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Valentina - ein Auszug


 
 
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MariaLS
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 61
Beiträge: 140
Wohnort: Wien


Beitrag16.02.2017 23:14

von MariaLS
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Vielen Dank, Diana.

Das Problem mit den Absätzen ist, dass mir die flöten gehen, sobald ich einen Text hier einfüge. Es ist relativ mühsam, den Text hier an Ort und Stelle, wieder neu zu formatieren. (wobei, ein paar falsche Absätze habe ich schon im Original)

Die Hilde und die Renate Laughing, ich weiß nicht, ob ich die Namen ändern will. Eher nicht, die sind schon ziemlich tief in mir verwurzelt. An dem 10 Euro-Schein arbeite ich noch.

Und viel Spaß mit deinem Papier-Kram!


_________________
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d.frank
Geschlecht:weiblichReißwolf
D

Alter: 44
Beiträge: 1129
Wohnort: berlin


D
Beitrag16.02.2017 23:27

von d.frank
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Den habe ich... sad Evil or Very Mad
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Mara
Geschlecht:weiblichLeseratte


Beiträge: 141
Wohnort: Linz/Donau


Beitrag19.02.2017 14:42

von Mara
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Hallo Maria,

Perspektivenwechsel konnte ich auch keine mehr finden. Smile

Der Text wirkt jetzt schon ziemlich rund und vieles was mir daran noch auffällt, ist, glaube ich, reine Geschmacksache. So ist mir z. B. die Anfangssequenz vor dem "Clown-Auftritt" zu lange. Ich habe auch deine vorigen Texte noch mal gelesen, den eine Info fand ich total interessant: Das man für eine Clown-Ausbildung die Matura benötigt. Das war aber nie im Text, sondern das hast du uns nur so erzählt. Ich würde das mit rein nehmen!

Zwei Sachen hat Diana schon angemerkt: Wie das mit der direkten Rede und den Absätzen gehandhabt wird. Und auch ich denke, es wäre gut, wenn Tina ihrer Mutter entweder immer "Hilde" nennt  oder konstant "Mama".

MariaLS hat Folgendes geschrieben:

Valentina wollte unbedingt verhindern, dass sie sich mit Babsi und der überspannten Mutter einen Tisch teilen musste.  Das war kein leichtes Unterfangen in einem Fast-Food-Restaurant um die Mittagszeit. Sie zupfte Hilde am Ärmel, deutete mit dem Kopf zu einem Tisch, der gerade frei geworden war an dem gerade zwei Plätze frei geworden waren. Doch die deutet nach hinten.  „Kommt!“, rief Hilde. „Da ist Platz für uns alle.“ „Tolle Aussichten“, murmelte Valentina und knallte das Tablett auf den Tisch. Ein Becher kippte um und ergoss sich über Pommes und Hamburger. Das ist mir zu viel. Ich würde es passender finden, wenn sie nur etwas verschüttet. Wobei fraglich ist, ob das geht, da die Becher ja einen Deckel haben.  Auf den Zehn-Euro-Schein, den ihr Mama anbot um sich Ersatz zu holen, verzichtete Valentina. Stattdessen stocherte sie lustlos in ihrem Salat herum.  Alle anderen stopften das Essen in sich hinein, als stünde eine Hungersnot bevor. Auf der Oberlippe von Renate klebte Mayonnaise, im rechten Mundwinkel Ketchup.  Sie, die Frau vornehm und supertoll, aß gerade wie ein dreijähriges Kind.

„Du Renate, mach einmal so“, sagte Valentina und fuhr sich mit Hand über den Mund. Sie ertrug den Anblick nicht mehr länger, es ekelte ihr.  Renate suchte nach einer Serviette und tupfte sich Mayo, Ketchup und gefühlte 100 Gramm Lippenstift ab.

„Tina, das hättest du ruhig netter sagen können“, warf Hilde Valentina vor. Netter, Glätteisen Gefällt mir! Smile, nicht so schlampig. Lieb, freundlich und angepasst. Nicht auffallen, den Mund halten und blöd grinsen. Oh ja, Valentina hatte längst durchschaut, worauf es in Mutters heiler Welt ankam.  Natürlich gehört auch eine solide Ausbildung dazu. Den Übergang zur Ausbildung finde ich noch etwas holprig.

