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Mischung personale/neutrale Erzählsituation

 
 
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BlueNote
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Beitrag13.09.2017 16:19
Mischung personale/neutrale Erzählsituation
von BlueNote
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1. Frage: Die Verwendung der personalen Erzählsituation, schließt diese die (äußerliche) Beschreibung des Protagonisten ein oder aus.
2. Wenn man den Protagonisten/die Reflektorperson beschreiben will (wie er gerade aussieht z.B.) und ihn nicht dauernd in den Spiegel schauen lassen will, wie macht man das dann?

Beispiel:

Hendrik wachte auf am Morgen. Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus. Seine Haare waren strubbelig, seine Haut fahl. Mist, dachte er sich, schon wieder zur Arbeit.

Einerseits wird aus der Sicht des Protagonisten geschrieben (er fühlte sich ...), andererseits sieht man, wie er aussieht (strubbelig, fahl, wie durch den Kakao gezogen.

Ist das prinzipiell machbar? Wäre das als Perspektivwechsel zu sehen? Wenn ja, müsste man die Beschreibung des Äußeren vom Inneren deutlicher trennen? Wenn ja, warum? Wenn nein, auch recht!
Gibt es dafür eine Regel?
(Murmel sagte ja kürzlich, es gäbe gar keine Regeln (was das Schreiben betrifft). Aber irgendwer kennt bestimmt trotzdem eine.)
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BirgitJ
Klammeraffe


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Beitrag13.09.2017 16:54

von BirgitJ
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Moin,

Zitat:
Hendrik wachte auf am Morgen. Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus. Seine Haare waren strubbelig, seine Haut fahl. Mist, dachte er sich, schon wieder zur Arbeit.


Wenn du ganz streng bist, mit dem personalen Erzähler geht der Satz nicht. Du kannst nur beschreiben, was der Erzähler, erlebt, sieht fühlt, denkt usw. Er könnte also denken, strubbelige Haare und fahle Haut zu haben, nachdem er schlecht geschlafen hat. Oder du stellst ihn vor den Spiegel, wenn du diesen ganz schlechten Stil nicht scheust.

Du kannst aber Kniffe anwenden, um den Protagonisten zu beschreiben: Er ärgert sich über sein Tattoo, lässt sich einen Bart wachsen, färbt sich die Haare, andere sprechen ihn auf sein Äußeres an. Er ist eitel und kümmert sich bewusst um sein Aussehen, das darf dann auch der Leser erfahren.

Besten Gruß von BirgitJ


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Murmel
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Beitrag13.09.2017 17:07
Re: Mischung personale/neutrale Erzählsituation
von Murmel
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:


Hendrik wachte auf am Morgen. Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus. Seine Haare waren strubbelig, seine Haut fahl. Mist, dachte er sich, schon wieder zur Arbeit.

Würde ich als personaler Erzähler durchgehen lassen, denn ich würde vermuten, Hendrik hat in den Spiegel geschaut. Dort hat er bemerkt, dass er nicht wie sonst aussieht.

Man muss nicht jeden einzelnen kleinen Schritt erklären, der Leser addiert durchaus Impliziertes hinzu. Ich muss ja auch nicht beschreiben, wie einer ins Auto steigt, dass er das Lenkrad ergreift, den Spiegel richtet, den Gang einlegt, den Schlüssel umdreht oder auf den Knopf drückt, usw. Es wirkt sonst zäh. Eine Ausnahme wäre, wenn diese Routinen, die jeder kennt, etwas Besonderes in sich haben. Er fährt jetzt ein Auto, das den Schlüssel nicht im Schloss braucht, und das ist etwas Besonderes für den Erzähler. Aber Alltagsgehabe brauchst du nicht explizit ins Detail ausdehnen.

Keine Regel, sondern nur ein kleiner Tipp.


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zynika
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Beiträge: 8



Beitrag13.09.2017 17:26

von zynika
Antworten mit Zitat

Jetzt habe ich zur Sicherheit meinen Martinez/Scheffel hervorgekramt und beim schnellen Durchblättern folgendes gefunden:

Zitat:
Die personale Erzählsituation schließlich wird primär durch die Dominanz einer Reflektorfigur, sekundär durch das Überwiegen der Innenperspektive sowie die am Er-Bezug auf die Reflektorfigur festzumachende Nicht-Identität der Seinsbereiche von Erzähler ud Figuren bestimmt [...]. Daß die Erzählsituation im Verlauf einer Erzählung wechseln [...] kann, beschreibt Stanzel [...] als <Dynamisierung> [...].


Wenn man Genette versucht anzuwenden, würde ich in dem Mini-Textschnipsel nun einen Extradiegetisch-heterodiegetischen Erzähler mit interner Fokalisierung vermuten, habe aber wie gesagt gerade nur quer gelesen und lasse mich gerne eines besseren belehren.

