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Wie arbeitet man eine Fantasywelt sinnvoll aus?

 
 
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Erm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 32
Beiträge: 19
Wohnort: NRW


Beitrag20.10.2009 15:42
Wie arbeitet man eine Fantasywelt sinnvoll aus?
von Erm
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich trage schon seit längerer Zeit die Idee mit mir herum eine Fantasywelt zu gestalten. Dabei unterscheide ich allerdings noch zwischen der Erschaffung der eigentlichen Welt und einem Buch, bzw. nennen wir es hier einmal einer Geschichte, (zum Buch kommt es ja eh nie*lach*) welches ich eventuell in den nächsten Jahrhunderten schreiben könnte.  Laughing
Es geht mir momentan "nur" um die Welt.

Aber die wichtigste Frage die mir jetzt auf den Lippen brennt. Wo fange ich da eigentlich an. Es gibt ja in einer Welt schon so viele vergangene Geschichten, aber auch die Gegenwart sollte geplant werden. Wo steht diese Welt momentan? Blüht sie gerade auf, oder ist sie dem Abgrund nahe?

Wie und an welchem Punkt würdet ihr anfangen eine solche Welt, eure Fantasywelt zu gestalten?

Ich persönlich habe mir nun für's erste einmal ein Notizbuch zugelegt in dem ich alle Ideen erst einmal niederschreiben möchte und auch später die Geschichte der Fantasywelt chronologisch ordnen möchte.

Ein Beispiel könnte man sich an anderen großen Fantasywelten nehmen. Natürlich kommt mir da als erstes das Herr der Ringe Universum in den Sinn. Andere Welten wären da beispielsweise noch Alagaësia, bekannt aus Eragon, oder auch die (abseits der Spiele) wirklich sehr runde Welt Azeroth (bekannt aus der Warcraft Romanreihe und anderen Spielen).

Wie entwirft und gestaltet man eine neue Welt?

Ich bin auf eure Meinungen gespannt. wink


_________________
Es ist nicht genug, zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug, zu wollen, man muß auch tun. (Goethe)
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Michael
Geschlecht:männlichAnti-Lyriker


Beiträge: 734



Beitrag20.10.2009 16:02

von Michael
Antworten mit Zitat

Ich kann nur Mutmaßungen aufstellen, denn ich habe mit Fantasy recht wenig am Hut. Gut, vor etlichen Jahren habe ich viele Rollenspiele auf dem PC gezockt, wie z.B. DSA, Oblivion, Gothic, usw. Mittlerweile finde ich manchmal lediglich ein wenig Zeit, zu pokern Laughing

Zu deiner Frage:

Als erstes würde ich mir ein großeß Blatt, am besten DinA 3 nehmen und einen großen Kreis skizzieren. Muss nicht rund sein, welche Welt ist schon rund?
Dann zeichnest du Wälder, Städte, Flüsse, Gebirge, Dörfer, usw. ein.
Ta-taaa! Schon hast du eine Welt.
Zur Chronik: Hier ist deine Fantasie als Autor gefragt. Schreibe einfach eine Chronik, wie in einer Geschichte. Wenn du später deine eigentliche Geschichte erzählst, kannst du weitere, wichtige Dinge hinzufügen.

War doch alles ganz einfach, oder? Hast du die Frage so gemeint?

Michael smile
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Fahrender Gaukler
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Beitrag20.10.2009 16:07

von Fahrender Gaukler
Antworten mit Zitat

Hallo Erm!


Zunächst einmal brauchst du viel Geduld. Eine Welt zu erschaffen ist anfangs höchst interessant und überaus spaßig, wird jedoch zunehmend schwieriger, je länger man sich damit beschäftigt und bremst so deine Motivation aus. Deshalb ist Durchhaltevermögen angesagt.

Zum Prozedere selbst macht es wohl jeder anders. Eine einheitliche Herangehensweise gibt es nicht. Notizblöcke vollkritzeln ist schon mal nicht schlecht. So geht kein spontaner Geistesblitz verloren. Was ich am Anfang gemacht habe, war - wie kann es anders sein - eine Landkarte entwerfen. Zeichnen kann ich nicht, ist aber auch nicht nötig. Die Umrisse eines Kontinents beispielsweise bekommt jeder hin. Anschließend zeichnete ich einige Grenzen ein und ließ dadurch Länder entstehen. Diesen Ländern habe ich einige Namen zugeordnet und anschließend eine Word/Office-Datei geöffnet, in der ich dieses oder jenes Land charakterisierte. Klima, Geographische Beschaffenheit und Besonderheiten (Wälder, Flüsse, Seen, Berge, ...), Geschichte des Landes (wie es es entstanden? Wann? usw - zunächst nur ein paar Eckdaten).

Wenn die grobe Idee steht, kann man sich an die Feinarbeit machen. Aus den Eckdaten kann man dann zum Beispiel Chroniken und (Kurz-) Geschichten erstellen. Erst durch die Feinarbeit schafft man die notwendige Tiefe. Dabei ist es letztlich egal, wie viel davon in eine spätere Geschichte einfließt. Der Leser merkt trotzdem, ob er es mit einer ausgeklügelten Welt zu tun hat oder mit einer ratzfatz zusammengekleisterten. Deshalb ist die Mühe es in jedem Fall wert. Wichtig ist jedoch, nicht mittendrin zu versumpfen. Mach es dir also nicht selbst zu schwer und beschränke dich zunächst auf die grobe Skizze, bevor du mit der Feinarbeit beginnst. Ein komplette, in sich geschlossene und funktionierende Welt zu erschaffen, ist kein Pappenstiel. Das macht man nicht mal so nebenher. Dessen musst du dir bewusst sein, bevor du dich an die Aufgabe heranwagst. smile

Viel Erfolg!


Gruß,

~~Der Gaukler


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Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

(Mark Twain)
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Zitkalasa
Reißwolf
Z


Beiträge: 1088



Z
Beitrag20.10.2009 16:34

von Zitkalasa
Antworten mit Zitat

Ich werfe einmal spontan Tolkien in den Raum; Gott allein weiß, wie groß dessen Welt noch hätte werden können.

Gaukler hat schon das Wichtigste gesagt. Was ich dir aber noch mitgeben würde wollen, wäre eine Frage:

Wie ausgefeilt darf's/muss es denn sein?

Hast du nur einen Plot, der sich innerhalb eines Landes abspielen kann - und der auch nicht fortgesetzt werden soll? Dann reicht es, wenn du nur das eine Land erschaffst.

Willst du aber deine Welt zu mehr nutzen, immer wieder ihre Geschichten erzählen? Nja, dann musst du dich wohl oder übel dran machen, zumindest einen Kontinent zu basteln. (Da haste dann schon mal einen guten Puffer. Wird der Kontinent zu klein, kannst immer noch einen zweiten hinzu erfinden.)

Königsdisziplin wäre dann ein ganzer Planet, der sich an den geologischen/naturwissenschaftlichen Gesetzen unserer Erde hält/anlehnt. Hardcore wären dann dazu noch eigene Sprachen, div. Religionen samt Mythen-Universum, Sitten/Bräuche/kulturelle/soziale Eigenheiten...

Gut, du kannst es auch zum Wahnsinn treiben und ein ganzes Sonnensystem/Galaxie/Universum erschaffen und für alles bis ins Kleinste planen - aber dazu reicht dein Menschenleben wohl nicht aus. Laughing Aber du willst ja auch Fantasy schreiben, die sich, sofern ich das vermute, wohl maximal auf einen Planeten bezieht; vll. mehrere Dimensionen... Nja, ich will dich nicht abschrecken. Laughing

Wie gesagt, es kommt darauf an wie sehr du deine Welt "ausschlachten" willst. Dass sie so oder so logisch aufgebaut und entwickelt sein sollte, ist klar. Zumindest dem Gaukler und mir. Weil wenn du dir nur völlig  oberflächliche Gedanken um deine Welt machst, wird's so ein Wischi-Waschi-Matsch, der dem Fantasy-Genre den schlechten Ruf einbrachte, dass sich in ihm nur Recherche-/Arbeits-Faule tummeln. wink

Ansonsten viel Erfolg und ein unendliches Lager an Nerventee.  smile extra


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"Heutigentags sagen und schreiben viele Gelehrte mehr als sie wissen. In den alten Zeiten wussten einige mehr als sie schrieben." Matthias Claudius
"Hieve-ho, thieves and beggars, never shall we die" PotC - aWE
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Erm
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 32
Beiträge: 19
Wohnort: NRW


Beitrag20.10.2009 16:50

von Erm
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für eure schon jetzt so ausführlichen Antworten. smile

Michael hat Folgendes geschrieben:


Zu deiner Frage:

Als erstes würde ich mir ein großeß Blatt, am besten DinA 3 nehmen und einen großen Kreis skizzieren. Muss nicht rund sein, welche Welt ist schon rund?
Dann zeichnest du Wälder, Städte, Flüsse, Gebirge, Dörfer, usw. ein.
Ta-taaa! Schon hast du eine Welt.
Zur Chronik: Hier ist deine Fantasie als Autor gefragt. Schreibe einfach eine Chronik, wie in einer Geschichte. Wenn du später deine eigentliche Geschichte erzählst, kannst du weitere, wichtige Dinge hinzufügen.


Eine tolle Idee. Könnte man ja dann so in dem Stile umsetzen wie die beigelegten Karten in den diversen Büchern.


Michael hat Folgendes geschrieben:

War doch alles ganz einfach, oder? Hast du die Frage so gemeint?

Michael smile


Ja genau, wobei sich mir auch noch die Frage stellt wie ihr an die ganze Sache herangehen würdet, abseits von meiner Absicht so eine Welt in Zukunft mal zu erstellen. smile


Fahrender Gaukler hat Folgendes geschrieben:

Diesen Ländern habe ich einige Namen zugeordnet und anschließend eine Word/Office-Datei geöffnet, in der ich dieses oder jenes Land charakterisierte. Klima, Geographische Beschaffenheit und Besonderheiten (Wälder, Flüsse, Seen, Berge, ...), Geschichte des Landes (wie es es entstanden? Wann? usw - zunächst nur ein paar Eckdaten).


Da kommt mir direkt eine Assoziation in den Kopf. Würde ich mir dann so vorstellen wie die diversen Wikipedia Seiten, bei denen an der rechten Seite immer ein Steckbrief zu den Ländern angeheftet ist.




Zitkalasa hat Folgendes geschrieben:

Wie ausgefeilt darf's/muss es denn sein?

Hast du nur einen Plot, der sich innerhalb eines Landes abspielen kann - und der auch nicht fortgesetzt werden soll? Dann reicht es, wenn du nur das eine Land erschaffst.


Mir persönlich geht es momentan noch gar nicht um einen wirklichen Plot. Ich möchte erst einmal eine Welt (oder ein Land), indem ich dann zu einem späteren Zeitpunkt eventuell Geschichten spielen lassen kann. Dann aber auch nicht nur eine, sondern mehrere.


Zitkalasa hat Folgendes geschrieben:


Gut, du kannst es auch zum Wahnsinn treiben und ein ganzes Sonnensystem/Galaxie/Universum erschaffen und für alles bis ins Kleinste planen - aber dazu reicht dein Menschenleben wohl nicht aus. Laughing Aber du willst ja auch Fantasy schreiben, die sich, sofern ich das vermute, wohl maximal auf einen Planeten bezieht; vll. mehrere Dimensionen... Nja, ich will dich nicht abschrecken. Laughing


Bevor mein Kopf dann noch einen analogen Burnout durchmacht beschränke ich mich dann doch lieber maximal auf einen kleinen Planeten.  smile extra


_________________
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Daydreamer
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 44
Beiträge: 106
Wohnort: Wien


Beitrag20.10.2009 17:37

von Daydreamer
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Ich würde mir noch Gedanken darüber machen, was sich in deiner Welt von unserer unterscheidet und wie sie "räumlich" zu einander stehen

räumlich:
- "unsere Welt" aber ein anderer Planet in einer anderen Galaxie
- eine Parallelwelt zu unseren Welt mit Möglichkeiten zwischen den beiden zu reisen
- eine Welt ohne Bezug zu unseren

Differenzen
- andere Rassen
- andere physische Gesetze (Fliegen können, etc.)
- Magieformen
- Werte, etc.

Je nach dem um welches Fantasy Genre es sich handelt, kann man sicherlich an die Mythologie anlehnen (vor allem Entstehungsmythen, etc.) Ich würde mir auch überlegen in welche Welt ich gerne gelangen würde um dort Abenteuer zu erleben.
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deadzoneman
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Beiträge: 80



Beitrag20.10.2009 19:55

von deadzoneman
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Also eigene Fantasy-Welten sich aus den Fingern zu saugen, gehört glaub ich zu den härtesten Aufgaben, die man sich als Autor stellen kann.

Generell würde ich zwischen zwei unterschiedliche Herangehensweisen unterscheiden wollen:

a) Die Plotorientierte

b) Die Potentialorientierte


Keine Welt funktioniert und baut Spannung auf, wenn sie nicht das Potential für Konflikte mit sich trägt. In der Regel findet sich dies bereits mit dem Gegensatz Gut - Böse. Aber Kombinationen wie unterschiedliche Rassen, Magie - Magieächtend und Mischungen verschiedener Möglichkeiten finden sich.

Tolkien hat das unter anderem durch Mordor erzeugt. Aber es gibt genug andere Beispiele, die ähnlich verfahren, ohne das man von Plagiat sprechen kann.

Ich denke das wichtigste ist, wenn man selber eine Welt erschafft, sich Gedanken darüber zu machen, was sie auszeichnet. Warum sie etwas besonderes ist. Niemand brauch einen weiteren Tolkien-Klon.

Und dafür muss man nicht einmal etwas neues erfinden!

Tolkien selber hat viel z.B. aus der germanischen Mythologie entwendet, was Rassen, Gegenstände, Namen und Charaktere angeht. Doch er hat sie nicht einfach übernommen, er hat sie überarbeitet, neu interpretiert und verfremdet.

Ein weiteres Beispiel ist "Das Schwert der Wahrheit" von Terry Goodkind. Seine Welt besteht aus drei Ländern, die durch magische Grenzen voneinander getrennt sind und die innerhalb einer Generation plötzlich entstanden. Die Länder besitzen gegenüber Vorurteile, andere Ansichten zur Magie und eigene Herrschaftssysteme (Räte oder Monarchien). Alles erinnert u.a. irgendwie an ein Berlin, das durch eine Mauer getrennt wird. Nur neu interpretiert und für eine Fantasystory ausgearbeitet.

Sich gleich auf die Arbeit eines ganzen Planeten zu stürzen, halte ich für übertrieben. Das kann schnell zum Hexenschuss führen, wenn man sich überhebt. Ich würde ebenfalls lieber erst klein anfangen und dann Ideen eventuell ausweiten.

