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Douro


 
 
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Tula
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Beiträge: 904
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Beitrag14.04.2017 01:42
Douro
von Tula
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Douro


Der Hügel, der dem blauen Vlies entsteigt,
auch wenn er fast in Helios' Arm verglüht,
mit jeder Rebe einen Glanz versprüht,
vor dem sich eine Wolke treu verneigt.

Gelassen trägt der Fluss das Boot. Man zieht
vorbei an diesem Werk, genießt und schweigt,
vom Blut der Erde schlürfend. Jemand zeigt
begeistert auf die Landschaft, doch er sieht

den andern nicht, dort oben auf dem Hang,
und ahnt auch nichts von dessen Durst und Fluch;
hört nichts vom melancholischen Gesang,
und riecht auch nicht den Schweiß im alten Tuch.

Bald fährt er wieder heim, vom Paradies
bleibt ihm ein Bild ... vom Hang ... vom blauen Vlies.



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purpur
Klammeraffe


Beiträge: 964



Beitrag14.04.2017 10:09

von purpur
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Guten Morgen Tula,

ein schönes Sonett ist Dir da gelungen!
Wen wundert's, befindest Du Dich doch
inmitten solch paradisischer Landschaft,
da möchte man gar nicht mehr weg.
Besonders die zweite und die dritte Strophe
gefallen mir, möglicherweise liegt's an den
reizvoll gemachten Umbrüchen.
Mein nächstes Reiseziel steht fest!
Ich wünsche Dir ein schönes Osterfest, dort,
in diesen atemberaubenden Gefilden!

Herzliche PpGrüße
Pia


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Soleatus
Klammeraffe


Beiträge: 998



Beitrag14.04.2017 10:39

von Soleatus
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Hallo Tula!

Eigentlich ein gutes Gedicht, rechte Begeisterung vermag bei mir aber trotzdem nicht aufkommen. Hm ...

Ich glaube, das liegt an einer ganzen Menge von Kleinigkeiten, die zusammen zu einem Eindruck von Beliebigkeit führen. Schriebest du "Rhein" über diesen Text und stelltest ihn in ein anderes Forum, nähme man das dort wirklich als unpassend wahr?!

Auch solche Bilder wie das "Blut der Erde"; ich weiß nicht. Erstens ist nicht klar, was gemeint ist - "Wasser ist das Blut der Erde", hat Leonardo gesagt, und "Griechischer Wein ist wie das Blut der Erde" Udo Jürgens gesungen. Aber abgesehen davon, dass es ohnehin ein Warnzeichen ist, wenn man seine Bilder in 40 Jahre alten Schlagern wiederfindet - derlei rufst du mit auf, und dann hast du "Griechisch", und du hast den "Helios", und dann frage ich mich schon, was soll dieses ganze Gegriechel, wenn du mich als Leser doch gar nicht nach Griechenland führst? Das "blaue" Vlies, was das "goldene" aufruft, desgleichen ... Oder das "schlürfen", was auf mich wirkt wie der routinierte Zugriff auf eine allgemeine Sammlung dichterischer Ausdrücke, ohne das allerdings eine Notwendigleit spürbar wird. Wie gesagt: hm. Alles vermischt sich, und am Ende steht Beliebigkeit. Mir jedenfalls wäre ein genauerer Blick, ein mehr an Besonderheit lieber gewesen!

Vom Vers her gefällt mir das Stück; nur das erste Quartett ist ein wenig unklar in der Leseführung, und dass du in V3 das Prädikat des Reimes Willen an eine Stelle zwingst, wo es eigentlich nicht hingehört, ist in meinen Ohren ein recht deutliches Minus.

Gruß,

Soleatus
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poetnick
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Beitrag14.04.2017 13:25

von poetnick
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Zitat:
Douro

Der Hügel, der dem blauen Vlies entsteigt,
auch wenn er fast in Helios' Arm verglüht,
mit jeder Rebe einen Glanz versprüht,
vor dem sich eine Wolke treu verneigt.

Gelassen trägt der Fluss das Boot. Man zieht
vorbei an diesem Werk, genießt und schweigt,
vom Blut der Erde schlürfend. Jemand zeigt
begeistert auf die Landschaft, doch er sieht

den andern nicht, dort oben auf dem Hang,
und ahnt auch nichts von dessen Durst und Fluch;
hört nichts vom melancholischen Gesang,
und riecht auch nicht den Schweiß im alten Tuch.

