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Spaziergang mit der Liebsten


 
 
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag01.08.2017 22:09
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Heidi
Antworten mit Zitat

Lieber Constantine,

das ist so ein Text, der auf den ersten Blick kitschig wirken könnte. Damit meine ich den Titel, aber auch die Stellen, bei denen das lyrische Ich um körperliche Nähe bittet. Und natürlich den Schluss:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.


Diese Stellen wirken auf mich - wenn ich sie mir bildhaft vorstelle - rosa, vielleicht sogar wie eine rosa Tapete mit Schnörkeln drauf.

Dann gibt es aber diese Polarität.
Die Liebste ist trotzig, interessiert sich für Frosch und Spinne, anstatt für ihn. Sie hat offenbar Angst davor, öffentlich zu zeigen, dass sie mit ihm vertraut ist, dass sie ein Paar sind - obwohl das in der Szene ja nicht rauskommt. Vielleicht wünscht er sich das, aber sie sieht in ihm "nur" einen guten Freund und weist ihn deshalb zurück?
Dann aber kommt die Wespe. Die Liebste hat Angst vor ihr, was seltsam ist, weil sie vor Spinnen und Fröschen keine Angst hat. Gut, Frösche sind nicht unberechenbar, Spinnen lauern, sind es also auch nicht in dem Sinne, wie es Wespen sind, obwohl ihre Bewegungen doch unberechenbar aufgefasst werden können.
Diese Stellen ergeben also ein eher gegenteiliges Bild, wirken keinesfalls rosaverschnörkelt, sondern eher distanziert, aber so intensiv, dass ich sie real, als Bild, als Szene vor mir sehe; eine Szene die mich beim ersten Lesen irritierte, aber bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Man könnte sie glatt auf die rosa Schnörkeltapete malen (was du mit Worten natürlich gemacht hast - ich meine das jetzt so wie ich es sage: rosa Grund und darauf die Szene komplementärfarbig, damit es sich ordentlich reibt) und es würde ein gutes Bild ergeben - weil polarisierend.
Distanz, Zurückweisung, Desinteresse, auf zuckersüßem:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Gibst du mir deine Hand?


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Komm in meine Arme.


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Gib mir einen Kuss.


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.


Zurück bleiben dann Fragen, was ich immer als positiv empfinde - denn wenn ein Text Fragen aufwirft, dann hat er meiner Meinung nach schon gewonnen.

Ist das lyrische Ich glücklich mit der Situation am Ende? Ist "Hingabe" aus Angst eine positive Entwicklung, nach so viel Zurückweisung?

Diese Fragen bewege ich also in mir und sie hinterlassen bei mir einen bitteren Nachgeschmack, machen diesen Text aber gerade dadurch zu etwas Besonderem.

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Auf dem Waldweg krabbelt ein kleiner Frosch.
Du hebst ihn auf und legst ihn auf die Wiese.


Bei dieser Stelle frage ich mich, ob du absichtlich legst geschrieben hast, ob es als Wort eine Bedeutung hat (bildhaft). Bei mir entsteht hier ein seltsames Bild, weil sich so ein Tier eigentlich nicht hinlegen lässt, es hüpft dann ja weg. Man setzt es eher ab, als dass man es irgendwo hinlegt, denke ich. Aber das ist auch alles, worüber ich gestolpert bin.
Das vergraben in der Brust verstehe ich bildhaft.

Ach ja, was auch noch (positiv) speziell ist an diesem Text: Wenn der letzte Satz und der Titel wegfallen würden, sowie die Aussage: jemand könnte uns sehen (und es erzählen), dann könnte es sich bei "ihr" auch um ein Kind handeln, das mit Papa oder Opa spazieren geht. Der Trotz spricht dafür, aber auch das rege Interesse für die Tierchen. Aber letztendlich denke ich, dass die Tierchen so ihre Bedeutung haben - für dich. Und für mich auch.

Dass ich den Text mag, muss ich nicht erwähnen, denke ich. Auf Wunsch mache ich das aber natürlich gerne. smile

Liebe Grüße
Heidi
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Abari
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Beiträge: 1838
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Der bronzene Durchblick


Beitrag02.08.2017 10:04
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Abari
Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Spaziergang mit der Liebsten


Gibst du mir deine Hand?
Nein, sagst du.

Auf dem Waldweg krabbelt ein kleiner Frosch.
Du hebst ihn auf und legst ihn auf die Wiese.
Komm in meine Arme.
Nein, sagst du, jemand könnte uns sehen.

Eine Spinne macht es sich gemütlich auf unserer Decke.
Du umfasst sie mit beiden Händen und trägst sie zu einem Gebüsch.
Vor Krabbeltierchen hab ich keine Angst, sagst du.
Gib mir einen Kuss.
Nein, sagst du, jemand könnte uns sehen und es erzählen.

An der Eisdiele erschrickst du vor einer Wespe, wedelst mit dem Arm,
doch sie lässt sich nicht vertreiben.
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.


Hallo Constantine,

ich mag Deinen Text sehr. Er ist flüssig geschrieben und hat einen sehr versöhnlichen Schluss.

Die Story gefällt mir auch sehr gut. Ich sehe die deutliche Entwicklung, die das LDu durchmacht und die schließlich dazu führt, dass die Dinge, die das LI zunächst einbittet, schließlich erfüllt werden. Was es dazu gebracht hat, ob Angst oder Liebe, scheint mir garnicht so sehr die große Rolle zu spielen. Ich lege beim Lesen mein Hauptaugenmerk auf die Liebesgeschichte, die dahinter steht. Die erstige Aversion des LDu wird fein wortvoll aufgelöst und untergraben, bis der Knoten schließlich platzt (durch eine Wespe, Daumen hoch )

Was mir auffällt, ist die Zärtlichkeit, die aus dem Text spricht. Zum einen im Auftreten der Figuren selber (das LDu, das so vorsichtig das vermeintlich Zerbrechliche wegträgt und das LI, das genauso vorsichtig um Liebesdinge bittet), zum andern in der Wortwahl (die Du passend zum Stoff schlicht und "schön" gewählt hast). Auch das HappyEnd finde ich gelungen, wie wieder ein animalischer Impuls von außen diesmal das LDu in die Arme des LI bringt. Das hätte auch so weiter gehen können und eskalieren...