Ich persönlich halte die Variante eine Welt zu erschaffen, die Plotorientiert ist, für einfacher. Anhand einer (z.B. kurzen) Story weiß man, was man für eine Welt brauch. Dann kann man sich eine weitere Story überlegen, die in der gleichen Welt angesiedelt ist. Mit Hilfe von einem ganzen Netz aus Plots kann man an seiner Welt feilen und arbeiten. So entsteht automatisch eine lebendige Welt, die von Charakteren und Konflikten getragen ist.
Wenn man eine ungefähre Orientierung und Idee hat (falls noch keine vorher exisitierte), kann man sich wirklich an die Erschaffung der Welt machen. Sonst wirkt sie schnell platt. Von dieser Welt kann man sich dann die Inspiration für neue Plots holen, die sich aus ihrem Konfliktpotential ergeben sollte.
Dann kann man immer Wechsel, Plot-Welt-Plot-Welt, seine Schöpfung ausbauen, bis etwas eigenständiges entstanden ist. Daraus ließe sich dann eine Serie von Romanen zimmern.
Viel Zeit und Arbeit.

Aber das ist nur meine Ansicht zu einer solchen Sisyphos-Arbeit.
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caesar_andy
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Alter: 42
Beiträge: 536



C
Beitrag29.10.2009 18:43

von caesar_andy
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Eine eigene Welt zu erschaffen ist ein langwieriger, und komplizierter Prozess. Du solltest dir darüber im Klaren sein, dass es dafür nicht ausreicht, ein bisschen zeichnen zu können und dir Namen "auszudenken" in dem du mit dem Kopf über die Tastatur rollst. Um ein solches Projekt zu bewältigen brauchst du eine gute Allgemeinbildung, insbesondere in Geographie, Zoologie, Politik und Geschichte. Dein Schulwissen reicht da nicht aus, du wirst also vermutlich nach lernen müssen.
Völker beeinflussen sich gegenseitig und wenn unter natürlichen Bedingungen auf einem Planeten zwei genetisch inkompatible intelligente Spezies entstehen, die sich denselben Lebensraum teilen, ist es unwahrscheinlich, dass beide Spezies überleben werden.
Für dich ist also wichtig, dass du nicht davon ausgehen kannst, einfach 10 Völker in deine Welt zu setzen und für jedes dieser Völker eine "Entwicklung" vorzugeben. Die Entwicklungspfade der Völker werden sich kreuzen und überlagern. Tolkien tat das in HdR nicht. In Mittelerde leben alle Völker in Isolation und das ist höchst unwahrscheinlich.
Fortschritt wird immer eine Spezies übervorteilen und andere in einen Nachteil bringen.

Ich arbeite nun seit über 10 Jahren an meiner Welt und sie wächst immer noch. Allerdings hat sie heute mit ihren Ursprüngen gar nichts mehr gemeinsam. Ganz zu Anfang war es eine "typische" Welt mit Orks und Elfen … heute ist es eine Steampunk-Welt an der Schwelle zur "Moderne" in der kein einziges Volk existiert, dass nicht aus meiner Feder stammt.

Stell dir also erstmal die Frage, ob du deine Welt Wirklich NUR als Basis eines Romans haben willst, oder ob es dir wichtig ist, die Welt selber zu kreieren. Letzteres kann dann gut und gerne den Großteil der Arbeit ausmachen, die du in deinen Roman steckst, und viele Jahre dauern. Machst du es hingegen andersherum und degradierst die Welt zum "Unterbau" deiner Handlung, so wie es in Eragorn ist, hast du deutlich weniger Arbeit damit, dafür wird die Welt alles in allem etwas "langweiliger" und weniger lebendig wirken.

Orientiere dich dabei nicht zu sehr an Tolkien. Mittelerde ist gut, und detailliert, aber zu "klassisch". Es enthält viele Fehler, die sich heute im ganzen Genre wiederfinden. Völker die gut sind, und welche die böse sind, einen Haufen isolierter Spezies mit fest umrissenen Kulturen. Das sich eine Welt tatsächlich so entwickeln kann, ist nahezu unmöglich.
Ich würde dir raten, deine Welt als etwas zu erschaffen, das atmet. Niemand ist einfach nur böse, oder einfach nur gut. Es kommt immer auf die Perspektive an.

Alagaesia ist da für mich eher das Negativbeispiel, eine Welt, wie man sie nicht machen sollte. Die Welt steckt voller geographischer Fehler (Heißwüste (Ohne "R"!) direkt neben Laubwald), primitiver Ideologien (Galbatorix ist einfach "böse") und flacher Völker (bei den Urgals merkt man sofort, das sie von Tolkien geklaut sind…nur das die Orks immerhin noch ein bisschen Seele hatten).



Zitat:
Aber die wichtigste Frage die mir jetzt auf den Lippen brennt. Wo fange ich da eigentlich an. Es gibt ja in einer Welt schon so viele vergangene Geschichten, aber auch die Gegenwart sollte geplant werden.


Du hast die Antwort ja selber schon erkannt. Du kannst nicht hingehen, und von einer Seite Anfangen, weil du dann nicht weißt, wo du am Ende ankommst. Bei Adam und Eva anfangen geht nicht, weil du nicht weist, wie dann dein Soll-Zustand aussehen wird.
Und beim Soll-Zustand anfangen geht nicht, weil sich die Kulturen aus ihrer Geschichte entwickeln, nicht umgekehrt.
Eine eigene Welt zu generieren ist ein sehr komplexer Prozess, weil sich alles gegenseitig beeinflusst. Du kennst das Ziel, weißt wo du hin willst, aber die die Geschichte deiner Welt gibt den Weg vor, den sie dorthin geht.

Prinzipiell MUSST du an beiden Enden Gleichzeitig anfangen. Du musst den "Soll" Zustand im Kopf haben und du musst bei "Adam und Eva" Anfangen. Der Soll-Zustand sagt dir, wohin die Reise gehen soll, und Adam und Eva geben dir ein Gefühl für das individuelle Empfinden und das Lebensgefühl deiner Bewohner.



Die Sache mit dem Notizbuch ist ein guter Anfang, aber eben auch nicht mehr. Es gibt so viele Dinge, die du beachten musst…



Zuerst mal wirkt sich natürlich die Lebensumgebung auf alle Lebewesen deiner Welt aus. Eine Nation wird in Küstennähe eine vollkommen andere Kultur hervorbringen, als in bewaldeten Hochgebirgen oder in heißen Wüsten. Grundkenntnisse in Geographie und Biologie sind also sehr wichtig. Ich würde dir raten, dich in Umfang und Größe eines Planeten an der Erde zu orientieren, da du auf diese Art und weise gleich ein Gefühl für die Klimazonen Bekommst, denn diese sind wichtig um eine glaubhafte Welt zu kreieren.
Ganz im Norden und Süden liegen die Polarregionen, daran schließen sich die Subpolarregionen an. Südlich (bzw. nördlich auf der Südhalbkugel) kommen dann die gemäßigten Zonen. In Richtung der Pole spricht man von "Kaltgemäßigter" Zone, in Richtung des Äquators von warmgemäßigter Zone.
Dann kommen die Subtropen und schließlich am Äquator die Tropen. Also:

Polar
Subpolar
Kaltgemäßig
Warmgemäßigt
Subtropen
Tropen
Subtropen
Warmgemäßigt
Kaltgemäßigt
Subpolar
Polar.

Wichtig ist diese Einteilung, um zu wissen, welche Landschaftsformen du wo unterbringen kannst. Nimm zum Beispiel Alagäesia, was ich vorher schon angesprochen hatte. Dort existiert eine Heißwüste direkt neben einem Laubwald. Das ist völliger Blödsinn. Der Laubwald ist ein Geländemerkmal der gemäßigten Zone, die Heißwüsten findest du aber nur in den Subtropen. Meeresströmungen transportieren Wärme vom Äquator in andere Regionen. Dadurch verschieben sich die Grenzen der Klimazonen. Zum Beispiel ist die gemäßigte Zone auf der Nordhalbkugel der Erde wesentlich größer als auf der Südhalbkugel, weil die Meeresströmungen das Klima bei uns "mäßigen".
All das hat Auswirkungen darauf, wo sich Leben entwickeln kann, und wie es sich entwickelt.

Und da "Leben" natürlich nicht nur aus Humanoiden und Drachen besteht, haben wir noch einen Faktor, der wichtig ist, die Fauna und Flora. Die potentielle Verfügbarkeit von Beutetieren und Fressfeinden bestimmt zum Beispiel die kulturelle Entwicklung. Dort wo es wenig tierische Nahrung gibt, werden Völker kaum als Jäger und Sammler überleben können. Und eher Ackerbau betreiben, oder Nutztiere domestizieren.
In der Natur sagt man pauschal, auf einen aktiven Jäger müssen 200 Beutetiere kommen, damit er überleben kann. Das kannst du als Ausgangspunkt nehmen um eine Verhältnismäßigkeit zwischen Pflanzen und Fleischfressern auszuarbeiten. In einer Region, in der sich humanoide Lebensformen weit ausgebreitet und damit die Pflanzenfresser zurückgedrängt haben, ist es unwahrscheinlich, dass hinter jedem Baum ein Raubtierrudel lauert…es sei denn, die Humanoiden wären ihre neue Beute.
In den Afrikanischen Savannen gibt es Regionen, in denen auf 200km² ein großes Raubtier kommt.
Das kann für eher mittelalterliche Fantasy Geschichten relevant sein, wie überhaupt das Verhalten von Tieren.

Das ist zum Beispiel ein Problem an dem viele Rollenspiele inklusive dem von dir erwähnten World of Warcraft kränkeln. Da man dem Spieler möglichst viele Feinde in den Weg setzten will generiert man eine Fauna, die nicht Lebensfähig wäre, weil die Raubtierpopulation um ein vielfaches zu groß ist. Nimm als Beispiel das Brachland, das wirst du wohl kennen wink Dort dürfte es theoretisch nicht mehr als 2, maximal 3 Löwen oder Raptoren geben. Und wie viele sind es tatsächlich? 200?



Kommen dann die Humanoiden dazu, wird es erst richtig interessant. Ich empfehle dir, dich dafür ernsthaft mit Geschichte zu befassen.
Das fängt schon in der Steinzeit an. Völker die in nahrungsreichen Regionen ohne viele Raubtiere leben, haben einen Vorteil in der Entwicklung. An Gewässern werden sich Kulturen bedeutend schneller entwickeln, als im Gebirge. Ebenso haben die Völker einen Vorteil, die für sich das Prinzip der Familie entdeckt haben. In Zeiten schlechter Medizinischer Versorgung und hoher Kindersterblichkeit sind Frauen und Nachwuchs wichtige Werte einer Kultur. Völker die ihren Nachwuchs gut ausbilden und schützen sind im Vorteil und dominieren.

Auch andere natürliche (biologische oder mineralische) Rohstoff-Vorkommen wirken sich auf Kulturen aus. Die mesoamerikanischen Indianer kannten weder Pferde noch Metallverarbeitung. Trotzdem waren die Kultur der Azteken und Maya ihrer Zeit den europäischen Kulturen weit voraus. Ihre Grundlage war nur eine vollkommen andere.
Tecnoctitlan war – kurz bevor es von den Spaniern zerstört wurde – mit 300.000 Einwohnern die größte und trotzdem die sauberste Stadt der Welt. Da wo die Menschen in Paris oder London im Dreck und Gossenschmutz lebten, hatten die Azteken ein funktionierendes Abwassersystem, fließendes Wasser und sogar Toiletten mit Wasserspülung.
Ganz Tecnoctitlan war inmitten eines Sees auf künstlichen Inseln angelegt worden. Für europäische Verhältnisse war so was vollkommen unvorstellbar, aber da die unterschiedlichen Lebensbedingungen im mexikanischen Urwald eben auch eine unterschiedliche kulturelle Entwicklung begünstigt hatten, waren die Azteken dazu imstande, etwas Derartiges zu schaffen.
Als Alexander der Großen in Indien einfiel, hatte noch nie einer von den Griechen gegen Elefanten gekämpft, denn die gab es in ihrer Heimat nicht. Die Chinesen kannten lange vor den Europäern das Schießpulver.

Mit wachsender technologischer Entwicklung verschwindet der Vorteil vorhandener Rohstoffe vielleicht durch den Handel. Und plötzlich sind nicht mehr die die Völker im Vorteil, die von natur aus die meisten Rohstoffe haben, sondern die, mit der größten Schiffsflotte, oder die, die wichtige Handelsknoten kontrollieren. Statt natureller Werte werden plötzlich wissen und Wissenschaft wichtig.

Überhaupt kann es manchmal eine einzige technologische Entwicklung sein, die einer zuvor unbedeutenden Nation den Durchbruch bringt. In der Realität war dies zum Beispiel die "Kanone". Mit der Entwicklung dieser Waffe waren die Europäer die ersten, denen es Gelungen war eine Waffe zu konstruieren, die gleichzeitig in Feldschlachten und bei Belagerungen eingesetzt werden konnte. Die als Schiffsartillerie brauchbar war, in stationäre Stellungen integriert werden konnte, und dabei ein enormes Maß an Mobilität besaß, kombiniert mit leichter Handhabung, hoher Durchschlagskraft und vergleichsweise geringem Wartungsaufwand. Die Kanone war der Quell der militärischen Stärke der Europäer und damit in den folgenden Jahrhunderten ihrer Dominanz auf der ganzen Welt.
Denk darüber nach, wie sich die Machtverhältnisse in deiner Welt verschieben, wenn eine Spezies plötzlich nicht mehr mit Keulen kämpfen muss, sondern Schwerter aus Bronze herstellen kann. Oder wenn eine Spezies eine Schriftsprache entwickelt. Ein anderes Mal ist es die Entwicklung einer Schiffsbauform, die das "kreuzen" gegen den Wind ermöglicht und so einen Vorteil bringt.
Wichtig ist auch die Medizin. Völker ohne Medizinisches Wissen haben meist sehr hohe Sterberaten. Z.B. war bei den ursprünglichen "primitiven" Menschen der Tod der Mutter bei der Geburt eines Kindes die häufigste Todesursache unter der weiblichen Bevölkerung überhaupt. Medizinische Forschung reduziert die Sterberate und erhöht das Bevölkerungswachstum sprunghaft, schafft aber neue Probleme. Denn eine Wachsende Bevölkerung braucht Platz, auf den sie sich ausdehnen kann und eine Wirtschaft, die sie versorgen kann.

