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Er sitzt quer


 
 
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BHerrmann
Erklärbär

Alter: 47
Beiträge: 2
Wohnort: Berlin


Beitrag04.03.2018 08:42
Er sitzt quer
von BHerrmann
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Hallo! Wie in wahrscheinlich jedem von euch brennt auch in mir eine Geschichte, aber ich weiß nicht ob sie es wert ist erzählt zu werden. Oder von mir erzählt zu werden.
Das hier ist der Anfang einer längeren Geschichte, quasi die erste Hälfte des ersten Kapitels. Bisher hat das nur meine Frau gelesen, die fand es natürlich gut Wink , aber sie kennt auch die ganze Geschichte und sieht dass natürlich auch etwas durch eine rosarote Brille.
Also spart nicht mit Kritik: Würdet ihr wissen wollen wie es weiter geht? Sollte ich etwas an meiner Sprache ändern? Sollte ich es bleiben lassen?



„Bratsche!“ ertönte eine nur zu bekannte Stimme hinter ihr „Nichtschwimmer ist in die Richtung!“ Mädchengelächter ließ sie den Kopf einziehen, aber der Versuch sich noch kleiner zu machen half nichts. Sie war ja eh nicht groß, und sie wusste das sie jetzt auch noch einen Buckel machte, aber es half nichts, sie konnte nicht anders als den Strand wieder zu verlassen, ihren Rucksack auf dem Rücken, das Handtuch unterm Arm. „Eh, Bratsche! Falsche Richtung!“ rief eine andere Stimme. Diesmal kam das Johlen von Jungs dazu. Und ein drittes Mädchen rief nun auch „Bratsche! Biste taub?“ Sie hasste diesen Namen. Sie hasste ihr Leben.
Sie dachte oft darüber nach, was ihr Leben so scheiße machte, und wenn sie die Kette der Ereignisse bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgte, dann hatte alles vor 14 Jahren begonnen, als ihre Eltern sie „Viola“ tauften. Viola Göbel. So richtig war es dann aber erst in der Schule losgegangen, wo es zunächst nur ihr Nachname gewesen war, der sie zur Zielscheibe machte. „Göbel“. Irgendjemand hatte immer Würgegeräusche gemacht, sobald sie sich gemeldet hatte oder etwas vom Lehrer gefragt worden war. Und alle hatten gelacht. Selbst einige Lehrer schienen gelächelt zu haben, wenn jemand vorgab in eine Brottüte zu kotzen sobald Viola den Mund aufgemacht hatte. Eines Tages, in der vierten Klasse, hatte sogar jemand tatsächlich in ihren Schulrucksack gegöbelt, aber natürlich hatte niemand etwas gewusst. Als Violas Klassenleiterin, Frau Rudolph, die versammelten Schüler gefragt hatte wer das gewesen war, oder ob jemand etwas wusste hatten alle gelacht. Und Würgegeräusche gemacht.
Vor drei Jahren hatten die Geräusche nachgelassen, aber an ihre Stelle war etwas viel Schlimmeres getreten. Im Musikunterricht hatte Herr Schlämmig, der sie eh schon nicht mochte, angefangen über Saiteninstrumente zu schwadronieren. Und als er zur Viola gekommen war, musste er natürlich alle informieren, dass diese auch Bratsche genannt wurde. Und Franzi, mit der sie bis zu den letzten Sommerferien immer ganz gut ausgekommen war, hatte sie sofort provozierend angeschaut und gesagt „Also, du heißt eigentlich Bratsche? Gefiel dir wohl nicht, musstest dir was Besseres ausdenken? Mir machst du nichts mehr vor, Bratsche. Ich werde dich ab jetzt bei deinem richtigen Namen nennen: Bratsche. Bratsche, Bratsche, Bratsche!“ Wieder hatte die Klasse gelacht und Herr Schlämmig gelächelt, und ihr waren die Tränen in die Augen gestiegen. Sie hatte sich im Versuch sich klein zu machen in ihrem Stuhl zusammengekauert und darauf gehofft, dass bald Pause war und sie sich auf dem Klo hatte verstecken können.
Jetzt riefen die Mädchen ihr immer wieder „Bratsche!“ hinterher, und auch wenn Franzis Stimme nicht dabei war, wusste sie doch, dass es ihre sogenannte „Gang“ war die gerade Spaß daran hatte ihr den Sommer zu versauen.
Während sie immer schneller zu ihrem Fahrrad lief, hörte sie auch vereinzelte Kotzgeräusche, und als sie dann zittrig und mit Tränen in den Augen nach Hause fuhr klangen Viola immer noch das Lachen und Johlen in den Ohren.
Es war sowieso eine dämliche Idee gewesen an den Strand zu fahren, aber der Sommer war bisher deprimierend und langweilig gewesen: Keine Freunde, mit denen sie sich treffen konnte, kein Urlaub in den sie fahren würde, außer irgendwelche Wochenenden in denen Violas Eltern sie in irgendwelche Museen oder Galerien schleppen würden. Die letzten Jahre war sie immerhin ins Zeltlager gefahren, wo niemand sich über ihren Namen lustig machte oder versuchte sie fertig zu machen. Aber mit 14 war sie nun zu alt und der einzige Lichtblick, dass Falk, ihr Bruder, jetzt mit 8 alt genug für das Lager war und sie ein paar Wochen davor sicher war babysitten zu müssen.
