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Horrorgeschichten aus dem Mittelalter - Anthologie


 
 
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Autor Nachricht
Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3211
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag08.12.2017 17:05
Horrorgeschichten aus dem Mittelalter - Anthologie
von Taranisa
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vampire gibt es nicht nur in den Karpaten und in London, Poltergeister nicht nur in Amerika. Horror existiert in jeder Epoche und überall.
Wer sich gruseln möchte und Geschichtsfan ist, findet hier das Richtige:

Titel: Auf düsteren Wegen
Herausgeber: Detlef Klewer
Verlag: Burgenwelt Verlag
ISBN: 978-3-943531-78-7
Preis: 13,90 Euro
(auch als E-Book erhältlich)

Historisches verbindet sich in jeder der 16 Geschichten mit dem Geheimwissen des Mittelalters.


Hier nun die Titel und AutorInnen: (Reihenfolge in der Anthologie)
1. Dämonenkind (Anton Vogel)
2. Die Wiedererweckung des Jan van Leiden (Anke Elsner)
3. Planetenkinder (Christine Jurasek)
4. Die Fliegen (Bernd Schmitt)
5. Des Herzens finsteres Begehren (Anna Eichenbach)
6. Montségur (Matthias Ernst)
7. Die Macht des Wissens (Tanja Brink)
8. Der 119. Psalm (Alvar Borgan)
9. Berhte (Daniel Stögerer)
10. Versipellis (Detlef Klewer)
11. Der Hangenstein (Philipp Bügel)
12. Im Schatten der zwei Türme (Erik Huyoff)
13. Wer mit Ungeheuern kämpft (Olaf Stieglitz)
14. Der Fluch des Inquisitors (Ute Zembsch)
15. Deforme (Nina Casement)
16. Der Hungrige (Manfred Lafrentz)


Kurz zu meiner: Der Fluch des Inquisitors
Zu viele unschuldige Menschen ließ der Inquisitor Konrad von Marburg als Ketzer verbrennen. Im Grab findet seine Seele keine Ruhe und sein Fluch geht auf einige seiner Anhänger über. Der Stadtpfarrer versucht einen Exorzismus, doch dadurch wird es nur noch schlimmer. Indes die Hospitalschwester Irmgard kennt Wege, die Kräfte wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Gelingt es ihr?

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Beka
Geschlecht:weiblichExposéadler


Beiträge: 2378



Beitrag09.12.2017 18:35

von Beka
Antworten mit Zitat

Herzlichen Glückwunsch, Taranisa (und Nina C. ) smile extra
Klingt nach der idealen Lektüre für dunkle Winterabende.


_________________
*Die Sehnsucht der Albatrosse*
*Das Geheimnis des Nordsterns*
*Die Tochter der Toskana*
*Das Gutshaus in der Toskana*
*Sterne über der Toskana*
*Der Himmel über Amerika - Rebekkas Weg*
*Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung*
*Der Himmel über Amerika - Leahs Traum*
*Anita Garibaldi - Ein Leben für die Freiheit*
*Bergleuchten*
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag09.12.2017 23:04

von Heidi
Antworten mit Zitat

Glückwunsch euch beiden (wäre Beka nicht, dann hätte ich Nina C. glatt übersehen Embarassed).
Ich wünsch euch viele Leser, die sich gerne gruseln und die Vergangenheit lieben.
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3211
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag10.12.2017 14:39

von Taranisa
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen lieben Dank, euch beiden.
Vielleicht schreibt ja Nina auch noch etwas über ihre Kurzgeschichte?
Und möglicherweise befindet sich noch eine Mitautorin/ein Mitautor inkognito im Forum? Question
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Nina C
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 36
Beiträge: 990
Wohnort: Op dr\' Jück


Beitrag11.12.2017 23:27

von Nina C
Antworten mit Zitat

Dem komme ich gerne nach - nun finde ich auch endlich Zeit dafür:

Zu meiner größten Freude durfte ich mich wieder an der aktuellen Anthologie des geschätzten Burgenwelt-Verlags beteiligen, hier mit dem Beitrag „Deforme“.