Völker die ihr Machtgebiet ausdehnen, beeinflussen einander gegenseitig. Durch Wissenschaft, Religion, Philosophie, Sprache, Musik, Kunst, Kultur…und natürlich auch durch Militär. Manche Völker werden dominant und projizieren ihre Kultur auf andere Völker, wodurch sich die Welt oberflächlich "angleicht". Andere Völker isolieren sich um die kulturelle Vielfalt zu wahren, und wieder andere fallen der globalen Anpassung zum Opfer und verschwinden.
Schau dir als Beispiel die Entwicklung unserer Welt an und beobachte einfach mal was für einen extrem großen Einfluss die griechische Kultur in der Antike auf den Mittelmeerraum hatte. Und vor ihnen die Ägypter. Obwohl wir heute bei "Antike" immer nur an die Römer denken ist die römische Kultur zu einem großen Teil eine Kopie der griechischen, was natürlich zu der Frage führt, wie Rom ausgesehen HÄTTE, wenn nicht Griechenland vor ihnen den Mittelmeerraum dominiert hätte, sondern bspw. Die Spanier.
Das setzt sich beliebig fort, immer wieder gab es Nationen in der Weltgeschichte, die in bestimmten Regionen Dominant waren, und ALLES beeinflusst haben. Spanien und Portugal zum Beispiel. Später dann England und heute sind es die USA. Morgen vielleicht China oder Russland. Wer weiß das schon?
Auch Katastrophen, Kriege, Veränderungen der Umwelt…all das wirkt sich unmittelbar auf deine Welt aus und "lenkt" sie. Da den Überblick zu behalten ist wahnsinnig schwer. Nimm als Beispiel ein Volk, das 40 Jahre lang in Sklaverei lebt. Dieses Volk wird kulturell nur noch wenige Ähnlichkeiten mit seinen Vorfahren haben, es sei denn in einer Art "Retro-Style".
Veränderungen im Verhalten können sich rasend schnell vollziehen, im Gegensatz zur körperlichen Evolution. Das ist der Vorteil "intelligenter" Spezies, die sich anpassen können in dem sie ihr Verhalten ändern und die nicht darauf warten müssen, das ihnen Flügel wachsen. Innerhalb von 2 vielleicht 3 Generationen können sich moralische Werte und ethnische Ansichten komplett wandeln. Verglichen mit der Geschichte einer Nation oder gar einer Spezies ist das nicht mehr als ein Wimpernschlag.
Geschichte, Erfahrungen, Religionen, all das hat Auswirkungen auf das Verhalten. Das eine Spezies ihr Verhalten innerhalb von mehreren jahrhunderten nicht verändert, ist unwahrscheinlich. Ein solcher Stillstand wird vermutlich zur Auslöschung der jeweiligen Kultur führen. Also ebenfalls ein wichtiger Faktor deiner Kultur. Wie denken die Leute? Und warum denken sie so? Und wie haben sie vor 50 Jahren gedacht?

Um Ansätze zu finden, wie ein solches Volk aussehen könnte, kannst du dich in der Realität bedienen. Such dir ein Volk aus, lass dich von seiner Geschichte, Kunst und Architektur inspirieren, und versuche diese Einflüsse in deiner Welt zu verarbeiten. Aber bitte nicht schon wieder eine Dominanz der nördlichen Kulturen, das hatten wir schon mehr als zu oft.
Du kannst dich auch bei den Sprachen bedienen. Das hilft dir möglicherweise dabei, Personen und Orten Namen zu geben.

Völker die aussterben oder anderweitig von der Bildfläche verschwinden, hinterlassen immer ein mehr oder weniger großes Machtvakuum, das ausgefüllt werden muss. Dadurch verschieben sich ethnische Grenzen. Als das Weströmische Reich zusammengebrochen ist, drängten zum Beispiel die barbarischen Völker des Nordens und des Ostens in den Europäischen Raum, die Sachsen, die Hunnen oder auch die Sarazenen. In der Folge entstehen neue Bevölkerungsgruppen die es vorher nicht gab. Die Einwanderer bringen ihrerseits wieder eine Kultur mit, die wahrscheinlich die bisherige Kultur beeinflusst und damit zur Entwicklung einer neuen Kultur beiträgt. Es ist außerdem ein Trugschluss anzunehmen, dass im Falle einer militärischen Eroberung nur der Eroberer das unterdrückte Land verändert. Der Kontakt mit der unterworfenen Spezies wird auch die Kultur des Aggressors beeinflussen.




Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt und bei der Frage, wie viel "Leben" so eine Welt eigentlich verkraften kann. Und aus dieser Frage ergibt sich die nächste: Warum gibt es auf der Erde nur eine humanoide Spezies?

Nicht deshalb, weil sich nur eine entwickelt hätte. Es gab auf der Erde tatsächlich einmal zumindest eine heute nicht mehr existierende humanoide Lebensform, die eine evolutionäre Sackgasse darstellte, also ausgestorben ist: Der Neandertaler.
Aber genau so wie eine menschliche Kultur über eine andere dominieren und sie vernichten kann (und wird), können auch Spezies übereinander dominieren. Der Neandertaler war seinerzeit dem Druck des dominierenden Homo sapiens nicht gewachsen, wurde von diesem Verdrängt und schließlich vernichtet.

Und genau DAS wird immer passieren. Dass sich in einer Welt ein friedfertiges Volk wie die Hobbits behaupten kann, ist nahezu ausgeschlossen. Und zwar deshalb, weil sie mit anderen Spezies um ihren Lebensraum konkurrieren: Den Elben oder Menschen zum Beispiel. In einer "wirklich entwickelten" Welt wären die Hobbits von einer dieser beiden Spezies ausgelöscht worden und das Auenland wäre zu der Zeit von HdR in elbischer oder menschlicher Hand.
Ein Volk kann noch so philosophisch sein. Einige "kluge Köpfe" die über den Sinn des Lebens nachdenken ändern auch nichts an der Tatsache, das Leben in erster Linie eines bedeutet: Überleben.
Und wenn sich eine Situation ergibt in der sich eine Spezies weiter ausbreiten kann und dafür eine andere verschwinden muss, dann wird keine von beiden Rücksicht auf die andere nehmen. Daran hat sich in 30.000 Jahren Menschheitsgeschichte nichts geändert und daran wird sich auch in weiteren 30.000 Jahren nichts ändern. Der unterschied ist nur der, dass einige Völker es gelernt haben, ihre Aggressionen besser zu "tarnen" als andere.

Damit mehrere Spezies nebeneinander existieren können, müssen also bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sein. Die einfachste besteht darin, sie in unterschiedlichen Lebensräumen anzusiedeln. In Mittelerde leben Zwerge und Orcs unter der Erde. Da wollen Elben und Menschen nicht hin, also hast du zwei verschiedene "Biosphären", die sich getrennt voneinander entwickeln können. Das funktioniert aber wirklich NUR bei fest voneinander getrennten Lebensräumen. Zum Beispiel hätte sich auf der Erde eine andere humanoide Spezies nur an den Polarkappen entwickeln können. Wir Menschen sind für diesen Lebensraum ungeeignet und können dort ohne entsprechende Hilfsmittel nicht überleben. Die Polarkappen sind für uns also weitgehend uninteressant. Eine Spezies hingegen auf einer Insel auszusetzen, wird sie nur so lange vor Übergriffen schützen, bis die Nationen des Kontinentes die Seefahrt gemeistert haben.
Die zweite Möglichkeit ist militärische Stärke. Ein Volk das militärisch stark ist, kann nicht einfach vernichtet werden und wird sich daher behaupten. Aber nur so lange, bis ihre eigene Stärke die ihrer Nachbarn übersteigt, denn dann ist die Gefahr groß, dass diese Spezies ihrerseits zum Aggressor wird und ihre Nachbarn vernichtet. Daraus resultiert oft ein militärisches Wettrüsten, wie zum Beispiel im kalten Krieg.
Die dritte Variante ist, Möglichkeiten zur "Fortpflanzung" zu schaffen. Zwei Spezies, die biologisch miteinander kompatibel sind, also gemeinsame Nachkommen zeugen können (zum Beispiel in HdR die Elben und Menschen), werden sich selbst im Kriegsfall nicht unbedingt gegenseitig auslöschen, sondern eher im Laufe der Zeit miteinander vermischen. Dieser Umstand schützt aber nicht vor kultureller Verdrängung. Die europäischen Siedler haben seinerzeit auch nicht alle Indianer getötet, die sie getroffen haben, trotzdem haben sie die ursprüngliche Indianische Kultur mit ihrer eigenen weitgehend verdrängt.
Als letztes gibt es noch die Möglichkeit, einer sehr geringen Bevölkerungsdichte auf deiner Welt. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn alle Völker ein sehr langsames Bevölkerungswachstum an den Tag legen, oder sich die Anzahl der Bewohner sogar verringert.

Ich hoffe, ich konnte dir ein paar hilfreiche Tipps geben wink
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Fahrender Gaukler
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Beitrag29.10.2009 18:46

von Fahrender Gaukler
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Reschpeckt, mein lieber! Das nenne ich mal ausführlich. Daumen hoch

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Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

(Mark Twain)
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caesar_andy
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Beitrag29.10.2009 19:37

von caesar_andy
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Am besten mache ich da einen Wiki-Artikel draus, dann bleibt er für die Nachwelt erhalten, und Valeska ist mir auf ewig dankbar  Laughing
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MosesBob
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Beitrag03.11.2009 22:11

von MosesBob
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caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Eine eigene Welt zu erschaffen ist ein langwieriger, und komplizierter Prozess. Du solltest dir darüber im Klaren sein, dass es dafür nicht ausreicht, ein bisschen zeichnen zu können und dir Namen "auszudenken" in dem du mit dem Kopf über die Tastatur rollst. Um ein solches Projekt zu bewältigen brauchst du eine gute Allgemeinbildung, insbesondere in Geographie, Zoologie, Politik und Geschichte. Dein Schulwissen reicht da nicht aus, du wirst also vermutlich nach lernen müssen.
Völker beeinflussen sich gegenseitig und wenn unter natürlichen Bedingungen auf einem Planeten zwei genetisch inkompatible intelligente Spezies entstehen, die sich denselben Lebensraum teilen, ist es unwahrscheinlich, dass beide Spezies überleben werden.
Für dich ist also wichtig, dass du nicht davon ausgehen kannst, einfach 10 Völker in deine Welt zu setzen und für jedes dieser Völker eine "Entwicklung" vorzugeben. Die Entwicklungspfade der Völker werden sich kreuzen und überlagern. Tolkien tat das in HdR nicht. In Mittelerde leben alle Völker in Isolation und das ist höchst unwahrscheinlich.
Fortschritt wird immer eine Spezies übervorteilen und andere in einen Nachteil bringen.

Ich arbeite nun seit über 10 Jahren an meiner Welt und sie wächst immer noch. Allerdings hat sie heute mit ihren Ursprüngen gar nichts mehr gemeinsam. Ganz zu Anfang war es eine "typische" Welt mit Orks und Elfen … heute ist es eine Steampunk-Welt an der Schwelle zur "Moderne" in der kein einziges Volk existiert, dass nicht aus meiner Feder stammt.

Stell dir also erstmal die Frage, ob du deine Welt Wirklich NUR als Basis eines Romans haben willst, oder ob es dir wichtig ist, die Welt selber zu kreieren. Letzteres kann dann gut und gerne den Großteil der Arbeit ausmachen, die du in deinen Roman steckst, und viele Jahre dauern. Machst du es hingegen andersherum und degradierst die Welt zum "Unterbau" deiner Handlung, so wie es in Eragorn ist, hast du deutlich weniger Arbeit damit, dafür wird die Welt alles in allem etwas "langweiliger" und weniger lebendig wirken.

Orientiere dich dabei nicht zu sehr an Tolkien. Mittelerde ist gut, und detailliert, aber zu "klassisch". Es enthält viele Fehler, die sich heute im ganzen Genre wiederfinden. Völker die gut sind, und welche die böse sind, einen Haufen isolierter Spezies mit fest umrissenen Kulturen. Das sich eine Welt tatsächlich so entwickeln kann, ist nahezu unmöglich.
Ich würde dir raten, deine Welt als etwas zu erschaffen, das atmet. Niemand ist einfach nur böse, oder einfach nur gut. Es kommt immer auf die Perspektive an.

Alagaesia ist da für mich eher das Negativbeispiel, eine Welt, wie man sie nicht machen sollte. Die Welt steckt voller geographischer Fehler (Heißwüste (Ohne "R"!) direkt neben Laubwald), primitiver Ideologien (Galbatorix ist einfach "böse") und flacher Völker (bei den Urgals merkt man sofort, das sie von Tolkien geklaut sind…nur das die Orks immerhin noch ein bisschen Seele hatten).



Zitat:
Aber die wichtigste Frage die mir jetzt auf den Lippen brennt. Wo fange ich da eigentlich an. Es gibt ja in einer Welt schon so viele vergangene Geschichten, aber auch die Gegenwart sollte geplant werden.


Du hast die Antwort ja selber schon erkannt. Du kannst nicht hingehen, und von einer Seite Anfangen, weil du dann nicht weißt, wo du am Ende ankommst. Bei Adam und Eva anfangen geht nicht, weil du nicht weist, wie dann dein Soll-Zustand aussehen wird.
Und beim Soll-Zustand anfangen geht nicht, weil sich die Kulturen aus ihrer Geschichte entwickeln, nicht umgekehrt.
Eine eigene Welt zu generieren ist ein sehr komplexer Prozess, weil sich alles gegenseitig beeinflusst. Du kennst das Ziel, weißt wo du hin willst, aber die die Geschichte deiner Welt gibt den Weg vor, den sie dorthin geht.

Prinzipiell MUSST du an beiden Enden Gleichzeitig anfangen. Du musst den "Soll" Zustand im Kopf haben und du musst bei "Adam und Eva" Anfangen. Der Soll-Zustand sagt dir, wohin die Reise gehen soll, und Adam und Eva geben dir ein Gefühl für das individuelle Empfinden und das Lebensgefühl deiner Bewohner.



Die Sache mit dem Notizbuch ist ein guter Anfang, aber eben auch nicht mehr. Es gibt so viele Dinge, die du beachten musst…



Zuerst mal wirkt sich natürlich die Lebensumgebung auf alle Lebewesen deiner Welt aus. Eine Nation wird in Küstennähe eine vollkommen andere Kultur hervorbringen, als in bewaldeten Hochgebirgen oder in heißen Wüsten. Grundkenntnisse in Geographie und Biologie sind also sehr wichtig. Ich würde dir raten, dich in Umfang und Größe eines Planeten an der Erde zu orientieren, da du auf diese Art und weise gleich ein Gefühl für die Klimazonen Bekommst, denn diese sind wichtig um eine glaubhafte Welt zu kreieren.
Ganz im Norden und Süden liegen die Polarregionen, daran schließen sich die Subpolarregionen an. Südlich (bzw. nördlich auf der Südhalbkugel) kommen dann die gemäßigten Zonen. In Richtung der Pole spricht man von "Kaltgemäßigter" Zone, in Richtung des Äquators von warmgemäßigter Zone.
Dann kommen die Subtropen und schließlich am Äquator die Tropen. Also:

Polar
Subpolar
Kaltgemäßig
Warmgemäßigt
Subtropen
Tropen
Subtropen
Warmgemäßigt
Kaltgemäßigt
Subpolar
Polar.

