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Wenn Kairos Chronos gleicht


 
 
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Justadreamer
Geschlecht:männlichLeseratte
J

Alter: 26
Beiträge: 196
Wohnort: Bayern


J
Beitrag24.02.2018 02:36
Wenn Kairos Chronos gleicht
von Justadreamer
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Wenn Kairos Chronos gleicht

Viel-leicht. Viel ist leicht. Lachse laichen. Leichen bleichen. Eric klopfte sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Nicht. Zu. Viel. Denken.
Brummelnd setzte er sich an seinen Computer und drückte auf den Startknopf, der ihn zur Begrüßung blau anblinkte. Er stand auf einer Holzplatte, die Eric vor einigen Wochen an seinen alten Schreibtisch angebracht hatte, dessen Bauer wohl noch nicht den Weitblick gehabt hatten, dass der Urenkel des einstmaligen Käufers einmal einen Computer besitzen würde. Schnitzereien rankten sich über die Türe des rechten Vorratskastens; eine undefinierbare Masse von Früchten und Blättern. Fast als würde die Arbeitsplatte des Tisches die Türe beneiden und nachahmen wollen, sammelte sie Türme von Staub an ihren unbenutzten Stellen – und davon gab es einige. Das Zentrum des Tisches bildete ein blitzblanker Desktopmonitor und eine etwas weniger blitzende Tastatur mit Maus. Links neben der Tastatur stapelte sich eine Reihe von Büchern und Heften aufeinander wie Sedimentschichten. Ganz oben noch ein relativ neu aussehendes Englischbuch, ganz unten ein zu völliger Unkenntlichkeit komprimiertes Heft, das wahrscheinlich noch ein altes Tagebuch von Erics Urgroßvater war.


 Eric hatte ein relativ kleines Zimmer. Mit seinen 13 qm plus Dachschräge hatte er gerade einmal Platz für das alte Bett und den Kleiderschrank seiner Oma, ein kleines, dringend zur Wäscheablage benötigtes Sofa seiner Mutter und dieses Monstrum von Schreibtisch. Schnörkelige Füße, geschnitzte Türen und eine Arbeitsplatte mit bestimmt 12 qm Fläche – er war komplett nutzlos für Eric, aber er hatte ihn ins Herz geschlossen. Manchmal beschlich ihn ein beklemmendes Gefühl von Beobachtung – all die Möbel verstorbener Menschen, wie Statuen vergangener Zeiten mit Verachtung auf ihn herabblickend. Lebensechte Dinosaurier, die Weltkriege 1 bis 4, Goethe, Lessing, Bauanleitungen für richtige Silvesterböller, eine beeindruckende Bandbreite an Pornos, Hitler, den Marianengraben, den neuesten Hoodie-Trend, die Welt aus dem All, Aliens, Doktoren, Anwälte, Könige, Jesus und vieles andere mehr hatten die Möbel von Oma und Opa mit angesehen.


Vielleicht. Viel leichter wäre ein Ja gewesen. Oder noch besser – ein Nein. Dann müsste ich mir nicht mehr so viele Gedanken machen. Heute hatte er Aurora gefragt, ob sie mit ihm ins Kino gehen wolle. Ins Kino! Der wohl bekannteste und schlechteste Ort für ein erstes Date. Aber seine Zunge hatte sich von ihren Zügeln losgerissen und war auf das plumpste Ende des Gespräches geprescht, das im Bereich des Möglichen lag.  Um die negativen Gedanken aus seinem Kopf zu bringen, gab er in das Suchfeld seines automatisch gestarteten Browsers die Worte „aurora borealis“ ein und startete nach einigen geübten Klicks eine Diashow der unzähligen, sagenhaften Nordlichtbilder. Womöglich lohnte es sich nicht einmal, das Nordlicht mit eigenen Augen zu sehen. Kalt, kostet Geld und besser als auf den Fotos erkennt man es sowieso nicht. Nur ein paar verirrte Elektronen, die den weiten Weg von der Sonne zur Erde fanden und die Menschen nun in „Ahh´s“ und „Ohh´s“ versetzten, weil der Himmel ein paar schimmlige Schlieren mehr aufwies als sonst.

 Eric sinnierte, wie lange sein Urgroßvater wohl an seinem Schreibtisch hätte sitzen müssen, um so viel über die Aurora herauszufinden, wie er es in den letzten Tagen geschafft hatte. Am einfachsten wäre es wohl gewesen, sich im Weinkeller 100 Jahre lang einzufrieren und darauf zu warten, bis ich ihm helfen hätte können.
Eric wusste, zwar, dass die Konservierung eines Menschen so nicht funktionierte, da viele Nervenzellen dauerhaft versorgt sein müssten und durch das Gefrieren des Wassers im Körper Zellmaterial geschädigt werden würde, aber wenn seinem Urgroßvater etwas am Nordlicht gelegen war, musste er das Risiko in Kauf nehmen. Ohnehin fragte sich Eric, mit was die Leute früher ihre Köpfe vollgestopft hatten, wo sie doch noch nicht so viele Informationen sammeln konnten wie er es schon von seinem Zimmer aus schaffte. Damals war Wissen womöglich wirklich noch etwas wert gewesen.
 