Auf düsteren Wegen



ISBN: 978-3943531787

Zu kaufen ist sie bei:

...Autorenwelt: https://shop.autorenwelt.de/products/auf-dusteren-wegen-horrorgeschichten-aus-dem-mittelalter-von-daniel-stogerer-detlef-klewer-philipp-bugel-bugel-huyoff-olaf-stieglitz-ute-zembsch-nina-casement-manfred-lafrentz-anton-vogel-anke-elsner-christine-jurasek-bernd-schmitt

...Burgenwelt: https://burgenweltverlag.de/anthologien/auf-duesteren-wegen-horrorgeschichten-aus-dem-mittelalter.html

...Weltbild: https://www.weltbild.de/artikel/buch/auf-duesteren-wegen_23805258-1

...Thalia: https://www.thalia.de/shop/home/suchartikel/auf_duesteren_wegen/detlef_klewer/EAN9783943531787/

...Amazon: https://www.amazon.de/Auf-d%C3%BCsteren-Wegen-Horrorgeschichten-Mittelalter/dp/3943531783

…und natürlich beim Buchhändler deines Vertrauens!
 

Und worum geht’s?


Das Mittelalter … Kaum eine andere Epoche bringt so schauerliche Geschichten hervor! Eine Zeit, in der Aberglaube und Furcht vor Magie die Vorstellungskraft befeuerten, die Grenze zwischen Erklärbarem und Übernatürlichem im Nebel lag und grauenhafte Geschehnisse schweigsamere Zeugen fanden als heute.

Unaussprechliches lauert in den zwielichtigen Tavernen, den finsteren Burgen, den schummerigen Gassen, die allesamt Schauplätze der Geschichten in diesem Buch sind. Wir begegnen dämonischen Kindern, grausigen Wesen, sind Zeuge magischer Rituale – 16 Autorinnen und Autoren überschreiten die Grenze von Albtraum und Realität. Doch Achtung: Manchmal versteckt sich das Böse auch hinter einem menschlichen Antlitz!

Nach der erfolgreichen ersten Horror-Anthologie des Burgenwelt Verlages (»Auf finsteren Pfaden«) gibt es nun unter der Herausgeberschaft von Detlef Klewer eine erlesene Auswahl neuer schauriger Erzählungen, frisch zwischen zwei Buchdeckel gebannt.

Mit Geschichten von:

Anton Vogel | Anke Elsner | Christine Jurasek | Bernd Schmitt | Anna Eichenbach | Matthias Ernst | Tanja Brink | Alvar Borgan | Daniel Stögerer | Detlef Klewer | Philipp Bügel | Erik Huyoff | Olaf Stieglitz | Ute Zembsch | Nina Casement | Manfred Lafrentz

Leseprobe

Wie schon der letzte, schickte sich auch dieser Winter an, besonders lang und kalt zu werden. Als ich vor etwas mehr als einem Jahr hergekommen war, glaubte sich meine Mutter zu erinnern, dass es mein 14. Winter sein würde. Beinahe hatte es sich als mein letzter entpuppt. Diesmal war ich besser vorbereitet. So standen die Chancen, auch meinen 16. Winter noch zu erleben, vielleicht nicht eben gut – aber sie waren zumindest vorhanden.

Geschickt schlängelte ich mich bis zu einer Reihe ausgemusterter Seilspindeln zwischen den alten Schuppen im ruhigeren Teil des Hafenveedels hindurch. Als ich die mannshohen Gebilde überklettert hatte, war ich in meinem Reich angekommen: Ein versteckter Hinterhof. Gestampfter Lehm, gerade eine Pferdelänge im Quadrat, darin eine kleine Feuerstelle aus Steinen und ein riesiges Zwei-Fuder-Fass. Irgendwann einmal war grüner Hering darin gelagert gewesen, doch nun war es mein Haus. Mir war es, mittels eines Balkens als Hebel, gelungen, es auf die Seite zu legen. Obschon hochgewachsen, konnte ich in der Öffnung mühelos aufrecht sitzen. Das Fass war sogar groß genug, als dass ich zwei Handspannen unter der Decke ein breites Brett angebracht hatte, auf dem nun meine spärliche Habe lagerte. Mein Stolz galt jedoch vor allem dem hinteren Teil der Tonne.

Im vergangenen Winter hatte ich es auf der Lunge bekommen, beinahe hätte mich der Schnitter geholt, und der hartnäckige Husten war mir bis zum Sommer geblieben. Auch die Narben der Frostbeulen an meinen bloßen Füßen waren bis jetzt sichtbar. Also hatte ich, kaum dass ich mich wieder zu laufen imstande sah, zu sammeln begonnen, das ganze Jahr hindurch. Lumpen, Stofffetzen, Flachs, Fellstücke und Stroh – sofern es nicht faulig war. Damit polsterte ich mein Fass nach und nach aus, bis es einer Siebenschläferhöhle glich und ich sicher sein durfte, darin auch die eisigsten Nächte zu überleben. Soweit so gut. Nun hieß es, bloß noch dafür Sorge zu tragen, nicht zu verhungern – und dazu fehlte mir leider noch jedweder Plan.

