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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 12/2017
Sinkflug

 
 
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 58
Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
Lezepo 2015 Lezepo 2016


Beitrag27.12.2017 20:00
Sinkflug
von Literättin
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Sinkflug

    Radikale Akzeptanz wenn nichts mehr geht bis zur Erschöpfung die Brandenburgischen Konzerten in stoischer Improvisationswut vor und zurück in meinen Gummihandschuhen löst die Beschichtung Krümel reiben im Schweiß Melodien in meinem Kopf seit Tagen ein Cembalo oder Wochen habe ich niemandem mehr gesprochen zucke zusammen seit dieser Sendung über den leeren Kokon wenn ein Mensch vereinzelt und dieses sich einspinnen und wenn dann plötzlich Musik es ist unsinnig Handschuhe zu tragen ein Zucken der Impuls sie mir von den Händen zu reißen es wird Tage oder Wochen dauern bis sie wieder verstummt könnte ich Enno anrufen oder mich ergeben radikal ergeben

    war es heute Nacht da ich das Mädchen dort sitzen sah hinten im Garten im schattigen Streifen zwischen den hohen Tannen und der Rückseite der Garage darin eingelassen die schwere Metalltür immer einen Spalt offen das Mädchen wie sie auf der Schaukel hockt vornübergebeugt den Boden unter ihren blauen Schnallenschuhen mustert die Kuhle ausgetreten von schleifenden Kinderfüßen und die Mutter zieht oben den Putzeimer über die Fensterbänke ein schabendes Geräusch Schneeschieber auf Steinplatten wirft dunkle Blicke in den Schatten dorthin wo das Kind vornüber

    dabei wollte ich die Abtei besuchen meine schöne Abtei die mir antrug als kleine Geistliche ernste Schritte in den Gassen hoch zur Kirche erst seit Kurzem weiß ich vom Labyrinth im Innern des Felsens und dem Kreuzgang unter offenem Himmel draußen im Meer das kommt und geht umschließt und frei gibt sehne mich mit aller Kraft kein anderer Weg der mir bleibt außer dem Fliegen in der Nacht silberfädiges Cembalo Schwirren im Kopf wie lange es diesmal dauern wird … immerhin …

    have you seen the little piggies crawling in the dirt könnte ich Enno anrufen um das Schweigen zu beenden meine Haut zieht sich zusammen er malte sich den Schlamm aus in seiner letzten E-Mail lustvoll malte er ihn sich aus warm und fest und knöcheltief aus dem heraus er mich in seinen Armen bewahren wollte Halt zu verlieren mich bewahren die nur mit den Fußspitzen den Schlick berührte seinen Halt zu verlieren wo schon die Luft auf meiner Haut schmerzt mein starrer Blick auf die Mail Kopfhaut gespannt wie das Schweigen an meinen Trommelfellen die nicht zu schwingen brauchen um das Hörzentrum flackern zu lassen wie unter Wetterleuchten Ennos Arme feucht und sandig sein Zugriff von hinten ich sehe ihn von hinten meinen Körper umschlingen

    bleib draußen von oben herab bleib draußen bis ich die Teppiche gesaugt den Staub aus dem Haus die Fenster fertig den Eimer geleert and for all the little piggies life is getting worse

    heute Nacht soll es sein fliege ich um die Turmspitze von Saint Michel ich muss es nur beschließen und die Möwen kreischen dazu und ich sehe den Kreuzgang nehme das leuchtend grüne Viereck ins Visier in all dem hell glänzenden Schiefergrau mache mich fertig zur Landung ich sinke und sinke dem Gras entgegen trage Schuhe mit festen Ledersohlen die auf den Steinplatten Sandkörner knirschen lassen werden meine Schritte unter dem Bogengang nachhallen lassen werden meine kleinen ernsten Kinderschritte oder meine leichten fliegenden die ich endlich allein und ich kann meinen Geist leeren wie nie mehr im Leben denn mein Hirn ist noch gefaltetes Leinen im Schrank so still als ich dieses eine Mal dort durch die Gassen schreite und mir ausmale ich sei endlich ohne sie dort wieder hin nur einmal wieder dorthin

    fühle hinterrücks fühle wie über Schulterblättern und Wirbelsäule die Haut zuckt das Fell eines Pferdes das nervös mit dem Kopf schlägt und schnaubt die Haut die von der Leere schmerzt wie die Luft in meinen Gehörgängen unter der Stille zu dröhnenden Tornados wird und unter der Haut vor jeder Berührung das Zucken feine elektrische Peitschenhiebe ein Jucken oder Kitzeln wenn es die anderen Kinder sind ihr Lachen wir malten uns Rätselbilder vor den Zugriffen malten wir Rätselbilder und hielten ganz still dass es nicht aufhören möge weiche Fingerkuppen auf Kleiderstoff gedämpfte Berührungen nie fassten wir uns am Strand an ohne Kleidung auf der Haut