Bald fährt er wieder heim, vom Paradies
bleibt ihm ein Bild ... vom Hang ... vom blauen Vlies.




Hallo Tula,

Die Eindrücke, dieses Treibenlassen während der Flussfahrt, geben
den Zauber der Landschaft, eigentlich der Reise, in einer fast
kontemplativen Betrachtung wieder.
Und so wird die Landschaft und die Reise in ihrer ganz eigentümlichen
Färbung und Stimmung für mich erlebbar.
Die Sprache gibt den Fluss der Reise
sehr schön wieder.

Es ging mir ähnlich wie Soleatus, dass ich -wegen einiger Begrifflichkeiten
-zunächst an Griechenland
und an die Stätten der Antike dachte.
Nun ja, ein paar Tastengriffe weiter fand ich mich in der herrlichen
Bilderwelt Portugals wieder...

Das Treibenlassen unter Sonne, entlang dem blauen Vlies, bleibt mir
im Gedächtnis. Mir drängt sich auch wirklich kein Änderungsvorschlag auf,
oder es bestünde die Gefahr, dass es gar keiner wäre. Smile

Schöne Osterzeit - wünscht Dir/Euch - Poetnick


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Wortlos ging er hinein,
schweigend lauschte er der Stille
und kam sprachlos heraus
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Tula
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Wohnort: die alte Stadt


Beitrag14.04.2017 15:35

von Tula
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Liebe Pia

vielen Dank für deinen Gruß, hat mich sehr gefreut. Smile

Nun, bis in den Douro muss ich schon ein gutes Stück mit dem Auto fahren, aber dennoch habe ich ihn fast jede Woche bei mir, d.h. als süffigen Begleiter einer guten Mahlzeit, vor allem am Wochenende. Insgesamt ist der Norden Portugals als Urlaubsziel auf alle Fälle zu empfehlen!

Herzliche Ostergrüße
Tula


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Tula
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Wohnort: die alte Stadt


Beitrag14.04.2017 15:39

von Tula
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Hallo Soleatus

danke auch für deine ausführliche Antwort. Kurios ist, dass ich hier wirklich überhaupt nicht an Griechenland dachte, und noch viel weniger an einen alten deutschen Schlager. Vielmehr wollte ich mit den Metaphern das 'Göttlich-Schöne' an der Natur untermalen und dabei an die fleißigen Menschen auf den Hängen erinnern, die sich unter drückender Sonne mit viel Schweiß 'Brot und Wein' erarbeiten müssen. Die melancholischen Gesänge sind als Tradition belegt, sind hier also durchaus 'un-beliebig'.

Auf den religiösen Bezug des Weines brauche ich nicht weiter einzugehen, er ist allen bekannt und ich selbst sah da nicht unbedingt etwas markant griechisches (die Weinanbaukultur geht eben bis auf die alten Römer und schon vor ihnen auf die Griechen zurück). Auch die Metapher des Weines als Blut der (Mutter) Erde sollte in dieser Hinsicht zu deuten sein. Ohne dem alten Udo mangelnde Kreativität vorwerfen zu wollen, er hat sich dieses Sinnbild natürlich nicht selbst ausgedacht und es wird auch hier (in Portugal) so verwendet. Ich habe eben mal nachgegoogelt und kam zu der Erkenntnis, dass der Ausdruck mindestens bis auf Plinius zurückgeht und wahrscheinlich noch viel älter ist.

Wie dem auch sei, den deutschen Leser führt das Blut der Erde zu Udo Jürgens und es stimmt auch, dass das Gedicht wenigstens einige typische Anspielungen auf die Region enthalten sollte. So habe ich eben das Ganze nochmals leicht abgeändert, unter anderem an der Satzumstellung im V3 gebastelt. Das Ergebnis:

Die Treppe, die dem blauen Vlies entsteigt,
ziert ein Gewand, das in der Sonne glüht,
wo jede Rebe einen Glanz versprüht,
vor dem ein Wölkchen sich graziös verneigt.

Gelassen trägt der Fluss das Boot. Man zieht
vorbei an diesem Werk, genießt und schweigt
bei einem feinen Tawny. Jemand zeigt
begeistert auf die Landschaft, doch er sieht

den andern nicht, dort oben auf dem Hang,
und ahnt auch nichts von dessen Durst und Fluch;
hört nichts vom melancholischen Gesang,
und riecht auch nicht den Schweiß im alten Tuch.