Und sprachlich sind da ja mehrere Klimaxe drin. Du spielst gekonnt mit diesem Mittel. Sehr fein gelöst, kann ich nur immer wieder sagen. Ich erspüre die gekonnte Auseinandersetzung mit dem Stoff, die mich anregt und mich ein wenig hoffnungsfroh stimmt. Danke dafür.

Sehr gern gelesen. Danke Dir, Heidi, dass Du den Text wieder vorgeholt hast.


_________________
Das zeigt Dir lediglich meine persönliche, höchst subjektive Meinung.
Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
Abari
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Constantine
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Beitrag02.08.2017 18:11
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Constantine
Antworten mit Zitat

Liebe Heidi,

ich freue mich sehr, dich als kommentierende Leserin begrüßen zu dürfen. Eine schöne Überraschung. Danke.

Heidi hat Folgendes geschrieben:
das ist so ein Text, der auf den ersten Blick kitschig wirken könnte. Damit meine ich den Titel, aber auch die Stellen, bei denen das lyrische Ich um körperliche Nähe bittet. Und natürlich den Schluss:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.


Diese Stellen wirken auf mich - wenn ich sie mir bildhaft vorstelle - rosa, vielleicht sogar wie eine rosa Tapete mit Schnörkeln drauf.

Deinen Eindruck kann ich nachvollziehen. Der Blick durch die rosa Brille kann für Außenstehende kitschig  erscheinen und es kommt nicht selten vor, dass beim Beobachten von Frischverliebten auch genau dieser Eindruck entsteht. Hier werden sozusagen in recht intimer Weise zwei Individuen und - du nennst es Polarität - ja, Gegensätze gezeigt.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Dann gibt es aber diese Polarität.
Die Liebste ist trotzig, interessiert sich für Frosch und Spinne, anstatt für ihn. Sie hat offenbar Angst davor, öffentlich zu zeigen, dass sie mit ihm vertraut ist, dass sie ein Paar sind - obwohl das in der Szene ja nicht rauskommt. Vielleicht wünscht er sich das, aber sie sieht in ihm "nur" einen guten Freund und weist ihn deshalb zurück?
Dann aber kommt die Wespe. Die Liebste hat Angst vor ihr, was seltsam ist, weil sie vor Spinnen und Fröschen keine Angst hat. Gut, Frösche sind nicht unberechenbar, Spinnen lauern, sind es also auch nicht in dem Sinne, wie es Wespen sind, obwohl ihre Bewegungen doch unberechenbar aufgefasst werden können.
Diese Stellen ergeben also ein eher gegenteiliges Bild, wirken keinesfalls rosaverschnörkelt, sondern eher distanziert, aber so intensiv, dass ich sie real, als Bild, als Szene vor mir sehe; eine Szene die mich beim ersten Lesen irritierte, aber bis heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Man könnte sie glatt auf die rosa Schnörkeltapete malen (was du mit Worten natürlich gemacht hast - ich meine das jetzt so wie ich es sage: rosa Grund und darauf die Szene komplementärfarbig, damit es sich ordentlich reibt) und es würde ein gutes Bild ergeben - weil polarisierend.
Distanz, Zurückweisung, Desinteresse, auf zuckersüßem:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Gibst du mir deine Hand?


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Komm in meine Arme.


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Gib mir einen Kuss.


Constantine hat Folgendes geschrieben:
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.

Vielen Dank für deine Gedanken zum Gedicht und der nachvollziehbar, feine Vergleich mit der rosa Tapete und der komplementärfarbig aufgetragenen Szene. Sehr schön, wie du mir zeigst, dass für dich die Bilder, die Distanz und die "Reibung" intensiv spürbar sind.
Die beiden Protagonisten trauen sich zu Beginn noch nicht so richtig, es werden Wünsche geäußert, die Distanz bleibt gewahrt, Tiere erhalten Zuneigung und am Ende ist es doch ein weiteres Tier, welches die Grenzen der beiden mit einem Flügelschlag einreißt und die beiden zueinander führt.
Manchmal sind Ängste schwer zu erklären, sie sind da, können z.B. auf ein vergangenes Ereignis zurückzuführen sein oder sich mit der Zeit und Stress entwickelt haben. Warum es am Ende die Angst vor einer Wespe ist, erklärt das Gedicht nicht und scheint auf auf rein persönlicher/charakterlicher Ebene zu liegen, Spinnen und Frösche - nein, Wespen - ja. Die Wespe hat für das LDu bestimmte Charakteristika, die der Frosch und die Spinne nicht erfüllen. Ja, diese Unberechenbarkeit kann z.B. ein Grund für die Reaktion des LDu sein.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Zurück bleiben dann Fragen, was ich immer als positiv empfinde - denn wenn ein Text Fragen aufwirft, dann hat er meiner Meinung nach schon gewonnen.

Danke.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Ist das lyrische Ich glücklich mit der Situation am Ende? Ist "Hingabe" aus Angst eine positive Entwicklung, nach so viel Zurückweisung?

Diese Fragen bewege ich also in mir und sie hinterlassen bei mir einen bitteren Nachgeschmack, machen diesen Text aber gerade dadurch zu etwas Besonderem.