    platzt mitten hinein unter Wasser der viel zu große Junge sein Schatten ich erkenne den Griff seiner knochigen Hände sie ziehen mich tiefer weiß dass er es ist noch Jahre später weiß ich es die Schrecksekunde als ich den Zeitungsausschnitt vor mir auf dem Schreibtisch sehe den Ortsnamen seine Initialen die Namen toter Nachbarsfrauen bin ich seiner todernsten Gier begegnet

    Enno steckt mit den Füßen im Schlamm greift nach mir mit feuchten Händen und weint vor Angst mich zu verlieren die ich den Kopf in den Wolken die Möwen rufen nach mir dabei hat er Angst vor dem Meer der Weite und ich vor seinem Drängen heute Nacht soll es sein und ich lande sanft der Sand knirscht unter meinen Schuhsohlen meine Schritte hallen nach unter dem Bogengang und vielleicht fliege ich durch die dicken Mauern hindurch in die Tiefen der schmalen Gänge der Labyrinthe das Cembalo spinnt feine Stahlwollfäden um meine Hörnerven ich habe versucht wieder und wieder versucht es ihm zu sagen er nimmt mich nicht ernst und beschwört konturlose Bilder die er in seinen feuchten Händen formt und ich suche zu entfliehen am Tag lahm durch sein Entsetzen seinen Schrecken seine ausgestreckten Arme während er einzusinken droht kann ich nicht atmen bekomme keine Luft bettschwer liege ich abends in meiner Paralyse überrollt von Lärm aus dem Nichts mit einem Knall zerreißen Schichten von Luft in meinem Kopf ich versuche mich auf die Möwen zu konzentrieren Schreie und Gelächter kreisender Möwen um die Turmspitze der Abteikirche auf dem Felsenberg vor der Küste und bewege die Arme im Wind der weich unter meinen Händen flattert zeichne Achten neben mir in die Luft stehe senkrecht im Sinkflug

    kannst reinkommen das Fenster schlägt zu das Kind schreckt hoch aus der Vorbeuge dem Vor und Zurück Vor und Zurück der blauen Schuhspitzen über der Erdmulde trägt eine Gänsehaut im Genick unter den Schatten der hohen Tannen der Rückwand der Garage aus dem Spalt der Eisentür dringt ein Geruch von Benzin

    lass es uns wenigstens versuchen ich bleibe ihm die Antwort schuldig everywhere there's lots of piggies living piggy lives und er verstummt

    wenn ich die Augen schließe sehe ich den Abteifelsen das Dorf die Gassen die schmalen Treppen den Anstieg in schimmerndem Silbergrau ein dämmriges Ladengeschäft wir wollten uns umsehen das Bild lässt sich nicht fangen ich wollte allein sein nicht das Kind dieser Frau dieses Mannes dieses unter dunklen Blicken geduckten Mannes abgewiesen weggestoßen die Arme ausgestreckt ich muss mich konzentrieren betrachte den Eimer auf der Fensterbank meine Hände in Gummihandschuhen Schaumperlen sinken daran herunter schwitze im warmen Wasser durch Schaumschlieren auf dem Fensterglas sehe im Himmel helle Sonnenrisse an den Wolkensäumen ich bin wach lass es uns doch bitte versuchen heute Nacht ernste Schritte im Kreuzgang

    das Kind rutscht von der Schaukel sieht zu Boden sieht hinauf zu den Fensterscheiben in denen ist nichts zu sehen und kein Gesicht dahinter es macht kleine steife Schritte über den Rasen über die Terrasse betritt den dunklen Raum den Wohnzimmerteppich sinkt in seinen blauen Schuhen knöcheltief


_________________________________________
Anm.: Die Liedzeilen entstammen dem Song Piggies der Beatles, komponiert und geschrieben 1968 von George Harrison

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lebefroh
Geschlecht:weiblichEselsohr
L

Alter: 43
Beiträge: 364
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Der bronzene Durchblick


L
Beitrag08.01.2018 15:15

von lebefroh
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Ich finde den Text wunderschön - auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich verstehe, worum es geht. Aber die Bilder sind wunderbar, Wortbilder, die eine Stimmung transportieren - und trotz der Satzfetzen sehr gut lesbar sind. Dennoch hätte ich mir gewünscht, besser ergründen zu können, was er eigentlich bedeutet.
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Municat
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 353
Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt


Beitrag08.01.2018 15:33

von Municat
Antworten mit Zitat

Lieber Autor smile

Du forderst den Leser sehr, weil es nicht immer leicht ist, zu erkennen, wo ein neuer Gedanke anfängt oder aufhört. Bei der Aufgabenstellung und dem Thema ist das allerdings kein Kritikpunkt, sondern ganz einfach Deine Auslegung der Umsetzung.

