Kerzenflamme zur Desinfektion gegeben. Er holte tief Luft setzte sich noch einmal um, so dass er mit dem Rücken an der Wand lehnte, als Vorsichtsmaßnahme, sollte er ohnmächtig werden, atmete wieder tief ein und schnitt mit dem Glassplitter die erste Wunde auf. Bevor sie wieder zu bluten begann, hatte er kurz das schwärzliche Etwas des Schrottkorns wahrgenommen.

Ich würde im Präteritum bleiben. Das Plusquamperfekt bremst das Tempo. „Bevor sie wieder zu bluten begann, nahm er kurz das schwärzliche Etwas des Schrotkorns wahr.“ Zack, kein Bruch im Terminus, frei von der Leber weg – Attacke! Rein ins blutige Gewühl.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Er senkte die Glassplitterschneide ein zweites Mal in die Wunde und versuchte, ohne viel zu sehen, unter das Schrottkorn zu kommen und es mit einer hebelartigen Bewegung an die Oberfläche zu bugsieren, was gelang trotz eines heftigen Zuckens mit dem verwundeten Arm, als ohne Vorwarnung ein stechender Schmerz diesen und die Schulter durchfahren hatte und regenbogenfarben schillernde und flimmernde, amorphe Figuren vor seinen Augen aufgetaucht waren.

Fertig? Mit solchen Monstersätzen werden wir keine Freunde, mein Lieber. Darf ich bitte drei Sätze daraus machen? Nein? Nur über deine Leiche? Wehtun würdest du mir? Sogar schrecklich weh? Okay, dann nicht.

Ach, was soll’s. Ich kann den Satz noch so häufig lesen – der fett markierte Teil gehört einfach nicht mehr dazu. Dabei ist die Passage schon wohlwollend markiert. Normalerweise findet schon hinter „bugsieren“ ein gefühltes Satzende statt. Da ist die (Lese-) Luft raus, der Drops ist gelutscht, Flasche leer. Du verfällst auch wieder ohne Grund ins Plusquamperfekt („durchfahren hatte“ & „aufgetaucht waren“), benutzt obendrein noch ein Pronomen, das wie ein Fremdkörper im Satz liegt („diesen“) und überspannst am Ende den Bogen mit zu vielen Adjektiven. Mal ehrlich, Schillern und Flimmern – was fehlt dem Satz, wenn eins davon wegfällt? Lust auf einen Kompromiss?

„… und amorphe Figuren in Regenbogenfarben vor seinen Augen flimmerten.“

Na siehste, wiegt doch gleich zehn Kilo weniger!


sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Das Schrotkorn fiel auf den Boden, nachdem es mit einem hellen metallischen Geräusch vom Rand des Bettgestells abgeprallt war, das irgendwie freundlich trügerisch klang und als ob es von besseren Zeiten erzählte.

Im Prinzip derselbe Knackpunkt wie zuvor: Ist das Plusquamperfekt wirklich nötig? Das fett markierte „das“ sorgt beim ersten Lesen für Verwirrung, weil ich instinktiv annahm, es würden sich aufs Bettgestellt beziehen, und das fett markierte „und“ würde ich streichen und statt dessen ein Komma setzen.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Zwischen den Schrotkörner legte er eine Pause ein, redete sich selbst gut zu und versuchte die Blutungen ein bisschen einzudämmen.

Kann eigentlicht weg, meinst du nicht?

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Gott sei Dank hatte ihn der Schuss nicht wirklich erwischt, sondern eher gestreift, wenn man so etwas von einem Schrotschuss sagen konnte, von dieser Menge von metallischen Partikeln, die eher aus Gewohnheit als physikalischen Gesetzen folgend mehr oder weniger in die gleiche Richtung zu fliegen schienen, mit einer Gewebe zerfetzenden Geschwindigkeit.

Auch wenn es wehtut: „Gewebe zerfetzend“ würde ich streichen. Das zieht irgendwie nicht. Mir ist es zu demonstrativ martialisch. Vorschlag:

„Gott sei Dank hatte ihn der Schuss nicht wirklich erwischt, sondern eher gestreift, wenn man sowas von einem Schrotschuss überhaupt sagen konnte, von dieser Menge metallischer Partikel, die eher einer Gewohnheit als physikalischen Gesetzen folgend in die gleiche Richtung flogen.“

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Das Beste am Ende, dachte er, während eine andere weinerliche, gleichwohl genauso sarkastische Stimme ihm einflüsterte, wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören.