Ansonsten stimme ich mit Murmel überein, dass der Leser das Wissen des Protagonisten, welches er ohne explizite Beschreibung erlangte, nicht in Frage stellen wird.

LG
zynika
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sleepless_lives
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Beitrag13.09.2017 20:09

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

Ich bin da eher auf Ursula Le Guinns Seite, die schreibt:
Ursula K. Le Guin hat Folgendes geschrieben:
Particularly disturbing is the effect of being jerked into a different viewpoint for a moment. With care, the involved author [ihr Begriff für den 'allwissenden' Erzähler] can do this [...]. But it cannot be done in limited third person [personale Erzählperspektive in der dritten Person]. If you're writing the story from Della's point of view, you can say, "Della looked up into Rodney's adoring face," but you can't say, "Della raised her incredibly beautiful violet eyes to Rodney's adoring face." Though Della may be well aware that her eyes are violet and beautiful, she doesn't see them when she looks up. Rodney sees them. You've shifted of her POV [point of view: Erzählperspektive] into his.

Ursula K. Le Guin (1998/2015) Steering the Craft - A 21st-Century Guide to Sailing the Sea of Story, Mariner Books, Boston - New York.

BlueNotes Beispiel
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Hendrik wachte auf am Morgen. Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus. Seine Haare waren strubbelig, seine Haut fahl. Mist, dachte er sich, schon wieder zur Arbeit.

fällt für mich in die gleiche Kategorie, nur dass wir nicht in die Perspektive einer anderen Figur geschubst werden, sondern in die eines 'neutralen' Betrachters. Es hilft nicht, dass er möglicherweise sein äußeres Erscheinungsbild kennt, mit "sah auch so aus" verlassen wir streng genommen seine Perspektive. Zumindest müsste man irgendwie andeuten, dass er sich schon gesehen hat, und wenn er gerade aufgewacht ist, ist das eher unwahrscheinlich.  

BlueNote hat Folgendes geschrieben:
2. Wenn man den Protagonisten/die Reflektorperson beschreiben will (wie er gerade aussieht z.B.) und ihn nicht dauernd in den Spiegel schauen lassen will, wie macht man das dann?

Die Frage wäre meiner Ansicht, ob das Aussehen des Protagonisten entsprechend wichtig ist. Im Beispiel sieht es nicht danach aus, weil er nicht überlegt, wie er auf andere wirken würde, sondern es wohl nur dem Leser mitgeteilt werden soll. Davon muss man dann in dem Fall wohl Abstand nehmen. Wenn doch wichtig an dieser Stelle, müsste man es entweder in irgendeine Art von Spiegelungsszene verpacken (muss ja kein Spiegel sein, trotzdem aber meist fürchterlich, wenn nicht sehr gut motiviert oder witzig), andere Menschen ihn darauf ansprechen lassen oder von Anfang an eine andere Erzählperspektive wählen.


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Bananenfischin
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Beitrag13.09.2017 20:18

von Bananenfischin
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Bin bei Sleepless. Lösungsmöglichkeiten: Wenn eine andere Person ins Spiel kommt, kann die sich natürlich zum Aussehen der Figur äußern.
Wenn du hier
Zitat:
Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus

ein "wahrscheinlich" oder "garantiert" o. Ä. einfügst, passt es auch wieder. Und wenn du seinen inneren Zustand weiter beschreibst, ist das doch eigentlich sowieso viel aussagekräftiger als das Aussehen.


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Rainer Prem
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Beitrag14.09.2017 07:48

von Rainer Prem
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Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Bin bei Sleepless. Lösungsmöglichkeiten: Wenn eine andere Person ins Spiel kommt, kann die sich natürlich zum Aussehen der Figur äußern.
Wenn du hier
Zitat:
Er fühlte sich wie durch den Kakao gezogen und sah auch so aus

ein "wahrscheinlich" oder "garantiert" o. Ä. einfügst, passt es auch wieder. Und wenn du seinen inneren Zustand weiter beschreibst, ist das doch eigentlich sowieso viel aussagekräftiger als das Aussehen.


Hallo,

war auch meine erste Idee. "Mann, siehst du Scheiße aus! Hast du gestern Abend gesoffen?"

Grüße
Rainer
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BlueNote
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Beitrag17.09.2017 09:21

von BlueNote
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Hi!

Nun ist im Titel "Mischung personale/neutrale Erzählsituation" ja noch eine weitere Lösung angedeutet, seinen Protagonisten bei der personalen Perspektive (von außen) zu beschreiben. Wenn man durchgängig bei der personale Erzählsituation bleiben wollte, böten sich die bereits genannten Kniffe an. Wenn nicht, wird es schwieriger.