Besonders knifflig wird es aber, wenn dann innerhalb der Gedankenfetzen (ob absichtlich oder versehentlich will ich jetzt nicht beurteilen) Worte fehlen oder Satzteile grammatikalisch aus dem Ruder laufen. Hier mal 2 Beispiele aus dem ersten Absatz:
Zitat:
die Brandenburgischen Konzerten
Konzerte statt Konzerten?
Zitat:
Gummihandschuhen löst die Beschichtung
löst sich die Beschichtung?

Insgesamt sehe ich verschiedene Bilder, die sich mit der Zeit aus den Gedankenfetzen herauskristallisieren:

Die Protagonistin hat früher mal beobachtet, wie ein kleines Kind zuerst auf der Schaukel saß und dann verschleppt wurde. Sie war aber selbst so gefangen in ihrem Zwang, die Wohnung sauber zu halten, dass sie der Sache nicht nachgegangen ist, sondern lieber weiter geputzt hat. Später erfährt sie, dass dieser Pädophile mehrere Kinder getötet hat. Deshalb plagt sie ihr Gewissen. Ihr Umfeld zeigt kein Verständnis, also dreht sie langsam durch. Zuerst verlässt sie das Haus nicht mehr und putzt immer zwanghafter, dann beschließt sie, vom Kirchturm zu springen und hofft, in den Katakomben darunter zu landen. Zusätzlich ist da noch ein Bild, bei dem sie selbst als Kind von hinten gepackt und unsittlich berührt wird ... das kann aber auch von Zeitungsberichten oder Nachrichten kommen ... das aktuelle Opfer des Straftäters vielleicht, der ihretwegen damals nicht gefasst wurde.

Ich weiß noch nicht wirklich, was ich von Deinem Text halten soll. Das Thema bewegt, geht an die Nieren ... so viel steht schon mal fest. Die Aufgabenstellung hast Du auch getroffen. EInige der Bilder entstehen glasklar in meinem Kopf, andere verschwimmen in dem Wust aus Gedankenfetzen.

Punkte vergebe ich erst, wenn ich alle Texte kommentiert habe.

ediTier
4 Punkte von mir


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Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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Literättin
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Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
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Beitrag09.01.2018 17:08

von Literättin
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Was mich wirklich ärgert, ist dieses blödsinnig überflüssige "n" in der zweiten Zeile! So ist, das, wenn man die Worte wuschig im Kopf nicht mehr zu Ende liest. Hmpf.

Okay. Mal sehen, wie sehr ihr mir diesen Mistfehler direkt im ersten Absatz ankreidet. Ich wäre ja gnadenlos, so wie ich in diesem Zehntausender kommentierend herum holze.

Aber: ich bin erleichtert, dass ich ihn wieder gut finde, meinen Text. Nicht saugut, aber gut.

Und vielleicht findet er ja seinen Leser, der diese nächtlichen Aus-Flüge mitzumachen bereit ist, der all die ausgestreckten und gereckten Arme bis hin zu  den Zugriffen, der todernsten Gier erkennt, in dem, was sie mitsamt der dunklen Mutterblicke, den leisen existenziellen Abweisungen auch den beobachtbaren auf der anderen Seite bewirkt haben, bei dem Schaukelkind, das später in Gummihandschuhe gezwängt Fenster putzt und den Kopf im Himmel trägt?

Wäre schön. Ich würde mich tatsächlich freuen wie Bolle.

Denn ich mag ihn wirklich, diesen Text. Immer noch. Oder sogar immer wieder.


_________________
when I cannot sing my heart
I can only speak my mind
- John Lennon -

Christ wird nicht derjenige, der meint, dass "es Gott gibt", sondern derjenige, der begonnen hat zu glauben, dass Gott die Liebe ist.
- Tomás Halík -

Im günstigsten Fall führt literarisches Schreiben und lesen zu Erkenntnis.
- Marlene Streeruwitz - (Danke Rübenach für diesen Tipp.)
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holg
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Beiträge: 2395
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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag09.01.2018 18:54

von holg
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Was mir gefällt ist, dass der Text sich das traut, was ich meinem nicht zugetraut habe: der Verzicht auf jegliche Satzzeichen. Das einzige Strukturelement sind Absätze. Sätze fließen ineinander, umeinander, genau wie die Erzähl- und Sinnebenen. Das ist gut gemacht. Mir gefällt auch, dass der Text gar nicht versucht, mir irgend eine Geschichte zu verkaufen, zu erklären, bis auch ich letzter Trottel endlich verstanden habe, worum es geht.