Als Vater mich vor anderthalb Jahren zu sich gerufen hatte, um mir zu eröffnen, dass ich würde gehen müssen, wusste ich weshalb. Seit zwei Sommern fiel die Ernte schlecht aus, es schien beständig nass, dunkel und kälter als in all den Jahren zuvor zu sein. Das allein wäre vielleicht kein Problem gewesen, denn mein Vater war Fischer, so wie die meisten Männer in unserem Dorf. Ich half ihm schon, seit ich laufen konnte. Doch die Bauern aus den Nachbardörfern konnten den Fisch nicht mehr bezahlen und behielten ihre rare Ernte lieber für sich – also hungerten auch wir. Ich war der Älteste, meine acht Brüder und Schwestern waren noch zu klein, um richtig zu arbeiten, und so war klar, dass ich gehen musste. Mutter hatte geweint, als ich bald darauf mein Bündel packte, so leicht, dass ich es kaum auf der Schulter spürte. Mein Vater hingegen schenkte mir sein altes Messer und meinte: „Gereon, jon en der jroße Stadt, dort fings do secher Arbeid. Viele Andere dun dat och. Jott sei met dir.“

Zumindest zum Teil sollte er Recht behalten. Cöllen, die Stadt, von der er sprach, lag gerade eine gute Meile rheinabwärts von unserem kleinen Fischerdorf Soretha. Sie war, den Gerüchten nach, weit über die Grenzen des Reichs hinaus bekannt. Wir gehörten demselben Sprengel unter Bischof Konrad von Hochstaden an, doch ich war noch nie zuvor dort gewesen. In den ersten Tagen in Cöllen hegte ich einzig den Wunsch davonzulaufen und versteckte mich, denn mir kam es vor, als sei ich direkt im Höllenpfuhl gelandet. Mein Geist drohte zu platzen von all dem unfassbaren Lärm, dem Geschrei der Menschen und Tiere, Rufen, Gelächter, dem Knarren und Quietschen von Rädern und Kränen, den Kirchspielen, Gauklern und Handwerkern. Auch all die Leute waren mir unerträglich – mehr als ich in meinem ganzen bisherigen Leben je zu Gesicht bekommen hatte.

Nicht zuletzt herrschte ein unglaublicher Gestank. Daheim war ich – wie jeder andere auch – in die Büsche oder aufs Feld gegangen. Hier jedoch lief der Driss Tag und Nacht in Strömen die Gassen entlang, dass es einem das Wasser in die Augen trieb. Oft floh ich ans Ufer des Rheins, dessen Wellen und Wesen ich wie meine Hand zu lesen vermochte, doch selbst dessen Wasser floss hier trüb und schmutzig, die Ufer überfüllt mit Menschen. Der Hunger trieb mir die Flausen jedoch rasch aus. Denn leider stellte sich sehr schnell heraus, dass ich nicht als Einziger hier mein Heil suchte. Bald begriff ich, dass es unglaublich viele wie mich gab, die aus allen Teilen des Reichs voller Hoffnung an diesen Ort strömten und nun im Wettstreit um Arbeit und Almosen rangen.

Ich hatte Glück. Gelegentlich gelang es mir, hier und dort auszuhelfen, vor allem im Hafen und auf dem Fischmarkt. Im Dorf hatten immer alle behauptet, dass ich schlau sei, aber ich konnte nicht gut reden. Nicht, dass ich stotterte, wie der kleine Düres, doch es fiel mir schwer, schöne, lange Sätze zu machen –  aus meinem Mund wollte einfach nie kommen, was ich dachte. Hier allerdings kam es mir zupass, dass ich mich gut mit den Fischen auskannte und jeden Handgriff flugs zu tun wusste. Als Entlohnung gab es gewöhnlich einige Heller und manchmal auch zwei oder drei kleine Fischlein, die sich ohnehin nicht hätten verkaufen lassen. Doch damit war nun Schluss, es wurde zu kalt und der Rhein würde bald zufrieren. Dann trauten sich nur noch die Eisfischer hinaus, die ihren schmalen Fang selbst sortierten.

Nun betrug mein Vermögen noch 14 Heller – das würde nicht weit reichen. Letztes Jahr hatte ich es einige Male mit Betteln versucht, doch die Mädchen, die noch Jüngeren oder die, denen ein Glied fehlte, erhielten das Gros der Zuwendungen. Zwar mochte ich es ihnen gönnen, aber mein leerer Magen knurrte und unter meinem Gewand konnte ich alle Rippen ertasten.