Bald fährt er wieder heim, vom Paradies
bleibt ihm ein Bild ... vom Hang ... vom blauen Vlies.



Vielen Dank und auch dir ein Frohes Osterfest

Tula


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Tula
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Beitrag14.04.2017 15:48

von Tula
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Hallo Poetnick

auch dir herzlichen Dank! - Nun bin ich auf die Griechenland-aspekte ja schon eingegangen und hoffe, dass dir das abgeänderte Gedicht noch immer gefällt.
Ich füge noch hinzu, dass die Region nicht nur allgemein als Weinanbaugebiet gilt, sondern vor allem für den Portwein bekannt ist, daher der Tawny. 10 Jahre sollte er haben, dann schmeckt er richtig gut!

Herzliche Ostergrüße
Tula


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Literättin
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Beitrag14.04.2017 18:34

von Literättin
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Hm. Ich kenne mich nicht aus mit Sonetten, bestenfalls habe ich wahrgenommen, dass dies hier von der Form her wohl auf eines hindeutet. Ich bin auch nicht unbedingt Expertin in Sachen griechischer Mythologie.

Und dennoch: Mein erster Eindruck hier war, dass es sich wohl um ein Sonett handelt, welches sich der griechischen Mythologie widmet und da mich griechische Mythologie und Sonette nicht vom Hocker hauen, zumal nicht in dieser Kombination, bin ich halt einfach weiter gezogen.

Aber der rege Betrieb hat mich neugierig gemacht, auf die Diskussion.

Und ich muss sagen, ich bin schon überrascht, dass Du an Griechenland so gar nicht gedacht hast, beim Verfassen dieses Gedichtes.

Das Vlies, das ist in meinen Augen selbst für Nichtexperten sehr dicht mit dem zugehörigen Gold verfilzt und weist nach Griechenland. Helios ja nun eindeutig. Und dazu die Reben: Ich jedenfalls war hier schon mittendrin und so reihte ich quasi automatisch ein weiteres ans andere: das Boot, der Fluss, für mich kehrte hier Odysseus heim. Und wie gesagt, ich habe mich dem Thema nie besonders gewidmet, das ist halt das, was sich im Laufe eines Lebens so ansammelt im Hirn.

Wenn dein Gedicht da aber so überhaupt nicht hin weisen soll, dann würde es sich ja doch vielleicht lohnen über die enthaltenen Verweise nachzudenken?

Für mich hinkt die Metapher vom blauen Vlies, weil ich das Gold aus diesem Pelz einfach nicht herausgeschüttelt bekomme. Und das Blau das hat für mich als Vlies einfach keine Bedeutung, es stört mich nur bei meinem Griechenlandmythos-Trip.

Aber was auch immer ich hier herum mäkele: Es ist dein Gedicht und Du wirst wissen, wohin Du damit unterwegs bist. Ich für meinen Teil habe aber aus der Diskussion für mich was mitnehmen können: Was über die Bewusstheit beim Schreiben. smile
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firstoffertio
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Beitrag14.04.2017 23:09

von firstoffertio
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Ich war auch ganz bei Griechenland, und verbluefft, dass ich mich in Portugal befinden sollte. Klar, der Titel.

In der zweiten Fassung weiss ich nicht, was ein Tawny ist.

Und in beiden nicht, worauf das blaue Vlies hindeutet?

Metrum und Reim kannst du ja gut.
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Tula
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Beitrag15.04.2017 00:11

von Tula
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Hallo Literättin

vielen Dank auch für deine Gedanken zum Gedicht. Noch ein Beweis für die Tatsache, dass auch ein schlichtes Werk beim Leser die unterschiedlichsten Eindrücke hervorrufen kann.

Ich habe bei diesem auf eine Fußnote verzichtet, schon weil wir in einem Forum im Internet und somit von der Google-Suchmaschine nur einen Klick entfernt sind. In einem gedruckten Buch sollte aber sicherlich eine solche stehen, denn der deutsche Leser muss ja nicht mit dem Thema vertraut sein. Dort stünde dann in etwa:

PS: “Douro” (übersetzt: golden / aus Gold) ist nicht nur ein Fluss, sondern auch ein traditionelles und landschaftlich sicherlich das schönste Weinanbaugebiet Portugals.