Ich muss mir die Krümel selber suchen, Puzzleteilchen aneinander legen und schauen, ob ein Bild, nein zwei, nein drei herauskommen.

Was mit nicht gefällt: Ich habe echt keine Ahnung, worum es geht.
Zuviel wird da angedeutet, dieser Abschnitt mit dem viel zu großen Jungen sticht irgendwie heraus, ein Schlüssel zu Unsagbarem, toten Frauen aus der Nachbarschaft? Dann die Frau mit den Gummihandschuhen bei der Hausarbeit, von Klöstern, Felsen und vom Fliegen träumend, das Mädchen, hockend, schaukelnd, Morast und Enno. Aber ich will nicht, dass das die hier in diversen Wettbewerben immer wieder und wieder und wieder durcherzählte Geschichte vom missbrauchten, auf ewig versehrten Mädchen ist.
Also, worum geht es hier?


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RememberDecember59
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Beitrag10.01.2018 22:27

von RememberDecember59
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Liebe/r Verfasser/in,
leider kann ich mit dem Text nicht viel anfangen. Wahrscheinlich werde ich ihm mit meiner Meinung nicht gerecht, aber die Freude beim Lesen hält sich bei mir persönlich in Grenzen, wenn ich jeden Abschnitt fünfmal lesen und mich so konzentrieren muss. Den Vorgaben entspricht die Erzähltechnik natürlich, aber Eindruck bleibt da mir keiner. Nur Kopfschmerzen.Laughing Nichts für ungut.

***

Nach dem Lesen und Kommentieren der anderen Texte habe ich mich dazu entschieden, keine Punkte zu geben.


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Bartimäus: "...-was ist das?"
Kobold: "Hätte mich das jemand anders gefragt, o Herr, der ihr Schrecklich und Unübertrefflich seid, hätte ich ihn einen Dummkopf genannt, bei Euch jedoch ist diese Frage ein Zeichen jener entwaffnenden Schlichtheit, welche der Born aller Tugend ist. ..."

Bartimäus I (Jonathan Stroud)
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firstoffertio
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Beitrag11.01.2018 00:28

von firstoffertio
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Hier empfinde ich das Erinnern mehr als in manchen anderen Texten.
Und doch stört mich etwas. Vielleicht das Uneindeutige, das Drum herum Reden, aeh, Denken, das Gemachte.
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V.K.B.
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Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag12.01.2018 23:11

von V.K.B.
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Hallo Inko,
sehr interessante Geschichte, ich habe sie gleich zweimal hintereinander gelesen. Sie erschließt sich mir immer noch nicht, höchstens ansatzweise.
Der Bewusstseinsstrom ist schön getroffen, nicht zu gradlinig aber immer noch so, dass ich folgen kann, ohne dass es nervt. Die Bilder werden vor meinem inneren Auge lebendig und ich wünschte, ich könnte mir etwas mehr vom Inhalt erschließen, etwas definitives statt dass nur meine Gedanken in alle möglichen Richtungen angestoßen werden aber allzuoft in Sackgassen zur Landung kommen.

Punkte vergebe ich erst, wenn ich alles gelesen habe.


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Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Angst
Geschlecht:männlichScheinheiliger
A

Alter: 33
Beiträge: 1571



A
Beitrag14.01.2018 14:12

von Angst
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Dieser Beitrag ist anschaulich und beschreibt reichhaltig unterschiedliche Szenarien.
("Das Fell eines Pferdes das nervös mit dem Kopf schlägt" ist eine meiner Lieblingsstellen.)
Ein guter Beitrag. Offen, lebendig, kontrastreich.
Aber leider funkt es zwischen mir und dem Text nicht, sodass es nicht ganz für Punkte reicht.
Es war aber sehr knapp! Hätte ihn gerne noch mit aufgenommen.

0 Punkte, leider.


_________________
»Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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d.frank
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D

Alter: 44
Beiträge: 1122
Wohnort: berlin


D
Beitrag14.01.2018 17:42

von d.frank
Antworten mit Zitat

Das hier ist ein sehr guter, hochliterarischer Text. Aber er funktioniert, wenn man sich auf ihn einlässt, wenn man ihn im Gesamten betrachtet und wenn man sich Zeit für ihn nimmt. Es gibt nur ein, zwei Stellen, die mir überfrachtet / gekünstelt vorkommen und vielleicht ist es ein Klischee, das hier abgehandelt wird, aber im Gegenzug gibt es auch einen Blickwinkel, der es zulässt, sich selbst mit einzubringen.
In diesem Wettbewerb gibt es viele Texte, die sich mit Missbrauch, Trauer und Kindheitstraumata beschäftigen. Für mich zählt dieser hier zu einem der Besten.