Seine Gedanken glitten durch das Chaos an Informationen und Gefühlen in seinem Kopf. Wie riesige Türme von Büchern stapelte sich Schulwissen in der weitläufigen Kathedrale seines Schädels. Die Türme ragten bis an die Decke der Kathedrale und muteten wie groteske Speere an, die sich durch den schummrigen Raum hindurchbohrten. Wo die Bücherstapel den Boden der Kathedrale berührten war ein kleiner Fleck der Blumen zerstört, die dort wuchsen. Der ganze Hallenboden war übersät mit einer leichten Decke von kleinen Blüten, die aus dem Boden sprossen. Man konnte erkennen, dass sie aus den Seiten halb verwester Bücher entsprangen, die ihnen die nötigen Mineralstoffe zum Leben gaben. Die Bücher jedoch, die sich säulenartig zur Decke schraubten, waren wohl alle so schnell in die Kathedrale gefallen, dass sie, anstatt weiter nahrhaften Boden zu produzieren, die Pflanzen zerstört hatten. Es würde einige Zeit dauern, bis die Säulen abgetragen waren - Falls sie davor nicht einstürzen oder gar verbrannten.

Das Schauspiel in seinem Kopf missachtend, startete Eric mithilfe seines Computers eine Suche nach seinem nächsten Referatsthema: „Gott Kairos Mythologie“. Seine Lust für das Referat hielt sich in eher weniger ausladenden Grenzen, obwohl das Thema an sich sein Interesse traf: Eine griechische Sagenfigur, die vorn am Kopf einen Pferdeschwanz besaß, am Hinterkopf jedoch völlig kahl war. Wenn man diesen Schopf, den „richtigen Moment“, nicht packte und vorüberziehen ließ, so konnte man ihn nie wieder zurückholen. Eric war verwirrt über diese humoristische Figur – wenn man auf einen Moment wartet, dann verstreichen doch unzählige Augenblicke, die davor kommen! Und wenn ich ihn einmal erwische, dann lebe ich für den Rest meines Lebens in der Vergangenheit?? Ein äußerst seltsamer Gott ist das, der mit etwas umgeht, das wir nicht einmal erfassen können.

 Eric hatte schon so manches Mal seine Mutter sagen hören, er solle sich doch lieber angemessen auf seine nächste Prüfung vorbereiten, als seine Zeit mit „Zockerspielchenoderwasauchimmer“ zu vergeuden. Je nach Laune hatte er ihren Rat befolgt, auch wenn ihm das ganze Wissen manchmal über den Kopf wuchs.

 Heute war sein größter Arbeitsanreiz der, dass er das Referat am folgenden Tag in Herrn Graus Ethikstunde schon vortragen musste. Bevor er dem mystischen Wesen mit der Volahiku-Frisur weiter nachspüren konnte, schweifte sein Geist wieder zu dem zwar mystischen, jedoch wesentlich hübscheren und ironischerweise realen Wesen Aurora zu, die womöglich gerade vor ähnlichen Dilemmata wie er selbst brütete. Niemals würde er auch nur ein Schritt in das Kino tun können, ohne dass sich sein Mut wie ein Glatzen-Kairos verflüchtigte. Und dann waren da noch die Zweifel,  ob sich das Ganze überhaupt lohnte. Laut Studien halten erste Beziehungen im Durchschnitt drei Monate. Bis Eric auch nur in die Nähe eines zusammenhängenden Satzes in Auroras Gegenwart gekommen wäre, wäre die ganze Beziehung schon wieder zu Ende!

Um sich von der Ablenkung abzulenken, öffnete Eric die Türe seines Schreibtisches und kramte die Unterlagen heraus, die er für die Bewerbungen benötigte, die er nach Beendigung des laufenden Schuljahres tätigen wollte. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht einmal, worauf es genau hinauslaufen sollte. Wenn er in eine andere Stadt zog, konnte er das Handballspielen bleiben lassen, wenn er blieb, fiele ein Studium flach. Wenn er sich entschied, rückten alle anderen Gelegenheit einen Schritt zurück – und es blieb auch nicht viel Zeit! Zuerst die Ausbildung, vielleicht noch ein paar zusätzliche Praktika und wenn er dann nicht endlich mit einem Beruf startete, war es schon viel zu spät! Eric starrte auf die Infobroschüre „Die 10 besten Tipps beim Bewerbungsgespräch“ und wunderte sich, wohin die Zeit rann, die er brauchte, um etwas in seinem Dasein zu erreichen. Eric stopfte die Papiere wieder zurück in den Schrank und schaltete seinen Computer aus. Er hatte noch einen kaputten USB-Stick, der morgen in der Schule nicht funktionieren und sein Referat auf nächste Woche verschieben würde. Er legte sich auf sein Bett, auf dem er einige Stunden später mit dem Smartphone auf der Brust in einen unruhigen Schlaf fiel.