„Und Tina, was für Pläne hast du nach der Hauptschule?“, wollte Renate wissen. Diese Frau konnte allem Anschein nach Gedanken lesen.  Die beste Antwort überhaupt wäre in Valentinas Augen gewesen, irgendetwas, wobei sie endlich für immer und ewig die bescheuerte Babsi loswerden konnte. Der Satz ist etwas kompliziert.  Zur Hölle mit dieser Bitch! Und Tschüss!

Um Hilde nicht gnadenlos zu blamieren, antwortete sie höflich: „Ich geh in die Stadt aufs Gymnasium, sollte ich die Aufnahmeprüfung in Latein schaffen.Die Info ist überflüssig. Sie bringt nichts für die Szene. Zudem würde Tina Renate damit eine Angriffsfläche bieten.
Latein? Gymnasium? Und dann? Willst du studieren gehen?“, wunderte sich Renate. „Wolltest du nicht mit Babsi auf die Handelsakademie gehen? Das ist doch viel gescheiter. Da hast du nachher einen Beruf und eine Matura.“
Valentina hatte absolut keine Lust mehr Sie hatte von Anfang an keine Lust dazu!über eine mögliche, berufliche Zukunft zu reden. Es ging Renate nichts an. Selbst, wenn sie den Rest ihres Lebens auf einer Bank säße und Enten fütterte, konnte es ihr egal sein.
„Weißt du Mama, die Tina die hat ganz besondere Pläne“, mischte Babsi sich ein. „Sie will ein Clown werden.“ Die direkte Rede könnte man auch noch straffen: "Tina will Clown werden", mischte Babsi sich ein und brach in spöttisches Gelächter aus. Die letzten zwei Wörter gingen in Babsis spöttischen Gelächter unter.
„Ein was?“, fragte Renate nach. „Ein Clown?“  

Unvermittelt stand Hilde auf, deutete auf die Uhr, die an der Wand hing. „Komm Tina, wir gehen jetzt. Uns läuft die Zeit davon.“ Valentina schenkte ihr einen verwunderten Blick. Vor nicht einmal einer knappen Stunde, hatte Hilde erklärt, sie würden alle Zeit der Welt haben. Der lief gar nichts davon. Die wollte nur verhindern, dass Valentina irgendjemanden ihre Zukunftspläne erzählte. Gehören die Sätze nicht von der Logik her vor Babsis Aussage, das Tina Clown werden will? Dazu war es ohnehin zu spät. Außerdem war sie sich fast sicher, dass Renate ohnehin Bescheid wusste und hier nur eine miese Show abzog. Schließlich hatte die Klassenlehrerin vor zwei Wochen Valentinas Aufsatz, der die beruflichen Träume und Ziele zum Thema gehabt hatte, vorgelesen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Babsi davon zuhause nichts berichtet hatte. Der Teil könnte auch gestrafft werden, indem Tina nach Babsis Erklärung, dass sie Clown werden will, an diese verdammte Deutschstunde denkt, in der sie ihren Aufsatz vorlesen musste.Wobei man überlegen kann, ob es überhaupt eine Erklärung braucht, warum Babsi davon wusste.
 „Und wozu brauchst du dazu eine Ausbildung? Eine Matura?“ Geht auch knapper: "Und dazu braucht man eine Ausbildung?", bohrte Renate weiter. „Und Füllwort kann man damit überhaupt Geld verdienen?“ Valentina schaute Hilde in der Erwartung an, sie würde sich einmischen oder ihre eigene Tochter ermutigen.Könnte man präzisieren: "... sie würde ihr beistehen."[/color]  Nach ein paar Minuten des Schweigens gab Valentina auf.  „Clowns werden ausgebildet. Es gibt Clownschulen in Deutschland und Paris. Wunderbare Schulen sind das. Das ist in 3 Sätzen, 3x die gleiche Info: Clowns werden ausgebildet. Verknappbar. Da bin ich mir ganz sicher.“ Valentina wusste viel über die Ausbildung, konnte viel darüber erzählen. Stunden verbrachte sie im Internet, um noch viel mehr herauszufinden. Es war ihr verdammt ernst. An dieser Stelle könnte man (z. B als Tinas Gedanke) einbinden, das man für die Schule in Paris Matura braucht - aber das würde sie Renate sicher nicht auf die Nase binden!
„Clownschulen? Sind da lauter so Füllwort Clowns wie du zu finden?“ Babsi begann schon wieder zu lachen. Valentina hatte große Lust auszuholen und ihr mitten ins Gesicht zu schlagen. Einzig die Anwesenheit der beiden Mütter hinderte sie daran. Sie verfolgte einen ganz anderen Plan.