Den bitteren Nachgeschmack, den du verspürst, kann ich nachvollziehen auf deine Fragen des Glücks fürs LI und der "Hingabe" aus Angst des LDus. Ich denke, für den Moment sind beide glücklich und dieses Sich-nicht-trauen ist vergessen.
Was ich gerne noch hervorheben möchte, um diesen bitteren Nachgeschmack eventuell etwas zu versüßen:
Das verängstigte LDu hätte sich einfach nur vom LI schützend halten lassen können und alles wäre gut gewesen. Während LI zu Beginn des Gedichts der aktive Part ist mit der Äußerung der Wünsche nach Nähe, ist am Ende das LDu aktiv, begibt sich in die Arme des anderen, vergräbt sich regelrecht, entspannt sich und küsst. Bei diesem Sich-entspannen und dem aktiven Akt des Küssen ist keine Angst mehr spürbar.
Dennoch gebe ich dir recht, das Glück der beiden könnte etwas zweifelhaft sein, ob es dauerhaft und wahr ist. Für den Moment ist es das, was danach geschieht, bleibt offen.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Auf dem Waldweg krabbelt ein kleiner Frosch.
Du hebst ihn auf und legst ihn auf die Wiese.


Bei dieser Stelle frage ich mich, ob du absichtlich legst geschrieben hast, ob es als Wort eine Bedeutung hat (bildhaft). Bei mir entsteht hier ein seltsames Bild, weil sich so ein Tier eigentlich nicht hinlegen lässt, es hüpft dann ja weg. Man setzt es eher ab, als dass man es irgendwo hinlegt, denke ich. Aber das ist auch alles, worüber ich gestolpert bin.

Danke für diesen Stolperstein, liebe Heidi. Für mich klang "legen" beim Verfassen des Gedichts wärmer und die Zärtlichkeit des LDu zeigend passender, als "absetzen", was vom Terminus korrekt ist, aber mir zu technisch (und kühl) klingt. Ich werde deinen Korrekturvorschlag im Gedicht notieren.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Das vergraben in der Brust verstehe ich bildhaft.

Richtig.

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Ach ja, was auch noch (positiv) speziell ist an diesem Text: Wenn der letzte Satz und der Titel wegfallen würden, sowie die Aussage: jemand könnte uns sehen (und es erzählen), dann könnte es sich bei "ihr" auch um ein Kind handeln, das mit Papa oder Opa spazieren geht. Der Trotz spricht dafür, aber auch das rege Interesse für die Tierchen. Aber letztendlich denke ich, dass die Tierchen so ihre Bedeutung haben - für dich. Und für mich auch.

Interessante Verknüpfung, bei Tieren, wie Spinne und Frosch, an ein Kind zu denken.
Vielleicht spiegelt sich im Gedicht mein biologischer Hintergrund wieder und meine Sicht nach respektvollem Umgang mit Tieren. Spinnen faszinieren mich, ihre Lebensweise und ihre Art des Beutefangs. Frösche auch. Schöne Tiere und sie machen einen so fremden Eindruck, als wären sie aus einer anderen Zeit oder Welt. Manche Spinnen bauen Netze, diese Architektur und diese Technik ist einfach unglaublich. Frösche mit ihren klebrigen Fangzungen und ihrer Möglichkeit an Land und im Wasser zu leben. Toll.
Schön, dass für dich diese Tierchen auch eine Bedeutung haben. smile

Heidi hat Folgendes geschrieben:

Dass ich den Text mag, muss ich nicht erwähnen, denke ich. Auf Wunsch mache ich das aber natürlich gerne. smile

Nein, musst du nicht. Ich habe verstanden, liebe Heidi, und danke dir sehr für deine Rückmeldung und deine Gedanken zum Gedicht. Es freut mich sehr, dass das Gedicht für dich einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Mehr kann ich nicht erwarten. Danke.

LG
Constantine
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag02.08.2017 19:38
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Constantine
Antworten mit Zitat

Hallo Abari,

schön, dass du hierher gefunden hast und mir eine Rückmeldung dagelassen hast. Ich danke dir sehr dafür. smile

Abari hat Folgendes geschrieben:
ich mag Deinen Text sehr. Er ist flüssig geschrieben und hat einen sehr versöhnlichen Schluss.

Danke für dein Lob. Freut mich, dass dir der Text gefällt.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Die Story gefällt mir auch sehr gut. Ich sehe die deutliche Entwicklung, die das LDu durchmacht und die schließlich dazu führt, dass die Dinge, die das LI zunächst einbittet, schließlich erfüllt werden.

Danke. Diese Entwicklung gefällt mir auch.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Was es dazu gebracht hat, ob Angst oder Liebe, scheint mir garnicht so sehr die große Rolle zu spielen. Ich lege beim Lesen mein Hauptaugenmerk auf die Liebesgeschichte, die dahinter steht. Die erstige Aversion des LDu wird fein wortvoll aufgelöst und untergraben, bis der Knoten schließlich platzt (durch eine Wespe, Daumen hoch )

Für dich steht mehr die Liebesgeschichte im Vordergrund, die sich nach einigen Unebenheiten zum Ende hin entfalten kann. Ja, diese katalysatorisch wirkende Wespe, die das Hin und her der beiden beendet Laughing

Abari hat Folgendes geschrieben:
Was mir auffällt, ist die Zärtlichkeit, die aus dem Text spricht. Zum einen im Auftreten der Figuren selber (das LDu, das so vorsichtig das vermeintlich Zerbrechliche wegträgt und das LI, das genauso vorsichtig um Liebesdinge bittet),

Sehr schön, wie du den Text und die beiden Figuren wahrgenommen hast. Zärtlichkeit und Zerbrechlichkeit sind zentrale Aspekte der Protagonisten, zu Beginn nicht synchron aufeinander abgestimmt, ändert es sich zum Ende hin. Danke für dein tolles Lob, Abari.