Der Satz gefällt mir von der Konstellation her überhaupt nicht. „Genauso“ ist überflüssig. Das streckt den Satz nur unnötig. Ich würde es so machen:

„Das Beste am Ende, dachte er, während eine weinerliche Stimme dagegenhielt: Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören!“

Der Sarkasmus ist offensichtlich. Ich finde es bildreicher, wenn die Stimme nur weinerlich ist.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Bei dem ersten der beiden letzten…

Shocked Also beim vorletzten?

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Beständig fürchtete er eine Arterie zu treffen, doch mehr als diese in den Tatsachen begründete, sozusagen rationale Angst machte ihm ein kindergleiches Erschrecken vor der Wunde zu schaffen, die als verzehrendes Loch im Körper erschien, eine Öffnung in der Haut ohne Existenzberechtigung, ein Auseinderklaffen, das nicht da sein sollte und [b]seine[/s] Fähigkeit, sich in einem Stück zusammenhalten zu können, in Frage stellte.

Der durchgestrichene Part klingt wie aus einem psychologischen Sachbuch. Wenn du von dem verzehrenden Loch im Körper sprichst, tust du das aufgrund des Präteritums, als wäre die Wunde eben erst erschienen – hier hättest du das Plusquamperfekt verwenden müssen. Das markierte „seine“ würde ich durch den Namen des Protas ersetzen, weil es sich beim ersten Lesen irrtümlich auf das Auseinanderklaffen beziehen könnte.



Fertig! Ich hol mir jetzt einen Kaffee. smile

Viele Greetings gen Kängurusien,

Martin


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Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
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sleepless_lives
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Beitrag04.04.2010 18:01

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

Nabend,
MosesBob hat Folgendes geschrieben:

Zuallererst: Entscheide dich! Schrottkugeln oder Schrotkugeln! Laughing

Ok, ich entscheide mich für ... Schrottkugeln. War nur ein Witz.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Da du aber bekennender Langsatz-Fetisch bist

Ich glaub, du hast eine Rangbezeichnung für mich gefunden.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Nachdem die Zellentür ins Schloss gefallen war und Jonas sicher war, dass der Narbige in den Wachraum zurückgekehrt war und ihn nicht durch das Guckloch in der Tür beobachtete, nahm er den Strohsack vom Bettgestell, setzte sich auf den metallischen Gitterrost, riss das Handtuch in zwei Teile und umwickelte den Glassplitter auf der einen Seite mit dem Handtuchteil.
Vorschlag:

„Nachdem die Zellentür ins Schloss fiel und Jonas sicher war, dass der Narbige in den Wachraum zurückgekehrt war, nahm er den Strohsack vom Bettgestell, setzte sich auf den Gitterrost, riss das Handtuch entzwei und wickelte es um die eine Seite des Glassplitters.“

Hab ich fast so übernommen. Beim Präteritum am Anfang, bin ich mir nicht sicher, ob das nicht die zeitliche Reihenfolge verschiebt und nach dem "wickelte" hab ich das "es" durch "einen Teil" ersetzt, weil die beiden Teile noch oft erwähnt werden (unterschiedliche Funktionen).

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Ich gehe davon aus, dass das Handtuch vorher schon irgendwo Erwähnung fand? In dem Satz klingt es so selbstverständlich, als hätte er es bereits in der Hand gehabt. Mir geht es dabei nicht um Logik sondern um den Klang des Satzes, beziehungsweise den Umgang mit dem Wort.

Ok, ein bisschen zum Kontext hätte ich wohl doch sagen müssen. Das Handtuch, ein altes, wurde ihm in der Tat gerade vom Wärter gegeben, nachdem er es ausgehandelt hat, und Jonas hält es in der Hand.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
und schnitt mit dem Glassplitter die erste Wunde auf. Bevor sie wieder zu bluten begann, hatte er kurz das schwärzliche Etwas des Schrottkorns wahrgenommen.

Ich würde im Präteritum bleiben. Das Plusquamperfekt bremst das Tempo. „Bevor sie wieder zu bluten begann, nahm er kurz das schwärzliche Etwas des Schrotkorns wahr.“ Zack, kein Bruch im Terminus, frei von der Leber weg – Attacke! Rein ins blutige Gewühl.