Unter der Woche arbeiteten ihr Eltern; nicht, dass es einen Unterschied machen würde, ob sie allein zu Hause war oder von anwesenden Eltern ignoriert wurde. Viola war nicht wirklich sicher warum ihre Eltern sie bekommen hatten, auch wenn sie vor ein paar Jahren einmal gesagt hatten sie wäre ein Wunschkind gewesen. Es war offensichtlich, dass ihre Eltern nichts mit ihr anfangen konnten. Alles was sie in ihr sahen schien eine günstige Aufsichtsperson für ihren Bruder zu sein, den sie eh viel lieber mochten, für den sie Interesse zeigten und der alles durfte was sie früher nie durfte.
Im letzten Sommer hatten ihre Eltern sogar ihr geliebtes Baumhaus zerstört. Alles nur weil sie sich in den Kopf gesetzt hatten sich einen japanischen Zierteich zuzulegen, und der beste Platz im Garten war natürlich genau da wo der alte Kirschbaum mit ihrem Baumhaus stand. Natürlich hatten Violas Eltern ihr dieses Baumhaus nicht gebaut. Es war schon da gewesen als sie vor ein paar Jahren aus ihrer Dreiraumwohnung am anderen Ende der Stadt hierhergezogen waren. Und ja, der Baum war längst tot, und ja, auch das Baumhaus selbst war morsch und feucht und sicherlich keine sichere Umgebung für irgendjemanden außer diverser Würmer, Nager und Vögel, aber es war IHR Platz gewesen, und anders als bei ihrem Zimmer hatte ihr keiner reingeredet. Aber es hatte auch keiner MIT ihr geredet, als es daran ging den Baum fällen zu lassen und stattdessen eine Grube für diesen lächerlichen Teich ausgehoben wurde. Der hatte ja noch nicht einmal Fische. Ihre Familie hatte auch keine anderen Haustiere mit denen sie hätte Zeit verbringen können. Ganz bestimmt kein Pferd, dass sie sich nun schon seit Jahren wie verrückt wünschte, aber auch keinen Hund oder eine Katze; ihre Mutter hatte angeblich diese unsägliche Allergie. Viola hielt das eher für eine Ausrede. Und wenn Falk sich ein Tier wünschen würde hätten sie sicher schon eins.
Sie hätte natürlich auch zu Hause bleiben können um zu Fernsehen, wenn schonmal niemand da war der vorschreiben konnte was wann wie lang geschaut wurde. Aber ihre Eltern hatten allen Ernstes eine Kindersicherung eingerichtet. Sie war 14, kein Kind mehr! Nicht einmal das Auswählen eines „altersgerechten Programms“ trauten sie ihr zu. Also verbrachte sie den Sommer nicht im Baumhaus und auch nicht vorm Fernseher, sondern strich eher ziellos durch die Gegend. Sie hatte sich nach einigen Tagen immer mehr in Tagträume geflüchtet, dass es schon nicht so schlimm sein würde ans Wasser zu fahren. Vielleicht waren da ja nur Urlauber, und gar nicht ihre Klassenkameraden? Aber, wie gesagt, Schnapsidee. Ihr blieb wohl nichts übrig als weiter das zu tun, was sie auch den Rest der Ferien bereits gemacht hatte: Nichts. Herumstreunen. Schauen ob Leon da war. Denn
ihr Umherstreichen war vielleicht nicht ganz so ziellos wie es zunächst den Anschein hatte: Nie entfernte sie sich dabei zu weit von zu Hause, oder richtiger, dem Zuhause des Nachbarsjungen, Leon Platt, denn der hatte sie vor einem halben Jahr nicht nur angelächelt, sondern auch mit ihr geredet. Man könnte es sogar als freundliches Plaudern bezeichnen. Er war ein Jahr älter als sie und erst in den letzten Winterferien in das seit anderthalb Jahren leerstehende Haus neben dem von Violas Eltern gezogen, was insofern ein Segen gewesen war, dass er (noch) keine Ahnung von der ganzen Bratsche- und Göbel-Geschichte gehabt hatte. Aber eine Woche, nachdem die Schule wieder begonnen hatte, konnte sie ihm höchstens ein kurzes Nicken oder ein leichtes Grunzen entlocken, das man mit viel gutem Willen als Begrüßung interpretieren konnte. Er führte keine Gespräche mehr mit Viola, die über zwei Sätze hinausgingen, und diese zwei Sätze bestanden selten aus mehr als zwei, drei Worten. Immerhin nannte er sie nie Bratsche, er hielt sich allgemein aus solchen Sachen in der Schule heraus.