In diesem Jahr hieß es also meinen Kopf anzustrengen und einen anderen Weg zu finden. Gelegentlich half ich auch auf dem Vieh- und Tuchmarkt aus, doch dort gab es viel weniger zu tun, denn die meisten Händler brachten eigene Knechte oder Gesellen mit. Heute war mir ein wenig Glück beschieden, denn auf einem Misthaufen fand sich ein alter Kohl – nachdem ich die faulen Blätter weggeschnitten hatte, blieb noch genug für eine Suppe übrig. Ich kroch in mein selbstgebautes Nest und suchte Schlaf, doch es dauerte, bis es mir endlich gelang aufzuhören zu grübeln und Gott meine Augen schloss.

 

Während der letzten beiden Tage war mir kein so schöner Fund mehr vergönnt gewesen. Egal wo ich auch suchte, jemand schien bereits vor mir dieselbe Idee gehabt zu haben. Heute schlich ich, , wie fast jeden Tag, durch die Hinterhöfe der Schlachter, um vielleicht einen Hühnerhals oder ein paar Füße zu ergattern – tatsächlich entdeckte ich einen fast frischen Ochsenschwanz, den ich später auskochen konnte. Danach kontrollierte ich noch meine Schlingen, ausgestattet mit alten Fischköpfen als Köder – in der Hoffnung, eine der hageren Katzen zu ergattern, die überall auf der Pirsch nach den Ratten waren.

Das Schlingenstellen hatte ich schon als Kind gelernt und so sehr unterschieden sich Katzen und Karnickel nicht – vor allem, wenn sie erst einmal im Topf schmorten. Leider hatte sich keines der Viecher überlisten lassen, und so setzte ich mich ein wenig frustriert auf ein Mäuerchen am Rande eines leeren Marktplatzes. Nicht, dass mein Körper das Hungern nicht von zuhause gewohnt gewesen wäre, aber sehr lange hielt ich es nicht aus, im letzten Winter war es unerträglich gewesen.

Wie sollte das bloß weitergehen, wenn es nun schon so schwer wurde und noch nicht einmal der erste Schnee gefallen war? Von meinem Platz aus bot sich der Blick auf den Bauplatz der neuen Kathedrale – ein Gebäude, dessen Grundstein und erste rudimentäre Anlagen bereits so gewaltig auf mich wirkten. Kaum vorstellbar, wie es einmal fertiggestellt aussehen würde. Eine Weile saß ich nur ruhig dort, scharrte mit den Füßen, genoss die letzten Strahlen der Sonne und sah ihr beim Untergehen zu. Es blieb noch reichlich Zeit, bis die Stadtwache beim zehnten Glockenschlag ihre Patrouillen begann und jeden, den sie dann noch auf der Straße vorfand, vor die Tore der Stadt oder in eine Zelle im Zeughaus warf.

Zwei Nächte hatte ich zu Beginn des Jahres dort verbracht. Nicht etwa aus Unkenntnis um die Sperrstunde, sondern in der Hoffnung auf eine Nacht, wärmer als der Tod. Die hatte ich bekommen, aber verwinden können hatte ich sie so schnell nicht. Durch den großen Anstieg der Einwohner und Durchreisenden Cöllens waren die Türme, die eigentlich für Gefangene, die der Blutgerichtsbarkeit unterstanden, gedacht waren, überfüllt. Das grauenhafte Stöhnen und die tierischen Schreie der Gemarterten, die als Sühne schwererer Sünden in den benachbarten Zellen in Ketten lagen, gingen mir durch Mark und Bein, noch wochenlang vernahm ich sie in meinen Träumen. Eine Wiederholung schien mir absolut nicht wünschenswert, da fror ich lieber.

Noch während ich nachdenklich im Licht der untergehenden Sonne saß, spürte ich instinktiv, dass ich beobachtet wurde. Unauffällig zur Seite schielend bemerkten meine suchenden Augen einen Mann in etwas schäbiger Kaufmannskleidung, der augenscheinlich einen Blick auf mich geworfen hatte. Ein wenig irritiert wartete ich ab und tatsächlich rückte er ein Stück näher und sprach mich schließlich an.