In der schummrigen Kathedrale ging es unterdessen nicht gerade besser zu. Neue Bücher, die von oben in den Raum hineingestoßen wurden, konnten nicht an den Boden gelangen und zu fruchtbarem Material verarbeitet werden. An manchen Stellen des Raumes starben schon Blumen ab, obwohl mehr als genug Erde vorhanden hätte sein können. Wenn die Bücherstapel in sich zusammenfielen, würden die allermeisten Blumen von deren Last zerquetscht werden. Ein noch so kleines Feuer wäre fatal, womöglich könnte die gesamte Kathedrale in sich zusammenstürzen.
Ein Buch, das ganz neu in die Kathedrale gefallen war, hatte die großen Bücherstapel verfehlt und landete sanft auf einem moosigen Hügel. Es hatte einen dicken Ledereinband, der vergilbte, jedoch sehr wertvoll aussehende Seiten zusammenhielt. Beim Aufprall öffnete sich das Buch und blieb aufgeschlagen liegen. Auf der linken Hälfte der Seite war ein seltsames Wesen abgebildet, dessen freche Augen hinter einem blonden Zopf hervorblitzten. Folgender Satz stand in kunstvoller Schrift unter dem Bild:


Ein Freigeist, der immer beim Menschen verweilt!
Immer präsent, doch von keinem erkannt.
Zwar weder Schnitte noch Brüche er heilt
Doch wenn du ihn siehst ist er Lebensglücks Pfand.





Kleine Anmerkung zu meinem ersten Werk: Kairos und Chronos sollen hier "gleichgesetzt" werden, um zu zeigen, dass der perfekte Moment "Kairos" eigentlich immer der gerade eben erlebte (Chronos) und damit jeder Augenblick ist. Gleichzeitig ein kleiner Einblick in den Kopf eines Jugendlichen, für den die Welt manchmal etwas zu viel des Guten darstellt.

Auf Anmerkungen freut sich

Justadreamer

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kioto
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Beitrag24.02.2018 19:44
Re: Wenn Kairos Chronos gleicht
von kioto
Antworten mit Zitat

Hallo Justadreamer,

Ich habe deinen Text ganz gerne gelesen. Die Beschreibung seines Abends in Verbindung mit einige tiefsinnigen Gedanken ist die ganz gut gelungen.  Zum Schreibstil habe ich einige Anmerkungen im Text gemacht. Nehme sie nur als Hinweis, was mir aufgefallen ist.

Gruß Werner


Justadreamer hat Folgendes geschrieben:
Wenn Kairos Chronos gleicht

Viel-leicht. Viel ist leicht. Lachse laichen. Leichen bleichen. Eric klopfte sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Nicht. Zu. Viel. Denken.
Brummelnd setzte er sich an seinen Computer und drückte auf den Startknopf, der ihn zur Begrüßung blau anblinkte. Er stand auf einer Holzplatte, die Eric vor einigen Wochen an seinen alten Schreibtisch angebracht hatte, dessen Bauer wohl noch nicht den Weitblick gehabt hatten, dass der Urenkel des einstmaligen Käufers einmal einen Computer besitzen würde. Zu viele Nebensätze Schnitzereien rankten sich über die Türe des rechten Vorratskastens; eine undefinierbare Masse von Früchten und Blättern. Fast als würde die Arbeitsplatte des Tisches die Türe beneiden und nachahmen wollen, sammelte sie Türme von Staub an ihren unbenutzten Stellen – und davon gab es einige. Das Zentrum des Tisches bildete ein blitzblanker Desktopmonitor und eine etwas weniger blitzende Tastatur mit Maus. Links neben der Tastatur stapelte sich eine Reihe von Büchern und Heften aufeinander wie Sedimentschichten. Ganz oben noch ein relativ schlecht, besser fast neu aussehendes Englischbuch, ganz unten ein zu völliger Unkenntlichkeit komprimiertes Heft, das Nebensätze mit das finde ich nict schön, nicht zu häufig verwenden wahrscheinlich noch ein altes Tagebuch von Erics Urgroßvater war.


 Eric hatte ein relativ relativ unschön, überflüssig kleines Zimmer. Mit seinen 13 qm plus Dachschräge hatte er gerade einmal Platz für das alte Bett und den Kleiderschrank seiner Oma, ein kleines, dringend zur Wäscheablage benötigtes Sofa seiner Mutter und dieses Monstrum von Schreibtisch. Schnörkelige Füße, geschnitzte Türen und eine Arbeitsplatte mit bestimmt 12 qm Fläche – er war komplett nutzlos für Eric, aber er hatte ihn ins Herz geschlossen. Manchmal beschlich ihn ein beklemmendes Gefühl von Beobachtung – all die Möbel verstorbener Menschen, wie Statuen vergangener Zeiten mit Verachtung auf ihn herabblickend. Lebensechte Dinosaurier, die Weltkriege 1 bis 4, Goethe, Lessing, Bauanleitungen für richtige Silvesterböller, eine beeindruckende Bandbreite an Pornos, Hitler, den Marianengraben, den neuesten Hoodie-Trend, die Welt aus dem All, Aliens, Doktoren, Anwälte, Könige, Jesus und vieles andere mehr hatten die Möbel von Oma und Opa mit angesehen.