Aus ihrem Rucksack kramte sie eine rote Nase, hängte sich diesen um und stand langsam vom Tisch auf. In der Spielecke des Fast-Food-Restaurants sah sie ein paar Kinder spielen. „Setz dich sofort wieder nieder, Tina!“, zischte Hilde nervös. Aber Valentina nahm sie nicht mehr wahr. Der Satz geht aus Tinas Perspektive leider nicht: Wenn sie die Mutter nicht wahrnimmt, kann sie sie auch nicht hören. Der Moment, in dem sie die rote Schaumgumminase auf ihre eigene steckte, hatte etwas Magisches. Sie fühlte sich stark und unverletzlich.

„Guten Tag der Herr!“, sagte sie fröhlich lächelnd und schüttelte einem wildfremden Menschen die Hand.  Einer Frau wünschte sie einen wunderschönen Nachmittag. Einem Mädchen, das am Weg zu einem der leeren Tische war, folgte sie. Nahm ihr das Tablett ab, zog einen nicht vorhandenen Hut vor ihr. „Guten Appetit, junge Frau!“  Sie war in der Spielecke angelangt. Erwartungsvolle Blicke hafteten an ihr.
 „Na ihr? Habt ihr schon alle brav aufgegessen?“, wollte sie von den Kindern wissen.  Noch herrschte Schweigen. Valentina ließ den Kindern Zeit. Plötzlich kam ein Mädchen zu ihr. „Du Clown, ich habe kleine Pommes und einmal Chicken-Nuggets gehabt“, sagte sie. „Und ich einen Hamburger!“ „Ich nur Pommes, weil ich kein Fleisch esse.“ Das Eis war gebrochen. „Gut, dann werde ich auch jausnen. Macht Platz, Kinder!“ In ihrem Rucksack fand sie einen Pullover, eine Jausendose und eine leere Flasche.  Den Pullover breitete sie umständlich auf dem Boden aus, nahm Platz und öffnete die Dose. „Wow! Heute habe ich Schnitzel und Pommes mit!“ Sie legte ein imaginäres Schnitzel auf den Boden, machte einen tiefen Schluck Luft aus der Flasche. Lachen konnte ansteckend sein. Die gleiche Info kommt im nächsten Satz (indirekt) gleich wieder.Denn kaum hatte ein Kind damit angefangen, lachten alle.  „Oh! Jetzt hat mir wer mein Schnitzel geklaut“, stellte sie traurig fest.  Sie zog die Mundwinkel nach unten, echte Tränen quollen aus ihren Augen. Das Lachen der Kinder wurde lauter. Hinter diesen Tränen steckte monatelanges Training.  Valentina wusste, dass ein Clown der weinen konnte, immer die Herzen der Kinder erobern würde.

Als Valentina die Kinderecke verließ klatschten nicht nur Kinder, auch einige Erwachsene waren offensichtlich begeistert. „Kannst du noch was?“, fragte ein kleiner Bub, der ihr nachgegangen war. „Hmm? Ich kann ganz viel. Die Info steckt auch indirekt im nächsten Satz. Was würdest du denn gerne sehen?“ „Kannst du auf den Händen gehen?“ Klar konnte Valentina das.  „Und wie heißt du?“  „Ich heiße Valentina und will Clown werden, ein ganz ein großer!“, sagte sie laut und deutlich. Dann nahm sie die rote Nase ab und setzte sich wieder zum Tisch.  Sie war wieder in die Welt zurückgekehrt, die sie an manchen Tagen kaum ertrug. Hildes entnervte Frage, ob sie denn solche Auftritte wirklich nötig hätte, trugen das ihre dazu bei. Statt dem Satz würde ich Hilde in direkter Rede fragen lassen. (Show, don't tell.)
 „Mama, ja! Ich habe das in diesem Moment gebraucht. Mir ist egal, was sich wer gerade über mich denkt. Und jetzt können wir von mir aus shoppen gehen, bis dieses dämliche Einkaufszentrum zusperrt“, sagte sie zornig. Mir persönlich ist das viel zu ausführlich. Würde sie wirklich so reden? Mögliche Variante: "Ja", zischte sie und erhob sich. "Gehen wir jetzt endlich shoppen?"  

