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Thomas Mann – Felix Krull

 
 
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Peter Waldbauer
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 57
Beiträge: 179
Wohnort: Heidelberg


Beitrag04.03.2018 02:18
Thomas Mann – Felix Krull
von Peter Waldbauer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Völlig überbewertet

Der unerträgliche, geschwätzige Stil des Autors durchzieht das ganze Buch. Eine Sprache, die sich spreizt und zeigen will, zu welchen Formulierungen sie im Stande ist. Ein von der Grammatik abgesegneter Unfug verhindert das Eintauchen in die Geschichte.

Man muss sich größtenteils zwingen zum Lesen. Immer wieder versperren ermüdende Aufzählungen von Gegenständen den Fortgang der Handlung. Das Stilmittel des `pars pro toto` ist dem "Weltautor" Mann offenbar fremd.

Taugt die eigentümlich komplizierte Redensweise der Hauptfigur immerhin noch dazu, deren Selbstverständnis und angestrebten Status zu unterstreichen, so lässt der Autor auch alle anderen Figuren, selbst junge Töchter, in gedrechselten Schachtelsätzen schwadronieren.

Mann ist in seinen geschwätzigen Stil so verliebt, dass er die Möglichkeiten einer persönlichen Charakterisierung der jeweiligen Figur komplett ignoriert. Fast jeder und jede, die auftaucht, redet im ´Krull-Stil`.

Dieser besteht darin, dass der Sprecher während seiner Rede auf die Metaebene wechselt, um von dort sein eigenes Sprachverhalten fortwährend zu kommentieren. So entstehen sinnlose Einschübe wie: „Es scheint mir, dass“, „so möchte ich behaupten“, „schien es mir doch angemessen zu sagen“, „scheint es meiner Pflicht zu obliegen, den Leser auf die Tatsache hinzuweisen, dass“, „wenn ich mich nicht irre“, etc. Das maßlose Erweitern der Sätze, das Einziehen immer weiterer Unterebenen, trägt zur Verwirrung bei und erschwert die Lesbarkeit.

Die Hochstapelei - das angebliche Grundmotiv des Romans - lässt sich nur sehr eingeschränkt feststellen. Krankfeiern und banaler Diebstahl haben nichts mit Hochstapeln zu tun. Kellnern auch nicht. Ebensowenig Krulls verkappte Gigolo-Tätigkeit. Auch die Ausmusterung beim Militär erlangt er nicht durch die Überhöhung seines Könnens, sondern durch das Gegenteil.

Da, wo Manns Hauptfigur sich tatsächlich zu höherem aufschwingt, nimmt er einen Rollentausch vor, leistet er eine bloße Gefälligkeit. Außer die Welt zu bereisen, erlangt er durch die Annahme der fremden Identität keinen Vorteil, und selbst dieser ist nicht erschlichen, sondern mit dem Tauschpartner vereinbart. Im Gegenteil: Krull übergibt ihm sogar noch seine Ersparnisse.

Ein Hochstapler hätte Krull erst dann richtig sein können, wenn er seine Rolle als reisender Marquis auf Kosten fremder Eltern dazu benutzt hätte, eigene Unternehmungen zu wagen, wenn er bedeutende Positionen erlängt hätte, wenn er Tätigkeiten entfaltet hätte, die über die Absprache mit dem in Paris gebliebenen Kollegen hinausgegangen wären. So beschränkt sich seine Rolle darauf, dem Müßiggang zu fröhnen, Frauen mit seinem Äußeren zu beeindrucken und von unterwegs Briefe im Namen eines anderen zu schreiben.


_________________
Peter Waldbauer, Jahrgang 1966, ist Betriebswirt und wohnt als freiberuflicher Dozent und Autor in der Nähe von Heidelberg. Er veröffentlichte bisher Essays und ein Dutzend Bücher:

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Mettbrötchen
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 35
Beiträge: 490
Wohnort: Rheinland
Ei 1


Beitrag04.03.2018 02:25

von Mettbrötchen
Antworten mit Zitat

Komisch. Hab's mit 15 gelesen und förmlich verschlungen.

_________________
I read somewhere how important it is in life not necessarily to be strong... but to feel strong.
(Christopher McCandless
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Peter Waldbauer
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 57
Beiträge: 179
Wohnort: Heidelberg


Beitrag04.03.2018 12:05

von Peter Waldbauer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ja, so ging es mir beim ersten Lesen auch. Vor allem wegen der Ausmusterungsszene. Aber mit zeitlichem Abstand noch einmal gelesen, durchschaut man doch sehr die Masche.

_________________
Peter Waldbauer, Jahrgang 1966, ist Betriebswirt und wohnt als freiberuflicher Dozent und Autor in der Nähe von Heidelberg. Er veröffentlichte bisher Essays und ein Dutzend Bücher:

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kioto
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 442
Wohnort: Rendsburg


Beitrag04.03.2018 17:27

von kioto
Antworten mit Zitat

Hallo Peter,

Ich bin auch kein Fan solch epischer Literatur. Den Zauberberg habe ich gelesen, man muss sich halt die Zeit dazu nehmen. Die detaillierten Beschreibungen von Handlung und Szenerie muss man als Kunstwerk anerkennen, auch wenn es dem eigenen Geschmack nicht so entspricht.  Deshalb ist mir deine Kritik, ehrlich gesagt, zu billig. Sie berücksichtigt auch nicht die in den letzten 100 Jahren erfolgten Änderungen an Zeitgeist, Moral und Verhalten.
Eine bayrische Kirche wie die Asamkapelle in München nach heutigem Verständnis kitschig und gefällt nicht jedem, aber man muss sie als Kunstwerk anerkennen.