Hier fehlt mir eine Überleitung
Vielleicht. Viel leichter wäre ein Ja gewesen. Oder noch besser – ein Nein. Dann müsste ich mir nicht mehr so viele Gedanken machen. Heute hatte er Aurora gefragt, ob sie mit ihm ins Kino gehen wolle. Ins Kino! Der wohl bekannteste und schlechteste Ort für ein erstes Date. Aber seine Zunge hatte sich von ihren Zügeln losgerissen und war auf das plumpste Ende des Gespräches geprescht, das im Bereich des Möglichen lag.  Um die negativen Gedanken aus seinem Kopf zu bringen, gab er in das Suchfeld seines automatisch gestarteten Browsers die Worte „aurora borealis“ ein und startete nach einigen geübten Klicks eine Diashow der unzähligen, sagenhaften Nordlichtbilder. Womöglich lohnte es sich nicht einmal, das Nordlicht mit eigenen Augen zu sehen. Kalt, kostet Geld und besser als auf den Fotos erkennt man es sowieso nicht. Nur ein paar verirrte Elektronen, die den weiten Weg von der Sonne zur Erde fanden und die Menschen nun in „Ahh´s“ und „Ohh´s“ versetzten, weil der Himmel ein paar schimmlige Schlieren mehr aufwies als sonst.

 Eric sinnierte, wie lange sein Urgroßvater wohl an seinem Schreibtisch hätte sitzen müssen, um so viel über die Aurora herauszufinden, wie er es in den letzten Tagen geschafft hatte. Am einfachsten wäre es wohl gewesen, sich im Weinkeller 100 Jahre lang einzufrieren und darauf zu warten, bis ich ihm helfen hätte können. Nebensatz unschön formuliert
Eric wusste, zwar, dass die Konservierung eines Menschen so nicht funktionierte, da viele Nervenzellen dauerhaft versorgt sein müssten und durch das Gefrieren des Wassers im Körper Zellmaterial geschädigt werden würde, aber wenn seinem Urgroßvater etwas am Nordlicht gelegen war, musste er das Risiko in Kauf nehmen. Ohnehin fragte sich Eric, mit was die Leute früher ihre Köpfe vollgestopft hatten, wo sie doch noch nicht so viele Informationen sammeln konnten wie er es schon von seinem Zimmer aus schaffte. Damals war Wissen womöglich wirklich noch etwas wert gewesen.
 
Seine Gedanken glitten durch das Chaos an Informationen und Gefühlen in seinem Kopf. Wie riesige Türme von Büchern stapelte sich Schulwissen in der weitläufigen Kathedrale seines Schädels. Die Türme ragten bis an die Decke der Kathedrale und muteten wie groteske Speere an, die sich durch den schummrigen Raum hindurchbohrten. Wo die Bücherstapel den Boden der Kathedrale berührten war ein kleiner Fleck der Blumen zerstört, die dort wuchsen. Der ganze Hallenboden war übersät mit einer leichten Decke von kleinen Blüten, die aus dem Boden sprossen. Man konnte erkennen, dass sie aus den Seiten halb verwester Bücher entsprangen, die ihnen die nötigen Mineralstoffe zum Leben gaben. Die Bücher jedoch, die sich säulenartig zur Decke schraubten, waren wohl alle so schnell in die Kathedrale gefallen, dass sie, anstatt weiter nahrhaften Boden zu produzieren, die Pflanzen zerstört hatten. Es würde einige Zeit dauern, bis die Säulen abgetragen waren - Falls sie davor nicht einstürzen oder gar verbrannten.

Das Schauspiel in seinem Kopf missachtend, startete Eric mithilfe seines Computers eine Suche nach seinem nächsten Referatsthema: „Gott Kairos Mythologie“. Seine Lust für das Referat hielt sich in eher weniger ausladenden Grenzen Schlechte Formulierung , obwohl das Thema an sich an sich - unschön sein Interesse traf: Eine griechische Sagenfigur, die vorn am Kopf einen Pferdeschwanz besaß, am Hinterkopf jedoch völlig kahl war. Wenn man diesen Schopf, den „richtigen Moment“, nicht packte und vorüberziehen ließ, so konnte man ihn nie wieder zurückholen. Eric war verwirrt über diese humoristische Figur – wenn man auf einen Moment wartet, dann verstreichen doch unzählige Augenblicke, die davor kommen! Und wenn ich ihn einmal erwische, dann lebe ich für den Rest meines Lebens in der Vergangenheit?? Ein äußerst seltsamer Gott ist das, der mit etwas umgeht, das wir nicht einmal erfassen können.

 Eric hatte schon so manches Mal seine Mutter sagen hören, er solle sich doch lieber angemessen auf seine nächste Prüfung vorbereiten, als seine Zeit mit „Zockerspielchenoderwasauchimmer“ zu vergeuden. Je nach Laune hatte er ihren Rat befolgt, auch wenn ihm das ganze Wissen manchmal über den Kopf wuchs.

 Heute war sein größter Arbeitsanreiz der, dass Dass- unschön er das Referat am folgenden Tag in Herrn Graus Ethikstunde schon vortragen musste. Bevor er dem mystischen Wesen mit der Volahiku-Frisur weiter nachspüren konnte, schweifte sein Geist wieder zu dem zwar mystischen, jedoch wesentlich hübscheren und ironischerweise realen Wesen Aurora zu, die womöglich gerade vor ähnlichen Dilemmata klingt zu hochgestochen (ansonsten man steht vor / brütet über einem Dilemma) wie er selbst brütete. Niemals würde er auch nur ein Schritt in das Kino tun können, ohne dass sich sein Mut wie ein Glatzen-Kairos verflüchtigte. Und dann waren da noch die Zweifel,  ob sich das Ganze überhaupt lohnte. Laut Studien halten erste Beziehungen im Durchschnitt drei Monate. Bis Eric auch nur in die Nähe eines zusammenhängenden Satzes in Auroras Gegenwart gekommen wäre, wäre die ganze Beziehung schon wieder zu Ende!