Wichtig ist diese Einteilung, um zu wissen, welche Landschaftsformen du wo unterbringen kannst. Nimm zum Beispiel Alagäesia, was ich vorher schon angesprochen hatte. Dort existiert eine Heißwüste direkt neben einem Laubwald. Das ist völliger Blödsinn. Der Laubwald ist ein Geländemerkmal der gemäßigten Zone, die Heißwüsten findest du aber nur in den Subtropen. Meeresströmungen transportieren Wärme vom Äquator in andere Regionen. Dadurch verschieben sich die Grenzen der Klimazonen. Zum Beispiel ist die gemäßigte Zone auf der Nordhalbkugel der Erde wesentlich größer als auf der Südhalbkugel, weil die Meeresströmungen das Klima bei uns "mäßigen".
All das hat Auswirkungen darauf, wo sich Leben entwickeln kann, und wie es sich entwickelt.

Und da "Leben" natürlich nicht nur aus Humanoiden und Drachen besteht, haben wir noch einen Faktor, der wichtig ist, die Fauna und Flora. Die potentielle Verfügbarkeit von Beutetieren und Fressfeinden bestimmt zum Beispiel die kulturelle Entwicklung. Dort wo es wenig tierische Nahrung gibt, werden Völker kaum als Jäger und Sammler überleben können. Und eher Ackerbau betreiben, oder Nutztiere domestizieren.
In der Natur sagt man pauschal, auf einen aktiven Jäger müssen 200 Beutetiere kommen, damit er überleben kann. Das kannst du als Ausgangspunkt nehmen um eine Verhältnismäßigkeit zwischen Pflanzen und Fleischfressern auszuarbeiten. In einer Region, in der sich humanoide Lebensformen weit ausgebreitet und damit die Pflanzenfresser zurückgedrängt haben, ist es unwahrscheinlich, dass hinter jedem Baum ein Raubtierrudel lauert…es sei denn, die Humanoiden wären ihre neue Beute.
In den Afrikanischen Savannen gibt es Regionen, in denen auf 200km² ein großes Raubtier kommt.
Das kann für eher mittelalterliche Fantasy Geschichten relevant sein, wie überhaupt das Verhalten von Tieren.

Das ist zum Beispiel ein Problem an dem viele Rollenspiele inklusive dem von dir erwähnten World of Warcraft kränkeln. Da man dem Spieler möglichst viele Feinde in den Weg setzten will generiert man eine Fauna, die nicht Lebensfähig wäre, weil die Raubtierpopulation um ein vielfaches zu groß ist. Nimm als Beispiel das Brachland, das wirst du wohl kennen wink Dort dürfte es theoretisch nicht mehr als 2, maximal 3 Löwen oder Raptoren geben. Und wie viele sind es tatsächlich? 200?



Kommen dann die Humanoiden dazu, wird es erst richtig interessant. Ich empfehle dir, dich dafür ernsthaft mit Geschichte zu befassen.
Das fängt schon in der Steinzeit an. Völker die in nahrungsreichen Regionen ohne viele Raubtiere leben, haben einen Vorteil in der Entwicklung. An Gewässern werden sich Kulturen bedeutend schneller entwickeln, als im Gebirge. Ebenso haben die Völker einen Vorteil, die für sich das Prinzip der Familie entdeckt haben. In Zeiten schlechter Medizinischer Versorgung und hoher Kindersterblichkeit sind Frauen und Nachwuchs wichtige Werte einer Kultur. Völker die ihren Nachwuchs gut ausbilden und schützen sind im Vorteil und dominieren.

Auch andere natürliche (biologische oder mineralische) Rohstoff-Vorkommen wirken sich auf Kulturen aus. Die mesoamerikanischen Indianer kannten weder Pferde noch Metallverarbeitung. Trotzdem waren die Kultur der Azteken und Maya ihrer Zeit den europäischen Kulturen weit voraus. Ihre Grundlage war nur eine vollkommen andere.
Tecnoctitlan war – kurz bevor es von den Spaniern zerstört wurde – mit 300.000 Einwohnern die größte und trotzdem die sauberste Stadt der Welt. Da wo die Menschen in Paris oder London im Dreck und Gossenschmutz lebten, hatten die Azteken ein funktionierendes Abwassersystem, fließendes Wasser und sogar Toiletten mit Wasserspülung.
Ganz Tecnoctitlan war inmitten eines Sees auf künstlichen Inseln angelegt worden. Für europäische Verhältnisse war so was vollkommen unvorstellbar, aber da die unterschiedlichen Lebensbedingungen im mexikanischen Urwald eben auch eine unterschiedliche kulturelle Entwicklung begünstigt hatten, waren die Azteken dazu imstande, etwas Derartiges zu schaffen.
Als Alexander der Großen in Indien einfiel, hatte noch nie einer von den Griechen gegen Elefanten gekämpft, denn die gab es in ihrer Heimat nicht. Die Chinesen kannten lange vor den Europäern das Schießpulver.

Mit wachsender technologischer Entwicklung verschwindet der Vorteil vorhandener Rohstoffe vielleicht durch den Handel. Und plötzlich sind nicht mehr die die Völker im Vorteil, die von natur aus die meisten Rohstoffe haben, sondern die, mit der größten Schiffsflotte, oder die, die wichtige Handelsknoten kontrollieren. Statt natureller Werte werden plötzlich wissen und Wissenschaft wichtig.

Überhaupt kann es manchmal eine einzige technologische Entwicklung sein, die einer zuvor unbedeutenden Nation den Durchbruch bringt. In der Realität war dies zum Beispiel die "Kanone". Mit der Entwicklung dieser Waffe waren die Europäer die ersten, denen es Gelungen war eine Waffe zu konstruieren, die gleichzeitig in Feldschlachten und bei Belagerungen eingesetzt werden konnte. Die als Schiffsartillerie brauchbar war, in stationäre Stellungen integriert werden konnte, und dabei ein enormes Maß an Mobilität besaß, kombiniert mit leichter Handhabung, hoher Durchschlagskraft und vergleichsweise geringem Wartungsaufwand. Die Kanone war der Quell der militärischen Stärke der Europäer und damit in den folgenden Jahrhunderten ihrer Dominanz auf der ganzen Welt.
Denk darüber nach, wie sich die Machtverhältnisse in deiner Welt verschieben, wenn eine Spezies plötzlich nicht mehr mit Keulen kämpfen muss, sondern Schwerter aus Bronze herstellen kann. Oder wenn eine Spezies eine Schriftsprache entwickelt. Ein anderes Mal ist es die Entwicklung einer Schiffsbauform, die das "kreuzen" gegen den Wind ermöglicht und so einen Vorteil bringt.
Wichtig ist auch die Medizin. Völker ohne Medizinisches Wissen haben meist sehr hohe Sterberaten. Z.B. war bei den ursprünglichen "primitiven" Menschen der Tod der Mutter bei der Geburt eines Kindes die häufigste Todesursache unter der weiblichen Bevölkerung überhaupt. Medizinische Forschung reduziert die Sterberate und erhöht das Bevölkerungswachstum sprunghaft, schafft aber neue Probleme. Denn eine Wachsende Bevölkerung braucht Platz, auf den sie sich ausdehnen kann und eine Wirtschaft, die sie versorgen kann.

Völker die ihr Machtgebiet ausdehnen, beeinflussen einander gegenseitig. Durch Wissenschaft, Religion, Philosophie, Sprache, Musik, Kunst, Kultur…und natürlich auch durch Militär. Manche Völker werden dominant und projizieren ihre Kultur auf andere Völker, wodurch sich die Welt oberflächlich "angleicht". Andere Völker isolieren sich um die kulturelle Vielfalt zu wahren, und wieder andere fallen der globalen Anpassung zum Opfer und verschwinden.
Schau dir als Beispiel die Entwicklung unserer Welt an und beobachte einfach mal was für einen extrem großen Einfluss die griechische Kultur in der Antike auf den Mittelmeerraum hatte. Und vor ihnen die Ägypter. Obwohl wir heute bei "Antike" immer nur an die Römer denken ist die römische Kultur zu einem großen Teil eine Kopie der griechischen, was natürlich zu der Frage führt, wie Rom ausgesehen HÄTTE, wenn nicht Griechenland vor ihnen den Mittelmeerraum dominiert hätte, sondern bspw. Die Spanier.
Das setzt sich beliebig fort, immer wieder gab es Nationen in der Weltgeschichte, die in bestimmten Regionen Dominant waren, und ALLES beeinflusst haben. Spanien und Portugal zum Beispiel. Später dann England und heute sind es die USA. Morgen vielleicht China oder Russland. Wer weiß das schon?
Auch Katastrophen, Kriege, Veränderungen der Umwelt…all das wirkt sich unmittelbar auf deine Welt aus und "lenkt" sie. Da den Überblick zu behalten ist wahnsinnig schwer. Nimm als Beispiel ein Volk, das 40 Jahre lang in Sklaverei lebt. Dieses Volk wird kulturell nur noch wenige Ähnlichkeiten mit seinen Vorfahren haben, es sei denn in einer Art "Retro-Style".
Veränderungen im Verhalten können sich rasend schnell vollziehen, im Gegensatz zur körperlichen Evolution. Das ist der Vorteil "intelligenter" Spezies, die sich anpassen können in dem sie ihr Verhalten ändern und die nicht darauf warten müssen, das ihnen Flügel wachsen. Innerhalb von 2 vielleicht 3 Generationen können sich moralische Werte und ethnische Ansichten komplett wandeln. Verglichen mit der Geschichte einer Nation oder gar einer Spezies ist das nicht mehr als ein Wimpernschlag.
Geschichte, Erfahrungen, Religionen, all das hat Auswirkungen auf das Verhalten. Das eine Spezies ihr Verhalten innerhalb von mehreren jahrhunderten nicht verändert, ist unwahrscheinlich. Ein solcher Stillstand wird vermutlich zur Auslöschung der jeweiligen Kultur führen. Also ebenfalls ein wichtiger Faktor deiner Kultur. Wie denken die Leute? Und warum denken sie so? Und wie haben sie vor 50 Jahren gedacht?

Um Ansätze zu finden, wie ein solches Volk aussehen könnte, kannst du dich in der Realität bedienen. Such dir ein Volk aus, lass dich von seiner Geschichte, Kunst und Architektur inspirieren, und versuche diese Einflüsse in deiner Welt zu verarbeiten. Aber bitte nicht schon wieder eine Dominanz der nördlichen Kulturen, das hatten wir schon mehr als zu oft.
Du kannst dich auch bei den Sprachen bedienen. Das hilft dir möglicherweise dabei, Personen und Orten Namen zu geben.

Völker die aussterben oder anderweitig von der Bildfläche verschwinden, hinterlassen immer ein mehr oder weniger großes Machtvakuum, das ausgefüllt werden muss. Dadurch verschieben sich ethnische Grenzen. Als das Weströmische Reich zusammengebrochen ist, drängten zum Beispiel die barbarischen Völker des Nordens und des Ostens in den Europäischen Raum, die Sachsen, die Hunnen oder auch die Sarazenen. In der Folge entstehen neue Bevölkerungsgruppen die es vorher nicht gab. Die Einwanderer bringen ihrerseits wieder eine Kultur mit, die wahrscheinlich die bisherige Kultur beeinflusst und damit zur Entwicklung einer neuen Kultur beiträgt. Es ist außerdem ein Trugschluss anzunehmen, dass im Falle einer militärischen Eroberung nur der Eroberer das unterdrückte Land verändert. Der Kontakt mit der unterworfenen Spezies wird auch die Kultur des Aggressors beeinflussen.




Und da sind wir auch schon beim nächsten Punkt und bei der Frage, wie viel "Leben" so eine Welt eigentlich verkraften kann. Und aus dieser Frage ergibt sich die nächste: Warum gibt es auf der Erde nur eine humanoide Spezies?

Nicht deshalb, weil sich nur eine entwickelt hätte. Es gab auf der Erde tatsächlich einmal zumindest eine heute nicht mehr existierende humanoide Lebensform, die eine evolutionäre Sackgasse darstellte, also ausgestorben ist: Der Neandertaler.
Aber genau so wie eine menschliche Kultur über eine andere dominieren und sie vernichten kann (und wird), können auch Spezies übereinander dominieren. Der Neandertaler war seinerzeit dem Druck des dominierenden Homo sapiens nicht gewachsen, wurde von diesem Verdrängt und schließlich vernichtet.

Und genau DAS wird immer passieren. Dass sich in einer Welt ein friedfertiges Volk wie die Hobbits behaupten kann, ist nahezu ausgeschlossen. Und zwar deshalb, weil sie mit anderen Spezies um ihren Lebensraum konkurrieren: Den Elben oder Menschen zum Beispiel. In einer "wirklich entwickelten" Welt wären die Hobbits von einer dieser beiden Spezies ausgelöscht worden und das Auenland wäre zu der Zeit von HdR in elbischer oder menschlicher Hand.
Ein Volk kann noch so philosophisch sein. Einige "kluge Köpfe" die über den Sinn des Lebens nachdenken ändern auch nichts an der Tatsache, das Leben in erster Linie eines bedeutet: Überleben.
Und wenn sich eine Situation ergibt in der sich eine Spezies weiter ausbreiten kann und dafür eine andere verschwinden muss, dann wird keine von beiden Rücksicht auf die andere nehmen. Daran hat sich in 30.000 Jahren Menschheitsgeschichte nichts geändert und daran wird sich auch in weiteren 30.000 Jahren nichts ändern. Der unterschied ist nur der, dass einige Völker es gelernt haben, ihre Aggressionen besser zu "tarnen" als andere.