Das Gold im Vlies bleibt uns somit von vornherein erhalten. Doch so wie das Meerwasser hundert mögliche Farben hat, wandelt sich ebenso die Farbe des Flusses je nach Wetterlage und Stand der Sonne. Den meisten Touristen wird er bei gutem, sonnigen Wetter sicherlich blau erscheinen, wovon man sich mit Bildern im Internet leicht überzeugen kann.

Nun ist der Douro nicht irgendein Gewässer in einem fremden Land. Ohne Übertreibung, er gehört zu den wichtigsten Anbaugebieten der Welt, hat er doch Portugal mit seinem 'Porto' (Portwein) schon vor langer Zeit auf allen Kontinenten bekannt gemacht (lange vor Ronaldo Laughing) . So ist der Fluss seit Gedenken die wirtschaftliche Ader Nordportugals, heute vor allem ein Anziehungspunkt des internationalen Tourismus und auch das bedeutendste Wahrzeichen des Nordens.

Den Douro also in einem lyrischen Werk durchgehend und ausschließlich nur als 'Fluss' zu beschreiben, wäre nicht nur banal, sondern eine nicht zu übertreffende  Geringschätzung. Man kann solch ein Gewässer sicherlich auf verschiedene Art und Weise umschreiben, ein blaues Band zieht sich da durch Landschaften usw.

Warum nun ein Vlies? - Als ein Stück Schafsfell vielleicht eine grauenvolle Metapher, aber es ging mir um den unschätzbaren Wert des Flusses (siehe oben), um die fast übernatürliche landschaftliche Schönheit, die Teil des in der zweiten Strophe genannten 'Werkes' ist (als Meisterstück des großen Malers), um das blaue Tuch (Vlies als Bekleidung), welches aus der Sicht des Betrachters auf dem Boot die grünen Hügel förmlich einhüllt. Der Bezug zum Gold besteht wie oben angegeben, sprachlich reizt mich noch der dem Begriff innewohnende Reim, der Fluss als 'fließendes Vlies'.

Nochmals zu den anderen Metaphern: in der ersten Strophe stand erst eine mitleidlose Sonne, zu vorgerückter Stunde erlag ich wohl dem Einfluss anderer Gottheiten (Dionysius/Bacchus und Morpheus), als ich nach einer lyrischen Umschreibung suchte und den Weinberg in die flammenden Arme Helios' legte. Nun muss auch ich über die pathetisch wirkende Formulierung schmunzeln.

Bei Udo Jürgens verhält es sich etwas anders; hier bin ich in eine nicht rechtzeitig erspähte Falle getappt. Wie bereits angeführt, ist die Metapher wahrscheinlich so alt wie die Weinkultur und hat einen spirituellen Bezug, der auf mich faszinierend wirkt: für mich ist das 'Blut der Erde' die schönste poetische Umschreibung des Weines überhaupt. Dass der alte Udo sie zu einer Schnulze machte, könnte ich ihm noch verzeihen, ginge es bei ihm nicht gerade um Griechenland. Denn mit aller Anerkennung der hellenistischen Kultur, mir hat meinerseits noch kein griechischer Wein geschmeckt. Wer mich da vom Gegenteil überzeugen will, schicke mir bitte ein paar Flaschen Embarassed

Der Tawny passt dennoch besser. Alternative Vorschläge für das Vlies sind willkommen, aber bitte nichts weniger kostbares und heiliges als das Vlies der Argonauten.

Nochmals Ostergrüße
Tula


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Tula
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Beitrag15.04.2017 00:17

von Tula
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Hallo firstoffertio

Dank auch dir. Was den Tawny angeht, mache ich dir einen Vorschlag: du schickst mir einen irischen Whiskey und ich eine Flasche Portwein!

Nein, Quatsch, Whiskey in the jar bei mir nur als Musik. Ohne langes Drumherum meinerseits, der wiki erklärt es ausreichend: https://de.wikipedia.org/wiki/Portwein

Also bloß keinen billigen Ruby trinken, kriegt man nur Sodbrennen von. Leicht bräunlich, 10 Jahre, ist auch nicht zu teuer, dann ist er vortrefflich!

Ostergrüße
Tula


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Soleatus
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Beitrag16.04.2017 14:23

von Soleatus
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Hallo Tula!

Zitat:
und dabei an die fleißigen Menschen auf den Hängen erinnern, die sich unter drückender Sonne mit viel Schweiß 'Brot und Wein' erarbeiten müssen.

