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Cholyrika Eselsohr
Alter: 60 Beiträge: 467
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03.04.2017 16:35 Der Poet von Cholyrika
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Der Poet
Im Dunkeln unter Kerzenschein,
vergisst er Trauer, Glück und Leben.
Will Gott nicht, will nicht Wahrheit sein,
will einzig nach dem Worte streben.
Die Feder brennt ins Pergament,
was Lippen nie verlässt.
Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
Und doch erkennt sich der Poet,
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch.
Weitere Werke von Cholyrika:
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Harald Show-don't-Tellefant
Alter: 76 Beiträge: 5132 Wohnort: Schlüchtern
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03.04.2017 23:06 Re: Der Poet von Harald
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Hm,
Form gereimt passt bis auf zwei Stellen …
Inkognito hat Folgendes geschrieben: |
Im Dunkeln unter Kerzenschein,
vergisst er Trauer, Glück und Leben.
Will Gott nicht, will nicht Wahrheit sein,
will einzig nach dem Worte streben.
Die Feder brennt ins Pergament,
was seine Lippen nie verlässt.
Aussagen die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
Und doch erkennt sich der Poet,
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch. |
(Mögliche Änderungen)
_________________ Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker
Harald
Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste! |
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James Blond Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 448 Wohnort: HAMBURG
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06.04.2017 09:39
von James Blond
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Auf die metrischen Probleme wurde bereits hingewiesen. Ich möchte dazu nur ergänzen, dass der verkürzte V2 der 2.Strophe durchaus einen Reiz besitzt und Haralds Verbesserung von V3 keine ist, da "Aussage" auf der 1. Silbe, also trochäisch betont wird. Auch würde ich den Wechsel der Kadenzen in S1 auch in den folgenden Strophen fortsetzen.
Mehr Probleme macht mir hingegen die inhaltliche Seite, weil ich nicht ganz verstehe, worauf der Poet des Gedichtes hinaus will. Wenn in V2 steht
"vergisst er Trauer, Glück und Leben", dann geht das wohl am Dichten vorbei, denn dieses sind genau die Themen. Gemeint ist hier wohl, dass sich der Poet vom Leben absondert, um im Stillen darüber zu schreiben. Dann würde ich "vergisst" durch "vergießt" ersetzen.
V3 beginnt mit einer vermutlich dem Metrum geschuldeten Inversion: "Will Gott nicht", statt "will nicht Gott [sein]". Auch verstehe ich hier den Gegensatz zum Wort nicht: "Im Anfang war das Wort" sagt die Bibel und meint damit, dass Gott, Geist, Wort, Wille und Wahrheit eins waren. MaW: Wer "nach dem Worte strebt", strebt somit auch nach Gott, Geist, Wahrheit.
Zitat: | Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest. |
Hmm - wie soll das gehen?
Zitat: | Und doch erkennt sich der Poet,
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch. |
Ist mir nicht einsichtig, wodurch Selbsterkenntnis hier zum Fluch wird. Und auch nicht, worin ihr Fluch besteht.
Vielleicht hilft dir meine Ratlosigkeit, deine Absichten etwas deutlicher zu formulieren.
Es grüßt
JB
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Rainer Zufall Klammeraffe
Alter: 70 Beiträge: 801
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06.04.2017 12:42 Re: Der Poet von Rainer Zufall
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Hallo Unbekannte/r,
Ich finde den Taktwechsel (Strophe 2, Vers 3) und die verkürzte Silbenzahl (Strophe, 2. Vers) nicht so schlimm, ich finde ein Taktwechsel ist dann sinnvoll, wenn er einer inhaltlichen Unterstreichung dient. Das tut er hier. Ich hätte dann aber (weiß selbst nicht, warum, ist nur ein Gefühl) die Strophe auch mit dem begonnenen Taktwechsel abgeschlossen.
Mehr Probleme habe ich mit dem Inhalt deines Gedichtes. Das widerspricht soih alles schon ganz gehörig und wirkt dadurch nicht wirklich durch- und ausgeführt.
Ich machs mal direkt bei den Stellen:
Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
Sätze, die keiner kennt, können sich auch nicht in Seelen verankern. Wenn du seine eigene meinst, dann ist das ein Fall von "dem Reim zulabe" und klingt einfach falsch und unschön.
Und doch erkennt sich der Poet,
Wieso ? Da gibt es doch keinen Widerspruch, der P. erkennt sich in dem, was er tut und schreibt.
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch.
Jetzt hat er sich gerade erkannt, hat weder nach Gott noch nach Wahrheit gestrebt, auch nicht nicht nach von außen erfolgter Anerkennung oder Würdigung, sondern nur nach dem eigenen Wort, in dem er es schafft, sich zu erkennen. Ist doch alles in Butter, denkt man. Und jetzt soll das ein Fluch sein? Worin soll der denn bestehen? Und wieso soll ein erfolgreicher Akt der Erkenntnis überhaupt ein Fluch sein?