„He Lütter. Do sühß us als könntest do wat en d’r Mage gebrauchen.“ Damit hielt er mir ein großes Stück Speck hin, saftig, mit viel gelbem Fett. Ich riss ihm das Stück aus der Hand und stopfte es mir als Ganzes in den Mund, bevor mein Gönner Gelegenheit fand, es sich anders zu überlegen. Mir war durchaus klar, dass dieser Fremde wahrscheinlich Arges im Schilde führte, aber mit Speck im Bauch lief es sich doch bedeutend leichter davon.

„Et weed jesaat, dat do jood klabastere kanns un flöck kraue?“ Beides entsprach den Tatsachen, doch woher er das wissen wollte, war mir schleierhaft – ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen.

„Ich hätte do verleech Arbeid för dich … do könntest jenooch opsteche, öm üvver d’r Winter ze kumme un verleech sujar noch mieh …“ Natürlich hörte sich das hervorragend an, natürlich würde es einen Haken haben, aber es klang eben zu verführerisch.  Also blieb ich sitzen.

„Ich han ein jode Auftraggeber, zuverlässig, wohlhabend … et wären lediglich a pärche Botengänge ze mache un der Schnüss dovun ze halde. Dat kannste doch, ne?“ Instinktiv nickte ich. Der Mann schenkte mir einen wohlwollenden Blick, stand auf und drehte sich auf halbem Wege über den Platz noch einmal um: „En drei Tagen bei Sonnenuntergang he.“, bevor er sich raschen Schrittes entfernte.

 

Was bedeutet der Titel?

Deforme ist das lateinische Wort für Schande oder Schandtat – die geschichtsträchtige Sprache erschien mir passend zur gewählten Zeit.  

Hintergründe

Mein Beitrag spielt im historischen Köln 1260, also an der Grenze zwischen Hoch- und Spätmittelalter. Das alte Köln war zu dieser Zeit mit ungefähr 40.000 Einwohnern nicht nur die größte Stadt des deutschsprachigen Raums, sondern zeitweise auch Europas. Das lag an den dort ansässigen Herrschaftsfamilien ebenso wie an der prominenten Lage am Rhein, durch die man imstande war, Zölle auf alle Waren zu erheben, die den wichtigen Fluss passierten. Überreste des römischen Reichs wurden zu diesem Zeitpunkt teilweise noch rege genutzt, teilweise waren sie jedoch auch bereits verschollen und versunken. Nicht lange zuvor, anno 1248, war der Grundstein zum heutigen Kölner Dom gelegt worden. Ohne Zweifel war die mittelalterliche Metropole einer der spannendsten Orte dieser Zeit.

Gleichzeitig fand ein heutzutage außerhalb der Fachwelt kaum beachtetes Ereignis statt: 1257 brach der Samalas aus, ein gigantischer Vulkan auf der indonesischen Insel Lombok. Dabei handelte es sich um den größten Ausbruch seit über tausend Jahren. Die direkten Todesopfer sind unbekannt, einige tausend werden jedoch als untere Grenze betrachtet. Ganz sicher ist allerdings, dass sich diese Katastrophe erheblich auf das damalige Klima ausgewirkt hat: Die folgenden Winter waren kälter bis sehr kalt, auch die Temperaturen im Sommer lagen deutlich unter dem Durchschnitt, zudem regnete es außergewöhnlich viel. Das wiederum führte zu Missernten, Hungersnöten und Überschwemmungen, Probleme, die – wie zu jeder Zeit – die untersten Gesellschaftsschichten am härtesten trafen. Diese Veränderungen dürften 3-10 Jahre angehalten haben.

In dieser Zeit schnellten nicht nur die Preise für Getreide und andere Lebensmittel in die Höhe, auch weitere Wirtschaftszweige waren betroffen. Denn nicht nur Menschen sind auf gutes Wetter angewiesen – viele Insekten ebenfalls. Das gilt insbesondere für Bienen, die nicht imstande sind, bei Regenwetter zu fliegen und Nahrung zu sammeln. Honig allerdings stellte lange Zeit das wichtigste Süßungsmittel überhaupt dar – nicht selten regten Adelige und Landbesitzer ihre Bauern mehr oder weniger unmissverständlich zum Honigsammeln und später Imkertätigkeit an. Das ging so weit, dass einige von ihnen „Honigsteuern“ erhoben. Kurzum: Die süße Leckerei war hochbegehrt.

Was all das mit meiner Geschichte „Deforme“ zu tun hat? Findet es heraus!

Smile

Liebe Grüße,

Nina


_________________
Wenn ihr nicht die gequälten Sklaven der Zeit sein wollt, macht euch trunken, ohn’ Unterlass! Mit Wein, mit Poesie mit Tugend, wie es euch gefällt. (Charles Baudelaire)
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