Das in diesen vier Versen ...

den andern nicht, dort oben auf dem Hang,
und ahnt auch nichts von dessen Durst und Fluch;
hört nichts vom melancholischen Gesang,
und riecht auch nicht den Schweiß im alten Tuch.


... aufzuspüren, gelingt mir nicht. Du grenzt Land gegen Fluss ab, oben gegen unten, Gemeinschaft gegen den Einzelnen, Trinken können gegen Durst haben; aber warum sich auf dem Hang ein "fleißiger Mensch" befinden muss, erkenne ich nicht. Warum kann da kein Wanderer stehen, der nicht ausreichend mit Getränken vorgesorgt hat, darüber flucht und sich mit einem Taschentuch das Gesicht wischt?!

Zitat:
Die melancholischen Gesänge sind als Tradition belegt, sind hier also durchaus 'un-beliebig'.

Hier, in deinem Gedicht, sind sie nur behauptet, und stehen dadurch zusammenhanglos und fremd in den anderen Versen.

Zitat:
Ich habe eben mal nachgegoogelt und kam zu der Erkenntnis, dass der Ausdruck mindestens bis auf Plinius zurückgeht und wahrscheinlich noch viel älter ist.

Wunderte mich nicht. Aber gerade dann kann man als Verfasser doch nicht vergleichsweise blauäuig "einfach so" auf diesen Ausdruck zurückgreifen, sondern muss (wahrscheinlich mit viel Mühe) versuchen, durch die entsprechende Gestaltung des Textes die Unmengen an Bezügen, die er in den Jahrhunderten ausgebildet hat, auf die zu verringern, die im Bezug des gewählten Gedichtgegenstands erwünscht und förderlich sind?!

Zitat:
Ich habe bei diesem auf eine Fußnote verzichtet, schon weil wir in einem Forum im Internet und somit von der Google-Suchmaschine nur einen Klick entfernt sind.

Da haben wir wahrscheinlich unterschiedliche Sichtweisen - für mich ist eine Suchmaschine kein Bestandteil meiner Beschäftigung mit einem Gedicht; beziehungsweise kreide ich es ihm fast immer als Mangel an, wenn es nicht in der Lage ist, sich aus sich selbst zu erklären.

Noch eins zum Technischen - ich weiß nicht, ob es dir schon aufgefallen ist und du dich bewusst dagegen entschieden hast: Wenn du eine neue Fassung, wie die in deinem Antwortbeitrag an mich, in einen eigenen, neuen Beitrag stellst und dann darunter bei "Neue Fassung" ein Häkchen setzt, erscheint im Ausgangsbeitrag des Fadens, also bei der Erstfassung des Textes, ein Link auf die Neufassung, so dass diese für alle, die neu dazukommen, ohne Mühe aufzufinden ist.

Gruß,

Soleatus
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firstoffertio
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Beitrag16.04.2017 21:56

von firstoffertio
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Ich kriege Vlies nicht mit einem Fluss zusammen, bildlich.

Würde das Weinanbaugebiet am Meer liegen, okay: Meer hat Ausdehnung und Fläche. Bedeckt.
Aber ein Fluss? Nein. So schön der Gleichklang ist von fließt und Vlies, bei mir funktioniert die Metapher nicht.
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Tula
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Beitrag16.04.2017 23:53

von Tula
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Hallo Soleatus,

danke für Textarbeit und Hinweise. Also nochmal ran ans Werk:

Ich hielt die Anspielungen für ausreichend, auch weil des 'Müllers Lust' hier nicht gerade populär ist; aber speziell organisierte Wanderschaften für den Touristen sind dennoch nicht unwahrscheinlich (ob allerdings direkt durch die Weinberge ...).

Ich fand eine recht einfache Lösung, die die notwendige Klarheit schaffen sollte, d.h. sowohl mit Hinblick auf die Arbeit auf den Hängen im allgemeinen und auf die Gesänge im besonderen. Ich bin jetzt (wie in einer ersten Version) wieder bei mehreren Menschen, auch weil Gesänge ja nur in der Gruppe wirklich einen Sinn ergeben.

Zum Blut der Erde jetzt nichts weiter; sicherlich wäre ein weiteres Gedicht speziell zu diesem Thema nicht verkehrt, deinem Vorschlag entsprechend.