Jawohl, geändert.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Er senkte die Glassplitterschneide ein zweites Mal in die Wunde und versuchte, ohne viel zu sehen, unter das Schrottkorn zu kommen und es mit einer hebelartigen Bewegung an die Oberfläche zu bugsieren, was gelang trotz eines heftigen Zuckens mit dem verwundeten Arm, als ohne Vorwarnung ein stechender Schmerz diesen und die Schulter durchfahren hatte und regenbogenfarben schillernde und flimmernde, amorphe Figuren vor seinen Augen aufgetaucht waren.

Fertig? Mit solchen Monstersätzen werden wir keine Freunde, mein Lieber. Darf ich bitte drei Sätze daraus machen? Nein? Nur über deine Leiche? Wehtun würdest du mir? Sogar schrecklich weh? Okay, dann nicht.

Na ja, nicht schrecklich wehtun, nur so ein bisschen mit der Schrotflinte und dem Glassplitter. wink

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Ach, was soll’s. Ich kann den Satz noch so häufig lesen – der fett markierte Teil gehört einfach nicht mehr dazu. Dabei ist die Passage schon wohlwollend markiert. Normalerweise findet schon hinter „bugsieren“ ein gefühltes Satzende statt.

Wenn dann würde ich den Satz auch nach "bugsieren" teilen und mit "Es gelang" den nächsten anfangen.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Da ist die (Lese-) Luft raus, der Drops ist gelutscht, Flasche leer. Du verfällst auch wieder ohne Grund ins Plusquamperfekt („durchfahren hatte“ & „aufgetaucht waren“), benutzt obendrein noch ein Pronomen, das wie ein Fremdkörper im Satz liegt („diesen“) und überspannst am Ende den Bogen mit zu vielen Adjektiven. Mal ehrlich, Schillern und Flimmern – was fehlt dem Satz, wenn eins davon wegfällt? Lust auf einen Kompromiss?

Eigentlich nicht. Aber was tut man nicht alles, damit das Buch am Schluss mal von fünf Leuten, statt nur drei, gelesen wird. Allerdings weiß ich, dass ich alles wieder in seinen alten langgedehnten Zustand zurückversetzen werde, wenn ich nächste Woche das Buch von David Foster Wallace anfange, der soviel längere Sätze schreibt, und weil ich das weiß, kann ich es eigentlich auch gleich lang und adjektivisch lassen. Wieder nix gelernt.


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Das Schrotkorn fiel auf den Boden, nachdem es mit einem hellen metallischen Geräusch vom Rand des Bettgestells abgeprallt war, das irgendwie freundlich trügerisch klang und als ob es von besseren Zeiten erzählte.

Im Prinzip derselbe Knackpunkt wie zuvor: Ist das Plusquamperfekt wirklich nötig? Das fett markierte „das“ sorgt beim ersten Lesen für Verwirrung, weil ich instinktiv annahm, es würden sich aufs Bettgestellt beziehen, und das fett markierte „und“ würde ich streichen und statt dessen ein Komma setzen.

Stimmt. "Freundlich" und "trügerisch" waren außerdem in der falschen Reihenfolge. PQP ist geblieben, jetzt heißt der Satz:
"Das Schrotkorn fiel auf den Boden, nachdem es vom Rand des Bettgestells abgeprallt war, mit einem hellen metallischen Geräusch, das irgendwie trügerisch freundlich klang, als ob es von besseren Zeiten erzählte."  
Viel besser.


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Zwischen den Schrotkörner legte er eine Pause ein, redete sich selbst gut zu und versuchte die Blutungen ein bisschen einzudämmen.

Kann eigentlicht weg, meinst du nicht?

Ist schon weg.


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Vorschlag:

„Gott sei Dank hatte ihn der Schuss nicht wirklich erwischt, sondern eher gestreift, wenn man sowas von einem Schrotschuss überhaupt sagen konnte, von dieser Menge metallischer Partikel, die eher einer Gewohnheit als physikalischen Gesetzen folgend in die gleiche Richtung flogen.“

Das "schienen" muss schon drin bleiben, weil sonst wär es ja grob falsch und Jonas ist Ingenieur.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Das Beste am Ende, dachte er, während eine andere weinerliche, gleichwohl genauso sarkastische Stimme ihm einflüsterte, wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören.

Der Satz gefällt mir von der Konstellation her überhaupt nicht. „Genauso“ ist überflüssig. Das streckt den Satz nur unnötig. Ich würde es so machen:

„Das Beste am Ende, dachte er, während eine weinerliche Stimme dagegenhielt: Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören!“

Der Sarkasmus ist offensichtlich. Ich finde es bildreicher, wenn die Stimme nur weinerlich ist.