„Gute Idee“, pflichtete Renate Valentina bei. „Komm Babsi wir gehen gleich mit denen mit.“ Babsi gesellte sich zu Valentina. „Sag mal Tina, das war aber schon fett peinlich?“, sagte sie. „Peinlich? Weißt du was wirklich peinlich ist?“, Valentina holte kurz Luft. „Du bist das. Du und deine bescheuerten Bilder auf Facebook. Da komme ich aus dem Fremdschämen nicht mehr heraus.“ Babsis entsetzter Blick sprach Bände. Die Stelle passt für mich noch nicht. Warum ist Babsi entsetzt? Wohl weil ihre Mutter nicht von den Bildern erfahren soll. Das kommt hier aber nicht raus. In einer vorigen Version hast du gut beschrieben, was das für Fotos sind. Das würde ich hier (gekürzt) übernehmen.  Als alle zusammen das Fast-Food-Restaurant verließen, winkte ein Mädchen Valentina. „Tschüss, Clown“, rief sie. „Ein tolles Mädchen“, stellte ein Mann fest. „So mutig! Wow!“  Valentina drehte sich um und schenkte den beiden ein zufriedenes Lächeln.


Wie schon gesagt: Das sind meine Gedanken. Nimm dir einfach raus, was für dich Sinn macht und für dich stimmig ist!

Liebe Grüße,
Mara
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Mara
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Beitrag19.02.2017 14:50

von Mara
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Zu deinem "Absatz-Problem":
Falls nicht alle Absätze verloren gehen: Verwendest du vielleicht teilweise sogenannte "weiche Absätze" die man mit SHIFT + ENTER erzeugt?
Man sollte eigentlich immer nur "harte" Absätze machen, die man mittels ENTER erzeugt. Ein "hartes" Absatzzeichen sieht übrigens wie ein seitenverkehrtes "P" aus.
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MariaLS
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Beitrag19.02.2017 18:24

von MariaLS
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Liebe Mara!
Auch dir vielen Dank, für deine Kritik und die Gedanken, die du dir gemacht hast.

Ich werde eine letzte neue Version hier posten. (irgendwann im Laufe des Abends). Würde auch gerne den Anfang posten, aber ein bisschen Hemmungen habe ich hier zu viel zu posten, das dieses Projekt betrifft. Es macht mir Spaß mit euch zu arbeiten, darum denke ich über den Anfang nach. Ach, es ist eine Gratwanderung.

Andere Variante ist, dass ich das Projekt mal beende und dann mit der Überarbeitung ein bisserl gezielter beginne.

Doch, ich werde deine Anregungen in jedem Fall beherzigen. Gerade die Stellen, an denen gesagtes wiederholt wird, sehe ich oft selbst nicht mehr. [/quote]


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nothingisreal
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Beitrag20.02.2017 11:05

von nothingisreal
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Hallo Maria,

das klingt interessant, ein ungewöhnliches Vorhaben, was da das Mädchen hat. Noch finde ich es nicht ganz rund. Ich versuch es mir später mal anzuschauen.

LG NIR


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MariaLS
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Beitrag21.02.2017 19:30

von MariaLS
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So, neue Version. Ich habe Valentinas Auftritt umgeschrieben und eure Tipps, so weit sie für mich okay waren, verarbeitet. Den letzten Absatz überhaupt weggelassen. Die Anerkennung, die sie von den Kindern bekommt, ist fürs erste genug. Die Mutter wird sie erst gegen Ende des Buches umstimmen und von ihren Plänen überzeugen können.
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Valentina wollte unbedingt verhindern, dass sie sich mit Babsi und der überspannten Mutter einen Tisch teilen musste.  Das war kein leichtes Unterfangen in einem Fast-Food-Restaurant um die Mittagszeit. Sie zupfte Mama am Ärmel, deutete mit dem Kopf zu einem Tisch, an dem zwei Plätze frei waren.  Doch die zeigte nach hinten. „Kommt! Das ist Platz für uns alle“. „Tolle Aussichten“, murmelte Valentina und knallte das Tablett auf den Tisch.  Da saßen sie nun. Valentina stocherte lustlos in ihrem Salat herum. Alle anderen stopften Burger und Pommes in sich hinein, als stünde eine Hungersnot bevor. Auf Renates Oberlippe klebte Mayonnaise, im rechten Mundwinkel Ketchup. Sie, die Frau vornehm und supertoll, aß gerade wie ein dreijähriges Kind.