Um sich von der Ablenkung abzulenken, öffnete Eric die Türe seines Schreibtisches und kramte die Unterlagen heraus, die er für die Bewerbungen benötigte, die er 2mal die er - die er - Nebensatz unschön nach Beendigung des laufenden Schuljahres tätigen wollte. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht einmal, worauf es genau hinauslaufen sollte. Wenn er in eine andere Stadt zog, konnte er das Handballspielen bleiben lassen, wenn er blieb, fiele ein Studium flach. Wenn er sich entschied, rückten alle anderen Gelegenheit einen Schritt zurück – und es blieb auch nicht viel Zeit! Zuerst die Ausbildung, vielleicht noch ein paar zusätzliche Praktika und wenn er dann nicht endlich mit einem Beruf startete, war es schon viel zu spät! Eric starrte auf die Infobroschüre „Die 10 besten Tipps beim Bewerbungsgespräch“ und wunderte sich, wohin die Zeit rann, die er brauchte, um etwas in seinem Dasein zu erreichen. Eric stopfte die Papiere wieder zurück in den Schrank und schaltete seinen Computer aus. Er hatte noch einen kaputten USB-Stick, der morgen in der Schule nicht funktionieren und sein Referat auf nächste Woche verschieben würde. Er legte sich auf sein Bett, auf dem er einige Stunden später mit dem Smartphone auf der Brust in einen unruhigen Schlaf fiel.


In der schummrigen Kathedrale ging es unterdessen nicht gerade besser zu. Neue Bücher, die von oben in den Raum hineingestoßen wurden, konnten nicht an den Boden gelangen und zu fruchtbarem Material verarbeitet werden. An manchen Stellen des Raumes starben schon Blumen ab, obwohl mehr als genug Erde vorhanden hätte sein können. Wenn die Bücherstapel in sich zusammenfielen, würden die allermeisten Blumen von deren Last zerquetscht werden. Ein noch so kleines Feuer wäre fatal, womöglich könnte die gesamte Kathedrale in sich zusammenstürzen.
Ein Buch, das Das unschön ganz neu in die Kathedrale gefallen war, hatte die großen Bücherstapel verfehlt und landete sanft auf einem moosigen Hügel. Es hatte einen dicken Ledereinband, der vergilbte, jedoch sehr wertvoll aussehende Seiten zusammenhielt. Beim Aufprall öffnete sich das Buch und blieb aufgeschlagen liegen. Auf der linken Hälfte der Seite war ein seltsames Wesen abgebildet, dessen freche Augen hinter einem blonden Zopf hervorblitzten. Folgender Satz stand in kunstvoller Schrift unter dem Bild:


Ein Freigeist, der immer beim Menschen verweilt!
Immer präsent, doch von keinem erkannt.
Zwar weder Schnitte noch Brüche er heilt
Doch wenn du ihn siehst ist er Lebensglücks Pfand.





Kleine Anmerkung zu meinem ersten Werk: Kairos und Chronos sollen hier "gleichgesetzt" werden, um zu zeigen, dass der perfekte Moment "Kairos" eigentlich immer der gerade eben erlebte (Chronos) und damit jeder Augenblick ist. Gleichzeitig ein kleiner Einblick in den Kopf eines Jugendlichen, für den die Welt manchmal etwas zu viel des Guten darstellt.

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Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.

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Justadreamer
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Beitrag24.02.2018 20:41

von Justadreamer
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Hallo kioto,

vielen Dank für deine Rückmeldung! Ich habe deinen Vorschlag durchgelesen und muss dir wohl zustimmen. Die Nebensätze habe ich gerne in Sachtexte bzw. Arbeiten für Schule und Studium eingebaut, aber in einem unterhaltenden Werk ist das oft sehr mühsam. Dass du das "relativ" kritisiert, amüsiert mich, da ich das Wort auch beim Sprechen relativ missbrauche Laughing  Ich habe noch eine Frage: Ist es okay wenn ich Gedanken kursiv schreibe  und Gespräche "in Anführungszeichen"? Oder lieber die Gedanken ebenfalls in Anführungszeichen, aber dennoch kursiv?
Es ist schön, dass du ansonsten Gefallen an dem Werk gefunden hast und ich danke dir für die Kritik und Motivation.
Liebe Grüße
Tobiasd
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kioto
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Beitrag24.02.2018 23:08

von kioto
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Hallo Justadreamer,

Es gibt hier im Forum und auch im Internet Schreibratgeber mit vielen Hinweisen auf unschöne Füllworte und Satzkonstruktionen. Auch die übliche Kennzeichnung für Gedanken und indirekte Rede findest du dort. Allerdings gibt es keine einheitliche Regelung. Insofern kannst du es machen, wie du willst, es muss nur einheitlich sein. Falls du irgendwann mal selbst veröffentlichst, z.B. bei Amazon, ist es OK, ansonsten mischt sich da sowieso der Lektor oder der Verlag noch ein.