Abari hat Folgendes geschrieben:
zum andern in der Wortwahl (die Du passend zum Stoff schlicht und "schön" gewählt hast). Auch das HappyEnd finde ich gelungen, wie wieder ein animalischer Impuls von außen diesmal das LDu in die Arme des LI bringt. Das hätte auch so weiter gehen können und eskalieren...

Ich kann wieder nur "Danke" sagen. Embarassed und schön, dass du ein Happy End für beide siehst. Manchmal braucht man einen rechtzeitigen kleinen Stupser von außen und in diesem Fall, geht alles gut.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Und sprachlich sind da ja mehrere Klimaxe drin. Du spielst gekonnt mit diesem Mittel. Sehr fein gelöst, kann ich nur immer wieder sagen. Ich erspüre die gekonnte Auseinandersetzung mit dem Stoff, die mich anregt und mich ein wenig hoffnungsfroh stimmt. Danke dafür.

Das Gedicht ist szenisch aufgebaut und ich hoffte, dass die Leser mitgehen möchten, neugierig sind, wie es nach jeder Szene mit den beiden weitergeht. Danke, was die mehreren Klimaxe angeht und dein "sehr fein gelöst". Die "gekonnte Auseinandersetzung mit dem Stoff" ist ein tolles Lob und ich freue mich, dass dich der Text "angeregt" hat und "ein wenig hoffnungsfroh" gestimmt hat. Dann habe ich alles richtig gemacht und lasse einen zufriedenen Leser zurück. Mehr kann ich nicht verlangen.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Sehr gern gelesen. Danke Dir, Heidi, dass Du den Text wieder vorgeholt hast.

Ich danke dir, Abari, für deine tolle und sehr detaillierte und durchweg positive Rückmeldung, auf inhaltlicher als auch sprachlicher Ebene. Mit deinem Feedback sagst du auch viel über dich und dein Lesen aus, was ich sehr schön finde.

LG
Constantine
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Herr N.
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Beiträge: 293
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Beitrag02.08.2017 21:06
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Herr N.
Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Spaziergang mit der Liebsten


Gibst du mir deine Hand?
Nein, sagst du.

Auf dem Waldweg krabbelt ein kleiner Frosch.
Du hebst ihn auf und legst ihn auf die Wiese.
Komm in meine Arme.
Nein, sagst du, jemand könnte uns sehen.

Eine Spinne macht es sich gemütlich auf unserer Decke.
Du umfasst sie mit beiden Händen und trägst sie zu einem Gebüsch.
Vor Krabbeltierchen hab ich keine Angst, sagst du.
Gib mir einen Kuss.
Nein, sagst du, jemand könnte uns sehen und es erzählen.

An der Eisdiele erschrickst du vor einer Wespe, wedelst mit dem Arm,
doch sie lässt sich nicht vertreiben.
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.
Ich umarme dich.
Du entspannst dich, hebst den Kopf und schaust mich an.
Mit einem Lächeln küsst du mich.



lieber constantine,

hier also mein versuch der interpretation (und verstehe dies ruhig als revanche Wink).
ich bin in der lyrik wenig bewandert, aber werde es trotzdem wagen.

der 'spaziergang mit der liebsten' beginnt wunderbar paradox, denn sofort wird der leser im unklaren darüber gelassen, wer denn hier eigentlich mit wem kommuniziert.
wer soll wem 'in die arme' kommen? ist es die geliebte, die dem erzählerischen ich in die arme fallen soll? oder ist es doch eigentlich der frosch, der sie ihm abtrünnig machen möchte?
die geliebte hat angst, man könne die geste der liebe sehen. sie verweigert. abstrus, da ja im wald kaum ein weiterer mensch, außer dem pärchen selbst, anwesend sein kann.
doch diese unklarheit löst du gekonnt auf, in dem du dem leser den letzten hinweis in der dritten strophe gibst. denn in der eisdiele, einem wunderbaren szenischen konstrast zur abgeschiedenheit des waldes, lässt du die geliebte ohne umschweife den protagonisten küssen. nichts scheint mehr vorhanden, von der anfänglichen furcht des entdecktwerdens.
leider muss die wespe als bruchmittel herhalten, vielleicht auch, weil sie bekanntermaßen kein freund des menschen ist? sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.
allerdings nimmst du, durch diese stilistische entscheidung, mir als leser, den wind aus den segeln und lässt mich ratlos zurück. ist es die aggressivität der wespe, die aufdringlichkeit, die sie von den anderen geschöpfen im wald unterscheidet? oder ist sie doch nur die metapher für eine schnittstelle der natur mit der städtischen zivilisation (die eisdiele) die von menschlicher seite am ende nur opportunistisch entfremdet wird?

es regt zum nachdenken an. es ist prägnant.
danke.


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Abari
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Der bronzene Durchblick


Beitrag02.08.2017 21:35

von Abari
Antworten mit Zitat

Hallo Constantine,

Schön, dass ich Dir mit meinen Worten so viel Freude machen konnte. Der Text gab es für mich her, weil ich ihn überzeugend strukturiert und mit viel Gefühl geschrieben finde. Ein sehr angenehmer Text, in den sich einzufühlen großen Spaß gemacht hat. Warum sollte ich das nicht würdigen?


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Ich mache (mir) bewusst, damit ich bewusst machen kann.

LG
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Constantine
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Beitrag03.08.2017 00:14
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Constantine
Antworten mit Zitat

Lieber Herr N.,

welch freudige Überraschung. Schön dich hier zu begrüßen.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
hier also mein versuch der interpretation (und verstehe dies ruhig als revanche Wink).