Damit mehrere Spezies nebeneinander existieren können, müssen also bestimmte Grundvoraussetzungen gegeben sein. Die einfachste besteht darin, sie in unterschiedlichen Lebensräumen anzusiedeln. In Mittelerde leben Zwerge und Orcs unter der Erde. Da wollen Elben und Menschen nicht hin, also hast du zwei verschiedene "Biosphären", die sich getrennt voneinander entwickeln können. Das funktioniert aber wirklich NUR bei fest voneinander getrennten Lebensräumen. Zum Beispiel hätte sich auf der Erde eine andere humanoide Spezies nur an den Polarkappen entwickeln können. Wir Menschen sind für diesen Lebensraum ungeeignet und können dort ohne entsprechende Hilfsmittel nicht überleben. Die Polarkappen sind für uns also weitgehend uninteressant. Eine Spezies hingegen auf einer Insel auszusetzen, wird sie nur so lange vor Übergriffen schützen, bis die Nationen des Kontinentes die Seefahrt gemeistert haben.
Die zweite Möglichkeit ist militärische Stärke. Ein Volk das militärisch stark ist, kann nicht einfach vernichtet werden und wird sich daher behaupten. Aber nur so lange, bis ihre eigene Stärke die ihrer Nachbarn übersteigt, denn dann ist die Gefahr groß, dass diese Spezies ihrerseits zum Aggressor wird und ihre Nachbarn vernichtet. Daraus resultiert oft ein militärisches Wettrüsten, wie zum Beispiel im kalten Krieg.
Die dritte Variante ist, Möglichkeiten zur "Fortpflanzung" zu schaffen. Zwei Spezies, die biologisch miteinander kompatibel sind, also gemeinsame Nachkommen zeugen können (zum Beispiel in HdR die Elben und Menschen), werden sich selbst im Kriegsfall nicht unbedingt gegenseitig auslöschen, sondern eher im Laufe der Zeit miteinander vermischen. Dieser Umstand schützt aber nicht vor kultureller Verdrängung. Die europäischen Siedler haben seinerzeit auch nicht alle Indianer getötet, die sie getroffen haben, trotzdem haben sie die ursprüngliche Indianische Kultur mit ihrer eigenen weitgehend verdrängt.
Als letztes gibt es noch die Möglichkeit, einer sehr geringen Bevölkerungsdichte auf deiner Welt. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn alle Völker ein sehr langsames Bevölkerungswachstum an den Tag legen, oder sich die Anzahl der Bewohner sogar verringert.

Ich hoffe, ich konnte dir ein paar hilfreiche Tipps geben wink

Alter ...  Shocked


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caesar_andy
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Beitrag03.11.2009 22:26

von caesar_andy
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sprich dich aus  Laughing
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Erm
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Beitrag22.11.2009 16:43

von Erm
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Wow  Shocked caesar, danke für den tollen Beitrag, und entschuldige für die späte Antwort, war eine Weile hier nicht unterwegs.
Jetzt sind so ziemlich die meisten meiner Fragen beantwortet. Wie ich mir alles so vorstelle halte ich von Zeit zu Zeit fest. Daraus kann man später bestimmt was feines basteln. Habe mir extra dafür ein Notizbuch angeschafft.  Laughing


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Vivaria
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Beitrag30.03.2010 20:58

von Vivaria
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@caesar_andy: Ich wurde gerade auf deinen Beitrag zum Thema Weltenbau verwiesen und war erst einmal über seinen Umfang erstaunt. Dann habe ich mich hineingelesen und ich muss sagen, ich kann deine Aussagen hier nicht einfach so unkommentiert stehen lassen, denn sie sind an vielen Stellen wirklich falsch.

Zunächst einmal treffen die Ausführungen, die du hier machst, nur auf Welten im Stil von Low Fantasy zu (http://de.wikipedia.org/wiki/Low_Fantasy). Gerade Tolkien, um mal bei diesem Beispiel zu bleiben, schrieb High Fantasy (http://de.wikipedia.org/wiki/High_Fantasy) und diese Literaturgattung ist vollkommen eigenständig zu betrachten. Die Konflikte zwischen Gut und Böse sind dort Stilmittel, ebenso wie epische Schlachten, in denen sich die "Guten", meist in der Unterzahl, gegen böse Mächte stellen. Viele High-Fantasy-Welten sind gerade deswegen so populär, weil sie nach deinem Ermessen unrealistisch sind, denn bei Fantasyliteratur geht es nicht darum, exakte Abbilder der Erde zu erschaffen, sondern (man verzeihe mir die Großschrift) FANTASIEWELTEN.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Orientiere dich dabei nicht zu sehr an Tolkien. Mittelerde ist gut, und detailliert, aber zu "klassisch". Es enthält viele Fehler, die sich heute im ganzen Genre wiederfinden. Völker die gut sind, und welche die böse sind, einen Haufen isolierter Spezies mit fest umrissenen Kulturen. Das sich eine Welt tatsächlich so entwickeln kann, ist nahezu unmöglich.


An obigen Beispiel sieht man, dass du dich viel zu sehr an unsere Welt und Geschichte klammerst. Woher willst du denn wissen, ob sich Völker auf anderen Welten nicht vollkommen konträr entwickeln? Woher nimmst du die Kenntnis, dass sich eine Fantasierasse von intelligenten Insektenwesen auf einer fremden Welt nicht ganz anders verhält? Das ist ja wie im finsteren Mittelalter. Was wir nicht kennen, kann so nicht funktionieren.
Außerdem sind Gut und Böse relative Begriffe, wie du später selbst schreibst. Tolkien versteht sich als "Chronist" und natürlich werden in einer Chronik die Gewinner eines Krieges heroisch als die Guten dargestellt, während die Gegner als primitiv und urböse abgestempelt werden.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Ganz im Norden und Süden liegen die Polarregionen, daran schließen sich die Subpolarregionen an. Südlich (bzw. nördlich auf der Südhalbkugel) kommen dann die gemäßigten Zonen. In Richtung der Pole spricht man von "Kaltgemäßigter" Zone, in Richtung des Äquators von warmgemäßigter Zone.
Dann kommen die Subtropen und schließlich am Äquator die Tropen. Also:

Polar
Subpolar
Kaltgemäßig
Warmgemäßigt
Subtropen
Tropen
Subtropen
Warmgemäßigt
Kaltgemäßigt
Subpolar
Polar.

Wichtig ist diese Einteilung, um zu wissen, welche Landschaftsformen du wo unterbringen kannst. Nimm zum Beispiel Alagäesia, was ich vorher schon angesprochen hatte. Dort existiert eine Heißwüste direkt neben einem Laubwald. Das ist völliger Blödsinn. Der Laubwald ist ein Geländemerkmal der gemäßigten Zone, die Heißwüsten findest du aber nur in den Subtropen. Meeresströmungen transportieren Wärme vom Äquator in andere Regionen. Dadurch verschieben sich die Grenzen der Klimazonen. Zum Beispiel ist die gemäßigte Zone auf der Nordhalbkugel der Erde wesentlich größer als auf der Südhalbkugel, weil die Meeresströmungen das Klima bei uns "mäßigen".


Hier schießt du völlig übers Ziel hinaus. Willst du Fantasy schreiben oder einfach nur eine neue Erde kreieren? Wo bleibt denn da die Überraschung für den Leser, wenn alle Welten genauso wie unser Heimatplanet aufgebaut sind? Und so geht es nach unten weiter. Wenn man sich nach deinen Ratschlägen richten würde, gäbe es nur nahezu identische Welten.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Das ist zum Beispiel ein Problem an dem viele Rollenspiele inklusive dem von dir erwähnten World of Warcraft kränkeln. Da man dem Spieler möglichst viele Feinde in den Weg setzten will generiert man eine Fauna, die nicht Lebensfähig wäre, weil die Raubtierpopulation um ein vielfaches zu groß ist. Nimm als Beispiel das Brachland, das wirst du wohl kennen wink Dort dürfte es theoretisch nicht mehr als 2, maximal 3 Löwen oder Raptoren geben. Und wie viele sind es tatsächlich? 200?


Ein Spiel und ein Buch sind zwei grundverschiedene Dinge. In Spielen kommt es mehr auf Action als auf Story an, beim Buch ist es eher umgekehrt. Diese Vergleiche hinken. Natürlich werden in einem Buch die Helden nicht von 200 Löwen oder Raptoren angegriffen. Aber wenn du es ganz eng siehst, kann auch eine(!) einzige Medusa, ein einziger Drache oder ein Greif einzeln nicht existieren. Viele auf einem Haufen würden andere Spezies ausrotten, einzelne würden ausgerottet werden, also lassen wir sie weg. So gehst du dann Spezies für Spezies vor, und was bleibt am Ende übrig? Doch wieder eine Erde ohne Fantasiewesen.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Und genau DAS wird immer passieren. Dass sich in einer Welt ein friedfertiges Volk wie die Hobbits behaupten kann, ist nahezu ausgeschlossen. Und zwar deshalb, weil sie mit anderen Spezies um ihren Lebensraum konkurrieren: Den Elben oder Menschen zum Beispiel. In einer "wirklich entwickelten" Welt wären die Hobbits von einer dieser beiden Spezies ausgelöscht worden und das Auenland wäre zu der Zeit von HdR in elbischer oder menschlicher Hand.
Ein Volk kann noch so philosophisch sein. Einige "kluge Köpfe" die über den Sinn des Lebens nachdenken ändern auch nichts an der Tatsache, das Leben in erster Linie eines bedeutet: Überleben.
Und wenn sich eine Situation ergibt in der sich eine Spezies weiter ausbreiten kann und dafür eine andere verschwinden muss, dann wird keine von beiden Rücksicht auf die andere nehmen. Daran hat sich in 30.000 Jahren Menschheitsgeschichte nichts geändert und daran wird sich auch in weiteren 30.000 Jahren nichts ändern. Der unterschied ist nur der, dass einige Völker es gelernt haben, ihre Aggressionen besser zu "tarnen" als andere.


Noch einmal: Wie viele Welten hast du schon bereist? Mit wie vielen fremdartigen Rassen hattest du schon Kontakt? Du schreibst immer wieder im Brustton der Überzeugung, dass alles immer so ablaufen muss wie bei uns auf der Erde. Warum? Wir haben noch keinen Beweis dafür, dass es anderswo nicht ganz anders funktionieren könnte. Stelle dir nur einmal vor, die fremdartigen Völker hätten ganz andere Moralvorstellungen und Ideale als wir. Vielleicht streben sie ja gerade nach einer vollkommenen Welt, in der gemeinsam gegen Störenfriede vorgegangen wird.

@Erm und alle High-Fantasy-Begeisterten: Warum ich all dies schreibe? Lasst euch nicht desillusionieren! Nicht jede Welt muss immer bis ins kleinste Detail funktionieren. Viel wichtiger für eine Fantasygeschichte ist und bleibt die Fantasie, und wenn eure Geschichte auf einem Feuerplaneten spielen soll, dann erschafft sie halt und kümmert euch nicht um nicht existente Polkappen oder nicht überlebensfähige Drachen!
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Hoody
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Beitrag30.03.2010 21:35

von Hoody
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Laughing  Laughing
Eigentlich wollte ich dazu nichts schreiben.
Da ich andys Beitrag top fand. Auch wenn ich keine Fantasie mehr schreibe. Aber er hat recht.

Es kommt natürlich drauf an was du für Ziele hast:

Willst du Blödsinn wie Eragon, Dardamen etc schreiben. Dann nur zu. Früher fand ich die Bücher gut und habe Herr der Ringe vergöttert. Aber mittlerweile, man wird ja älter, hat sich einiges verändert.
Herr der Ringe ist ein gutes Werk und wirklich toll. Aber es wird überschätzt und so spannend ist die Story auch nicht. Besonders die normale Herr der Ringe Trilogie hat mir nicht so gut gefallen. Wenn man alles verstehen will, muss man sich schon alle Werke von Tolkien kaufen und das ist glaube ich nur für Hardcorefans was.
Aber der kleine Hobbit ist eine tolle Geschichte. Die lese ich jedes Jahr. Hat einen schönen Charme.
Also wenn du einfach Fantasie schreiben willst, in Stil von Eragon und so weiter, dann lass dich nicht hindern.

Oder du willst richtig gute Geschichten schreiben, die ausgebaut sind und so weiter. Mir hat zum Beispiel die Ulldart-Reihe sehr gut gefallen.
Auch Der Name des Windes oder die Tintenreihe. Auch die Erdseereihe von Ursula LeGuin  ist top. Die sind zwar auch nicht so großartig ausgebaut, gut Ulldart und Erdsee teilweise schon, aber besser als Eragon etc auf alle Fälle. Da steckt viel mehr Arbeit dahinter und das merkt man.
Am besten fragst du mal andy oder Gaukler welche Fantasiebücher sie lesen. Die können dir sicher gute Sachen vorschlagen.




Zitat:
Die Konflikte zwischen Gut und Böse sind dort Stilmittel, ebenso wie epische Schlachten, in denen sich die "Guten", meist in der Unterzahl, gegen böse Mächte stellen. Viele High-Fantasy-Welten sind gerade deswegen so populär, weil sie nach deinem Ermessen unrealistisch sind, denn bei Fantasyliteratur geht es nicht darum, exakte Abbilder der Erde zu erschaffen, sondern (man verzeihe mir die Großschrift) FANTASIEWELTEN.

Gut gegen Böse - auch noch in üblicher Form - ist einfach ausgelutscht.
Irgendein Junge der keine echten Eltern hat muss gegen dunkle Mächte kämpfen. Das ist einfach ödeeeeeeeeee. Wieso mal nicht anders?

Einen inzüchtigen Prinzen als Prota.
Der Vater hat die Schwester geschwängert und unser Prota kam dabei raus. Natürlich darf das Volk davon nichts erfahren. Darum wollte der Vater die Schwester wegbringen, doch die weigerte sich und drohte alles auszuplaudern. Darum heiraten Beide. Doch vorher besucht der König noch mit der Schwester eine Hexe, die aber in echt ein Zauberer ist, er ist nur Transsexuell. Sie/er/es verwandelt das Gesicht der Schwester so um, dass das Volk nicht mehr erkennt, das es die Schwester des Königs ist.
Doch der König musste der Hexe/Zauberer ein Versprechen ablegen. ETC... ich könnte ewig so weitermachen.
Es könnten betrunkene Trolle vorkommen. Oder der Prinz erfährt das er ein Opfer von perversen Spielen ist und will Rache und wechselt zu den Bösen, doch dann stellt sich heraus das die Bösen gar nicht die Bösen sind, sondern eigentlich nur in Frieden leben wollen und das die Menschen die Konflikte auslösen. Darum hetzt der Prinz die lieben Bösen dazu auf, die bösen Guten anzugreifen. Doch die Prinzessin, welche eine Vorliebe für Perücken hat, erkennt den Plan des bösen Prinzen, der jetzt die guten Bösen überreden will die bösen Menschen anzugreifen. Darum flüchtet die böse Prinzessin und will zu dem Menschen um mit denen zu reden. Auf dem Weg zum Königreich könnten auch noch paar Dinge geschehen. Und dann wenn sie ankommt und mit den König redet, verliebt sich der König in das gute Mädchen was eigentlich zu den Bösen gehört und schon haben wir ein schönes, verrücktes Chaos  Laughing
Gut es ist eher Trash. Aber es ist was anderes, auch wenn die Grundidee sicher schon tausend Mal benutzt wurden ist.

Jedenfalls gebe ich dir nicht recht das Böse gegen Gute etc Stilmitteln sind. Das ist einfach die Faulheit moderner Autoren, die sich nichts selber einfallen lassen können.