Um mal das andere Extrem zu der Meinung einer durchgängigen Perspektive aufzuführen, würde ich gerne folgenden link zitieren:
https://schreibberatung.wordpress.com/2012/06/09/die-auktoriale-oder-personale-erzahlperspektive/

Wahrscheinlich gibt es keinen Erzähler, der zu hundert Prozent auktorial oder personal ist. Jeden Text kann man, wie mit einem Regler, auf eine Stelle zwischen diesen beiden Gegenpolen einstellen.

oder auch das hier:
http://www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/AuktorialeErzaehlperspektive

Und nicht vergessen: Die Erzählperspektive kann jederzeit wechseln! Weil ein Buch in der auktorialen Erzählperspektive beginnt, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch bis zur letzten Seite? aus dieser Perspektive geschrieben ist.

http://www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/Erzaehlperspektive

Denn nur weil ein Roman in der Ich-Form beginnt, heißt das noch lange nicht, dass er auch von der ersten bis zur letzten Seite? aus dieser Erzählperspektive geschrieben ist. Er kann – und häufig liegt genau darin der besondere Reiz eines Buches – jederzeit ins auktoriale, personale oder neutrale Erzählen wechseln.

Beim Lesen von DSFo Rezensionen habe ich der Vergangenheit öfters den Eindruck gewonnen, dass viele Kritker Perspektivwechsel generell als Fehler ansehen. Darauf zu verzichten käme mir allerdings vor, als ob man auf die Frage, wie vermeide ich einen Autounfall, den Rat gibt, das Haus erst gar nicht zu verlassen.

Wo es für mich interessant wird ist, wie wechselt man die Perspektive (von innen nach außen z.B.), so dass es nicht zu wirr wird? Wie bei einem "Regler", d.h. eine ständige Mischung der Perspektiven, mit Einschüben, die als Hintergrundinformation oder Zeitrafferelemente funktionieren?

Wie seht ihr bzw. handhabt ihr den Perspektivwechsel? Wie oft, wie lange in einem Kapitel, wie abgesetzt von der anderen Perspektive?
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Rainer Zufall
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Alter: 70
Beiträge: 801

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Beitrag17.09.2017 14:24

von Rainer Zufall
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Ich beschäftige mich auch gerade mit diesem Thema. Klar, du hast natürlich recht, dass es einen Haufen Romane, KGs und sonstwas gibt, in denen Perspektiven zwischen verschd Personen wechseln. Oder sogar zwischen aukt und pers. Perspektive gewechselt wird. Und manchmal hab ich es schon erlebt, dass innerhalb eines Abschnittes oder sogar innerhalb eines Satzes gewechselt wurde von einer Figur zur nächsten. Letzteres ein spanischer Autor, dessen Namen und Buch ich gerade vergessen habe. Aber das war jedenfalls ein arg harter Bruch, das gefiel mir nicht.

Zitat:
Beim Lesen von DSFo Rezensionen habe ich der Vergangenheit öfters den Eindruck gewonnen, dass viele Kritiker Perspektivwechsel generell als Fehler ansehen. Darauf zu verzichten käme mir allerdings vor, als ob man auf die Frage, wie vermeide ich einen Autounfall, den Rat gibt, das Haus erst gar nicht zu verlassen.

Ich habe eigentlich nicht das Gefühl, dass ein Perspektivwechsel hier im dsfo prinzipiell als Fehler angesehen wird. Manchmal wollen die Kommentatoren den User eventuell nur darauf aufmerksam machen, dass ein Wechsel stattgefunden hat, manchmal wollte der Autor den Wechsel ja vielleicht gar nicht machen, der ist ihm eher versehentlich passiert.
Und hier war es halt so,  dass die unterschiedlichen Beiträge sich mit deinem Beispiel beschäftigt haben. Und da muss ich auch sagen, dass es für mich eindeutig ein Perspektivwechsel ist, ein recht abrupter und zudem nicht nachvollziehbarer, weil man den Zusammenhang halt auch nicht kennt. Also ähnlich wie Sleepless, denke ich,  dass da in die Rolle eines neutralen Beobachters geschlüpft wird, um auf das Aussehen einzugehen. Und ich mich halt frage, warum das Aussehen unbedingt gezeigt werden muss. Dass es ein Perspwechsel ist, erkenne auch ich an dem "sah auch so aus" und daran, dass so keiner über sich persönlich denkt.
Also es käme streng genommen darauf an, in welchem Gesamtzusammenhang einer Szene dieser Perspektivwechsel steht. Und ob er Sinn ergibt.

Zitat:
Wo es für mich interessant wird ist, wie wechselt man die Perspektive (von innen nach außen z.B.), so dass es nicht zu wirr wird? Wie bei einem "Regler", d.h. eine ständige Mischung der Perspektiven, mit Einschüben, die als Hintergrundinformation oder Zeitrafferelemente funktionieren?