Trotzdem gab es von nun an in ihrem Tagebuch, neben den ganzen schrecklichen Demütigungen durch die Mädchen ihrer Stufe, den Sprüchen der Jungs und der Ignoranz ihrer Eltern, ein neues wiederkehrendes Thema: Leon. Und was er tat. Sie beobachtete ihn nämlich. Wie sonst hätte sie ihm immer wieder aus Versehen über den Weg laufen können?
Als sie jetzt mit getrockneten Tränen auf ihren Wangen in ihre Straße einbog, wurde sie an seinem Haus langsamer, denn das Hoftor stand offen. Sehen konnte sie allerdings nicht viel, die Einfahrt führte links vom Haus auf das Grundstück, machte dann allerdings eine Biegung nach rechts und verschwand hinter dem Haus. Sichtbar waren nur ein paar alte Imbisswagen, an denen Leons Vater bisweilen arbeitete. Er verdiente wohl Geld damit diese Wagen um- und aufzurüsten oder zu reparieren. Im Moment allerdings war auch er nicht zu sehen. Leons Mutter müsste eh grad auf Arbeit sein. Sie arbeitete im Nachbarort in der Bäckerei als Verkäuferin. Zwar nur halbtags, aber es war ja noch nicht einmal Mittag. Sie rollte weiter an ihrem Haus vorbei zur Einfahrt, die zu einer schräg hinter dem Haus liegenden Garage führte. Viola ließ das Fahrrad einfach vorm Garagentor liegen und warf ihren Rucksack und das Handtuch in Richtung des Hintereingangs, als sie hinter ihrem Haus zurück in Richtung der Platts ging. Zwischen beiden Grundstücken gab es keinen Zaun, die Grenze bildeten die fensterlose Rückwand von Leons Haus, der dazugehörigen Garage und einem Carport, die alle hintereinander aufgereiht den Blick zu den Nachbarn verstellten. Die letzten Meter bis zum hinteren Ende der Grundstücke bestand aus einem schlecht verputzten Stück Mauer, und dahinter befand sich nur noch ein Wassergraben, ein paar Büsche und einige kleiner Felder, zwischen denen sich auch noch Gräben und Büsche abwechselten: der Stadtrand.
Der Hof von Leons Haus war gepflastert. Hin und wieder spielte Leon Basketball an einem Korb der oben am Carport hing, und das dumpfe Aufprallen des Balles klang an wärmeren Abenden in den Garten der Göbels. Violas Vater hatte sich auch schon ein, zwei Mal darüber geäußert, es störte seine Idylle am Zierteich. Vielleicht machte es ihren Vater aber auch glücklich, wenn er hin und wieder über etwas schimpfen konnte.
Allerdings gab es für Viola auch einen Weg, Leon spielen zu sehen. Die Garage der Nachbarn hatte nämlich ein kleines, schmales Fenster an der Rückseite. Aber natürlich war es nicht so einfach ein paar Blicke auf den Jungen von nebenan zu werfen, denn besagtes Fenster befand sich in einer für sie normalerweise unerreichbaren Höhe von 1,90 Meter: Viola konnte erst einmal wenig mehr sehen als die Schienen des Garagentors, die sich an der Decke befanden. Als sie jetzt auf die Garage zulief sah sie allerdings das Rolltor selbst durchs Fenster, was ihr einen freien Blick auf den Hof versprach, sobald sie nur groß oder hoch genug war um mehr zu sehen.
Als ihre Eltern im letzten Sommer den Teich angelegt hatten, hatte ihr Vater hatte ein paar große, flache Steine als Trittplatten für einen Weg zwischen Hintereingang und Teich gekauft. Ihre Mutter hatte dann aber darauf bestanden aus hellen Kieselsteinen einen richtigen Weg anzulegen, der an Zen-Gärten erinnern sollte und von ihr auch hin und wieder so geharkt wurde, dass die Steine ein an fließendes Wasser erinnerndes Muster bildeten. Die Trittplatten-Steine standen derweil aufgeschichtet hinter dem Carport der Platts, wo sie nicht weiter störten und darauf warteten, dass ihrem Vater einfiel was er damit machen konnte, nachdem zwischen ihrem Kauf und Mutters Kieselweg-Idee die zwei Wochen Rückgaberecht verstrichen waren. Viola hatte mühsam fünf Stück ein paar Meter nach links gewuchtet, um sie unter dem Garagenfenster aufzustapeln. Leons Basketballkorb hing zwar am Carport, aber wenn der Kleinwagen der Nachbarin nicht in der Garage stand und das Rolltor hochgefahren war, konnte sie manchmal sehen wie er von der Seite an den Korb heran trippelte, bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand und auf den Korb warf. Im Moment hörte sie zwar keinen Basketball, aber vielleicht schraubte Leon ja an seinem Fahrrad oder machte sonst irgendetwas bei dem Viola ihm zuschauen konnte.
Was sie stattdessen sah war Leons Vater. Gunnar Platt machte allerdings auch nicht viel, sondern lag nur merkwürdig verdreht in einer roten Lache und stierte in den Himmel.