Und das mit Fantasiewelten ist doch quatsch oder?
Natürlich kann jeder seine Welt so aufbauen wie er will. Ich weiß noch wie meine Fantasiewelt war. Ich habe aber versucht Wüste/Eisgebiete etc gut zu trennen bzw logisch abzugrenzen. Fantasie gabs aber genug. Eine Burg die in einem Berg gebaut wurden ist und deren Türme aus dem Berg rausragten oder Die Schneewelt Delan. Wo alles aus Schnee bestand und man in halbzerbrochenen Christbaumkugeln seinen Alk serviert bekam.
Nur weil man bisschen logisch ist und sich an manchen Gesetzen der "Erde" hälst, heißt es nicht das deine Geschichte fantasielos ist. Manchmal machen auch einfache kleine Details eine gute Fantasiewelt aus.


Auch kann ich dir bei den anderen Punkten nicht zu stimmen.
Willst du wissen warum oder liest du dir noch einmal andys Beitrag in Ruhe durch?

lg Hubi


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Ich bin wie eine Runde Tetris. Nichts will passen.

"Ein schlechter Schriftsteller wird manchmal ein guter Kritiker, genauso wie man aus einem schlechten Wein einen guten Essig machen kann."
Henry de Montherlant

"Wenn die anderen glauben, man ist am Ende, so muss man erst richtig anfangen."
Konrad Adenauer
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Zitkalasa
Reißwolf
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Z
Beitrag31.03.2010 00:43

von Zitkalasa
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Zitat:
Willst du Fantasy schreiben oder einfach nur eine neue Erde kreieren?


Dass sich das Leben gerade auf diesem Planeten in unserem Sonnensystem breit machte, liegt auch an der Position der Erde im System. Gerade der Abstand zur Sonne ist, neben unserer Atmosphäre, für unsere Temperaturen wichtig. Das ist das Eine.

Geschichten erzählen, gerade Fantasy zu erzählen, heißt immer auch, dem Leser eine alternative Welt, eine alternative Realität anzubieten, in der er sich austoben kann. Sei das durch Mitfühlen über und mit den Charakteren, als auch das Aufzeigen einer anderen Welt, mit eigenen Rassen, eigenen Sozial- und Wirtschaftssystemen.

Das Andere dabei ist, dass jede Fantasie da aufhört, wo sich der Leser nicht mehr einfinden kann. Wie viel Identifikationsraum du dem Leser bietest, bleibt aber jedem Autor selber überlassen. andy gibt mehr Fläche, du weniger. Jedoch: Bei zu viel Fläche kann sich der Leser langweilen, bei zu wenig kann er sich verwirrt, bis veralbert, fühlen - in beiden Fällen ist es wahrscheinlich, dass er das Buch dann weg legt.

Versteh mich nicht falsch: Natürlich kannst du da einen Feuerplaneten machen, auf dem das Leben wie der Bär steppt - aber wie viel Gerüst steht dahinter? Wie viel innere Logik besitzt diese Welt?
Ich mein, wenn du einen Feuerplaneten hast, dann ist es da a) mehr als kochend heiß, b) ist Festland selten, c) gibt es da kaum Leben in Form von Pflanzen wie wir sie uns vorstellen, d) Wo ist dann also die Nahrungsquelle für weiteres Leben oder ernähren die sich da alle von Mineralien?, e) Ist es ein Feuerplanet ob der Aktivitäten des Planeten (also Magma im Erdmantel), ist es eher eine Sonne oder kreist der einfach nur nah um eine?

Du musst dich nicht an der Erde orientieren (was aber ob der Identifikationsfläche bzw. vertrauten Vorgaben die Sache erleichtert) - aber du musst dich trotzdem an Gesetzen orientieren, die du komplett neu aufstellen kannst, dich aber auch einfach an unseren Naturgesetzen und Wissenschaften orientieren kannst. Das Rad kann man nicht neu erfinden, warum sich also nicht aus dem dir gegebenem Fundus bedienen, der, mal ehrlich, unglaublich groß und faszinierend ist? Ihn komplett zu ignorieren, ist ja an Arroganz kaum zu überbieten. wink

Zitat:
So gehst du dann Spezies für Spezies vor, und was bleibt am Ende übrig? Doch wieder eine Erde ohne Fantasiewesen.


Fantasy definiert sich nicht immer nur über das Aufkommen von fantastischen Wesen. Du kannst auch eine Fantasywelt schaffen, ohne dass solche Wesen auftauchen. Allein der Glaube und Mythen&Legenden reichen da, samt entsprechender Wunder und einer Welt&Charaktere, die solche Wunder eben mit ihrem Glauben erklären.

(Btw.: Ich würde sogar sagen, dass sich darin Fantasy und Sci-Fi unterscheiden lassen: Die einen glauben an Götter, die anderen an die Technik, entsprechend gewichtet tauchen diese Seiten dann in der Gesellschaft auf. Dh., Gottes-Priester sind zwar zwischen riesigen Maschinen und vll. sogar Robotern möglich, genauso wie bspw. Elektrizität-Freaks einer "Hexenverbrennung" beiwohnen können - nur wird sich eben ihre Anzahl gemessen am gegensätzlichen Standpunkt der Gesellschaft gering halten.)

Aber, natürlich, ein zu viel, aber auch ein zu wenig sind nicht sinnvoll - jedoch, ich denke, wir brauchen nur unsere Fantasie zu benutzen? *g* Jedenfalls hebelst du dieses Argument aus, mit diesem Argument: "Viel wichtiger für eine Fantasygeschichte ist und bleibt die Fantasie, und wenn eure Geschichte auf einem Feuerplaneten spielen soll, dann erschafft sie halt und kümmert euch nicht um nicht existente Polkappen oder nicht überlebensfähige Drachen!" bzw. mit dem restlichen Ton des Beitrags, dass auf unsere Realität ruhig gepfiffen werden kann und Fantasie auch ohne geht ... Was sie ja abernicht tut, weil ohne Realität fehlt der Bezugspunkt der Fantasy, die sie erst zu dem macht, was sie ist und war und sein wird. Sag mal einem Blinden, er soll Komplementärfarben beschreiben. *g*

Zitat:
Vielleicht streben sie ja gerade nach einer vollkommenen Welt, in der gemeinsam gegen Störenfriede vorgegangen wird.


Tut das unsere Menschheit nicht auch (nur dass sie sich dabei von Geld und Macht behindern lässt)?

Aber gut, da hast du dann eben diese Figuren, vll. sogar eine utopische Welt - und die Identifikations-/Projektionsfläche für den Leser?

Zitat:
(...) und natürlich werden in einer Chronik die Gewinner eines Krieges heroisch als die Guten dargestellt (...)


Hängt davon ab, wer die Chronik schrieb. Wenn TypA aus LandA die Chronik schreibt, und LandA gegen LandB im Krieg verliert, dann kann TypA entweder die Sache unter den Tisch kehren (wahrscheinlich), die Geschichte beeinflussen und verfälschen, aus den Verlierern also Gewinner machen, (noch wahrscheinlicher) oder sie ehrlich aufschreiben (eher weniger).
Und, wie du später selber sagst, woher willst du wissen, dass Fantasy-Gestalten genauso handeln? Sie könnten ihre Geschichtsschreibung ja auch nach den Verlierern ausrichten. *g* Oder, wie es heute gemacht wird, die Geschichte neutral zu dokumentieren. Befass dich mal mit Quellenkritik, wenn du freie Zeit hast. wink

So, das wäre erstmal das, was mir einfällt. Später sicher noch mehr dazu (und wahrscheinlich auch strukturierter x3).


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Vivaria
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Beitrag31.03.2010 07:46

von Vivaria
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Natürlich halte ich mich auch in meinen Geschichten im entfernten an unserer vertrauten Erde fest (der Feuerplanet war nur mal ein Extrembeispiel), aber, und das ist der Punkt auf den ich eigentlich hinauswollte, ich als Leser erwarte einfach mehr Abweichungen. Warum soll denn Wüste nicht einmal direkt neben Laubwald liegen? Gerade diese Eigenart macht die Welt für den Leser doch interessant.

Was ich für absolut arrogant halte, ist, jedes Fantasywerk auf die Goldwaage zu legen und zu überprüfen, ob die Welt so funktionieren würde. Wer als Leser unter diesen Gesichtspunkten an den Stoff herangeht, schränkt sich selbst und seine Fantasie viel zu sehr ein. Deshalb verstehe ich deinen Einwurf auch nicht so ganz. Wieso sollte ich meinen Leser einschränken, wenn ich ihm eine Welt präsentiere, die sich eben an manchen Stellen nicht wie die Erde verhält? Wenn man immer schon weiß, wie Graf "Hotzenplotz" reagieren wird, weil er doch ach so menschlich ist, dann finde ich das einschränkend.


Zitkalasa hat Folgendes geschrieben:
Hängt davon ab, wer die Chronik schrieb. Wenn TypA aus LandA die Chronik schreibt, und LandA gegen LandB im Krieg verliert, dann kann TypA entweder die Sache unter den Tisch kehren (wahrscheinlich), die Geschichte beeinflussen und verfälschen, aus den Verlierern also Gewinner machen, (noch wahrscheinlicher) oder sie ehrlich aufschreiben (eher weniger).
Und, wie du später selber sagst, woher willst du wissen, dass Fantasy-Gestalten genauso handeln? Sie könnten ihre Geschichtsschreibung ja auch nach den Verlierern ausrichten. *g* Oder, wie es heute gemacht wird, die Geschichte neutral zu dokumentieren. Befass dich mal mit Quellenkritik, wenn du freie Zeit hast. wink


Das ist genau, was ich mit meiner Bemerkung über die Relativität von Gut und Böse meinte. Es hängt immer von der Geschichte ab, ich wollte nur ausdrücken, dass man eben Gut und Böse nicht verteufeln kann. Bei meiner aktuellen Geschichte zum Beispiel gibt es eine böse Rasse, die Dörfer der Menschen überfällt und auslöscht. Natürlich wird die dann von den Protagonisten als abgrundtief böse verachtet. Natürlich wird der "Held" der Geschichte jedes Individuum dieser Rasse angreifen und zu töten versuchen, dabei wird er sich sogar noch als der "Gute" fühlen, obwohl seine Handlungen eigentlich in einem weiteren Kontext böse wären.

Wenn es hier im Forum mehr Low-Fantasy-Fans gibt, ist dies ja durchaus legitim. Was mich an andys Ausführungen nur so störte, war dieser Dogmatismus. Jede Welt sollte so und nicht anders aufgebaut sein, damit sie funktionieren muss. Tut mir leid, wenn ich etwas über das Ziel hinausgeschossen bin.  Wink

P.S.:
Jarda hat Folgendes geschrieben:
Willst du Blödsinn wie Eragon, Dardamen etc schreiben.


Genau diese Einstellung hat auch latent aus andys Artikel herausgeklungen. Und deswegen auch meine harschen Worte. Man kann von Autoren und ihren Welten halten, was man will, eine derartige Verunglimpfung ihrer schöpferischen Leistung ist einfach nicht angemessen.  Evil or Very Mad
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caesar_andy
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Beitrag31.03.2010 08:42

von caesar_andy
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Na, es wundert mich, das es so lange gedauert hat, bis sich jemand meldet, der meine Meinung nicht teilt. Aber wie auch immer.

Das hier ist ein öffentliches Forum. Und genau so wenig wie ich erwarte, hier von jemandem der Weisheit letzten Schluss zu lesen, erwarte ich, das meine Beiträge unkommentiert für bare Münze genommen werden, den leicht aggressiven Unterton, den ich in deinem Beitrag ausmachen konnte, hättest du dir also sparen können. wink

Deinen Vergleich meiner Ausführungen mit der Low-Fantasy finde ich etwas gewagt, da low fantasy normalerweise eben ohne eine komplex durchdachte Welt auskommt, derartige Überlegungen also gar nicht notwendig wären. Zudem bezog ich mich in meinem Post keineswegs auf ein bestimmtes Genre. Denn in diesem Thema geht es um die Welt, das Umfeld. Nicht um die Handlung oder den Plot.
Je nachdem was genau du mit deiner Welt vor hast, kannst du das hier als hilfreiche Tipps und Wegweise annehmen, oder als „den größten Mist aller Zeiten“ Boykottieren. Ich habe kein Problem damit. „Verkaufszahlen“ kann man zweifelsohne auch mit dem 5.000.000 Mittelerde-Klon erzielen. Allerdings solltest du vielleicht im Hinterkopf behalten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Veröffentlichung gering ist. Und die Wahrscheinlichkeit eines Bestsellers noch viel geringer.
Zuerst einmal schreibst du also für dich, für dein Herz und für deinen Bauch. Und da solltest DU am besten wissen, welche Ansprüche du an dich selber stellst. Wenn du meine Ansichten nicht teilst, ist das dein gutes Recht und dann brauchst du meinen Beitrag auch weder als Schlag auf die Finger noch als irgend eine andere böse Vorschrift verstehen. Ich gebe Hinweise, aber ich schaffe keine Gesetze.
In sofern scheint es mir etwas überzogen zu sein, mich als dogmatisch zu bezeichnen und andere Leute vor meinen Hinweisen zu „warnen“. Wenn ich einen Text vorsetzt haben will, der ohne Nachdenken in jedem einzelnen Zeichen Gültigkeit hat, dann lese ich das BGB und kein Internet-Forum. Deswegen gebe ich auch nur meine MEINUNG wieder, die in meinen Augen natürlich richtig ist. Das deine Meinung in deinen Augen die Richtige ist, sei dir vergönnt. Andernfalls könnten wir auch 10 Seiten lang darüber diskutieren ob die französische oder die japanische Küche die bessere ist.

Es gibt nun einmal auch Leute wie mich, die Fantasy anders sehen als du, und für die die theoretische Möglichkeit von der Realität abzuweichen nicht gleichbedeutend mit einem Freifahrtschein ist, Logik und Wahrscheinlichkeiten in jeder nur erdenklichen Situation zu ignorieren. Und an eben solche Leute richtete sich dieser Text. Was du damit tust, ist deine Sache.