Hast recht. Vorschlag übernommen. Tantiemen gibt es trotzdem keine.


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Bei dem ersten der beiden letzten…

Shocked Also beim vorletzten?

Oberflächlich dasselbe, aber die Perspektive ist eine andere, denk ich. In der Originalversion ist ein Einschnitt, bevor er die letzten beiden in Angriff nimmt, sind sie qualitativ unterschiedlich vom Rest. Im "vorletzten" schwingt das nicht mehr mit.


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Beständig fürchtete er eine Arterie zu treffen, doch mehr als diese in den Tatsachen begründete, sozusagen rationale Angst machte ihm ein kindergleiches Erschrecken vor der Wunde zu schaffen, die als verzehrendes Loch im Körper erschien, eine Öffnung in der Haut ohne Existenzberechtigung, ein Auseinderklaffen, das nicht da sein sollte und [b]seine[/s] Fähigkeit, sich in einem Stück zusammenhalten zu können, in Frage stellte.

Der durchgestrichene Part klingt wie aus einem psychologischen Sachbuch.  

Ist das ein Problem? Laughing

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Wenn du von dem verzehrenden Loch im Körper sprichst, tust du das aufgrund des Präteritums, als wäre die Wunde eben erst erschienen – hier hättest du das Plusquamperfekt verwenden müssen.

Ne, hier ist des "erschienen" anders gemeint, im Sinne von als verzehrendes Loch wahrgenommen werden, nicht im Sinne von auftauchen.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Das markierte „seine“ würde ich durch den Namen des Protas ersetzen, weil es sich beim ersten Lesen irrtümlich auf das Auseinanderklaffen beziehen könnte.

Ersetzt!


Thank you very much indeed. Sehr hilfreich. Jetzt muss ich mir gleich noch mal ein paar andere Passagen mit kritischem Blick durchlesen.

Grüße vom Pazifik an die Nordsee.

Christian


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MosesBob
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Beitrag13.04.2010 09:15

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Kuckuck!

Du weißt ja, in Sachen Streckbank-Prosa kenne ich nur den guten, alten José Saramago und seine „Stadt der Blinden“. Aber der Saramago, der schreibt ja eigentlich keine langen Sätze sondern einfach nur ohne Punkt und Komma.

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Hab ich fast so übernommen. Beim Präteritum am Anfang, bin ich mir nicht sicher, ob das nicht die zeitliche Reihenfolge verschiebt und nach dem "wickelte" hab ich das "es" durch "einen Teil" ersetzt, weil die beiden Teile noch oft erwähnt werden (unterschiedliche Funktionen).

Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was genau du jetzt gemacht hast. Aber es klingt fantastisch. Laughing

sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Eigentlich nicht. Aber was tut man nicht alles, damit das Buch am Schluss mal von fünf Leuten, statt nur drei, gelesen wird. Allerdings weiß ich, dass ich alles wieder in seinen alten langgedehnten Zustand zurückversetzen werde, wenn ich nächste Woche das Buch von David Foster Wallace anfange, der soviel längere Sätze schreibt, und weil ich das weiß, kann ich es eigentlich auch gleich lang und adjektivisch lassen. Wieder nix gelernt.

Vielleicht bist du einfach schon zu alt für Veränderungen. Ja, vielleicht ist (auch) dieser Zug vor deiner Nase abgefahren, zwei schwindende Schlusslichter im Tunnel der Nacht ...

Gib mir mal eine Kostprobe von Wallace, was richtig Ekliges und Verdrehtes. Was und wie schrieb er so?

Greetings from the Robbenstrand,

der Wauzi mit dem Sachverstand *hust*


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sleepless_lives
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Beitrag17.04.2010 07:15

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Du weißt ja, in Sachen Streckbank-Prosa kenne ich nur den guten, alten José Saramago und seine „Stadt der Blinden“. Aber der Saramago, der schreibt ja eigentlich keine langen Sätze sondern einfach nur ohne Punkt und Komma.

William Faulkner ist auch zu empfehlen, was lange Sätze angeht ... und überhaupt.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:
Eigentlich nicht. Aber was tut man nicht alles, damit das Buch am Schluss mal von fünf Leuten, statt nur drei, gelesen wird. Allerdings weiß ich, dass ich alles wieder in seinen alten langgedehnten Zustand zurückversetzen werde, wenn ich nächste Woche das Buch von David Foster Wallace anfange, der soviel längere Sätze schreibt, und weil ich das weiß, kann ich es eigentlich auch gleich lang und adjektivisch lassen. Wieder nix gelernt.