Ich habe auch hier wieder das Gefühl, du willst den Perspektivwechsel nur, damit du den Prot äußerlich zeigen kannst. Frage ist halt, warum willst du das so unbedingt? Ansonsten - klar, ist der Wechsel und wie mach man ihn gut und geschickt macht,  auch für mich das eher Interessante und Schwierige. Aber genau genommen eigentlich nur, wenn das quasi innerhalb eines Satzes oder eines Absatzes erfolgt.
Ich persönlich würde im Moment den Wechsel immer noch szenenweise oder höchstens abschnittweise vornehmen, um nicht zu sehr zu verwirren.
Und da würde ich einfach ganz stinknormal schreiben, wie du es sonst halt auch machst, nur eben aus der neuen Persp.
Im Moment lese ich gerade einen spanischen Krimi, von Agustin Martinez, da fängt der Abschnitt so an: "Die Türklingel riss V. aus dem Schlaf. Orientierungslos stand er auf und sah aus dem Fenster. ... (ein paar Zeilen weiter also echt innerhalb des Absatzes steht dann das) ... Sara stand immer noch in der Tür und wusste nicht, ob sie reinkommen wollte oder nicht.) Also übergangslos von einer zur anderen Person hingewechselt.

Der Wechsel zw neutraler Persp (durch die Betonung von Dialogen) zur auktorialen ist recht häufig, wenn ich da an Wolf Haas denke oder an Döblin. Die machen das auch einfach so. Allerdings auch eher durch Abschnitte getrennt.

Naj, vielleicht kannst du was damit anfangen.
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BlueNote
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Beitrag17.09.2017 16:15

von BlueNote
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Zitat:

Klar, du hast natürlich recht, dass es einen Haufen Romane, KGs und sonstwas gibt, in denen Perspektiven zwischen verschd Personen wechseln.

Das ist auch mein Eindruck.
Gleichzeitig kenne ich es seit früh an (auch bereits aus einem Forum vor dem DSFo), dass Perspektivenwechsel per se als Fehler angekreidet wurden.
Zitat:

Und hier war es halt so, dass die unterschiedlichen Beiträge sich mit deinem Beispiel beschäftigt haben.

Das Beispiel ist schon eher so geschrieben, wie man es nicht machen sollte. Aber wo die Grenze zum machbaren ist, ist für mich immer noch sehr diffus.
Zitat:

Ich habe auch hier wieder das Gefühl, du willst den Perspektivwechsel nur, damit du den Prot äußerlich zeigen kannst. Frage ist halt, warum willst du das so unbedingt?

Ich nenne mal zwei Beispiele, wo ich es wollte (Ausgangspunkt ist immer die personale Erzählsituation).
Die erste Szene kennt jeder: Eine sehr attraktive Frau, auf Wirkung bedacht, steigt aus einem luxuriösen Auto aus. Zuerst sind ihre Highheels sichtbar, dann ihre schönen (frisch gewaschenen, rasierten) Beine, dann schält sie sich so langsam (erotisch?) aus dem Auto. Die Frau möchte gesehen werden von den Zuschauern, deswegen wird beschrieben, wie ein neutraler Beobachter sie sieht, um dann wieder in die personale Situation (vom Anfang) zu wechseln.

Die zweite Situation: Personale Perspektive, dann verlässt der Protagonist den Raum und ... (ich sage mal) die Kamera verbleibt noch ein kurzes Stück im Raum, um die Reaktion der Zurückbleibenden zu schildern (z.B. dass sie wortlos weiterarbeiten, wenn der Protagonist das Büro bereits verlassen hat). Dass der Protagonist das Büro verlässt und mit dem Auto wegfährt, ist dabei uninteressant. Interessant dagegen ist, wie die übrige Belegschaft das Wegfahren des Autos hört und dieses demonstrativ nicht zur Kenntnis nimmt.

Fand ich zumindest beim Schreiben der Szene. Deswegen habe ich hier z.B. einen Perspektivenwechsel vorgenommen, den ich eigentlich als sehr  natürlich empfand, da die Szene nicht gewechselt wird, nur der Protagonist entfleucht. Der Protagonist verlässt den Raum überraschen und lässt eine Gesellschaft inklusive den Leser/Beobachter zurück.
Zitat:

Ansonsten - klar, ist der Wechsel und wie mach man ihn gut und geschickt macht, auch für mich das eher Interessante und Schwierige.

Die Vermeidungsstrategie behagt mir an der Stelle nicht besonders. Wenn etwas schwierig ist, heißt das ja nicht, dass man sich damit erst gar nicht auseinandersetzen sollte. Und bei einem bloßen Aufmerksam Machen des Perspektivwechsels bleibt es ja meistens nicht. Irgendwie bleibt das Gefühl zurück, in der Auseinandersetzung mit Kritikern (die bei mir bereits vor sehr vielen Jahren was dieses Thema betrifft, begann), diese Perspektivwechsel sind falsch und unerlaubt.
Zitat:

Aber genau genommen eigentlich nur, wenn das quasi innerhalb eines Satzes oder eines Absatzes erfolgt.
Ich persönlich würde im Moment den Wechsel immer noch szenenweise oder höchstens abschnittweise vornehmen, um nicht zu sehr zu verwirren.