Inhalt und Vorgaben:
Die Leere ist hier etwas, das sehr ambivalent gezeichnet ist. Es gibt kein reines Gut oder Böse, man versucht die Leere zu füllen, sich zu erinnern, ihr Erkenntnis abzuringen, aber dann wieder wünscht man sich eine Radikale Akzeptanz, die andere Form der Leere, die, die es uns möglich macht, mit der Leere zu leben. Insofern halte ich die Bearbeitung der Themenvorgabe für erfrischend eigenständig. Auch der Bewusstseinsstrom funktioniert als in sich geschlossene Sprache, die weder aufgesetzt, noch der Technik unterworfen wirkt und in ihren Erinnerungsfetzen Einschübe des neutralen Erzählers hat. Das Gedächtnisbild versteckt sich für mich in Zeitungsartikel und Cembaloklängen, die die Leere der Erzählenden vollständig aufwühlen und sie mit ihren eigenen Dämonen konfrontieren.
Einzig die Abhandlung des Gedichtes stößt mir ein bisschen auf. An dieser Stelle:
Zitat:
wie das Schweigen an meinen Trommelfellen die nicht zu schwingen brauchen um das Hörzentrum flackern zu lassen
,
wirkt sie mir zu hineingepresst.

Der Inhalt dieser Geschichte bearbeitet auf den ersten Blick einen großangelegten Missbrauch durch die Kirche, dem ein ganzes Dorf zugesehen zu haben scheint. Eines der Kinder brennt schlussendlich die Mauern der Schuld einfach nieder und konfrontiert die Protagonistin mit ihrer eigenen Schuld in diesem Szenario. Die ist noch nicht verarbeitet, nur ins Leere verdrängt, im Traum oder auch in Gedanken versucht die Erzählende sich selbst und ihrer Rolle darin näherzukommen, scheitert aber im Wachsein völlig daran und somit auch an ihrer Beziehung, daran einem innig geliebten Menschen die Last der Wahrheit aufzubürden. Auf weiterer Ebene behandelt die Geschichte die Schuld einer ganzen Gesellschaft, einer Hierarchie, wie sie nötig war, einen solchen Missbrauch vollziehen zu können, und damit auch die Beziehung der Protagonistin zu ihren Eltern, die man dem Proletariat zuordnen und weitergedacht auch nicht eindeutig schuldig sprechen kann. Von daher hat die Geschichte für mich mehrere Ebenen und Blickwinkel, sie arbeitet nicht mit der schreienden Schuld und auch nicht dem eindeutig Schuldigen und das hebt sie für mich positiv von anderen Beiträgen ab. Wenn ich mir bei anderen Beiträgen noch keine großen Gedanken zu den Titeln gemacht habe, so finde ich hier einen bezeichnenden, ein Sinkflug, im Traum, wie im Leben.
Man musst erst ganz unten ankommen, um dann wieder aufzusteigen.
(für jegliche Fehlinterpretation, wie auch Fehleinschätzung übernehme ich keine Haftung, da ich auf diesem Gebiet ein echtes Greenhorn bin)

Lieblingssätze:
Zitat:
oder Wochen habe ich niemandem mehr gesprochen zucke zusammen seit dieser Sendung über den leeren Kokon wenn ein Mensch vereinzelt und dieses sich einspinnen und wenn dann plötzlich Musik es ist unsinnig Handschuhe zu tragen


Zitat:
aus dem heraus er mich in seinen Armen bewahren wollte Halt zu verlieren mich bewahren die nur mit den Fußspitzen den Schlick berührte seinen Halt zu verlieren wo schon die Luft auf meiner Haut schmerzt


Zitat:
bin ich seiner todernsten Gier begegnet


Zitat:
ich suche zu entfliehen am Tag lahm durch sein Entsetzen seinen Schrecken seine ausgestreckten Arme während er einzusinken droht kann ich nicht atmen bekomme keine Luft bettschwer liege ich abends in meiner Paralyse überrollt von Lärm aus dem Nichts


Zitat:
es macht kleine steife Schritte über den Rasen über die Terrasse betritt den dunklen Raum den Wohnzimmerteppich sinkt in seinen blauen Schuhen knöcheltief


Dieser Satz, in seiner Nüchtern- und Offenheit, hat mir ganz unbemerkt die Augen gefüllt...