Vielleicht bist du einfach schon zu alt für Veränderungen. Ja, vielleicht ist (auch) dieser Zug vor deiner Nase abgefahren, zwei schwindende Schlusslichter im Tunnel der Nacht ...

Das wird's sein. Wenn ich nicht früher viel kürzere Sätze geschrieben hätte, die werden eher länger. Na ja, so lange es nur die Sätze sind ...


MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Gib mir mal eine Kostprobe von Wallace,

Hab's nur auf Englisch
David Foster Wallace hat Folgendes geschrieben:
Sue Shaw, who's not nearly as pretty as Mindy or Clarice, is bringing the joint over here to Mindy and Lenore, and Mindy takes it and lets her toe alone for a second and sucks the bird really hard, so it glows bright and a seed snaps loudly and bits of paper ash go flying and floating, which Clarice and Sue find super funny and start laughing at really hard, whooping and clutching at each other, and Mindy breathes it in really deep and holds it in and passes the bird to Lenore, but Lenore says no thank you.
"No thank you," says Lenore.

aus David Foster Wallace, "The broom of the system", Penguin Books (1987/2004), ISBN 978-0-14-200242-1


Grüße aus Untererde,

- sleepless_lives


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MosesBob
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Beitrag17.04.2010 16:28

von MosesBob
Antworten mit Zitat

sleepless_lives David Foster Wallace hat Folgendes geschrieben:
... and Mindy breathes it in really deep and holds it in and passes the bird to Lenore, but Lenore says no thank you.
"No thank you," says Lenore.

Hehe, das ist pfiffig. Das könnte glatt von Chuck Palahniuk sein. Laughing

Wenn ich mir mal erlauben darf, anhand des kurzes Auszugs von Wallace auf dich zu schließen: Das sind vom Ausdruck her zwei unterschiedliche Paar Schuh-Schuhs. Was Wallace schreibt, ist näher am Plauderton, quasi "runtergeplappert" (was nicht degradierend gemeint ist). Dass es mir gefällt, kann ich zwar nicht behaupten, aber das möchte ich anhand der kurzen Passage auch gar nicht beurteilen. Wenn du lange Sätze schreibst, habe ich manchmal den Eindruck, als würdest du noch während des Schreibens überlegen, was du in dem Satz unterbringen kannst ... oder was du in dem Satz alles unterbringen kannst. Ich glaube, wenn man so schreibt, wie Wallace es offenbar tut, dann muss man in diesem Stil auch gewissermaßen denken oder gar sprechen. Das wiederum führt zu einer blitzgescheiten, wahnsinnig gefühlvollen Frage - garantiert noch nie dagewesen, und von niemandes Mund zerkaut. Achtung, festhalten. Ich bin schon ganz wuschig. Also: Inwieweit, glaubst du, sprichst oder denkst du, wie du schreibst?

Der Hammer. Mir bleibt die Luft weg. Schnapp-app-appatmung.

Greetings from Germanien,

der Bob


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Ilona
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Beitrag17.04.2010 19:23

von Ilona
Antworten mit Zitat

Jatzt habe ich das ganze Ding auf einmal gelesen, obwohl ich was ganz anderes vorhatte. Der Roman spricht mich sehr an, ich finde ihn auch spannend und würde ihn in gedruckter From komplett sehr gerne an einem Winterabend lesen

Grüße

Ilona
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Murmel
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Beitrag17.04.2010 21:59

von Murmel
Antworten mit Zitat

Was ist eigentlich aus Blacky geworden?

Die langen Sätze lassen sich gut lesen, nur, wenn du auf einen Spannungsteil zusteuerst, solltest du vielleicht kürzer werden. Wie mit dem Atmen - lange und ausgeglichen für die Ruhe, kurz für die Action.

Zitat:
Zweimal war er nah daran, dass Bewusstsein zu verlieren, fühlte, wie eine samtene Dunkelheit sich seiner bemächtigten wollte, und nur ein rhythmisches Schlagen mit der Hand des unverletzten Arms gegen das Bettgestell, das Glassplitterskalpell eilig neben sich auf dem Strohsack abgelegt, bewahrte ihm vom Kontrollverlust.