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Justadreamer
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Alter: 26
Beiträge: 196
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J
Beitrag04.03.2018 13:03

von Justadreamer
Antworten mit Zitat

Hallo Bherrmann,

ich mache mich mal über deinen Text her Wink

Zitat:


„Bratsche!“ ertönte eine nur zu bekannte Stimme hinter ihr. „Nichtschwimmer ist in die Richtung!“ Mädchengelächter ließ sie den Kopf einziehen, aber der Versuch Komma sich noch kleiner zu machen half nichts. Sie war ja eh (besser: ohnehin) nicht groß, und sie wusste Komma das dass sie jetzt auch noch (ist etwas zu "mündlich formuliert. Ersetze Alltagsfloskeln mit interessanten Alternativen bzw. streiche sie.) einen Buckel machte, aber es half nichts Punkt Sie konnte nicht anders Komma als den Strand wieder zu verlassen Gedankenstrich ihren Rucksack auf dem Rücken, das Handtuch unterm Arm.

Die angemerkten Rechtschreibunsauberheiten sind Kleinigkeiten. Wenn du deine Zeichensetzung optimierst, gewinnt dein Text an Lesefluss. Das Überarbeiten von Floskenln wie "ja eh" oder "jetzt auch noch" geben deinem Text mehr Professionalität - das ist gut, auch wenn du nah am Leser bleiben willst! Umgangssprache kann man (bedingt) in Dialogen einbauen.

 â€žEh, Bratsche! Falsche Richtung!“ rief eine andere Stimme. Diesmal kam das Johlen von Jungs dazu. Und ein drittes Mädchen rief nun auch „Bratsche! Biste taub?“ ("Biste" ist ein gutes Beispiel für eine positiv zu Bewertende Abweichung vom Standard-Deutsch) Sie hasste diesen Namen. Sie hasste ihr Leben.