_________________
Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag14.01.2018 19:05

von Jenni
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Ja, da ist dieser Text, dem man sich nicht mit verstehen nähern kann sondern mit Erfühlen. Und Bilder habe ich da schon, Gefühl im Sinne einer Atmosphäre, dieses südfranzösische Dorf (steht das da nicht? aber ich war doch schon dort), blendende Helle, selbstgewählte Einsamkeit, Trauer um Vergangenes.
Da ist eine Frau, die putzt und sich erinnert, und da ist das Kind im Garten, das sie gesehen hat und das zu ihr heraufsieht, aber sie ist nicht dort. Das Kind ist die Vergangenheit, ihre Vergangenheit, die sie mit anderen teilt, darunter Enno, den sie (die Frau am Fenster) inzwischen aus ihrem Leben verbannt hat. Das Kind, etwas aus ihrer Vergangenheit steht ihrer Beziehung im Weg. Nein, mit verstehen komme ich da nicht wirklich weiter. Ich mag das Gefühl, dass der Text vermittelt, etwas echtes, ich mag die Bilder. Ich finde auch das Herumschweifen und Hängenbleiben der Gedanken gut gemacht. Das Gefühl meiner eigenen Unzulänglichkeit, des Nichtverstehens, das mag ich nicht.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4290

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag15.01.2018 15:15

von hobbes
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Schon wieder schwierig. Ich kann gar nicht sagen, was dieser Text falsch macht, vielleicht macht er gar nichts falsch, vielleicht ist es einfach nur kein Text für mich. In jedem Fall höre ich ihm zu, merke, wie ich unruhiger werde, anfange, auf dem Stuhl herumzuzappeln, es ist ein bisschen wie mit den Leuten, die reden und reden und doch nichts sagen, ich bleibe sitzen, obwohl ich längst nicht mehr sitzen bleiben will, aber immer, wenn ich aufstehen und gehen will, kommt dann doch etwas, was mich aufhorchen lässt, also höre ich doch noch einmal zu, aber dann kommt doch wieder nichts bei mir an. Was mich am meisten berührt, sind die eingefügten Songzeilen. Tja. Das ist dann irgendwie nicht das, was ich mir von einem Text verspreche.

Das wäre allerdings eine Geschichte, bei der es mich sehr interessieren würde, sie mit der anderen Umsetzung, dem neutralen Erzähler zu lesen. Und zu sehen, was das mit mir macht.

Punkte-Edit: 4
(Passt jetzt nicht unbedingt zum Kommentar, nicht wahr? Nun ja, beim Herumvergleichen stellte ich fest, dass ich dich doch lieber mochte, als manch anderen Text.)
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf

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Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag15.01.2018 21:40

von Heidi
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Die Text-Konsistenz ist angenehm biegsam. Durchmischte Gedankenströme mit sinnlichen Eindrücken - offenbar Vergangenheitsbilder und wenige gegenwärtige, wie die Gummihandschuhe und der Beatlessong, den ich 'direkt' wahrnehme. Ich mag den Fluss, weil er mich verwirrt, mich immer wieder rückwärts blicken lässt, aber dann doch nach vorne drängt. Im Weiterlesen kommt der Sinn dann heraus. Der Sinn ergibt sich also mehr oder weniger aus sich selbst. Ich empfinde hier eine Leere, auch eine Steigerung, ein Hereinbrechen einer Stille, wodurch ich das Gesamtprodukt für stimmig halte. Die Text-Farbigkeit tendiert zu Mischtönen und es schwebt eine melancholische Stimme über den Worten.
Was mir besonders gefällt: Die konsequente nicht-Zeichensetzung, die es mir ermöglicht, schön mit dem Text dahinzufließen.

Inhaltlich kann und will ich nichts weiter sagen, es gibt einiges, was ich für mich rausziehe, aber aufgrund der Dichte, würde eine genauere Interpretation den Rahmen sprengen.
Wenn du aber mehr wissen willst, dann gehe ich noch mal in mich, steige noch mal voll in den Text rein und erzähle dir davon.
Aber Punkte gibts natürlich. Sogar acht.
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Nihil
{ }

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Beiträge: 6039



Beitrag16.01.2018 23:20

von Nihil
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...
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Schlomo
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Wohnort: Waldperlach


Beitrag17.01.2018 00:00

von Schlomo
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Ja, das klingt wirklich nach einem Bewusstseinsstrom.