Das hätte ich in kurze gefasst, um einen schnelleren Rhythmus zu erzeugen.

Ansonsten SL gut.  Daumen hoch


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Beitrag18.04.2010 16:15

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Kommentare, bin leider im Moment im Umzugsstress und werd demnächst noch mal ausführlich antworten.

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Beitrag26.04.2010 07:45

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

@MosesBob

MosesBob hat Folgendes geschrieben:

Wenn ich mir mal erlauben darf, anhand des kurzes Auszugs von Wallace auf dich zu schließen: Das sind vom Ausdruck her zwei unterschiedliche Paar Schuh-Schuhs. Was Wallace schreibt, ist näher am Plauderton, quasi "runtergeplappert" (was nicht degradierend gemeint ist). Dass es mir gefällt, kann ich zwar nicht behaupten, aber das möchte ich anhand der kurzen Passage auch gar nicht beurteilen.

Wallaces Stil passt sich - soweit ich das bisher beurteilen kann - der Hauptperson an. Hier der fünfzehnjährigen Lenore. Später, wenn Lenore älter ist, verändert sich der Stil. Die (gelegentlichen) langen Sätze bleiben, nur verlieren sie den Plauderton.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:

Wenn du lange Sätze schreibst, habe ich manchmal den Eindruck, als würdest du noch während des Schreibens überlegen, was du in dem Satz unterbringen kannst ... oder was du in dem Satz alles unterbringen kannst. Ich glaube, wenn man so schreibt, wie Wallace es offenbar tut, dann muss man in diesem Stil auch gewissermaßen denken oder gar sprechen.

 Das wiederum führt zu einer blitzgescheiten, wahnsinnig gefühlvollen Frage - garantiert noch nie dagewesen, und von niemandes Mund zerkaut. Achtung, festhalten. Ich bin schon ganz wuschig. Also: Inwieweit, glaubst du, sprichst oder denkst du, wie du schreibst?

Ich denk, Schreiben und Sprechen sind sehr verschiedene Dinge. (Das Denken will ich mal außen vor lassen, sonst geraten wir noch in eine ganz andere, uferlose Diskussion.)  Niemand schreibt wie er spricht. Dazu muss man sich mal Texte anschauen, die ein aufgenommenes spontanes Gespräch transliterieren. Manche Leute wären wahrscheinlich ziemlich schockiert, wie oft sie die Grammatik verletzten. Aber diese Regelverletzungen sind nicht zufällig, man macht nur ganz bestimmte Fehler in seiner Muttersprache, während das nicht gilt für Leute, die die Sprache lernen, oder für Maschinen. Das aber nur am Rande. Auch Wallace spricht nicht so, wie er schreibt, behaupte ich mal. Schon seine berühmte This-is-water-Rede hat viel weniger von den langen Sätzen und die war höchstwahrscheinlich sogar vorher aufgeschrieben.

Ich überlege sicher nicht, was ich alles in den Satz reinpacken kann, sondern der Satz baut sich selbst auf, stellt Verbindungen her, will noch da hin oder dort hin und schließlich, viel später erst, läuft er besänftigt aus. Hinzu kommt noch, dass der Rhythmus ein anderer ist, dass der Satz beim lauten Lesen anders klingen würde, da man nicht mit der Stimme runtergeht zwischendrin, wie man das am Ende tut.



@Ilona
Freut mich, dass es dir gefällt. Das steigert doch gleich ganz gewaltig die Motivation, das Ding schnell zu Ende zu schreiben, auch wenn es bei mir immer wieder an der Zeit hapert.



@Murmel
Murmel hat Folgendes geschrieben:
Was ist eigentlich aus Blacky geworden?

Keine Ahnung. Weiß nicht mal, ob er noch in NZ ist. Wer weiß, vielleicht reist er gerade Wüste Gobi ...

Murmel hat Folgendes geschrieben:
wenn du auf einen Spannungsteil zusteuerst, solltest du vielleicht kürzer werden. Wie mit dem Atmen - lange und ausgeglichen für die Ruhe, kurz für die Action.

Stimmt, darauf muss ich noch ein bisschen mehr achten. Der ganze (bisherige) Roman ist geprägt von Wechseln von eher reflektierenden Passagen und mehr handlungsintensiven. Meist von der Situation des Protagonisten abhängig. Das sollte sich auch im Stil widerspiegeln.



Grüße an alle,

- sleepless_lives


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