Das ein Konflikt zwischen zwei Seiten in der fantasy Standard ist, stelle ich in meinem Post nirgendwo in Frage. Das bedeutet allerdings noch lange nicht das Fantasy auch bedeutet „böser Antagonist, weil er böse ist“ und „guter Held, weil er gut ist“.
Schwarz/Weiß Malerei bedeutet in diesem Kontext nicht, die Einbettung der Handlung in einen Konflikt, denn der Konflikt ist zweifelsohne wichtig. Du willst mir aber wohl kaum erzählen, das es ein „Stilmittel“ ist, dem „wunderwasfürtollen“ Protagonisten einen „mächtigfieseroberschurke“ in den Weg zu stellen, ohne überhaupt zu definieren, warum der Antagonist böse ist. Die Rolle eines Antagonisten einzunehmen, heißt nicht automatisch, die verabscheuungswürdigste Person der Weltgeschichte zu sein. Auch in der Fantasy nicht!
Einen derartigen Antagonisten zu erschaffen, ist kein Stilmittel, sondern der Versuch, mit möglichst wenig Kopfarbeit zu legitimieren, dass der heroische Held den Oberschurken töten muss.
Ich kann auch einen Bösewicht mit Charakter haben. Ich kann ihn zu einer tragischen Figur machen, oder ihn selber das Opfer sein lassen. Ich kann je nach Kontext sogar den Antagonisten die moralisch richtige Seite vertreten lassen. Das bedeutet aber immer noch nicht, dass ein derartig aufgebautes Buch keine „epischen Schlachten“ enthalten könnte, oder auch das typische „Endkampf“-Klischee. Es bedeutet lediglich, dass der Antagonist - und die Seite die er vertritt - im Kontext der Handlung als ein „lebendes“ Gefüge dargestellt werden. Und nicht wie ein Punching-Ball mit Familienname.
Vergleiche doch einfach mal eine seelenlose Nullnummer wie Galbatorix mit Darth Vader. Du wirst zweifelsohne ziemlich schnell darauf kommen, warum Darth Vader ein „guter“ Antagonist ist, und Galbatorix nicht. Das einzige Genre, in dem – gerade von Jungautoren – systematisch auf derartige Kniffe geschissen wird, ist die Fantasy. Und zwar nicht, als „Stilmittel“, sondern einfach aus Bequemlichkeit.
In der Fantasy ist der Oberschurke einfach böse, weil er machtgierig ist. Deshalb will er die Welt erobern, deshalb muss er getötet werden. Mit diesen zwei Sätzen kannst du 90% aller (schlechten) High-Fantasy Bösewichte charakterisieren.

Zitat:
Das ist genau, was ich mit meiner Bemerkung über die Relativität von Gut und Böse meinte. Es hängt immer von der Geschichte ab, ich wollte nur ausdrücken, dass man eben Gut und Böse nicht verteufeln kann. Es hängt immer von der jeweiligen Geschichte ab. Bei meiner aktuellen Geschichte zum Beispiel gibt es eine böse Rasse, die Dörfer der Menschen überfällt und auslöscht. Natürlich wird die dann von den Protagonisten als abgrundtief böse verachtet. Natürlich wird der "Held" der Geschichte jedes Individuum dieser Rasse angreifen und zu töten versuchen, dabei wird er sich sogar noch als der "Gute" fühlen, obwohl seine Handlungen eigentlich in einem weiteren Kontext böse wären.

Es gibt KEIN Gut und böse. Es gibt immer nur einen Handlungsrahmen, in dessen Kontext eine Partei zur bösen wird, weil die andere Partei als Identifikationspunkt genutzt wird. Die Fantasy ist das einzige Genre, die diesen Umstand generell ignoriert und den Antagonisten auch „böse“ macht. Fantasy gibt dir so unglaublich viel Freiraum dazu, den Konflikt zwischen zwei Seiten zu Gestalten, also warum nicht tun? Warum greifen fantasyautoren immer dieses ausgelutschte schwarz-weiß denken auf, nachdem eine Partei pauschal böse ist, weil sie einfach … naja, böse ist? Du sagst deine „bösen“ greifen die Menschen an. Hast du dir im Schöpfungsprozess einmal 5 Minuten Gedanken darüber gemacht, WARUM sie das tun? Denn DAS ist der Unterschied zwischen Schwarz und Weiß.
Ein Volk, das einfach nur Kriege führt ohne einen Grund dafür zu haben … wie Tolkiens Orcs zum Beispiel, und ein anderes, das nur aus noblen Individuen besteht um sich zu verteidigen, ist schwarz weiß.
Ein Volk, das eine andere Partei angreift, weil eine Hungersnot es dazu zwingt, ist NICHT schwarz/weiß, weil du dem Leser einen nachvollziehbaren Grund lieferst. Der Antagonist hat also ein Motiv. Und dem Antagonisten ein Motiv zu geben, funktioniert auch in der High-Fantasy, und wird dort auch gemacht. Nur von Autoren die Stumpf Tolkien und Konsorten kopieren eben nicht, weil sich das schwarz/weiß denken so extrem tief in ihrem Bewusstsein verankert hat, dass sie meinen, es ginge einfach nicht anders.

Und genau das ist Quatsch, ausgelutscht und langweilig. Ich kann dir mehrere Fantasy-Bücher ans Herz legen, die exakt nach diesem Muster eben NICHT funktionieren, weil der Autor erkannt hat, wie viel Potential eine Geschichte durch einen tollen Bösewicht gewinnen kann. Schau dir mal die Tintenwelt-Saga, „His dark Materials“ oder den Klassiker, „Die unendliche Geschichte“ an. Da wirst du definitiv keinen Antagonisten finden, der nur die Alibirolle spielt, weil der Held jemanden braucht, den er töten kann.



Deine übrigen Anmerkungen werde ich einfach mal zusammenfassen, weil die Antworten zu den einzelnen Punkten mehr oder minder die selben wären. Wenn ich einen fremden Kosmos vor mir sehe, dann erwarte ich, das dieser Kosmos sich an bestimmte Regeln, aka Naturgesetze hält, und das gilt auch für die Fantasy. Und dabei ist es vollkommen egal, ob die „Welt deiner Wahl“ unserer Erde gleicht, oder eine glühend heiße Venus ist. Solche Naturgesetze müssen nicht zwangsläufig den unsrigen entsprechen (auch wenn es dem Leser die Identifikation erleichtert), aber dort, wo eine Welt von der Realität abweicht, sollte sie zumindest aus dem Kontext heraus logisch erklärbar sein.
Bitte verzeih mir, aber irgendwelchen Physikalischen Nonsens in deine Fantasywelt einzubauen, und nicht mal den Versuch zu unternehmen, es im Kontext der Geschichte „begreifbar zu begründen“ ist weder stimmig, noch atmosphärisch, noch fantastisch. Es ist einfach nur faul.


Ich glaube nicht, dass es deiner Definition von fantasy entspricht, wenn es urplötzlich bei 60°C Mittagshitze im prallen Sonnenschein anfängt, zu schneien. Oder wenn es Nachts ohne Grund einfach nicht dunkel wird.
Wenn dem doch so ist, kann ich an dieser Stelle einfach nur sagen, das sich mein Beitrag durchaus an ein etwas anderes Klientel richten sollte. Nämlich an jene Autoren, die es nicht als befriedigend empfinden, ihre ganze Welt mit dem Totschlagargument „Das ist so, weil es Fantasy ist“ zu erklären.

Und nach eben solchen physikalischen Gesetzmäßigkeiten wachsen in Trockenwüsten keine Birken und auf Gletscherbergen keine Jukapalmen. Es sei denn, es handelt sich um spezielle Pflanzenarten, die einem Leben in dieser Umgebung angepasst sind, womit wir wieder bei der detaillierten Ausarbeitung angelangt wären. Fantasy KANN die Regeln der Physik durchbrechen. Denn genau deshalb ist es Fantasy. Die Realität kennt ja schließlich auch keine Magie.

Weichst du aber von dem ab, was „real“ ist, solltest du die Konsequenz besitzen, diesen Umstand deinem Leser nicht einfach um die Ohren zu hauen, sondern ihn dahin zu führen. Und wenn auf einem Tafelberg auf der Venus bei 460°C ein einzelnes Gänseblümchen steht, dann mach dem Leser klar, dass dieses Gänseblümchen auch in deiner Welt ein „unerklärliches Phänomen“ ist, oder gib ihm einen Strohhalm, aus dem er sich zumindest eine Pseudoerklärung zusammenbasteln kann, warum das Gänseblümchen dort steht.
Physik zu ignorieren ohne es zu begründen, ist keine fantasy, sondern reine Bequemlichkeit.



Dieser Punkt war mir jetzt aber doch einen eigenen Eintrag wert:

Zitat:
Ein Spiel und ein Buch sind zwei grundverschiedene Dinge. In Spielen kommt es mehr auf Action als auf Story an, beim Buch ist es eher umgekehrt. Diese Vergleiche hinken. Natürlich werden in einem Buch die Helden nicht von 200 Löwen oder Raptoren angegriffen. Aber wenn du es ganz eng siehst, kann auch eine(!) einzige Medusa, ein einziger Drache oder ein Greif einzeln nicht existieren. Viele auf einem Haufen würden andere Spezies ausrotten, einzelne würden ausgerottet werden, also lassen wir sie weg. So gehst du dann Spezies für Spezies vor, und was bleibt am Ende übrig? Doch wieder eine Erde ohne Fantasiewesen.

Ganz Recht. Einzelne Exemplare einer Spezies - die auf Fortpflanzung angewiesen ist - können nicht existieren (sofern die Spezies nicht zur Selbstbefruchtung fähig ist). Der Rest deiner Aussage erschließt sich mir aber nicht. Die Existenz einer Drachenfamilie in einem Ökosystem, dass an die Anwesenheit von Drachen gewöhnt ist, wird mit Sicherheit keinen urplötzlichen Zusammenbruch des Lebenskreislaufes zur Folge haben. In einem Gebiet, das nicht genug Nahrung für einen 10 Tonnen-Drachen bietet, werden sich keine Drachen niederlassen. Und ein Gebiet, das genug Nahrung für ein solches Tier vorhält, wird die Anwesenheit eines solchen Jägers auch verkraften, ohne irreparable Schäden davon zu tragen.

Allerdings wird ein 100km² großes Weideland dessen größte, tierische Bewohner Maulwürfe sind, kaum dazu imstande sein eine Population von 10.000 Drachen zu ernähren. Es geht in meinem Beitrag nicht darum, was du kannst, und was du nicht kannst, oder was es nicht geben kann. Es geht einzig und alleine um Verhältnismäßigkeit und innere Logik. So fantastisch fantasy auch sein kann – und sollte – so sollte Sie auch immer den Gesetzen der Logik folgen und nicht plötzlich alles missachten was nur irgendwie nach Physik aussieht, weil „es ist ja fantasy“. Und wenn du es doch tust, zeige dem Leser, WARUM du es tust, und was du damit bezweckst, den DAS ist ein Stilmittel. Sachverhalte überhöht darstellen, um damit eine bestimmte Wirkung beim Leser zu erzielen.

Du magst das anders sehen, aber gute fantasy ist immer ein Spiegel der Realität. Das wusste auch Tolkien, der seine Orcs in Anlehnung an die deutsche SS erschuf. Das Problem ist nur, dass den Leuten heute der Bezug zur Nazizeit fehlt, und dieser Aspekt vom HdR deshalb fast vollständig verloren gegangen ist. Zu seiner Veröffentlichung war der Herr der Ringe sicher ein hervorragendes Stück fantastischer Literatur.
Aber die Jungen Leute, die sich heute in das Genre der Fantasy wagen sehen nur noch eine epische Heldengeschichte, deren Basis sie nicht begreifen können, weil ihnen das Umfeld – in dem diese Geschichte geschrieben wurde – so fremd ist.
Und genau deshalb haben wir heute Werke wie Eragon und Harry Potter, die der Fantasy (und allen Lesern) in der Öffentlichkeit den ruf einbringt, gewaltverherrlichend und Fremdenfeindlich zu sein, und den Anarchismus verbreiten zu wollen.


Zitat:
Genau diese Einstellung hat auch latent aus andys Artikel herausgeklungen. Und deswegen auch meine harschen Worte. Man kann von Autoren und ihren Welten halten, was man will, eine derartige Verunglimpfung ihrer schöpferischen Leistung ist einfach nicht angemessen.

Doch, ist es, weil es in Deutschland so etwas wie Meinungsfreiheit gibt. Einfach bei 100 erfolgreichen Autoren klauen und sich daraus eine eigene Welt zusammen puzzeln, die weder charakter noch individualität oder innere Tiefe besitzt, ist keine "schöpferische Leistung".
Mr. Paolini hatte das Glück eines guten Marketings, dass in der Lage war, aus einer "kreativitäts-Nullrunde" einen Kassenschlager zu machen.
Was den Qualitätsanspruch angeht, war Eragon so ziemlich das schlechteste Fantasy-Buch, das ich jemals gelesen habe. Und damit meine ich nicht den sprachlichen Aspekt.
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Vivaria
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Beitrag31.03.2010 12:16

von Vivaria
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Deinen weiteren Darstellungen kann ich mich im Großen und Ganzen anschließen. Stereotypen in Bezug auf Gut und Böse müssen nicht sein, da hast du recht, vielschichtige Charaktere oder eine gute Erklärung für das Verhalten sind vonnöten. Aber gerade deshalb sehe ich noch nicht so ganz, was an den vielmals zitierten Orks von Tolkien falsch sein soll. Sie sind ähnlich der Untoten in diversen anderen Publikationen magisch (oder halt künstlich) erschaffene Wesen, bei denen man sowieso mit anderen Maßstäben arbeiten muss. Untote erfüllen zum Beispiel immer nur die Befehle ihrer Herren, da sie keinen eigenen Willen besitzen. Tolkiens Orks erfüllen Saurons Willen, weil sie seine Geschöpfe sind. Zu bösen Kreaturen macht sie ja nur der Kontext, dass sie gegen die freien Völker von Mittelerde in den Krieg ziehen (womit wir wieder bei einer chronistischen Darstellung aus Sicht eines Hobbits sind, wäre die Geschichte von Seiten eines Orks aus erzählt wurden, würde es sicher ganz anders aussehen).

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Und genau deshalb haben wir heute Werke wie Eragon und Harry Potter, die der Fantasy (und allen Lesern) in der Öffentlichkeit den ruf einbringt, gewaltverherrlichend und Fremdenfeindlich zu sein, und den Anarchismus verbreiten zu wollen.


Herr der Ringe zählt als gewaltverherrlichend und fremdenfeindlich? Shocked Das war mir noch gar nicht bewusst. Der Tenor von HdR liegt doch gerade darin, dass die beiden Hobbits ohne Gewalt an ihr Ziel gelangen. Und ich kann nicht erkennen, dass irgendeine der positiven Hauptcharaktere einfach aus Spaß zur Gewalt greift. Und  das mit dem Fremdenhass finde ich auch sehr weit hergeholt. Wie gesagt, bei den Orks handelt es sich laut Geschichte um künstlich erschaffene Wesen.

In Bezug auf die Ausgestaltung der Welt können wir sicher zu einem Konsens kommen, mit dem wir beide zufrieden sind: So fantastisch wie möglich, so realistisch wie nötig für die Geschichte. Sicher wird es bei 60° keinen Regen geben, aber einer Eisenklave mitten in tropischen Gefilden, die beispielsweise durch dämonische Verseuchung entstanden ist, steht doch nichts im Wege.
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caesar_andy
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Beitrag31.03.2010 18:10

von caesar_andy
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Zitat:
Sie sind ähnlich der Untoten in diversen anderen Publikationen magisch (oder halt künstlich) erschaffene Wesen, bei denen man sowieso mit anderen Maßstäben arbeiten muss. Untote erfüllen zum Beispiel immer nur die Befehle ihrer Herren, da sie keinen eigenen Willen besitzen. Tolkiens Orks erfüllen Saurons Willen, weil sie seine Geschöpfe sind. Zu bösen Kreaturen macht sie ja nur der Kontext, dass sie gegen die freien Völker von Mittelerde in den Krieg ziehen.