Kein Problem und ja, werde ich. smile

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
ich bin in der lyrik wenig bewandert, aber werde es trotzdem wagen.

Sehr gerne.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

der 'spaziergang mit der liebsten' beginnt wunderbar paradox, denn sofort wird der leser im unklaren darüber gelassen, wer denn hier eigentlich mit wem kommuniziert.
wer soll wem 'in die arme' kommen? ist es die geliebte, die dem erzählerischen ich in die arme fallen soll? oder ist es doch eigentlich der frosch, der sie ihm abtrünnig machen möchte?

Schön, wie du die "Reibung" zwischen den Protagonisten wahrnimmst und hier ein Konkurrenz-Element siehst zwischen dem Lyrischen Ich und dem Frosch. Prima.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
die geliebte hat angst, man könne die geste der liebe sehen. sie verweigert. abstrus, da ja im wald kaum ein weiterer mensch, außer dem pärchen selbst, anwesend sein kann.

Richtig. Diese Angst dominiert die Geliebte, potentielle Waldgänger, die die beiden sehen könnten im Hinterkopf behaltend, und zeigt sich dahingehend für dich "abstrus".

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
doch diese unklarheit löst du gekonnt auf, in dem du dem leser den letzten hinweis in der dritten strophe gibst. denn in der eisdiele, einem wunderbaren szenischen konstrast zur abgeschiedenheit des waldes, lässt du die geliebte ohne umschweife den protagonisten küssen. nichts scheint mehr vorhanden, von der anfänglichen furcht des entdecktwerdens.

Ja, hier zerbröckelt die Angst, alles Angstmachende ist vergessen, die Geliebte ist entspannt an ihren Liebsten gedrückt und küsst ihn. Man könnte sagen, die Liebe wurde beidseitig befreit und äußert sich im gemeinsamen Kuss.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
leider muss die wespe als bruchmittel herhalten, vielleicht auch, weil sie bekanntermaßen kein freund des menschen ist?

Die tückische Wespe Laughing als Initiatorin des Happy Ends.
Ob sie bekanntermaßen kein Freund des Menschen ist, war nicht mein primärer Gedanke bei der Wahl der Wespe. Sie besitzt gewisse Charakteristika, die der Geliebten Angst machen und sie in die Arme des Lyrischen Ichs treiben.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.

Du meinst, wären die beiden im Wald geblieben, dann hätte evtl. ein auftauchender Wolf dafür gesorgt, dass sich die Geliebte in die schützenden Arme ihres Geliebten begibt?

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
allerdings nimmst du, durch diese stilistische entscheidung, mir als leser, den wind aus den segeln und lässt mich ratlos zurück. ist es die aggressivität der wespe, die aufdringlichkeit, die sie von den anderen geschöpfen im wald unterscheidet? oder ist sie doch nur die metapher für eine schnittstelle der natur mit der städtischen zivilisation (die eisdiele) die von menschlicher seite am ende nur opportunistisch entfremdet wird?

Ich sehe, die Wespe und ihre Zuordnung bilden für dich ein großes Fragezeichen. Es könnte am Charakter der Geliebten liegen, dass sie sich vor Wespen fürchtet, vor Fröschen und Spinnen nicht. Das wäre die einfachste Erklärung. Es könnte auch an der Aggressivität der Wespe liegen, an ihrer Aufdringlichkeit und ihrer Unberechenbarkeit. Der metaphorische, zivilisatorische oder symbolische Weg steht dir zur Interpretation der Rolle der Wespe auch offen.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
es regt zum nachdenken an. es ist prägnant.

Das freut mich sehr.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
danke.

Ich habe auch zu danken, dass du dir die Zeit genommen hast und dir die Mühe gemacht hast, dich einer für dich eher untypischen Textgattung anzunehmen und mir deine verständnis_Gedanken und deine feine Rückmeldung da zulassen.

LG
Constantine
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Constantine
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Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag03.08.2017 00:30

von Constantine
Antworten mit Zitat

Lieber Abari,

Abari hat Folgendes geschrieben:
Schön, dass ich Dir mit meinen Worten so viel Freude machen konnte.

Es ist interessant und spannend zu erfahren, wie ein Text bei Lesern ankommt, um so schöner, wenn ein Text nicht nur für mich als Verfasser, sondern auch für Leser funktioniert.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Der Text gab es für mich her, weil ich ihn überzeugend strukturiert und mit viel Gefühl geschrieben finde.

Danke.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Ein sehr angenehmer Text, in den sich einzufühlen großen Spaß gemacht hat.

Sehr gerne und freut mich, dass dir der Text großen Spaß bereitet hat.

Abari hat Folgendes geschrieben:
Warum sollte ich das nicht würdigen?

Spricht nichts dagegen.

Danke fürs erneute Vorbeischauen und deine lobenden Worte.

LG
Constantine
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Herr N.
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Beiträge: 293
Wohnort: Augsburg


Beitrag03.08.2017 02:09
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Herr N.
Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:

Richtig. Diese Angst dominiert die Geliebte, potentielle Waldgänger, die die beiden sehen könnten im Hinterkopf behaltend, und zeigt sich dahingehend für dich "abstrus".


für mich liegt das verwunderliche in der ungewissheit, ob die sorge der geliebten sich auf das entdecken der zärtlichkeit zum lyrischen ich bezieht, oder doch auf die, nicht der norm entsprechenden, umarmung mit dem frosch, bzw. der spinne. da du offen lässt, wer der sprecher ist, öffnest du diese interpretationssphäre und gibst einem, auf den ersten blick klaren bild, eine sehr facettenreiche stimmung. (hierbei im übrigen unrelevant ob von dir gewollt, oder ungewollt! -- darüber werden wir in zukunft sicher noch sprechen. denn ich bin der meinung, dass ein autor/schreiber in gewissen momenten die kontrolle aufgeben - seine figuren, szenen freilassen muss, um tatsächliche lebendigkeit zu erzeugen - was dir hier gelingt. bewusst, oder nicht spielt hierbei keine rolle.)