Viele Grüße Zufall
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Gast
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06.04.2017 23:06
von Gast
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Hi,
mir gefällt der Text sehr gut. Gerade die Passagen, die von Rainer kritisiert werden,finde ich außerordentlich bestechend. Steht für mich in der Tradition von H.P. Lovecrafts düsterem Grusel...
Bis denn,
Monochrom
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purpur Klammeraffe
Beiträge: 964
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09.04.2017 09:47
von purpur
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Guten Morgen Inko,
Der Poet
Im Dunkeln unter Kerzenschein,
vergisst er Trauer, Glück und Leben.
Will Gott nicht, will nicht Wahrheit sein,
will einzig nach dem Worte streben.
Die Feder brennt ins Pergament,
was Lippen nie verlässt.
Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
Und doch erkennt sich der Poet,
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch
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Mir gefällt Dein Gedicht auch, ich find mich komplett darin wieder,
bis aus die 3. Zeile.
Schön gemacht, so konzentriert und innig!
Sonnige Sontagsgrüße
Pia
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firstoffertio Show-don't-Tellefant
Beiträge: 5854 Wohnort: Irland
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09.04.2017 21:49 Re: Der Poet von firstoffertio
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Nach einigem Nachdenken meine Leseweise, reingeschrieben:
Inkognito hat Folgendes geschrieben: | Der Poet
Im Dunkeln unter Kerzenschein,
vergisst er Trauer, Glück und Leben.
Will Gott nicht, will nicht Wahrheit sein,
will einzig nach dem Worte streben.
Dieser Poet ist einer, der das Schreiben wichtiger nimmt als zu leben.
Dabei hat er keine sozialen Ziele, er werkelt quasi sprachimmanent, und ist es zufrieden.
Die Feder brennt ins Pergament,
was Lippen nie verlässt.
Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
Dabei kommen ungewöhnliche Sätze zustande, die niemand spricht, die aber sprachlich so beeindruckend sind, neu auch, klar, dass sie Leser finden und diese durchaus langfristig beeinflussen.
Und doch erkennt sich der Poet,
in seinen Worten, seinem Buch.
Bevor er dann für immer geht,
begräbt ihn dumpf der eigne Fluch. |
Dieser Poet erkennt seine "Einseitigkeit", und er wird, wiewohl er berühmt sein mag, seine Selbstzweifel hinsichtlich dessen, was er im Leben getan hat, nicht los.
Mir fällt hier auch das Wittgenstein Zitat ein: Worüber man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.
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Cholyrika Eselsohr
Alter: 60 Beiträge: 467
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26.04.2017 12:02
von Cholyrika
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Genau,
ein Wettrennen gegen sich selbst.
Selbstwahrnehmung verbrennt in Selbsterkenntnis.
Eigentlich besteht keine Möglichkeit aus dem eigenen Schatten zu springen,
weil man selbst der eigene Schatten ist.
Alles in allem fehlende Selbstreflektion die zum Stillstand führt.
Geht vielen Schreibern so
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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04.05.2017 00:48
von Tula
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Hallo
die Absicht war mir beim ersten Lesen mehr oder weniger klar. Ich sehe aber auch die inhaltlichen Widersprüche (d.h. die Stellen, welche ich für solche halte):
Zitat: | Sätze die noch niemand kennt,
verankern sich in Seelen fest.
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Sätze, die niemand kennt, weil sie von niemandem gelesen wurden. Dann steht die darauffolgende Zeile als Wunsch des Lyri, dass die besagen Sätze sich irgendwann mal in anderen Seelen verankern werden. So verstehe ich die Absicht, aber wörtlich steht da etwas anderes, ein bereits ablaufender Vorgang.
Zitat: | Und doch erkennt sich der Poet |
nicht doch, er sucht sich, ohne sich zu finden!
Denn wie du selbst erklärst:
Alles in allem fehlende Selbstreflektion die zum Stillstand führt
Bei mir gäbe es ohne Selbstreflektion auch kein "sich erkennen". Aber sich suchen, ohne zu wissen wo und wie, das sollte passen.
LG
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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Tula Klammeraffe
Beiträge: 904 Wohnort: die alte Stadt
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04.05.2017 00:56
von Tula
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hhmmm
verankern sich in Seelen fest
liest sich nicht wie gutes Deutsch. Ein Schiff liegt oder wird fest verankert, aber verankert sich nicht in etwas fest
oder liege ich falsch?
Tula
_________________ aller Anfang sind zwei ...
(Dichter und Leser) |
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