Weiterhin viel Spaß, Gruß Werner


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Ruby Smith
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Alter: 33
Beiträge: 1180
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Beitrag25.02.2018 18:34
Re: Wenn Kairos Chronos gleicht
von Ruby Smith
Antworten mit Zitat

Hallo Justadreamer,

ich habe mir mal deinen Textauszug vorgenommen und habe dir ein paar Dinge markiert. Vielleicht kannst du ja manches davon gebrauchen. wink

Justadreamer hat Folgendes geschrieben:
Wenn Kairos Chronos gleicht

Viel-leicht. Viel ist leicht. Lachse laichen. Leichen bleichen. Eric klopfte sich mit der flachen Hand vor die Stirn. Nicht. Zu. Viel. Denken.
Brummelnd setzte er sich an seinen Computer und drückte auf den Startknopf, der ihn zur Begrüßung blau anblinkte. Er stand auf einer Holzplatte, die Eric vor einigen Wochen an seinen alten Schreibtisch angebracht hatte, dessen Bauer wohl noch nicht den Weitblick gehabt hatten, dass der Urenkel des einstmaligen Käufers einmal einen Computer besitzen würde.
Dieser Satz ist arg verschachtelt und beinhaltet auch noch ein Missverständnis, denn da du im letzten Satz vom Startknopf sprichst, liest es sich so, als würde der Startknopf auf dem Tisch stehen.
Schnitzereien rankten sich über die Türe des rechten Vorratskastens Was soll das sein?;
eine undefinierbare Masse von Früchten und Blättern. Fast als würde die Arbeitsplatte des Tisches die Türe beneiden und nachahmen wollen, sammelte sie Türme von Staub an ihren unbenutzten Stellen – und davon gab es einige. Das Zentrum des Tisches bildete ein blitzblanker Desktopmonitor und eine etwas weniger blitzende Tastatur mit Maus. Links neben der Tastatur stapelten sich eine Reihe von Büchern und Heften aufeinander wie Sedimentschichten. Ganz oben noch ein relativ neu aussehendes Englischbuch, ganz unten ein zu völliger Unkenntlichkeit komprimiertes Heft, das wahrscheinlich noch ein altes Tagebuch von Erics Urgroßvater war.
Dieser Absatz wirkt, als hätte er mit dem Rest der Geschichte nichts zu tun und ich würde ihn an deiner Stelle lieber streichen, da er rüberkommt, wie Infodump.


Eric hatte ein relativ kleines Zimmer. Mit seinen 13 qm plus Dachschräge hatte er gerade einmal Platz für das alte Bett und den Kleiderschrank seiner Oma, ein kleines, dringend zur Wäscheablage benötigtes Sofa seiner Mutter und dieses Monstrum von Schreibtisch. Schnörkelige Füße, geschnitzte Türen und eine Arbeitsplatte mit bestimmt 12 qm Fläche – er war komplett nutzlos für Eric, aber er hatte ihn ins Herz geschlossen. Manchmal beschlich ihn ein beklemmendes Gefühl von Beobachtung – all die Möbel verstorbener Menschen, wie Statuen vergangener Zeiten mit Verachtung auf ihn herabblickend. Lebensechte Dinosaurier, die Weltkriege 1 bis 4, Goethe, Lessing, Bauanleitungen für richtige Silvesterböller, eine beeindruckende Bandbreite an Pornos, Hitler, den Marianengraben, den neuesten Hoodie-Trend, die Welt aus dem All, Aliens, Doktoren, Anwälte, Könige, Jesus und vieles andere mehr hatten die Möbel von Oma und Opa mit angesehen.
Diesen Abschnitt würde ich versuchen ein wenig zu "entschachteln", aber ansonsten finde ich ihn schön.


Vielleicht. Viel leichter wäre ein Ja gewesen. Oder noch besser – ein Nein. Dann müsste ich mir nicht mehr so viele Gedanken machen. Heute hatte er Aurora gefragt, ob sie mit ihm ins Kino gehen wolle. Ins Kino! Der wohl bekannteste und schlechteste Ort für ein erstes Date. Aber seine Zunge hatte sich von ihren Zügeln losgerissen und war auf das plumpste Ende des Gespräches geprescht, das im Bereich des Möglichen lag.  Um die negativen Gedanken aus seinem Kopf zu bringen, gab er in das Suchfeld seines automatisch gestarteten Browsers die Worte „aurora borealis“ ein und startete nach einigen geübten Klicks eine Diashow der unzähligen, sagenhaften Nordlichtbilder. Womöglich lohnte es sich nicht einmal, das Nordlicht mit eigenen Augen zu sehen. Kalt, kostet Geld und besser als auf den Fotos erkennt man es sowieso nicht. Nur ein paar verirrte Elektronen, die den weiten Weg von der Sonne zur Erde fanden und die Menschen nun in „Ahh´s“ und „Ohh´s“ versetzten, weil der Himmel ein paar schimmlige Schlieren mehr aufwies als sonst.
Auch dieser Abschnitt wirkt wieder irgendwie losgelöst vom Rest. Die Beschreibungen des Raums und die "aktiveren inneren Dialoge" passen irgendwie nicht recht zusammen, da sie zwei verschiedenen Stilen entspringen.