_________________
#no13
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag19.01.2018 22:36

von Michel
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Extremer Bewusstseinsstrom, aber dennoch zu folgen. Eine Frau (?) erinnert sich beim Putzen an Kindererlebnisse, an eine endende Beziehung, möglicherweise an einen Übergriff durch einen, der auch später andere angegriffen hat. Schuldthema?
Stille? Ganz am Anfang, glaube ich. Stimmiges Stück.
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finis
Klammeraffe
F


Beiträge: 577
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Die lange Johanne in Bronze


F
Beitrag19.01.2018 22:39

von finis
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Hallo,

Das ist unheimlich gut geschrieben. Und Du hast Dir einen unheimlich schönen Ort ausgesucht, wenn mich nicht alles täuscht - das spielt doch am Mont Saint Michel, oder? Im Grunde hast Du eigentlich alles abgegrast was mir einen Text sympathisch machen könnte: Bach, Beatles und Bretagne (oder Normandie, je nach dem wen man fragt. Aber Normandie fängt nicht mit B an).

Sehr interessant finde ich, wie sich das Motiv der Abwesenheit durch den Text zieht und dabei jeweils neue Formen annimmt.  Sehr geschickt ist das sprachlich auch umgesetzt, die Zeit und Realitätsebenen verschwimmen regelrecht ineinander. Ich finde das sehr ... authentisch (in Ermangelung eines besseren Begriffs...).
Kernthema ist für mich hier Freiheit, oder auch Ungebundenheit. Die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Himmel und Erde lese ich in Zusammenhang damit. Die Erde, Standfestigkeit und Gebundenheit durch Familie, Freunde, Partner - Himmel, das Bedürfnis nach Einsamkeit und eigenem Erkunden von Landschaften, Orten...
Das einzige, was ich etwas schade finde ist dieses Symbol der Unendlichkeit, mit den Armen nachempfunden - die liegenden achten. Das ist mir etwas zu plump, würde ich fast sagen und für mich ist der Punkt hier ja gerade sich nicht unendlich dem einen oder anderen zu verschreiben, sondern ein Gleichgewicht zwischen beiden Ebenen zu finden - das spricht Dein Ich ja auch direkt am Anfang aus, mit den Kokons der vereinzelten Menschen. Aber gut, das ist eher eine Erbse als sonst etwas.
Was mich eher umtreibt ist die Frage, ob die Abwesenheit/Leere hier wirklich kausal für das Abrufen des Gedankenbilds wird. Da bin ich mir nach wie vor nicht ganz sicher.

Unheimlich gern gelesen.

LG
finis


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anderswolf
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Beitrag20.01.2018 00:59

von anderswolf
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Dies Bild lässt sich nicht fangen, die assoziativ hechelnden Erinnerungen jagen den Leser durch verschiedene Fragmente unterschiedlicher Momente. So scheints. Doch das Bild lässt sich nicht fangen, unklar bleibt also, was da ist neben der Ahnung einer Unterleibsbegegnung zwischen Enno und (evtl.?) einer Klosterschülerin, die sich im Watt vor St. Michel näherkamen. Vielleicht aber auch nicht, denn das Bild lässt sich nicht fangen. Die Erinnernde selbst wird aber gefangen, entweder von Erinnerung, einem Hörsturz oder (das war meine allererste unüberblickende Deutung: einem gewalttätigen Enno, der unbedingt heute Nacht, wirklich heute Nacht, hörst Du?!), aber dann lässt sich das Bild wieder nicht fangen, wie beim Radio, wenn man beim Abstauben aus Versehen die Frequenz verdreht hat und man sie nun dauernd wiederfindet, und aus Versehen landet man dann im Charles-Manson-Gedächtnis-Remix von Piggies, und wieder fürchtet man um das Leben des arglosen Schaukelkindes, das ins Gras, in die Mulde, in den Matsch, in das grüne Viereck, in den Hochflor fällt, die Arme im Wind senkrecht im Sinkflug stehend (irgendwie starkes Bild, aber das Bild lässt sich nicht fangen), und dann ist auch Enno fort und ich komme selbst mit der radikalen Akzeptanz, dass ich das Bild nicht fangen werden kann, nicht weiter und weiß nur: unbefriedigend, denn: das Bild lässt sich nicht fangen.

Enno hat sich das bestimmt auch gedacht.