Das ist doch schon mal eine Ansage bzw. Orientierung.
Zitat:

Naj, vielleicht kannst du was damit anfangen.

Kann ich!
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sleepless_lives
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Beitrag17.09.2017 18:05

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

Rainer Zufall hat Folgendes geschrieben:
Klar, du hast natürlich recht, dass es einen Haufen Romane, KGs und sonstwas gibt, in denen Perspektiven zwischen verschd Personen wechseln. Oder sogar zwischen aukt und pers. Perspektive gewechselt wird. Und manchmal hab ich es schon erlebt, dass innerhalb eines Abschnittes oder sogar innerhalb eines Satzes gewechselt wurde von einer Figur zur nächsten.

Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der auktoriale Erzähler ohne Weiteres in alle Köpfe schauen kann und die Perspektive einer beliebigen Figur einnehmen kann. Viele der genannten Perspektivwechsel sind also möglicherweise keine im eigentlichen Sinn. Es ist einfach ein auktorialer Erzähler der kurzzeitig seinen Blickwinkel ändert. Deswegen ist es auch unmöglich an einem einzelnen Satz festzustellen, ob die Perspektive personal ist. Allerdings trifft das Gegenteil nicht zu: Man kann unter Umständen an einem einzelnen Satz festmachen, dass die Perspektive auktorial ist, nämlich dann, wenn etwas wiedergegeben wird, dass die Figur nicht wissen kann.


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Rainer Prem
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Beitrag18.09.2017 06:49

von Rainer Prem
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sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:


Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der auktoriale Erzähler ohne Weiteres in alle Köpfe schauen kann und die Perspektive einer beliebigen Figur einnehmen kann. Viele der genannten Perspektivwechsel sind also möglicherweise keine im eigentlichen Sinn. Es ist einfach ein auktorialer Erzähler der kurzzeitig seinen Blickwinkel ändert. Deswegen ist es auch unmöglich an einem einzelnen Satz festzustellen, ob die Perspektive personal ist. Allerdings trifft das Gegenteil nicht zu: Man kann unter Umständen an einem einzelnen Satz festmachen, dass die Perspektive auktorial ist, nämlich dann, wenn etwas wiedergegeben wird, dass die Figur nicht wissen kann.


Hallo,

das hört sich für mich aber sehr nach Ausrede an.

Wenn ich in einer personalen Perspektive beginne, aber irgendwann in den Kopf von jemand anderem springe, stört das den Leser. Da kann man als Autor noch so sehr herumargumentieren.

Und wenn ich mit dem allwissenden Erzähler beginne, aber dann von einem Kopf zum anderen hüpfe, tut das dem Lesefluss auch nicht gut.

@bluenote: Eine "attraktive Frau, die auf ihre Wirkung bedacht ist" kann sehr wohl ihr Aussehen im Spiegel überprüfen und auch bewusst ihre Highheels auswählen, bevor sie das Haus verlässt. In dem Fall gehört das zu ihrer Persönlichkeit und ist nicht eine Faulheit des Autors. In dem Fall brauchst du den "neutralen Beobachter" nicht, denn die Frau kann sich selbst sehr wohl beobachten.

Immer dann, wenn ein "Anfängerfehler" vom Autor bewusst und für einen bestimmten Effekt eingesetzt wird, ist es kein Fehler, sondern ein Stilmittel. Es muss aber beim Leser ankommen, dass es gewollt ist.

Grüße
Rainer
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BlueNote
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Beitrag18.09.2017 07:54

von BlueNote
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Zitat:

Und wenn ich mit dem allwissenden Erzähler beginne, aber dann von einem Kopf zum anderen hüpfe, tut das dem Lesefluss auch nicht gut.

Das darf der auktoriale Erzähler doch, z.B. Person X dachte sich dieses, Person Y jenes.
Zitat:

@bluenote: Eine "attraktive Frau, die auf ihre Wirkung bedacht ist" kann sehr wohl ihr Aussehen im Spiegel überprüfen und auch bewusst ihre Highheels auswählen, bevor sie das Haus verlässt. In dem Fall gehört das zu ihrer Persönlichkeit und ist nicht eine Faulheit des Autors. In dem Fall brauchst du den "neutralen Beobachter" nicht, denn die Frau kann sich selbst sehr wohl beobachten.