Eric sinnierte, wie lange sein Urgroßvater wohl an seinem Schreibtisch hätte sitzen müssen, um so viel über die Aurora herauszufinden, wie er es in den letzten Tagen geschafft hatte. Am einfachsten wäre es wohl gewesen, sich im Weinkeller 100 Jahre lang einzufrieren und darauf zu warten, bis ich ihm hätte helfen können.
Eric wusste, zwar, dass die Konservierung eines Menschen so nicht funktionierte, da viele Nervenzellen dauerhaft versorgt sein müssten und durch das Gefrieren des Wassers im Körper Zellmaterial geschädigt werden würde, aber wenn seinem Urgroßvater etwas am Nordlicht gelegen war, musste er das Risiko in Kauf nehmen. Ohnehin fragte sich Eric, mit was die Leute früher ihre Köpfe vollgestopft hatten, wo sie doch noch nicht so viele Informationen sammeln konnten wie er es schon von seinem Zimmer aus schaffte. Damals war Wissen womöglich wirklich noch etwas wert gewesen.
Siehe Kommentare zu den anderen Abschnitten.
 
Seine Gedanken glitten durch das Chaos an Informationen und Gefühlen in seinem Kopf. Wie riesige Türme von Büchern stapelte sich Schulwissen in der weitläufigen Kathedrale seines Schädels. Die Türme ragten bis an die Decke der Kathedrale und muteten wie groteske Speere an, die sich durch den schummrigen Raum hindurchbohrten. Wo die Bücherstapel den Boden der Kathedrale berührten war ein kleiner Fleck der Blumen zerstört, die dort wuchsen. Der ganze Hallenboden war übersät mit einer leichten Decke von kleinen Blüten, die aus dem Boden sprossen. Man konnte erkennen, dass sie aus den Seiten halb verwester Bücher entsprangen, die ihnen die nötigen Mineralstoffe zum Leben gaben. Die Bücher jedoch, die sich säulenartig zur Decke schraubten, waren wohl alle so schnell in die Kathedrale gefallen, dass sie, anstatt weiter nahrhaften Boden zu produzieren, die Pflanzen zerstört hatten. Es würde einige Zeit dauern, bis die Säulen abgetragen waren - Falls sie davor nicht einstürzen oder gar verbrannten.
s.d.v.A.

Das Schauspiel in seinem Kopf missachtend, startete Eric mithilfe seines Computers eine Suche nach seinem nächsten Referatsthema: „Gott Kairos Mythologie“. Seine Lust für das Referat hielt sich in eher weniger ausladenden Grenzen, obwohl das Thema an sich sein Interesse traf: Eine griechische Sagenfigur, die vorn am Kopf einen Pferdeschwanz besaß, am Hinterkopf jedoch völlig kahl war. Wenn man diesen Schopf, den „richtigen Moment“, nicht packte und vorüberziehen ließ, so konnte man ihn nie wieder zurückholen. Eric war verwirrt über diese humoristische Figur – wenn man auf einen Moment wartet, dann verstreichen doch unzählige Augenblicke, die davor kommen! Und wenn ich ihn einmal erwische, dann lebe ich für den Rest meines Lebens in der Vergangenheit?? Ein äußerst seltsamer Gott ist das, der mit etwas umgeht, das wir nicht einmal erfassen können.

 Eric hatte schon so manches Mal seine Mutter sagen hören, er solle sich doch lieber angemessen auf seine nächste Prüfung vorbereiten, als seine Zeit mit „Zockerspielchenoderwasauchimmer“ zu vergeuden. Je nach Laune hatte er ihren Rat befolgt, auch wenn ihm das ganze Wissen manchmal über den Kopf wuchs.

 Heute war sein größter Arbeitsanreiz der, dass er das Referat am folgenden Tag in Herrn Graus Ethikstunde schon vortragen musste. Bevor er dem mystischen Wesen mit der Volahiku-Frisur weiter nachspüren konnte, schweifte sein Geist wieder zu dem zwar mystischen, jedoch wesentlich hübscheren und ironischerweise realen Wesen Aurora zu, die womöglich gerade vor ähnlichen Dilemmata wie er selbst brütete. Niemals würde er auch nur ein Schritt in das Kino tun können, ohne dass sich sein Mut wie ein Glatzen-Kairos verflüchtigte. Und dann waren da noch die Zweifel,  ob sich das Ganze überhaupt lohnte. Laut Studien halten erste Beziehungen im Durchschnitt drei Monate. Bis Eric auch nur in die Nähe eines zusammenhängenden Satzes in Auroras Gegenwart gekommen wäre, wäre die ganze Beziehung schon wieder zu Ende!