PS.: Einen Punkt gibt es  Kryptik zahl sich halt doch manchmal aus. Verlassen sollte man sich darauf aber nicht.
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Lorraine
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Das goldene Stundenglas Ei 10
Lezepo 2017 Pokapro 2016


Beitrag20.01.2018 08:41

von Lorraine
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Ein Text, zum dem ich nur schwer Zugang finden konnte, der Mont Saint Michel (und ARTE), das Schaukelmädchen, Kindheitserinnerungen halfen. Irgendwann fügte sich das Ganze zu einer Art Verstehen oder anders: ich kann nachvollziehen, wo sich hier eine Art naturbelassener Metaphorik, geschöpft aus Träumen, Erinnerungen und bereits halb ins Bewusste hervorgeholten Ängsten zusammenfindet, der Bewusstseinsstrom führt von Schleuse zu Schleuse, könnte man sagen, ich habe den Eindruck, das Ich kann ihn rauf und runter (befahren), es kennt sich ganz gut (aus), versucht, sich zu dirigieren, manövriert, schaut sich dabei zu …  und hier würde ich mit einer Textkritik ansetzen, wäre das eine Schreibübung, denn

das, was für das strömdenkende Ich als selbstverständlich angesehen werden kann, sollte der Leser sich zusammenreimen (können) bzw aus dem Kontext erschließen; das Handeln im Augenblick – braucht es das, diese Hinweise des Ich und taucht da nicht das erzählende Ich auf (und ich bin sehr unsicher, ob das ein gewollter Bruch, eine so beabsichtigte Staumauer im Strom sein soll) und bricht mit der Unmittelbarkeit? Das passiert (mir) am Ende hier:

Zitat:
wenn ich die Augen schließe sehe ich den Abteifelsen das Dorf die Gassen die schmalen Treppen den Anstieg in schimmerndem Silbergrau ein dämmriges Ladengeschäft wir wollten uns umsehen das Bild lässt sich nicht fangen ich wollte allein sein nicht das Kind dieser Frau dieses Mannes dieses unter dunklen Blicken geduckten Mannes abgewiesen weggestoßen die Arme ausgestreckt ich muss mich konzentrieren betrachte den Eimer auf der Fensterbank [...]


Habe den Verdacht (und das gilt auch für andere Texte im Wettbewerb), dass ein Lesen unter den Vorzeichen des Wettbewerbs/vor dem Hintergrund des restlichen Forengeschehens leicht zur Matschbirne führen kann - warum ich das ausgerechnet unter diesen Text schreibe, liegt wohl daran, dass ich feststellen möchte: mir ging es beim Kommentieren um das Wie, und nicht in erster Linie um Inhaltliches, übrigens (fällt mir jetzt noch ein, ist mir beim ersten Lesen aufgefallen), Stichwort [Leere]:
Zitat:
... leeren Kokon wenn ein Mensch vereinzelt und dieses sich einspinnen und wenn dann plötzlich Musik ...

Mir schien das widersprüchlich, inzwischen denke ich, das könnte eher als Gegenbeispiel dienen, denn hier muss ich als Leser selbst denken, auffüllen.
Breche hier ab - das geht bei fast allen Kommentaren so, ich komme anders nicht durch aber doch noch eins: das hat was.
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crim
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Beitrag20.01.2018 12:26

von crim
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Viele eindrückliche Stellen in diesem Text. Vom Technischen her ist das schon ein sehr guter Bewusstseinsstrom, denke ich, aber hier tritt die Authentizität einer direkten Erfahrung oft hinter einer Art von Literarizität zurück, die auf mich dann zu gestaltet wirkt. Ich denke mir dann: Wer denkt denn so? Es gibt trotzdem Punkte.
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Tjana
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Beitrag20.01.2018 20:13

von Tjana
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Ich kenne das: Wenn man die Gedanken freilässt, fliegen sie in viele Richtungen, ungezügelt.
Das genau scheint mir an diesem Text ein Problem zu sein. Er wirkt überladen, gibt mir zu viele mögliche Themen
- Enno
- Das Mädchen auf der Schaukel
- Die Abtei (wobei St. Michel für einen Schreiber wirklich sehr inspirierend sein kann)

Welchem Weg soll ich folgen?
Zitat:
vor den Zugriffen malten wir Rätselbilder und hielten ganz still

ah, geht es in Richtung Missbrauch?
Ach nein, Enno kommt zurück mit todernster Gier. Aber auch er ist nur ein Teil. Vielleicht ist es auch gar nicht Enno, vielleicht ist es ein weiterer Weg, den ich nur nicht erkenne und ihm nicht folgen kann
Am Ende bleibt ein Kind, das, erwachsen geworden, nichts besser macht, als die, die sein Trauma verursacht haben ?????


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nebenfluss
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Beitrag21.01.2018 12:55

von nebenfluss
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Ich habe gerade Angst vor der Macht meiner Kritik und sorge mich um meine Urteilsfähigkeit. Deshalb an dieser Stelle kein inhaltlicher Kommentar.

Danke für deine Teilnahme am Wettbewerb.


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