Sie dachte oft darüber nach, was ihr Leben so scheiße machte, und wenn sie die Kette der Ereignisse bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgte, dann hatte alles vor 14 Jahren begonnen, als ihre Eltern sie „Viola“ tauften. Viola Göbel.
- gelungene Passage

 So richtig war es dann aber erst in der Schule losgegangen, wo es zunächst nur ihr Nachname gewesen war, der sie zur Zielscheibe machte. „Göbel“. Irgendjemand hatte immer Würgegeräusche gemacht, sobald sie sich gemeldet hatte oder etwas vom Lehrer gefragt worden war. Und alle hatten gelacht. Selbst einige Lehrer schienen gelächelt zu haben (ließen sich mitreißen, machten mit - dann wird eine Dopplung des Verbs "lachen" vermieden) , wenn jemand vorgab Komma in eine Brottüte zu kotzen Komma sobald Viola den Mund aufgemacht hatte.

Eines Tages, in der vierten Klasse, hatte sogar jemand tatsächlich in ihren Schulrucksack gegöbelt, aber natürlich hatte niemand etwas gewusst. Als Violas Klassenleiterin, Frau Rudolph, die versammelten Schüler gefragt hatte Komma wer das gewesen war sei, oder ob jemand etwas wusste Komma hatten alle gelacht. Und Würgegeräusche gemacht.
Vor drei Jahren hatten die Geräusche nachgelassen, aber an ihre Stelle war etwas viel Schlimmeres getreten. (War es schlimmer oder anders?)

 Im Musikunterricht hatte Herr Schlämmig, der sie eh schon nicht mochte    (Sinn: Er mochte sie nicht, und deshalb erzähte er etwas über Saiteninstrumente? Du willst hier vermutlich deinem Text mehr negative Konnotationen hinzufügen - versuche, diese aber auch zu begründen)
, angefangen über Saiteninstrumente zu schwadronieren. Und als er zur (So sparst du die das "und" am Satzanfang, das zu vermeiden ist:) Als er bei der Viola angekommen war, musste er natürlich alle informieren, dass diese auch Bratsche genannt wurde. (Sinn: Wenn du den Satz umdrehst, ist es realistischer: Die Kinder kennen eine Bratsche, eine Viola aber nicht.)

 Und Franzi, mit der sie bis zu den letzten Sommerferien immer ganz gut ausgekommen war, hatte sie sofort provozierend angeschaut und gesagt „Also, du heißt eigentlich Bratsche? Gefiel dir wohl nicht, musstest dir was Besseres ausdenken? Mir machst du nichts mehr vor, Bratsche. Ich werde dich ab jetzt bei deinem richtigen Namen nennen: Bratsche. Bratsche, Bratsche, Bratsche!“
--> Hier ist wieder das Phänomen, dass du deine Protagonistin in ein schlechtes Licht rücken willst. Die Erklärung, dass eine Freundin sie verlässt, weil ihr Name auch Bratsche bedeutet, ist fadenscheinig. Vielleicht kannst du es so formulieren, dass die Freundin "irgendwann auch mitmacht", anstatt von ihrer "wahren Identität" enttäuscht zu sein.


 Wieder hatte die Klasse gelacht und Herr Schlämmig gelächelt, und ihr waren die Tränen in die Augen gestiegen. Sie hatte sich im Versuch sich klein zu machen in ihrem Stuhl zusammengekauert und darauf gehofft, dass bald Pause war und sie sich auf dem Klo hatte verstecken können.
Jetzt riefen die Mädchen ihr immer wieder „Bratsche!“ hinterher, und auch wenn Franzis Stimme nicht dabei war, wusste sie doch, dass es ihre sogenannte „Gang“ war die gerade Spaß daran hatte ihr den Sommer zu versauen.


So, bis hier hin habe ich mich durchgearbeitet - den Rest überlasse ich anderen.

Fazit:

Du stellst eine klassische Protagonistin dar, die gebeutelt ist. D.h, du brauchst eine überzeugende Handlung und weitere, schillernde Charaktere.

Dein Schreibstil ist im Allgemeinen gut, deine kurzen Sätze sind schön. Bei den längeren musst du auf deine Kommata achten. Auch Gedankenstriche und richtiges Einbauen wörtlicher Reden ist entscheidend für den Lesefluss.