Ja, natürlich kann sie das ... auch.
Natürlich kann man auf einen neutralen Beobachter verzichten, wenn man aus der personalen Erzählperspektive heraus schreibt.
Aber muss man? (Das ist die eigentliche Frage.)
Das wäre in einem Roman ja generell zu überlegen: Verzichte ich grundsätzlich auf die neutrale Perspektive, auf Perspektivenwechsel etc.
Wenn nein, wie wäre das dann zu realisieren, damit es sich nicht nach Anfängerfehler bzw. nach Versehen anhört?
Zitat:

Immer dann, wenn ein "Anfängerfehler" vom Autor bewusst und für einen bestimmten Effekt eingesetzt wird, ist es kein Fehler, sondern ein Stilmittel. Es muss aber beim Leser ankommen, dass es gewollt ist.

Darüber gibt es recht unterschiedliche Vorstellungen (vor allem unter Autoren) und ein sehr überlegter Perspektivenwechsel wird dann auch schon einmal sehr schnell und pauschal als Anfängerfehler gesehen.

Die Argumente gegen eine generelle Verwendung von Perspektivwechsel finde ich zu schwach: es stört einen Leser, der Leser stolpert etc. Die Gleichförmigkeit der immer gleichen Perspektive kann auch irgendwann langweilig werden (das wird in Artikeln übrigens als Gefahr der personalen Erzählperspektive gesehen).
Wenn der Protagonist den Raum verlassen hat, die Geschichte aber für kurze Zeit in diesem Raum noch weiter geht, wäre doch klar, dass die Perspektive  gewechselt hat und niemand müsste stolpern (außer er will unbedingt).
Wenn der Protagonist in einem Auto vorfährt und beschrieben wird, wie es aussieht, wenn er aussteigt, ist doch klar, dass das nicht mehr die Perspektive des Protagonisten ist (der Wechsel deswegen, weil es wichtiger ist, zu beschreiben, wie er gesehen wird und nicht, wie er sich selber sieht).
Das erwähnte Zitat spricht von einem "besonderen Reiz", die Erzählperspektive zu wechseln. Das DSFo (mein Eindruck!) spricht immer nur von Stolpern des Lesers oder dass ein Leser angeblich Perspektivwechsel gar nicht will (woher weiß das Forum das?).
Zitat:

Er kann – und häufig liegt genau darin der besondere Reiz eines Buches – jederzeit ins auktoriale, personale oder neutrale Erzählen wechseln.

Wo liegt denn nun jetzt der gangbare Weg?
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Tape Dispenser
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Beiträge: 272



T
Beitrag18.09.2017 10:52

von Tape Dispenser
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Die Antwort liegt darin, sich nicht von den Meinungen anderer verrückt machen zu lassen. Es ist ein Unterschied, ob ich ein Buch lese und akribisch die Stilmittel identifiziere, oder ob ich im Lesefluss bin, wo kurzzeitige Wechsel von der personalen in die auktoriale Perspektive nicht weiter auffallen. Ich glaube da sollte man sich im Zweifelsfall auf sein Gefühl verlassen. Es ist so ähnlich wie bei berühmten "Show don't tell", dass eigentlich eher besagt, dass man die Sachen, die man beschreibt beweisen soll, anstatt zu behaupten. Es sagt nichts darüber aus, dass man keine erzählerischen Abschnitte unterbringen darf.

Was den Point of View generell angeht, denke ich schon, dass Perspektivwechsel und ein sich ändernder Erzähler innerhalb einer Szene verwirrend sein können. Aber auch das geht, sofern der Leser weiß, wo er sich gerade befindet. Ob der Stil dann zusagt, sei dahingestellt.

Frombert sah ungläubig auf den Kakao, den er sich gerade über die Hose gekippt hatte. So eine Scheiße, dachte er.
Was für ein Trottel, dachte Amelia im Stillen und musterte Frombert aus grünbepuderten Wimpern und nahm sich noch einen von den Keksen die, wie der geneigte Leser vielleicht sich vielleicht erinnern mag, von eben jener besagten Konditorei Erbwurst kam, und die das treue Faktotum Reeves am Vorabend auf die Etagere gelegt hatte.
"Jetzt fühle ich mich nicht nur wie durch den Kakao gezogen, jetzt sehe ich auch noch so aus", ächzte Frombert und dachte mit Grauen an die Arbeit.
"Er hat Glück gehabt, dass er sich nicht draufgesetzt hat", murmelte Agathe Krumbier, die auf der gegenüberliegenden Seite des Hafengasse ihr Bordell betrieb. Sorgfältig justierte sie das Fernglas neu. Wie hätte es ausgesehen, wenn er den Fleck auf dem Hosenboden gehabt hätte. Ihre Gedanken schweiften zurück auf jenes Ereignis in den 30er Jahren, dass sie bis heute nachhaltig geprägt hatte.
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sleepless_lives
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Beitrag18.09.2017 12:33

von sleepless_lives
Antworten mit Zitat

Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
sleepless_lives hat Folgendes geschrieben:


Man sollte im Hinterkopf behalten, dass der auktoriale Erzähler ohne Weiteres in alle Köpfe schauen kann und die Perspektive einer beliebigen Figur einnehmen kann. Viele der genannten Perspektivwechsel sind also möglicherweise keine im eigentlichen Sinn. Es ist einfach ein auktorialer Erzähler der kurzzeitig seinen Blickwinkel ändert. Deswegen ist es auch unmöglich an einem einzelnen Satz festzustellen, ob die Perspektive personal ist. Allerdings trifft das Gegenteil nicht zu: Man kann unter Umständen an einem einzelnen Satz festmachen, dass die Perspektive auktorial ist, nämlich dann, wenn etwas wiedergegeben wird, dass die Figur nicht wissen kann.