 
Zitat:

Ja, hier zerbröckelt die Angst, alles Angstmachende ist vergessen, die Geliebte ist entspannt an ihren Liebsten gedrückt und küsst ihn. Man könnte sagen, die Liebe wurde beidseitig befreit und äußert sich im gemeinsamen Kuss.


ich sehe hier mehr. denn die geliebte, die im wald ganz offensichtlich die symbolische nähe zur tierwelt zelebriert, ist nun plötzlich der tierwelt (in form der wespe) abgeneigt, wedelt heftig mit dem arm, wehrt das insekt ab.
in meinen augen unterwirft sie sich damit den regularien der menschlichen welt - und zwar entgegen ihrer eigentlichen naturverbundenheit.

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
leider muss die wespe als bruchmittel herhalten, vielleicht auch, weil sie bekanntermaßen kein freund des menschen ist?

Die tückische Wespe Laughing als Initiatorin des Happy Ends.
Ob sie bekanntermaßen kein Freund des Menschen ist, war nicht mein primärer Gedanke bei der Wahl der Wespe. Sie besitzt gewisse Charakteristika, die der Geliebten Angst machen und sie in die Arme des Lyrischen Ichs treiben.


auch hier habe ich es anders gelesen. die wespe ist ihr nicht wirklich ein feind. dein angesprochenes happy end ist - in meinen augen -  nicht wirklich eines. das wahre gefühlsleben der geliebten zeigst du sehr deutlich in den ersten strophen. sie ist dem wald, der natur verbunden, stört sich weder an einem frosch, noch an der großen spinne, die sie mit beiden händen behutsam hochhebt.
erst ihre stetige angst, dass man ihre wahre gefühlswelt entlarvt, bringt sie am ende dazu, in die arme des lyrischen ichs zu fallen. denn sie tut dies genau in dem moment, in dem sie sich in der eisdiele befinden. zwischen den menschen, denen sie sich eigentlich so fern fühlt. dies kann sie allerdings niemandem mitteilen. schon gar nicht ihrem geliebten. trotzdem gibt sie ihm vereinzelte hinweise, die das lyrische ich allerdings nicht aufgreift, was ihm am ende zum verhängnis werden dürfte, da die liebe seiner geliebten gespielt ist.

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.

Du meinst, wären die beiden im Wald geblieben, dann hätte evtl. ein auftauchender Wolf dafür gesorgt, dass sich die Geliebte in die schützenden Arme ihres Geliebten begibt?

nein, im wald hätte das nur ein plötzlich erscheinender mensch geschafft.

Zitat:

Ich habe auch zu danken, dass du dir die Zeit genommen hast und dir die Mühe gemacht hast, dich einer für dich eher untypischen Textgattung anzunehmen und mir deine verständnis_Gedanken und deine feine Rückmeldung da zulassen.

LG
Constantine


die sympathie nimmt groteske züge an. es gefällt mir.

lg N.


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Jenny
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Beitrag03.08.2017 08:40

von Jenny
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Hm ... Abgesehen davon, dass ich die Idee kitschig finde, die Frau in die Arme ihres Umwerbers zu treiben, weil sie sich erschrickt, finde ich das Ende ehrlich gesagt auch einfach unlogisch.

Die Wespe lässt sich nicht vertreiben? Ach, dann umarm ich einfach mal den Typen neben mir und küsse ihn. Wie geht davon die Wespe weg?


Wenn jemand Angst vor Wespen hat, würde die Person doch eher rumfuchteln und - wenn sie sich nicht vertreiben lässt - selbst flüchten. Der Rest hätte mehr Sinn gemacht, wenn er die Wespe dann vertrieben hätte. Aber so?
Eigentlch schade, weil ich den Anfang gut fand bzw. die ersten beiden Absätze, aber der dritte macht das total kaputt. Auch weil sie, die erst so naturverbunden dargestellt wurde, mit einem Mal voll lächerlich wirkt.


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Constantine
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Beitrag03.08.2017 13:08
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Constantine
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Hallo Herr N.,

mit Begeisterung lese ich deine spannende Sichtweise auf das Gedicht. Wie du dem Text folgst und dabei Aspekte aufzeigst, die eine neue, andere Leseweise bedingen, gefällt mir.
 
Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:

Richtig. Diese Angst dominiert die Geliebte, potentielle Waldgänger, die die beiden sehen könnten im Hinterkopf behaltend, und zeigt sich dahingehend für dich "abstrus".


für mich liegt das verwunderliche in der ungewissheit, ob die sorge der geliebten sich auf das entdecken der zärtlichkeit zum lyrischen ich bezieht, oder doch auf die, nicht der norm entsprechenden, umarmung mit dem frosch, bzw. der spinne. da du offen lässt, wer der sprecher ist, öffnest du diese interpretationssphäre und gibst einem, auf den ersten blick klaren bild, eine sehr facettenreiche stimmung. (hierbei im übrigen unrelevant ob von dir gewollt, oder ungewollt! -- darüber werden wir in zukunft sicher noch sprechen. denn ich bin der meinung, dass ein autor/schreiber in gewissen momenten die kontrolle aufgeben - seine figuren, szenen freilassen muss, um tatsächliche lebendigkeit zu erzeugen - was dir hier gelingt. bewusst, oder nicht spielt hierbei keine rolle.)