Ich würde dir empfehlen, deine Geschichte zu Ende zu bringen. Wenn du das geschafft hast, kommt der Teil, in dem du sie zu einer guten Geschichte machst. Überarbeite Satzzeichen und Dialoge. Versuche, konzeptionell mündliche Floskeln außerhalb der wörtl. Reden zu eliminieren.

Falls du so weit gekommen sein solltest - schreibe dein erstes Kapitel noch einmal. Schreibe es im Moment, ohne zu viele Rückblenden. Schreibe es spannend und verrate nicht alles von deiner Protagonistin. Baue ihren Charakter langsam auf, anstatt ihn uns zu Beginn zu verraten.


Viel Erfolg bei deiner Geschichte!
Tobid[/i][/b]
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RememberDecember59
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Wohnort: Franken


Beitrag04.03.2018 21:33

von RememberDecember59
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Hallo BHerrmann,
ich lasse dir mal meine Eindrücke zu deinem Text da und hoffe, dass du etwas damit anfangen kannst. smile

Ich finde, das lässt sich flüssig lesen, und der Stil passt zum Inhalt. Manches an Füllwörtern könnte man streichen, um Formulierungen prägnanter zu machen (du hast recht oft sowas wie "natürlich", "nämlich", "zwar",...), aber gar nicht zu radikal, denn sie gehören für mich irgendwo dazu.

Was ich persönlich problematischer finde: Du hast das unter "Roman" einsortiert, aber für mich liest es sich eher wie eine Geschichte, die nach ein paar Seiten aus ist. Vielleicht ist das auch gar kein Problem, weil du selbst gerade erst den Stoff ausformulieren und testen willst, dann vergiss diesen Hinweis. Aber falls das hier wirklich schon ein erstes Kapitel werden soll, dann ist da meiner Meinung nach noch einiges zu tun. Mir fehlt da Handlung und Dialog, es ist mir zu viel nacherzählt. Etwa ab der Hälfte des Textes ließ bei mir allmählich die Konzentration und die Lust aufs Weiterlesen nach, weil mir zu wenig passiert. Das ist sicher auch ein bisschen Geschmacksache, aber ich könnte mir nicht vorstellen, die Geschichte als ein ein ganzes Buch so zu lesen, als reine Erzählung.

Aber bleiben lassen brauchst du es deswegen sicher nicht. Wink


_________________
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Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
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Rainer Prem
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R
Beitrag05.03.2018 07:59

von Rainer Prem
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Hallo,

ich mag deine Schreibweise sehr. Umgangssprache im Fließtext ist immer ein Balanceakt. Ich tendiere auch eher dazu, darauf zu verzichten, wenn die Geschichte nicht in Ich-Form geschrieben ist.

Zum Formalen: Bitte keine Ziffern! Zum einen unterbrechen die den Lesefluss, zum anderen sind sie oft ein Hinweis darauf, dass man gerade etwas dem Leser erklärt, statt die Geschichte zu erzählen.

Ich würde z.B. die erste 14 so umformulieren: "das alles hatte zwei Wochen nach ihrer Geburt begonnen" und die zweite 14 durch "vierzehn" ersetzen.

Das Herumreiten auf ihrem Spitz- und Familiennamen ist viel zu viel und zu wiederholt im Verhältnis zu dem, was tatsächlich geschieht.

Was du momentan hast, ist eine kurze Eröffnungssequenz und dann ein endloser Rückblick. Wie viel von dieser Lebensgeschichte muss man wissen, um die nächste Szene nach dieser verstehen zu können. Sicher nicht alles.

Soll denn der letzte Abschnitt wieder in der Gegenwart vom Anfang spielen? Vor oder nach der Szene im Schwimmbad?

Grüße
Rainer
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BHerrmann
Erklärbär

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Beiträge: 2
Wohnort: Berlin


Beitrag05.03.2018 22:04

von BHerrmann
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Vielen Dank für Eure Kritik! Damit kann ich schon mal sehr viel anfangen, ich werde mal versuchen eure Ratschläge umzusetzen und dann den Rest der Geschichte zu schreiben, aber das wird sich noch ein bisschen ziehen Wink
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firstoffertio
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Beitrag05.03.2018 22:53

von firstoffertio
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Mir gefällt das ziemlich gut soweit.
Ich bin allerdings kein jugendlicher Leser. Für Jugendliche mag das vielleicht zu langatmig sein?