Im übrigen, kennst du den Spruch
"Kritiker sind wie Eunuchen. Sie wissen, wie man es macht" Laughing


_________________
Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1125
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D
Beitrag04.03.2018 18:08

von d.frank
Antworten mit Zitat

Zitat:
Kritiker sind wie Eunuchen. Sie wissen, wie man es macht


Den Spruch finde ich super Laughing Laughing Laughing
Den muss ich mir entleihen.


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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kioto
Geschlecht:männlichEselsohr

Alter: 71
Beiträge: 442
Wohnort: Rendsburg


Beitrag04.03.2018 18:35

von kioto
Antworten mit Zitat

Hallo  d.frank,

Korrekterweise folgt noch die Quellenangabe für mein Zitat aus der Erinnerung, Quellen zur Wahl: Siegfried Lowitz, Brendan Behan, gibt noch andere.

Gruß Werner


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Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

Gruß, Werner am NO-Kanal
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag04.03.2018 19:09

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Hmmmm ... ich finde das schon ein bisschen peinlich, im "Deutschen Schriftstellerforum" eine solche Rezension über Thomas Mann lesen zu müssen.
Zitat:

Man muss sich größtenteils zwingen zum Lesen. Immer wieder versperren ermüdende Aufzählungen von Gegenständen den Fortgang der Handlung. Das Stilmittel des `pars pro toto` ist dem "Weltautor" Mann offenbar fremd.

Das sehen wohl alle anderen Literaturexperten anders. Aus gutem Grund!
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 58
Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
Lezepo 2015 Lezepo 2016


Beitrag04.03.2018 20:10

von Literättin
Antworten mit Zitat

Da ich von Thomas Mann nur den Zauberberg gelesen habe (in jungen Jahren und mit einiger Faszination über die sehr eigene Atmosphäre, die Mann in der Lage war zu schaffen in dieser eigenwilligen Szenerie) und seinen Felix Krull leider nicht kenne, die obige Rezension aber leider nicht viel hergibt - außer dem deutlichen Groll des Rezensenten gegen jenes Buch - zum eigentlichen Inhalt, habe ich eben kurz gegoogelt und ohne lange Sucherei als erstbeste folgende Rezension gefunden, die mir nun direkt und ohne viel Federlesens, bzw. schlichtes persönliches mögen oder nicht mögen einige Lust macht, mir auch irgendwann den Krull noch lesend zu gönnen. smile Falls ich den nicht zufällig in der hiesigen Bücher-Telefonzelle zwischen anderen geschmähten und / oder nur so "ausgesetzten"  Klassikern der Gegenwart finde, hole ich ihn mir glatt noch aus der Bücherei.

_________________
when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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Peter Waldbauer
Geschlecht:männlichLeseratte

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Beiträge: 179
Wohnort: Heidelberg


Beitrag04.03.2018 21:54

von Peter Waldbauer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

kioto hat Folgendes geschrieben:
Im übrigen, kennst du den Spruch
"Kritiker sind wie Eunuchen. Sie wissen, wie man es macht" Laughing


Nein, der Spruch geht anders: Sexualwissenschaftler kennen 39 Stellungen, haben aber keine Freundin.


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Peter Waldbauer, Jahrgang 1966, ist Betriebswirt und wohnt als freiberuflicher Dozent und Autor in der Nähe von Heidelberg. Er veröffentlichte bisher Essays und ein Dutzend Bücher:

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nebenfluss
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Beitrag04.06.2018 14:29

von nebenfluss
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Thomas Mann völlig überbewertet?
Das ist noch stark untertrieben.
Der Typ hat einfach gar nichts richtig gemacht: Bandwurmsätze, viel zu viele Hilfsverben (von den nicht-sprechenden Verben ganz zu schweigen), und im "Zauberberg" ist ein seitenlanger Dialog im französischen Original abgedruckt, wahrscheinlich um des Französischen nicht mächtige Leser zu demütigen.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob's denn damals noch keine Schreibratgeber gab, die einem erklärten wie man das Publikum da abholt wo es steht?
</ironie off>


_________________
"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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Peter Waldbauer
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 57
Beiträge: 179
Wohnort: Heidelberg


Beitrag06.06.2018 17:50

von Peter Waldbauer
pdf-Datei Antworten mit Zitat

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Thomas Mann völlig überbewertet?
Das ist noch stark untertrieben.
Der Typ hat einfach gar nichts richtig gemacht: Bandwurmsätze, viel zu viele Hilfsverben (von den nicht-sprechenden Verben ganz zu schweigen), und im "Zauberberg" ist ein seitenlanger Dialog im französischen Original abgedruckt, wahrscheinlich um des Französischen nicht mächtige Leser zu demütigen.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob's denn damals noch keine Schreibratgeber gab, die einem erklärten wie man das Publikum da abholt wo es steht?
</ironie off>


 Sich kaputt lachen


_________________
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