Hallo,

das hört sich für mich aber sehr nach Ausrede an.

Begriffe wie "Ausrede" machen keinen Sinn in einer solchen Diskussion. Wir reden ja nicht darüber, wer den Müll rausbringen soll, sondern über das Erzählen von Geschichten. Und hier gilt, was funktioniert.

Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich in einer personalen Perspektive beginne, aber irgendwann in den Kopf von jemand anderem springe, stört das den Leser. Da kann man als Autor noch so sehr herumargumentieren.

"den Leser"? Wie weiter oben ausgeführt, bin ich kein Fan der Verletzung der personalen Perspektive. Das ist aber unabhängig von der Feststellung, dass ein auktorialer Erzähler genau das tun kann und dass strenggenommen ein personaler Erzähler, der sich von außen beschreibt, zum auktorialen Erzähler wird. Allerdings meist unbeabsichtigt und damit störend.

Rainer Prem hat Folgendes geschrieben:
Und wenn ich mit dem allwissenden Erzähler beginne, aber dann von einem Kopf zum anderen hüpfe, tut das dem Lesefluss auch nicht gut.

Demnach dürfte der größte Teil der bisherigen Literatur keinen guten Lesefluss haben. Der personale Erzähler ist eine Erfindung des 20. Jahrhundert und viele Schriftsteller benutzen weiterhin (und warum auch nicht) einen auktorialen Erzähler. Virginia Woolf wird immer wieder gepriesen, als jemand der es meisterhaft versteht von der Perspektive einer Person zur nächsten zu springen.


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Kingsflour
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K
Beitrag20.09.2017 20:06

von Kingsflour
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Jetzt muss ich mich da mal dranhängen mit der Frage nach eurer Einschätzung/eurer Meinung.

Ich bin in der personalen Perspektive. Hier: ein siebzehnjähriger Junge.
Der Perspektive geschuldet kann ich also nur beschreiben, was er tatsächlich sieht - klar.
Er sieht eine Landschaft.
Jetzt die Frage: müsste die Beschreibung der Landschaft, weil eben aus seinem Blick gesehen, nicht auch auf ihn abgestimmt sein? Sprich: authentisch für die Figur sein (bezüglich Alter, Interessen, ev. Geschlecht, etc.)?

Konkret: lest ihr in diesem Beispiel schon einen Perspektivenwechsel oder "nimmt man ihm das ab", einem Siebzehnjährigen, diese "Sicht"?

Zitat:
Er wagte es nicht, sich umzudrehen, kämpfte sich die letzten Meter auf die Anhöhe. Wie das Plakat einer kitschigen Heimatwerbung entrollte sich die Szenerie aus dem Himmel. Dort war der Horizont unter die goldgefärbte Nebeldecke gebettet; die Sonne darüber gebeugt als küsse sie ihn zur Nacht. [...]
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Tjana
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Beitrag21.09.2017 01:49

von Tjana
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Hallo Kingsflour,
wenn dein Roman öfter mal solche leicht lyrischen Bilder enthält, würde ich nicht allein wegen des jugendlichen Alters stolpern. Ich kann ihm das abnehmen, es sei denn, er wird überwiegend so "jung" geschildert, dass es nicht glaubhaft wäre.
Allerdings rate ich bei dem (irrealen!) Vergleich zu Konjunktiv II : ... als küsste sie ...
LGT


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Rainer Prem
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R

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Beiträge: 1270
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R
Beitrag21.09.2017 05:57

von Rainer Prem
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Kingsflour hat Folgendes geschrieben:
Jetzt muss ich mich da mal dranhängen mit der Frage nach eurer Einschätzung/eurer Meinung.

Ich bin in der personalen Perspektive. Hier: ein siebzehnjähriger Junge.
Der Perspektive geschuldet kann ich also nur beschreiben, was er tatsächlich sieht - klar.
Er sieht eine Landschaft.
Jetzt die Frage: müsste die Beschreibung der Landschaft, weil eben aus seinem Blick gesehen, nicht auch auf ihn abgestimmt sein? Sprich: authentisch für die Figur sein (bezüglich Alter, Interessen, ev. Geschlecht, etc.)?

Konkret: lest ihr in diesem Beispiel schon einen Perspektivenwechsel oder "nimmt man ihm das ab", einem Siebzehnjährigen, diese "Sicht"?