...

Herr der Ringe zählt als gewaltverherrlichend und fremdenfeindlich? Shocked Das war mir noch gar nicht bewusst.

Braucht man in der Fantasy einen Feind, wird nur allzugerne zu etwas gegriffen, dass "ja eigentlich gar keine wirkliche Lebensberechtigung hat" und somit nur dazu da ist, um abgeschlachtet zu werden. Damit man als Autor uneingeschränkt Kampf und Krieg und Pathos verbreiten kann, braucht man einfach einen Feind, mit dem man nicht verhandeln kann. Etwas abscheulich böses, das nichts anderes kann, als morden und plündern.

Guck dir die Orcs einfach mal an. Als normaler HdR-Leser erfährst du so gut wie gar nichts über dieses Volk, man weiß nichteinmal, ob es überhaupt Orc-Weibchen gibt. Alles was wir wissen, ist das diese "viecher" extrem aggressiv sind und sogar dem Kanibalismuss nicht abgeneigt. Also eine rundum unsympatische Kreation.

Der Orc ist durch seine gesamte erscheinung bereits "böse" und deshalb der ideale Feind. Denn der gute Protagonist kann tausende von ihnen niedermähen und wird vom Publikum immer noch als strahlender Held empfunden. DAS ist Gewaltverherrlichung.

Du schreibst, das die Geschichte HdR natürlich anders aussehen würde, wenn man sie aus der Sicht der Orks zeigen würde. Das wird aber nicht getan. Auch die "andere Seite" der Orcs zu zeigen, sie als liebevolle Eltern oder trauernde hinterbliebende zu präsentieren, würde bedeuten, die Gewalt in der Geschichte reflektiert zu betrachten. Dann würde der Zuschauer nämlich sehen, das Gewalt - auch in der fantasy - etwas schreckliches ist.
Das tut man aber nicht. Denn wenn der "Feind" auch seine guten Seiten hat un nicht einfach nur eine "Maske" ist, erscheinen die blutigen Gemetzel plötzlich gar nicht mehr so heroisch, denn dem Publikum wird klar, dass auch sein vergötterter Held letztlich nur ein Mörder ist der (unschuldige) Leben auslöscht.

Und da liegt der Hund begraben. Ein Autor, der total vernarrt in seinen Protagonisten ist, wird sich aus purer Verehrung für diesen Charakter hüten, ihn auch nur in der geringfügigsten Art und weise schlecht darstehen zu lassen, aus Angst, den Heldenglanz zu verunreinigen. Also braucht man einen Feind, der durch und durch böse ist, um sicher zu stellen, dass der Held der Geschichte tun und lassen kann, was er will. Ohne dass dabei auch nur eine Sekunde ein bitterer Nachgeschmack auftritt.

Tolkin sei dieser "Fehler" verziehen, denn er hatte seine Gründe. Er hat damals seine komplette verachtung für die Nazi-Ideologie der Deutschen unter Hitler auf seine Orcs projeziert und sie deshalb so dargestellt wie sie waren. Das macht diese Charaktere zwar nicht vielschichtiger, aber Tolkins Motive werden dadurch zumindest verständlich.
Aber fast alles was an ähnlicher epische fantasy nach HdR kam, war nur noch von Tolkin abgekupfert. Was für einen Grund sollte ein Paolini aus behüteten verhältnissen haben, ein Volk wie die Urgals zu erschaffen? Seinen Hass auf Microsoft? Und Galbatorix ist die Eragon-Personifizierung von Bill Gates? Wohl kaum.
Paolini hat sich (wie viele andere Autoren auch) einfach bei Tolkin bedient, ohne überhaupt zu wissen, was er da klaut.

Ein Vielchschichtiger Antagonist hingegen hat keine Sklavenhorden, weil er sie nicht braucht. Denn er vertritt eine Ansicht, in der ihm auch "normale Bedienstete" folgen würden (und sei es nur, weil sie dafür bezahlt werden).


Zitat:
Eisenklave mitten in tropischen Gefilden, die beispielsweise durch dämonische Verseuchung entstanden ist, steht doch nichts im Wege.

Verwechsel das nicht, mit dem, was ich oben schrieb. Mit "dämonischer Magie" hinterlegst du einen teil deiner Welt bereits mit mehr substanz, als du in ganz Alagäsia finden wirst. Und genau DAS meinte ich mit einer Detailierten ausarbeitung. Wenn du ein Naturgesetzt brichst, dann MUSST du wissen, warum. Und im idealfall lässt du deinen Leser ... auf die eine oder andere Art und weise ... an diesem Wissen teilhaben, damit er sich genau so in die Welt einleben kann, wie du selbst.
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Beitrag01.04.2010 07:43

von Vivaria
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Es tut mir leid, aber das finde ich nun wirklich sehr weit hergeholt und da kann ich auch nicht konform gehen.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Braucht man in der Fantasy einen Feind, wird nur allzugerne zu etwas gegriffen, dass "ja eigentlich gar keine wirkliche Lebensberechtigung hat" und somit nur dazu da ist, um abgeschlachtet zu werden. Damit man als Autor uneingeschränkt Kampf und Krieg und Pathos verbreiten kann, braucht man einfach einen Feind, mit dem man nicht verhandeln kann. Etwas abscheulich böses, das nichts anderes kann, als morden und plündern.

Guck dir die Orcs einfach mal an. Als normaler HdR-Leser erfährst du so gut wie gar nichts über dieses Volk, man weiß nichteinmal, ob es überhaupt Orc-Weibchen gibt. Alles was wir wissen, ist das diese "viecher" extrem aggressiv sind und sogar dem Kanibalismuss nicht abgeneigt. Also eine rundum unsympatische Kreation.

Der Orc ist durch seine gesamte erscheinung bereits "böse" und deshalb der ideale Feind. Denn der gute Protagonist kann tausende von ihnen niedermähen und wird vom Publikum immer noch als strahlender Held empfunden. DAS ist Gewaltverherrlichung.


Es kommt darauf an, ob Gewalt SINNLOS oder in unangepasstem Maß angewandt wird (bestes Beispiel: Avatar). Erst dann handelt es sich um Gewaltverherrlichung. Im Gegenteil, die Menschen waren stets in der Unterzahl und haben sich nur verteidigt. Wäre es dir logischer erschienen, wenn sie vor die Stadt geritten wären und statt um ihr Überleben zu kämpfen mit den Orks Matetee getrunken hätten.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Du schreibst, das die Geschichte HdR natürlich anders aussehen würde, wenn man sie aus der Sicht der Orks zeigen würde. Das wird aber nicht getan. Auch die "andere Seite" der Orcs zu zeigen, sie als liebevolle Eltern oder trauernde hinterbliebende zu präsentieren, würde bedeuten, die Gewalt in der Geschichte reflektiert zu betrachten. Dann würde der Zuschauer nämlich sehen, das Gewalt - auch in der fantasy - etwas schreckliches ist.
Das tut man aber nicht. Denn wenn der "Feind" auch seine guten Seiten hat un nicht einfach nur eine "Maske" ist, erscheinen die blutigen Gemetzel plötzlich gar nicht mehr so heroisch, denn dem Publikum wird klar, dass auch sein vergötterter Held letztlich nur ein Mörder ist der (unschuldige) Leben auslöscht.


Ich habe oben schon mehrfach erwähnt, dass es auf den Standpunkt und die Sichtweise ankommt. Es handelt sich bei HdR um die Geschichte eines Hobbits, die dieser nach dem Ende des Krieges niedergeschrieben hat. Glaubst du allen Ernstes, dass Frodo, wenn er ein real existierender Geschichtsschreiber gewesen wäre, bei seiner Geschichte ein einziges gutes Haar an seinen Gegnern gelassen hätte? Glaubst du, er hätte erwähnt, das Aragorn tausenden Orkkindern den Vater geraubt hätte, selbst wenn er es mit eigenen Augen gesehen hätte? Natürlich hätte er seine Freunde trotzdem positiv und die Gegner verabscheuungswürdig dargestellt, vielleicht zum Teil auch gerade weil sich sein Blick inzwischen verklärt hat und die negativen Eindrücke aus seinem Gedächtnis verschwunden sind. Glaubst du, dass der neue König Elessar eine negative Darstellung seiner Person geduldet hätte? (Vielleicht war Aragorn ja noch viel blutrünstiger? Vielleicht hat er im Nachhinein Frodos Werk gar schönen lassen?) Lies dir einmal mittelalterliche Geschichten durch und suche mal nach positiven Darstellungen von Muslimen, die wirst du vielmals vergeblich suchen, weil sie für die damaligen Autoren einfach die "Bösen" und die Kreuzfahrer die "Guten" waren. Und wie oft werden die Familien und Hinterbliebenen der Niedergemetzelten erwähnt? Fantasy orientiert sich nun einmal hauptsächlich an mittelalterlicher Geschichte. Während du auf der einen Seite auf Realismus pochst, sollen bei der Geschichtsschreibung auf einmal unsere heutige Werte zählen? Entschuldige, aber das ist wirklich Quatsch.

Dein Problem (oder das Problem der Kritiker, die sich an so etwas hochziehen müssen) liegt darin begründet, dass sie den Unterschied einfach nicht erkennen können oder wollen. Lass mich noch einmal auf das Beispiel Untote und Dämonen zurückkommen, die ja in der Fantasy auch gern verwendet werden. Niemanden würde es stören, wenn sich der Held durch Skeletthorden kämpft, keiner würde von Gewaltverherrlichung oder Fremdenhass reden, wenn eine riesige Zombiearmee Gondor angegriffen hätte und plattgemacht worden wäre. Untote und Dämonen sind widernatürlich oder stammen direkt aus der Hölle, sie können also keine Gefühle und keine Familien haben (Ausnahme sind die neuerdings verweichlichten Schmusevampire (a la Twilight), was ich aber persönlich für eine Abscheulichkeit halte). Ebenso ist es mit Tieren und Monstern. Bei getöteten Krokodilen wird auch keiner nach den hinterbliebenen Frauen und Kindern fragen. Nur weil Tolkien seine künstlich geschaffenen Orks menschenähnlich gemacht hat (aus deinen erwähnten Gründen), soll dies auf einmal etwas anderes sein. Dann denke mal an Golems. Auch sie sind menschenähnlich, verfügen aber über keine Gefühle. Würde es dich genauso stören, wenn der Held gegen Golems statt Orks gekämpft hätte?

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Und da liegt der Hund begraben. Ein Autor, der total vernarrt in seinen Protagonisten ist, wird sich aus purer Verehrung für diesen Charakter hüten, ihn auch nur in der geringfügigsten Art und weise schlecht darstehen zu lassen, aus Angst, den Heldenglanz zu verunreinigen. Also braucht man einen Feind, der durch und durch böse ist, um sicher zu stellen, dass der Held der Geschichte tun und lassen kann, was er will. Ohne dass dabei auch nur eine Sekunde ein bitterer Nachgeschmack auftritt.


Bestes Gegenbeispiel: Das Rad der Zeit. Jordan hat ebenfalls eine Rasse von absolut bösen Kreaturen, die Trollocs (Tier-Mensch-Hybriden), die aus einer Gegend stammen, die absolut vom Shaitan (der Entsprechung des irdischen Teufels) manipuliert wurde. Sie haben also allen Grund durch und durch böse zu sein, wer aus der Hölle kommt, wird wohl kaum Gefühle zeigen. Trotzdem gelingt es Jordan seinen Helden nicht nur rein positiv wirken zu lassen, schon allein dadurch, dass viele seiner vermeintlich "guten" Taten letzten Endes schlimme Auswirkungen haben. Die Trollocs zeigen in den Büchern nie Gefühle, haben kein Familienleben etc. aber der Protagonist ist trotzdem kein strahlender Held, wie man ihn sich vorstellt.

caesar_andy hat Folgendes geschrieben:
Ein Vielchschichtiger Antagonist hingegen hat keine Sklavenhorden, weil er sie nicht braucht. Denn er vertritt eine Ansicht, in der ihm auch "normale Bedienstete" folgen würden (und sei es nur, weil sie dafür bezahlt werden).


Auch das sehe ich anders. Warum sollte ein mächtiger Magier, der die Möglichkeiten hat, sich willenlose Sklavenrassen zu erschaffen, auf die Loyalität von zweifelhaften Mietlingen vertrauen? Wenn ein Nekromant einem Skelettheer einen Befehl gibt, wird dieser ohne zu fragen, ausgeführt und Skelette fliehen auch nicht aus der Schlacht, wenn die Verluste zu groß werden, wenn ich einmal mehr bei dem Beispiel der Untoten bleiben darf. Hier widersprichst du deinen eigenen logischen Gesichtspunkten.

Noch eine Anmerkung: Warum sollte man nicht eine Rasse erschaffen, die zunächst durch die Schilderung aus Sicht des Hauptcharakters einer oder mehrerer Geschichten böse erscheint? Später kann man den geneigten Leser dann damit überraschen, dass die ach so bösen Gegner doch auch positive Aspekte haben, vielleicht indem man einen Aussteiger oder Paria einbindet, der sich auf Seite eines Protagonisten schlägt, oder auch indem man einen Hauptcharakter einbindet, der halt weniger oberflächlich denkt.
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Murmel
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Beitrag01.04.2010 15:33

von Murmel
Antworten mit Zitat

Das Grundidee eines Erzbösens ist so alt wie die Menschheit selbst und hat nichts mit Tolkien zu tun.

Generationen von Schriftstellern haben sich die Person des Erzbösen zu eigen gemacht, und das unabhängig vom Genre.

Ein berühmtes Beispiel ist die Stille der Lämmer. Hier wird Hannibal Lecter zitiert, aber in Wahrheit ist er nicht der eigentliche Gegner, das ist ein anderer und der hat keinen Ansatz für Sympathie. Fast in jedem Thriller wird dem Helden ein Böser oder gar eine böse Organisation gegenübergestellt - im Prinzip fast schon eine Genredefinition für den Actionthriller.

Ja mei, der Terminator ... wäre der Film besser, wenn der böse Killerroboter ein Herz hätte?

Ich sage nicht, das Eindimensionalität das Erstrebenswerte ist, aber auch in LOTR und seinen Vorgeschichten sind die eigentlichen Bösen vielschichtig dargestellt. Orks sind doch nur Marionetten, genauso wie die Klone in Star Wars.

Wenn du das vermeiden willst, kommst du in andere Genre und Schlachtengetümmel, bei denen es immer zwei Seiten gibt.

Man bemerke: Fantasy hat auch jede Menge subgenres und je nach dem wird die Bühne bestellt.

 Wink


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