Zitat:
... kreide ich es ihm fast immer als Mangel an, wenn es nicht in der Lage ist, sich aus sich selbst zu erklären


Ich habe mich nun doch überzeugen lassen und den 'Goldenen' direkt erwähnt (siehe den folgenden Kommentar). Eine Fußnote sollte dann trotzdem kein großes Manko sein.

Zum Technischen: wusste ich nicht. Danke für den Hinweis.

Douro


Die Treppe, die aus seinen Fluten steigt,
ziert ein Gewand, das in der Sonne glüht,
wo jede Rebe einen Glanz versprüht,
vor dem ein Wölkchen sich graziös verneigt.

Gelassen trägt der Fluss das Boot. Man zieht
vorbei an diesem Werk, genießt und schweigt
bei einem feinen Tawny. Jemand zeigt
begeistert auf die Landschaft, doch er sieht

die Menschen nicht, dort oben auf dem Hang,
ahnt leider nichts von deren Durst und Fluch;
hört nichts vom melancholischen Gesang
der Lese und riecht nicht den Schweiß im Tuch.

Bald fährt er wieder heim ... ein Foto bleibt
vom Goldenen ... der nachts durch Träume treibt.


LG
Tula


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Beitrag17.04.2017 00:04

von Tula
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Hallo firstoffertio

nun gut, nut gut ... der Leser entscheidet, wie man bekanntlich schreibt. Eigentlich ist (war) das (Goldene) Vlies ein Schafsfell, wie schon erwähnt.

Nun habe ich es um- und speziell den 'Goldenen' eingebaut, damit sollte das Gedicht der angegebenen Absicht (die Kostbarkeit des Flusses zu unterstreichen) noch gerecht werden, somit wird ja auch der Name des Stroms erklärt.

Insgesamt überkommt mich der Zweifel, ob das Werk vielleicht nicht doch etwas 'postkartenlyrisch' geworden ist (?). Der Leser muss für sich entscheiden.

LG
Tula


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firstoffertio
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Beitrag17.04.2017 00:23

von firstoffertio
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Es ist oft schwierig, was man so im Sinn hatte, letztlich in ein Gedicht zu verwandeln.

Hinsichtlich der Leute am Hang, die hatte ich schon als die Arbeiter dort verstanden. Und ich glaube, das lag nicht nur an einem Artikel in der Irish Times kürzlich, in dem es um die Arbeitsbedingungen der Weinerntefrauen in Italien ging.

Ich glaube, dass hier sich vielleicht zwei Aspekte in die Quere kommen:

Einerseits die fast Verherrlichung des Flusses.

Welche vielleicht dann mit der auch intendierten Darstellung des Kontaktes zwischen Tourismus und lokalem Wein + Broterwerb in Konflikt gerät.
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James Blond
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Beitrag17.04.2017 14:29

von James Blond
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Jetzt ist schon soviel zu diesem Sonett geschrieben worden, dass es mir schwer fällt, dazu unvoreingenommen zu antworten. Kurz gesagt meine ich, deine Intention zu verstehen, sehe aber auch in der 2. Fassung noch Verbesserungsbedarf.

Zum griechischen Timbre wurde ja bereits einiges angemerkt, das Vlies würde ich dennoch nicht fallen lassen, aber erst spät einbringen, um nicht frühzeitig Verständnisweichen zu verstellen. Ich sehe darin keinen Widerspruch zum Fluss, zu mal dieser ja auch "vliesst". wink

Auch in der Kontrastierung von Touristengenuss und Bevölkerungsarmut sehe ich kein Problem - im Gegenteil erhöhen Kontraste ja die Wirkung.

Und da ich bei Kontrasten bin: Die ausschließlich männlichen Kadenzen lassen keinen Gesang aufkommen, was für dieses Thema jedoch tödlich ist.

Ich habe daher versucht, durch wechselnde Kadenzen und dem Hinweis auf den Fado etwas mehr gesanglichen Lokalkolorit hineinzubekommen.
 Ich weiß, dass nichts verhasster ist als ein Gegenentwurf, allerdings lässt sich daran auch einiges besser verdeutlichen als an zahllosen Hinweisen. Und nicht zuletzt sind wir hier ja in der Bastelstube, wo derartiges erlaubt sein sollte. Schon klar: Mein Vorschlag enthält andere Schwächen, aber er  singt mehr, wie ich meine.