Ich freue mich, dass du als Leser dir eigene Bilder und somit auch eigene Interpretationen erarbeiten konntest. Deine "sehr facettenreiche Stimmung" und "seine Figuren, Szenen freilassen muss, um tatsächliche Lebendigkeit zu erzeugen" nehme ich als Komplimente und bestärken mich darin, den richtigen Ton getroffen zu haben.
Generell ist es illusorisch für einen Autor anzunehmen, er könne die Rezeption seines Textes durch eine Leserschaft lenken, vor allem, wenn der Text vieles/manches/alles text_ebenlich offen lässt.   

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Ja, hier zerbröckelt die Angst, alles Angstmachende ist vergessen, die Geliebte ist entspannt an ihren Liebsten gedrückt und küsst ihn. Man könnte sagen, die Liebe wurde beidseitig befreit und äußert sich im gemeinsamen Kuss.


ich sehe hier mehr. denn die geliebte, die im wald ganz offensichtlich die symbolische nähe zur tierwelt zelebriert, ist nun plötzlich der tierwelt (in form der wespe) abgeneigt, wedelt heftig mit dem arm, wehrt das insekt ab.
in meinen augen unterwirft sie sich damit den regularien der menschlichen welt - und zwar entgegen ihrer eigentlichen naturverbundenheit.

Deine Leseweise hebt die Identität der Geliebten hervor und stellt Eigenbestimmung vs. Fremdbestimmung entgegen. Sehr schön.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
leider muss die wespe als bruchmittel herhalten, vielleicht auch, weil sie bekanntermaßen kein freund des menschen ist?

Die tückische Wespe Laughing als Initiatorin des Happy Ends.
Ob sie bekanntermaßen kein Freund des Menschen ist, war nicht mein primärer Gedanke bei der Wahl der Wespe. Sie besitzt gewisse Charakteristika, die der Geliebten Angst machen und sie in die Arme des Lyrischen Ichs treiben.


auch hier habe ich es anders gelesen. die wespe ist ihr nicht wirklich ein feind. dein angesprochenes happy end ist - in meinen augen -  nicht wirklich eines. das wahre gefühlsleben der geliebten zeigst du sehr deutlich in den ersten strophen. sie ist dem wald, der natur verbunden, stört sich weder an einem frosch, noch an der großen spinne, die sie mit beiden händen behutsam hochhebt.
erst ihre stetige angst, dass man ihre wahre gefühlswelt entlarvt, bringt sie am ende dazu, in die arme des lyrischen ichs zu fallen. denn sie tut dies genau in dem moment, in dem sie sich in der eisdiele befinden. zwischen den menschen, denen sie sich eigentlich so fern fühlt. dies kann sie allerdings niemandem mitteilen. schon gar nicht ihrem geliebten. trotzdem gibt sie ihm vereinzelte hinweise, die das lyrische ich allerdings nicht aufgreift, was ihm am ende zum verhängnis werden dürfte, da die liebe seiner geliebten gespielt ist.

Sehr schön, wie du hier aufzeigst, dass ein gesellschaftlicher und zwischenmenschlicher Anpassungsdruck auf das Lyrische Du wirkt und sie am Ende ihre Identität schauspielerisch versteckt. Das Happy End ist gekünstelt, das Lyrische Ich erkennt dies nicht.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.

Du meinst, wären die beiden im Wald geblieben, dann hätte evtl. ein auftauchender Wolf dafür gesorgt, dass sich die Geliebte in die schützenden Arme ihres Geliebten begibt?

nein, im wald hätte das nur ein plötzlich erscheinender mensch geschafft.

Da bin ich mir nicht sicher, denn gerade durch diesen Gedanken, es könnte sie jemand küssend und/oder umarmend sehen, hält die Geliebte den anderen auf Distanz.

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Zitat:

Ich habe auch zu danken, dass du dir die Zeit genommen hast und dir die Mühe gemacht hast, dich einer für dich eher untypischen Textgattung anzunehmen und mir deine verständnis_Gedanken und deine feine Rückmeldung da zulassen.


die sympathie nimmt groteske züge an. es gefällt mir.

Herr N., ich danke dir sehr für deine erneute Rückmeldung und deine mich begeisternde Leseweise des Gedichts. Ich finde es toll, dass - lese ich da, entgegen deiner Erwartung und auf überraschend_groteske Art? - dir die Beschäftigung mit meinem Gedicht gefallen hat.

LG
Constantine
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Herr N.
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Beitrag03.08.2017 13:20
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Herr N.
Antworten mit Zitat

Constantine hat Folgendes geschrieben:
Hallo Herr N.,


Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.

Du meinst, wären die beiden im Wald geblieben, dann hätte evtl. ein auftauchender Wolf dafür gesorgt, dass sich die Geliebte in die schützenden Arme ihres Geliebten begibt?

nein, im wald hätte das nur ein plötzlich erscheinender mensch geschafft.

Da bin ich mir nicht sicher, denn gerade durch diesen Gedanken, es könnte sie jemand küssend und/oder umarmend sehen, hält die Geliebte den anderen auf Distanz.   



selbstverständlich gehe ich hier nur von meiner interpretationsebene aus, in der das lyr du ihre zuneigung zum lyr.ich in gesellschaft anderer menschen verschleiern muss, damit ihre eigentümliche liebe zu den tieren nicht bemerkt wird. sie würde an dieser stelle quasi konkruentes verhalten zur szene in der eisdiele aufzeigen.


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Constantine
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Beitrag03.08.2017 13:45

von Constantine
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Hallo Jenny,

schön dich hier zu begrüßen und ich danke dir für deinen kritischen Blick.