Zitat:
Er wagte es nicht, sich umzudrehen, kämpfte sich die letzten Meter auf die Anhöhe. Wie das Plakat einer kitschigen Heimatwerbung entrollte sich die Szenerie aus dem Himmel. Dort war der Horizont unter die goldgefärbte Nebeldecke gebettet; die Sonne darüber gebeugt als küsse sie ihn zur Nacht. [...]


Hallo,

(persönliche Meinung an)

Nein. Ich nehme DIR das nicht ab. Denn es ist für mich ganz klar, dass hier der Autor seine eigenen Eindrücke schildert und nicht die des Protagonisten. Was ist eine "Heimatwerbung"? Wieso sollte ein 18jähriger das als Vergleich nehmen? Warum sollte er sich - wenn er mühevoll einen Berg erklettert hat - überhaupt für den Sonnenuntergang interessieren und nicht dafür, ob er irgendwo für die Nacht unterkommen kann.

Auktorial könntest du dem Leser erzählen, dass der Prota sich nicht für den Sonnenuntergang interessiert. Personal solltest du das vermeiden.

Grüße
Rainer
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Kingsflour
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
K


Beiträge: 24



K
Beitrag21.09.2017 08:36

von Kingsflour
Antworten mit Zitat

Tjana hat Folgendes geschrieben:
Hallo Kingsflour,
wenn dein Roman öfter mal solche leicht lyrischen Bilder enthält, würde ich nicht allein wegen des jugendlichen Alters stolpern. Ich kann ihm das abnehmen, es sei denn, er wird überwiegend so "jung" geschildert, dass es nicht glaubhaft wäre.


Okay, danke. So hatte ich gehofft, dass es passen würde. Bzw. denke ich auch, dass es funktioniert. Zumindest im Rest des Buches.

Aber bei der hier zitierten Stelle zweifle ich schon gewaltig.
Kann nachvollziehen was @Rainer Prem meint. Das trifft meinen Zweifel ganz gut. Werde diese Stelle vermutlich noch umändern ...

Vielen Dank für euren Input!
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag21.09.2017 16:00

von BlueNote
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zur Verwendung der neutralen Perspektive bei Hintergrundinformationen, Vorspann, Einführung ins Kapitel als Unterbrechung der personalen Erzählsituation hat niemand eine Meinung bzw. einen Tipp?

Für mich hören sich die Empfehlung bislang nach durchgängiger Verwendung der personalen Erzählsituation an.
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fancy
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Alter: 64
Beiträge: 2758
Wohnort: Im sonnigen Süden


Beitrag21.09.2017 18:47

von fancy
Antworten mit Zitat

Hallo Blue,

ich empfehle dir, kapitelweise die Perspektive zu wechseln.
xy ist die Hauptperson und bei ihr bleibst du immer konsequent in der personalen Perspektive.

Von diesen Personen kannst du einige haben, aber achte bitte darauf, dass es nicht zu viele werden.

In Zwischenkapiteln kann der Allwissende berichten und der kann von Person zu Person hüpfen. Der kann Dinge beschreiben, die in der personalen Perspektive nicht möglich sind.
(King hat mal einen Vogel genommen, der alles beobachtete, aber das war irgendwie nervig.)

Ich würde die verschiedenen Perspektiven nicht vermischen.
Wenn der Leser sich fragt, wer denn nun gerade berichtet, hast du etwas falsch gemacht.

Solltest du Fragen hierzu haben, melde dich bitte.

Liebe Grüße

fancy


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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag21.09.2017 20:03

von Tjana
Antworten mit Zitat

Der kapitelweise Wechsel ist eine oft zu lesende Empfehlung.
Sie funktioniert aber nur, wenn man höchstens ein bis zwei wichtige Figuren hat.

Ich wechsele die Perspektive auch innerhalb eines Kapitels, manchmal sogar innerhalb einer (dann aber längeren) Szene mit vielen Beteiligten. Aber niemals mit nur einem Wort (z.B. „XY blieb sprachlos zurück“), weil das ungesteuert und daher wie ein Anfängerfehler wirkt. Egal, wie toll die Überlegungen des Autors dazu sein mögen. Wenn sie im Text nicht deutlich werden, denkt der Leser: Hier stimmt was nicht. Bzw. das denkt er nicht, weil er ja gar nicht über unterbewusst wirkende Mechanismen nachdenkt, sondern ist schlicht verwirrt.
Ich versuche, dem Leser den Wechsel der Perspektive deutlich zu machen, indem ich ein Unterkapitel einschiebe, also eine Leerzeile zwischen den Perspektiven setze und dann mehrere Zeilen lang in dem neuen Kopf bleibe, bevor ich zur eigentlichen (meist Haupt-) Person zurückkehre. Damit zurechtzukommen, traue ich Lesern zu. Jedenfalls solchen, die nicht nur Genre-Standard lesen.


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