Auf Stufen, die dem breiten Strom entsteigen
liegt ein Gewand, das früh im Licht erglüht,
wo jede Rebe ihren Glanz versprüht
und Sonnenhänge sich erschöpft  zum Wasser neigen.

Gelassen trägt der Fluss das Boot, man zieht
es vor, als Passagier beseelt zu schweigen,
bei kühlem Wein dem Ort Respekt zu zeigen
und schmeckt dabei vom Blut, das keiner sieht.

Und ahnt vielleicht, gestützt vom Fado Sang,
dass jene Wehmut  trägt wie ein Geruch,
der Menschen führt im schweren Gang
durch ihres kargen Lebens Arbeitsfluch.

Bald wieder heimgekehrt vom blauen Vlies,
bleibt nur das Bild vom Hang als Paradies.


Grüße
JB


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Beitrag17.04.2017 23:01

von Tula
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Hallo firstoffertio

nun, beide (der Tourist und der arbeitende Mensch auf dem Hang) gehören zum Bild, das ich malen wollte. Beide stehen in einer Wechselbeziehung, an welcher an sich nichts auszusetzen ist.

Das einzig Bedauernswerte ist, dass beide in der Regel sehr selten wirklich in einen direkten Kontakt kommen. Wir sagen ja auch vom Ziel einer Reise “Land und Leute kennenlernen”; wie so oft im Fall des Massentourismus, begegnet der Besucher nur dem Land, aber nicht seinen Menschen, oder wenn, dann auf oberflächliche Weise. Das hat mehrere Ursachen und ist auch nicht allein mit fehlendem Interesse seitens des Touristen zu erklären.
 

LG
Tula


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Beitrag17.04.2017 23:14

von Tula
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Hallo James

keine Sorge, wir sind hier ja in der Werkstatt. Dein alternativer Vorschlag sagt mir durchaus zu, vor allem die ersten beiden Strophen finde ich gelungen. Beim Fado musste ich dennoch schmunzeln; kein Vorwurf, der deutsche Leser muss das nicht wissen, aber der Fado gehört zum Douro wie der Shanty zum Hofbräuhaus oder der Musikantenstadl in eine Hamburger Seemannskneipe smile extra . - Auch wenn der ahnungslose Tourist daran Gefallen finden kann, es ist nicht authentisch für die jeweilige Region. Also Fado nur in Lissabon oder Coimbra, beide Städte haben ihre eigene Fado-Tradition.

Ein gute Frage: die Mischung von weiblichen und männlichen Kadenzen. Irgendwo las ich mal eine Kritik, dass das nicht unbedingt eine gute Struktur ist. Dass die weiblichen mehr Schwingung hereinbringen, da muss ich dir zustimmen. Werde nochmal in Ruhe darüber nachdenken. Die Schwierigkeit bestünde in meiner momentanen Version darin, dass es nach den wechselnden Kadenzen der ersten beiden Strophen wieder auf ausschließlich männliche in den letzten sechs Zeilen umschlägt.

LG
Tula


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James Blond
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Beitrag18.04.2017 09:14

von James Blond
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Vielen Dank für deine wohlwollende Aufnahme, die mich ermutigt, noch einmal zu antworten. In der Tat war der Fado ein gescheiterter Versuch, etwas Lokalkolorit in den Text zu bringen, nicht zuletzt, weil sich der "feine Tawny" ein wenig nach Reisebroschüre anhört.  

Aber nun ja, der Fado ist in einer anderen Gegend groß geworden, doch die Schwermut scheint allen Portugiesen im Blut zu liegen. Und ich sehe auch, dass S3 sich nicht nur hinsichtlich der Kadenzen noch verbessern ließe. So wirkt der "Schweiß im alten Tuch" auf mich allzu reimgeschuldet und bereits sehr nah der Grenze zur Stilblüte, auch wenn ich zu verstehen glaube, was damit angedeutet werden sollte.

Wenn ich mich in S3 von der Vorlage etwas weiter entfernte, dann vielleicht so:

Und ahnt vielleicht den Klang im stillen Gleiten,
der jene Wehmut trägt als einen Duft,
des Menschen Seele auf dem Weg zu leiten,
der oft nur Mühsal kennt, nur Brot, nur Luft.


Zwar weiß ich nicht, welche Kritik du gelesen hattest, doch halte ich den Wechsel der Kadenzen gerade im Sonett für eine gute Sache. Das ließe sich hier nun auch ganz konkret vergleichen.
  
Grüße
JB


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