der baumfäller

[Vincent Vice.]

ich werde

wälder roden
bis ich bäume sehe

nach wurzeln graben
und alles außreißen

bis mein wald
zur lichtung wird

[Perry]

mir drängt sich der Spruch auf "Ich sehe vor lauter Bäumen den Wald nicht."
Ansonsten dürfte es bildlich ruhig etwas mehr sein.
Das Schlussbild gefällt mir sehr gut!
LG
Perry

[wortklang]

Beeindruckend finde ich die Dynamik der Verse, die Radikalität ausdrückt.
In den ersten und den letzten Doppelzeilen ist eine große inhaltliche Spannung spürbar. Das empfinde ich als sehr gelungen.
Dem gegenüber ist die Zeile
"und alles ausreißen"
- wird übrigens mit einfachem 's' geschrieben -
platt, ohne Spannung zur Zeile davor.

Vorsichtiger Vorschlag:
"nach wurzeln graben
gänge aufreißen"
Mit dem Bild der Gänge wäre das Bild der "Lichtung" schon angedeutet.

Vielleicht gibt Dir mein Gedanke einen Impuls, an dieser Stelle noch mal zu "graben".

Gruß von wortklang

[purpur]

Guten Morgen Vincent Vice,

nun bin ich geraume Zeit schon um Dein Gedicht
geschlichen, hab die Buchstaben und Worte darin
gedreht und gewendet. Perry hatte, wie ich, den
"Wald vor lauter Bäumen entdeckt" Und Wortklang
auf das "s" und die "Gänge" aufmerksam gemacht.
Der "Grundtenor" Deiner Zeilen stimmt traurig,
nachdenklich, melancholisch
-"etwas Kostbarem nachtrauernd".

Eine schöne adventszeit wünsche ich Dir!
HerzlichePpGrüße
Pia

[Vincent Vice.]

Hallo ihr drei,

vielen Dank fürs Reinschauen und kommentieren.

@perry
Ja, Du hast recht. Ich wollte ursprünglich auch etwas mehr schreiben. Aber das ging auf Kosten der Qualität, weil mir nichts gutes eingefallen ist . Also habe ich es so knapp gelassen.

@Wortklang
"Gänge aufreißen" finde ich eine schöne Idee. Aber das ist nicht das, was ein Baumfäller macht. Und auch wenn das nur ne Metapher ist, hätte ich das gerne stimmig. Das "alles ausreißen" soll bedeuten, dass das LI mit seinen Wurzeln unzufrieden ist und daran nicht arbeiten, sondern sie einfach nur wegschieben will.

@purpur
 Danke für Deinen Eindruck!

In diesem Sinne wünsche ich euch eine weihnachtliche Zeit mit Euren Liebsten!

W

[Patrick Schuler]

Hallo Vincent
Es gibt Gedichte, die sind wie Geäder mit ihren Zeilen, Blattgeäder, dem zu folgen deshalb nicht leicht ist, weil jede Zeile als Ader andere Verzweigungen zulässt. Es ist ein Wählen des Weges das sich am Reichtum der Metaphern, Zeilen und Worbedeutungen festlegt.


Ganz anders dein Gedicht!
Es ist plastisch geschlossenes Bild, mann folgt dem logischem Strang, die Deutung macht sich also einzig an der Interpretation der Schlagworte fest.

Wir hätten den Wald: etwas altes ein/und ausgewachsenes.
kurzum also etwas, dass das LI schon lange begleitet.
Die Rodung, zuerst bis auf die Bäume, entblößt jenes, aus dem das "festgewachsene" besteht, die wurzeln auszugraben dem Wunsch des völligen Neuanfangs. Schön hier auch die Lichtung, die ja bekanntlich heller ist als Wald und Strüpp.

Ausgehend von diesen Grundgedanken ließe sich das Gedicht nun lesen wie die bearbeitung eines Traumatas (oder hofffentlich) eines etwas weniger schrecklichem und doch bedeutenden Ereignisses.


Dabei ist das ganze sprachlich schlicht/ leider muss ich sagen, etwas mehr pepp hätte dem ganzen gut getan.

L.G
Patrick