Jenny hat Folgendes geschrieben:
Hm ... Abgesehen davon, dass ich die Idee kitschig finde, die Frau in die Arme ihres Umwerbers zu treiben, weil sie sich erschrickt, finde ich das Ende ehrlich gesagt auch einfach unlogisch.

Deinen Aspekt von Kitsch kann ich nachvollziehen. Für dich eine kitschige Idee, für andere Leser fern davon. Auch das für dich unlogische Ende fanden andere Leser sehr reizvoll, die im Gedicht aufgezeigten Gegensätze und "Reibungen" sich zu erschließen.

Jenny hat Folgendes geschrieben:


Die Wespe lässt sich nicht vertreiben? Ach, dann umarm ich einfach mal den Typen neben mir und küsse ihn. Wie geht davon die Wespe weg?

Die tückische Wespe Laughing Ich hoffe, mit der saloppen Titulierung des Typen meinst du nicht irgendeinen Typen, der gerade neben dem LDu steht, sondern das LI.

Jenny hat Folgendes geschrieben:
Wenn jemand Angst vor Wespen hat, würde die Person doch eher rumfuchteln und - wenn sie sich nicht vertreiben lässt - selbst flüchten. Der Rest hätte mehr Sinn gemacht, wenn er die Wespe dann vertrieben hätte. Aber so?


Ich zitiere die Stelle aus dem Gedicht:
Zitat:
An der Eisdiele erschrickst du vor einer Wespe, wedelst mit dem Arm,
doch sie lässt sich nicht vertreiben.
Du drückst dich an mich, vergräbst dein Gesicht in meine Brust.

Das Wedeln mit dem Arm ist äquivalent zu deinem formulierten Rumfuchteln. Das geforderte "selbst flüchten" zeigt sich im Gedicht nicht im Weglaufen, sondern die "Flucht" resultiert darin, in die sicheren Arme des Liebenden "zu flüchten". Dadurch, dass sie sich entspannt und LI anlächelt, ist das Vertreiben der Wespe augenblicklich nicht mehr der Punkt, um den es geht.
 
Jenny hat Folgendes geschrieben:
Eigentlch schade, weil ich den Anfang gut fand bzw. die ersten beiden Absätze, aber der dritte macht das total kaputt. Auch weil sie, die erst so naturverbunden dargestellt wurde, mit einem Mal voll lächerlich wirkt.

Ängste haben ihre eigenen Gesetze und zeigen sich in unterschiedlichen Weisen. wenn Menschen von Angst getrieben werden, können rationale Handlungsweisen in den Hintergrund treten und emotionale stärker hervortreten. Ob man dabei lächerlich wirkt, ist im Moment der Angst nebensächlich. Schade, dass dich das Ende nicht überzeugt hat.

Liebe Jenny, ich danke dir für dein Vorbeischauen und deine kommentierende Leseweise des Gedichts. Ja, der Grat zwischen kitschig und nicht kitschig, zwischen überzeugend und unlogisch kann schmal sein, und kann individuell von Leser zu Leser variieren.

LG
Constantine
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Constantine
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Beitrag03.08.2017 13:50
Re: Spaziergang mit der Liebsten
von Constantine
Antworten mit Zitat

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
Constantine hat Folgendes geschrieben:
Hallo Herr N.,


Herr N. hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Herr N. hat Folgendes geschrieben:
sie nimmt also die rolle des modernen wolfes ein.

Du meinst, wären die beiden im Wald geblieben, dann hätte evtl. ein auftauchender Wolf dafür gesorgt, dass sich die Geliebte in die schützenden Arme ihres Geliebten begibt?

nein, im wald hätte das nur ein plötzlich erscheinender mensch geschafft.

Da bin ich mir nicht sicher, denn gerade durch diesen Gedanken, es könnte sie jemand küssend und/oder umarmend sehen, hält die Geliebte den anderen auf Distanz.   



selbstverständlich gehe ich hier nur von meiner interpretationsebene aus, in der das lyr du ihre zuneigung zum lyr.ich in gesellschaft anderer menschen verschleiern muss, damit ihre eigentümliche liebe zu den tieren nicht bemerkt wird. sie würde an dieser stelle quasi konkruentes verhalten zur szene in der eisdiele aufzeigen.

Ich verstehe deine Erklärung und passt. Danke fürs Nachhaken.

LG
Constantine
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Jenny
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Beitrag03.08.2017 14:43

von Jenny
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Lieber Constantine,

ich stimme dir vollkommen zu, dass das Empfinden, was Kitsch ist und was nicht, total subjektiv ist und natürlich war alles, was ich geschrieben habe, entsprechend auch nur mein Empfinden.

Vielleicht finde ich das Ende nur darum überwiegend so unrealistisch, weil ich als Kind selbst Angst vor Wespen hatte und dann musste entweder die gehen oder ich Laughing

Liebe Grüße zurück,
Jenny


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Constantine
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Beitrag03.08.2017 19:04

von Constantine
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Liebe Jenny,

Jenny hat Folgendes geschrieben:
ich stimme dir vollkommen zu, dass das Empfinden, was Kitsch ist und was nicht, total subjektiv ist und natürlich war alles, was ich geschrieben habe, entsprechend auch nur mein Empfinden.

Ich weiß, liebe Jenny, und andersrum - du als Verfasserin und ich als Kommentator - wäre es, was den eigenen Leseeindruck angeht, nicht anders. Daumen hoch

Jenny hat Folgendes geschrieben:
Vielleicht finde ich das Ende nur darum überwiegend so unrealistisch, weil ich als Kind selbst Angst vor Wespen hatte und dann musste entweder die gehen oder ich Laughing

War bei mir als kleiner Bub nicht anders. Laughing

Viele Grüße zurück
Constantine
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