„Du Renate, mach einmal so“, sagte Valentina und fuhr sich mit Hand über den Mund. Sie ertrug den Anblick nicht mehr länger, es ekelte ihr.  Renate suchte nach einer Serviette und tupfte sich Mayo, Ketchup und gefühlte 100 Gramm Lippenstift ab.  

„Tina, das hättest du ruhig netter sagen können“, warf Mama Valentina vor. Netter, Glätteisen, nicht so schlampig. Lieb, freundlich und angepasst. Nicht auffallen, den Mund halten und blöd grinsen. Oh ja, Valentina hatte längst durchschaut, worauf es in Mamas heiler Welt ankam.  Sie hatte es satt, unendlich satt.  

„Sag mal Tina, was hast du denn für Pläne nach der Hauptschule?“, wollte Renate wissen und spuckte bei der Gelegenheit ein paar feine Pommesbrösel. Wusste die nicht, dass man mit vollem Mund nicht sprechen sollte, wunderte sich Valentina. Was sollte sie sagen? Dass sie sich am liebsten eine Schule in der Nähe des Nordpols suchen würde? Eine die möglichst weit weg von diesem bescheuerten Dorf sein sollte, eine ohne Babsi und ihre Gefolgschaft. Zur Hölle mit dieser Bitch! Und Tschüss. Um Mama nicht gnadenlos zu blamieren, antwortete sie höflich: „Ich gehe ins Gymnasium.“

„Gymnasium? Willst du studieren?“, wunderte sich Renate. „Wolltest du nicht mit Babsi auf die Handelsakademie gehen? Da hast du nachher einen Beruf und eine Matura.“ Valentina hatte keine Lust zu antworten.  Selbst wenn, sie den Rest ihres Lebens auf einer Bank am See säße und Enten fütterte. Es ging Renate nichts an.

„Tina will ein Clown werden“, mischte sich Babsi ein. Der spöttische Unterton war nicht zu überhören.

„Ein was?“, fragte Renate nach. „Ein Clown?“

Unvermittelt stand Mama auf, deutete auf die Uhr, die an der Wand hing. „Komm Tina, wir gehen jetzt. Uns läuft die Zeit davon.“ Valentina schenkte ihr einen verwunderten Blick. Vor nicht einmal einer knappen Stunde, hatte sie gesagt, sie würden alle Zeit der Welt haben.

„Aber, wozu brauchst du dann überhaupt eine Ausbildung“, bohrte Renate weiter.  Valentina überlegte, schielte zu Mama und hoffte auf Beistand. Fehlanzeige. Sie brach das Schweigen. „Ja, für Clowns gibt es eine Ausbildung“, antwortete Valentina.  Matura, Studium in Paris oder Deutschland, aber das würde sie ihr sicher nicht auf die Nase binden.

„Clownschulen? Für Clowns wie dich?“ Babsi lachte laut.  Valentinas Lust Babsi eine zu scheuern war groß, sehr groß.  Ausholen und zack! Einzig die Tatsache, dass zwei Erwachsene am Tisch saßen, hielt sie davon ab.

Sie dachte nach. Oh ja, sie hatte einen viel besseren Plan, einen völlig gewaltfreien. Sie kramte in ihrem Rucksack. Wo war die rote Nase? Hab sie, jubelte sie still.  Langsam stand sie auf, hängte sich den Rucksack um.  Schloss die Augen und steckte sich die Clownnase ins Gesicht.  Kontrollierte, ob sie richtig saß und öffnete die Augen. Die Verwandlung war vollbracht, Valentina fühlte sich gut.  „Tina! Setz dich sofort wieder nieder“, hörte sie Mama sagen.  Keine Chance, sie würde sich ganz sicher nicht niedersetzen. Entschlossen ging Valentina zu jener Ecke, in der ein paar Kinder spielten.