Das Wort Goebeln kannte ich nicht.
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PhilipS
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Beiträge: 109



Beitrag07.03.2018 12:07

von PhilipS
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Hallo BHermann,

ich habe den Text gelesen, und muss sagen, dass er mir alles in allem durchaus gefällt. Du spielst geschickt mit den Erwartungen des Lesers, indem Du eine Figur einführst, die einen Teenager-Roman mit allem, was dazu gehört, erwarten lässt: Mobbing, Schule, Eltern, Liebe... Und dann - zack! - eine Leiche. Sehr gelungen. Da würde ich auf jeden Fall weiterlesen wollen. Dafür müsste ich aber so weit gelesen haben (und damit komme ich zur Kritik). Ich finde die Beschreibung von Violas Hintergrund ein bisschen zu dick aufgetragen. Es wirkt, als wolltest Du mit aller Gewalt eine Figur schaffen, von der der Leser unmissverständlich weiß, dass sie ein beschissenes Leben hat. Die Sache mit den Namen geht noch - ich weiß aus eigener, schmerzhafter Erfahrung, dass sowas gerne gemacht wird. Dann aber kommt die Sache mit ihren Eltern, die sich nicht für sie interessieren, obwohl sie doch ein Wunschkind war, sogar ihr geliebtes Baumhaus rücksichtslos platt gemacht haben und - wie gemein! - eine Kindersicherung in den Fernseher programmiert haben. Doch dann - ein Lichtblick! Der nette Nachbarsjunge. All diese Aspekte sind plausibel und überzeugend, aber dadurch, dass sie alle auf einmal in diesen Anfang gepackt und dann über dem Leser ausgeschüttet werden, kommt es mir vor wie eine Ansammlung von Klischees. Mein Tipp wäre, ein paar dieser Elemente rauszunehmen und später nebenbei einfließen zu lassen. Nach der Art "Sie war alleine zuhause. Ihr Bruder war im Ferienlager und die Eltern in die Stadt gefahren, um sich eine Ausstellung anzusehen. Sie hatten gewollt, dass Viola mitkam, aber ..." Dann erfahren wir immer noch alles Wichtige über sie, aber es ist nicht mehr so geballt. Außerdem wäre damit auch firstoffertios Anmerkung genüge getan und der Anfang weniger langatmig. Viel Erfolg beim Schreiben!


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ernst.niki
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Beiträge: 11



E
Beitrag07.03.2018 19:56

von ernst.niki
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Hallo BHermann

Grundsätzlich finde ich das Konzept deiner Geschichte interessant, damit kannst du sicher etwas aufbauen.

Was mich stört sind zum einen die teilweise sehr langen, verschachtelten Sätze. In solchen Fällen lese ich die Sätze automatisch mehrmals durch um zu sehen ob sie Sinn ergeben oder nicht. Auch wenn die Grammatik grundsätzlich stimmt kommen mir solche Sätze immer suspekt vor. Das stört den Lesefluss extrem.

Mir ist aufgefallen das du teilweise sehr schnelle Themenwechsel machst. In einem Satz beschreibst du etwas und im nächsten schreibst du von etwas vollkommen anderem. Das kann aus meiner Sicht sehr spannend oder auch etwas verwirrend sein, das solltest du jeweils beachten.

Wie schon von einigen vor mir beschrieben finde ich auch, dass du zu viele Rückblicke eingebaut hast für ein erstes Kapitel. Dieses Kapitel entscheidet ob ein Leser dein Buch weiterliest oder beiseite legt. Meiner Meinung nach müssen da noch einige ungeklärte / rätselhafte Umstände sein die der Leser nach und nach entdecken will.
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Rainer Prem
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Alter: 66
Beiträge: 1270
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R
Beitrag08.03.2018 06:59

von Rainer Prem
Antworten mit Zitat

firstoffertio hat Folgendes geschrieben:
Mir gefällt das ziemlich gut soweit.
Ich bin allerdings kein jugendlicher Leser. Für Jugendliche mag das vielleicht zu langatmig sein?

Das Wort Goebeln kannte ich nicht.


Hallo,

ich kannte auch nur "kübeln".

Grüße
Rainer
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