Um sich von der Ablenkung abzulenken, öffnete Eric die Türe seines Schreibtisches und kramte die Unterlagen heraus, die er für die Bewerbungen benötigte, die er nach Beendigung des laufenden Schuljahres tätigen wollte. Um ehrlich zu sein, wusste er nicht einmal, worauf es genau hinauslaufen sollte. Wenn er in eine andere Stadt zog, konnte er das Handballspielen bleiben lassen, wenn er blieb, fiele ein Studium flach. Wenn er sich entschied, rückten alle anderen Gelegenheit einen Schritt zurück – und es blieb auch nicht viel Zeit! Zuerst die Ausbildung, vielleicht noch ein paar zusätzliche Praktika und wenn er dann nicht endlich mit einem Beruf startete, war es schon viel zu spät! Eric starrte auf die Infobroschüre „Die 10 besten Tipps beim Bewerbungsgespräch“ und wunderte sich, wohin die Zeit rann, die er brauchte, um etwas in seinem Dasein zu erreichen. Eric stopfte die Papiere wieder zurück in den Schrank und schaltete seinen Computer aus. Er hatte noch einen kaputten USB-Stick, der morgen in der Schule nicht funktionieren und sein Referat auf nächste Woche verschieben würde. Er legte sich auf sein Bett, auf dem er einige Stunden später mit dem Smartphone auf der Brust in einen unruhigen Schlaf fiel.


In der schummrigen Kathedrale ging es unterdessen nicht gerade besser zu. Neue Bücher, die von oben in den Raum hineingestoßen wurden, konnten nicht an den Boden gelangen und zu fruchtbarem Material verarbeitet werden. An manchen Stellen des Raumes starben schon Blumen ab, obwohl mehr als genug Erde vorhanden hätte sein können. Wenn die Bücherstapel in sich zusammenfielen, würden die allermeisten Blumen von deren Last zerquetscht werden. Ein noch so kleines Feuer wäre fatal, womöglich könnte die gesamte Kathedrale in sich zusammenstürzen.
Ein Buch, das ganz neu in die Kathedrale gefallen war, hatte die großen Bücherstapel verfehlt und landete sanft auf einem moosigen Hügel. Es hatte einen dicken Ledereinband, der vergilbte, jedoch sehr wertvoll aussehende Seiten zusammenhielt. Beim Aufprall öffnete sich das Buch und blieb aufgeschlagen liegen. Auf der linken Hälfte der Seite war ein seltsames Wesen abgebildet, dessen freche Augen hinter einem blonden Zopf hervorblitzten. Folgender Satz stand in kunstvoller Schrift unter dem Bild:


Ein Freigeist, der immer beim Menschen verweilt!
Immer präsent, doch von keinem erkannt.
Zwar weder Schnitte noch Brüche er heilt
Doch wenn du ihn siehst ist er Lebensglücks Pfand.





Kleine Anmerkung zu meinem ersten Werk: Kairos und Chronos sollen hier "gleichgesetzt" werden, um zu zeigen, dass der perfekte Moment "Kairos" eigentlich immer der gerade eben erlebte (Chronos) und damit jeder Augenblick ist. Gleichzeitig ein kleiner Einblick in den Kopf eines Jugendlichen, für den die Welt manchmal etwas zu viel des Guten darstellt.

Auf Anmerkungen freut sich

Justadreamer


Ich muss ehrlich sagen, dass ich nach der Lektüre deines Textauszuges nicht genau weiß, welche Geschichte du hier erzählen willst und an welchem Ort wir uns befinden. Du springst in den verschiedenen Absätzen so viel hin und her, wechselst das Thema und springst wieder zurück ...
Wer ist hier der Hauptcharakter und worum soll es überhaupt gehen? Das lässt sich hier nicht wirklich herauslesen.
Auch finde ich, dass dem ganzen ein roter Faden fehlt, der einen durch das Erzählte leitet.

Ich hoffe, du kannst ein bisschen was mit meiner Schlussbemerkung anfangen.

Lieben Gruß
Ruby


_________________
I'd like to add some beauty to life. I don't exactly want to make people know more... though I know that is the noblest ambition, but I'd love to make them have a pleasanter time because of me... to have some little joy or happy thought that would never have existed if I hadn't been born.

(Anne Shirley - Anne of Green Gables, Lucy Maud Montgomery)
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Justadreamer
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Beitrag25.02.2018 19:05

von Justadreamer
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Hallo Ruby,

vielen Dank, dass du dich auch so intensiv mit dem Text beschäftigt hast und für deine Meinung!

Die Tatsache, dass immer zwischen den "Orten" gesprungen wird, stimmt wohl. Hier habe ich versucht, den "Raum der Gedanken" in Erics Kopf zu beschreiben, zusätzlich seine (nicht metaphorischen) Gedanken darzulegen und das Ganze mit der Beschreibung des Zimmers, das auch einen Standpunkt zum behandelten Thema abgibt, abzurunden. Das Leben im Moment und die erschwerte Umsetzung dessen für viele Jugendliche soll hier also aus verschiedenen Richtungen beleuchtet werden.
Hinzu kommen die Schachtelsätze, die auch schon vorher angesprochen wurden , was das Ganze nicht einfacher macht.

Ich entnehme deiner Antwort, dass ich wohl meine Gedanken ein bisschen geordneter auf´s Papier bringen sollte und nehme die Tipps deswegen dankend an - die Geschichte werde ich leider nicht ändern können, da die Sprünge teilweise chronologisch voneinander abhängig sind und umgeordnet fehl am Platz wären. Für die nächste Geschichte werde ich es aber gern beherzigen Wink

Dankend für die Rückmeldung
TobiD
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