„Guten Tag der Herr!“, sagte sie fröhlich lächelnd und schüttelte einem wildfremden Menschen die Hand.  Einer Frau wünschte sie einen wunderschönen Nachmittag.  Einem Mädchen nahm sie das Tablett ab. „Darf ich?“, fragte sie und stellte es auf den Tisch.

In der Spielecke blieb Valentina stehen und guckte.  Niemand schenkte ihr Beachtung. Sie legte den Zeigefinger auf ihre Lippen. „Psst!“, sagte sie. Tatsächlich, zwei Kinder blickten sie an. „Na, meine Lieben? Habt ihr euch die Bäuche vollgeschlagen?“, wollte sie wissen. Zufrieden streichelte sie sich über ihren aufgeblasenen Bauch.  Schweigen! Bitte nicht, dachte sie, lasst mich nicht im Stich! Da zupfte sie ein kleiner Junge am Ärmel: „Schau mal meinen Kugelbauch an. Da sind Pommes und sechs Chicken-Nuggets drinnen.“ „Du? Weißt du was ich gegessen habe?“ „Willst du es mir verraten?“, fragte Valentina. „Ja!“ Ein anderer Junge strahlte sie an. „Sechs Chicken-Nuggets, Pommes und eine Apfeltasche.“ „Das heißt ihr seid alle pappsatt?“ „Ja!“, hörte Valentina die Kinder rufen.  „Hurra! Dann habe ich meine Pommes nur für mich.“  Valentina steckte eine Hand in den Rucksack, kramte ein bisschen. Zum Vorschein kam eine leere Saftflasche.  „Keine Pommes“, sagte sie und warf die Flasche weg.    Als nächstes hatte sie einen Pullover in der Hand. Sie betrachtete ihn von allen Seiten. „Wieder keine Pommes“, stellte sie enttäuscht fest.  Die Kinder lachten lauter.  Nach und nach räumte sie alles aus dem Rucksack.  „Meine Pommes sind weg. Futsch. Verschwunden.“  Mit hängenden Schultern ging sie zur Rutsche, die in der Spielecke stand. Kletterte die Leiter rauf, formte die Hände zu einem Trichter und rief: „Hey! Jemand hat meine Pommes geklaut!“ Dann begann sie bitterlich zu weinen. Echte Tränen kullerten über ihre Wangen.  Schallendes Gelächter erfüllte die Spielecke.  Valentina trocknete die Tränen mit dem Pullover. „Es war mir ein Vergnügen!“, rief sie.  Die Kinder klatschen begeistert.  Wie geil war das. Das war der Moment, den sie über alles liebte, der süchtig machen konnte.

Am Weg zu Mama folgte ihr ein Junge. „Kannst du noch was?“, wollte er wissen. „Was willst du denn sehen?“ „Kannst du auf den Händen gehen?“ „Klar, kann ich das“, lachte Valentina. „Warum?“ „Weil ich ein Clown werden will, ein ganz ein großer!“, sagte sie laut.  Sie nahm die Nase ab, setzte sich zum Tisch. Drei Augenpaare starrten sie an.

 „War das wirklich notwendig, Tina?“, fragte Mama. „Ja! Das war es. Und jetzt können wir shoppen gehen.“, zischte Valentina.
„Gute Idee“, säuselte Renate. „Wir kommen gleich mit.“ Mama und sie gingen vor.

Babsi blieb neben Valentina. „Tina? Du bist echt peinlich.“  „Peinlich? Ich?“, Valentina staunte. „Weißt du was richtig fett peinlich ist? So peinlich, dass ich fast kotzen muss?“ Babsi blickte sie fragend an. „Deine Facebookfotos. Duckface, Arsch nach hinten gestreckt und Victory-Zeichen.  Oder das wo du auf Dragans Schoß sitzt und Bernd deine Hand hält.“ „Tina, sei einfach leise!“, sagte Babsi.  Schade, dachte sich Valentina grinsend, das Thema wäre ausbaufähig gewesen.


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MariaLS
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Beitrag21.02.2017 19:40

von MariaLS
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Und "tötet" Wink mich nicht wegen der Absätze. Das haut irgendwie nicht hin. Trotz hartem Absatz, sind die weg, wenn ich den Text hier einfüge.

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