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Siegfried Leseratte
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Beiträge: 104
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S 19.01.2017 01:40
von Siegfried
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Ist das Genre nicht einfach nur die Verkaufsschublade, in die ein Buch gesteckt wird? Und wird der Begriff "Genre" nicht maßlos überschätzt?
Nur ein Beispiel:
Ein Raumschiff mit einer Handvoll Soldaten und einem sehr gefährlichen Gefangenen strandet auf einem extrem öden Planeten. Beim Absturz des Raumschiffes kommen die meisten Soldaten ums Leben. Fünf Soldaten und der Gefangene überleben und müssen nun alles tun, um am Leben zu bleiben. Mit Mühe finden sie einen Unterschlupf, Wasser und etwas Nahrung. Alle Versuche, mit der Technik des Raumschiffes ein Hilfesignal ins Weltall zu senden, scheitern. Dumm auch, dass dieser Planet von anfangs unbekannten Wesen bewohnt wird, die den Gestrandeten nach dem Leben trachten und nach und nach die Soldaten töten. Am Ende müssen sich der letzte Soldat und der Gefangene darauf einigen, ob sie zusammen gegen die fremde Gefahr kämpfen, um zu überleben, oder ob der Gefangene gefesselt bleibt und beide somit untergehen.
Ist das nun Genre "Science Fiction" oder ist das "Horror/Fantasy"? In welche Schublade packen wir so eine Handlung?
Ganz nebenbei: Die Originalgeschichte ist in Wahrheit ein Western, spielt irgendwo im Südwesten der USA in einer Wüste, wo ein Gefangenentransport nach Yuma liegenbleibt und von einer feindlich gesinnten Apachentruppe Mann für Mann dezimiert wird. Ein paar Attribute des Settings geändert und schon landen wir in einer ganz anderen Schublade.
Deshalb meine Frage: Wird das Etikett "Genre" nicht völlig überbewertet?
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Tjana Reißwolf
Alter: 63 Beiträge: 1786 Wohnort: Inne Peerle
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19.01.2017 02:28
von Tjana
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Siegfried hat Folgendes geschrieben: |
Deshalb meine Frage: Wird das Etikett "Genre" nicht völlig überbewertet? |
Das wird es sicher, doch diese Schubladen gehören wohl zu den Regeln, wenn man veröffentlichen will.
Ich denke, ein Autor kann sich eher damit abfinden, wo seine Geschichte letztendlich landet, als damit, dass sie mit entsprechenden Veränderungen in ein Genre gepresst werden soll, um – vermeintlich - besser verkäuflich zu werden.
Bei solchem Verlagsansinnen kommt Wut und/oder Verzweiflung auf. Da gilt es dann die viel gelesene Entscheidung zu treffen: kündigen oder sich "verbiegen", wenn die (ob des Ansinnens erst mal verständlichen) Selbstzweifel denn überhaupt eine Entscheidung zulassen. Im besten Fall lassen sich Kompromisse finden.
_________________ Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein) |
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Belfort Klammeraffe
Beiträge: 641 Wohnort: tief im Herzen
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19.01.2017 09:40
von Belfort
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Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch gerade...
Eine solche "Genre-Änderung" würde ja eine völlige (!) Umarbeitung des Werks bedeuten, da ja, wie ich jetzt hier gelernt habe, ein Thriller ganz andere Genremerkmale hat als ein Liebesroman, die Geschichte ganz anders erzählt werden muss, ganz andere inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden.
Selbst, wenn ein Roman in der Genrespalte zwischen Liebesroman und Thriller klemmt und der Verlag ihn in die eine oder andere Richtung umarbeiten lassen will, wären die Änderungen gravierend...
@ZatMel: welches Genre hatte denn Dein jetziger Liebesroman vorher?
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Mika Schachtelkönig
Alter: 42 Beiträge: 1046 Wohnort: NRW
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19.01.2017 10:18
von Mika
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Belfort hat Folgendes geschrieben: | Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch gerade...
Eine solche "Genre-Änderung" würde ja eine völlige (!) Umarbeitung des Werks bedeuten, da ja, wie ich jetzt hier gelernt habe, ein Thriller ganz andere Genremerkmale hat als ein Liebesroman, die Geschichte ganz anders erzählt werden muss, ganz andere inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden. |
Also ohne da jetzt Ahnung von zu haben, würd ich mal naiverweise behaupten, dass es hier um Änderungen eher "dezenterer" Natur geht. (Hoffe ich zumindest, alles andere würd mich jetzt auch etwas arg wundern...)
Aus nem Psychothriller nen lockeren Liebesroman zu machen, macht wahrscheinlich so wenig Sinn wie ne historische Autobiografie eines Piratenfürsten 1738 in Sci-Fi-Horror zu verwandeln.
Ich denk mir nur, dass es bei einigen Werken nicht ganz so eindeutig ist und man in solchen Fällen dann den Kurs in die ein- oder andere Richtung vorgeben kann. Irgendwo ist ja durchaus jeder Roman ein Mix. Gibt Liebesgeschichten in Fantasy-Schinken und Drama-Histos und lustige Sci-Fi...
Ich hab zB (angeblich, hab zuletzt echt meine Testleser befragt) nen Mystery-Thriller, wobei mir hier in meiner AG gesagt wurde, das wäre eher Mystery-Horror. Letztendlich ist mir aber am Ende völlig egal, in welches Regal mans schiebt - hauptsache, der Inhalt kann halbwegs so bleiben. Und wenns im Rahmen ist (und im Rahmen der Story machbar wäre), würd ich zB ein "Mach mal noch mehr Horror und weniger Mystery, Mika" noch hinnehmen. Ein "Wir brauchen mehr Fun und weniger Drama, mach aus dem Thriller mal ne Horrorkomödie" würde mich dann eher... nicht so überzeugen. ;D
Glaub in so einem eher gravierenden Fall würd ich dann auch annehmen, dass der Verlag anscheinend irgendwie mein Exposé nicht richtig gelesen hat und mir etwas vera**** vorkommen. Ist ja nicht so, dass die komplett die Katze im Sack anfordern.
_________________ "If you don't know it's impossible it's easier to do."
- Neil Gaiman |
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ZatMel Eselsohr
Z
Beiträge: 438 Wohnort: Köln
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Z 19.01.2017 11:41
von ZatMel
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@Murmel:
Da mein MS im Startprogramm eines neuen ebook-Segments ist, war - zumindest mir - nicht klar, dass dort 4 Genres abgedeckt werden sollten. Das einig passende war Liebesgeschichten. Ich will gar nicht groß jammern, die Rückmeldungen von den Lesern sind gut. Und die meisten sind überrascht, dass ein Liebesroman so viel Tiefgang hat (denn eigentlich geht es um Trauerbewältigung).
So oder so: Genres braucht ein Leser, um zu wissen was er sich da an Geschichte ins Haus holt. Auch wenn sie nur ungefääääähr stimmen.
Ihr habt Recht, solange der Text nicht verformt werden soll/muss, ist das. Genre irgendwie auch nur halb-wichtig.
@belfort:
Tja, welches Genre... Es saß zwischen den Stühlen (Alter der Protas, Stränge mit Liebe, Spannung,...). Meine Agentur hat es als YA verkauft.
_________________ Entweder ist es ganz einfach, oder ganz und gar unmöglich. (S. Dali) |
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Beka Exposéadler
Beiträge: 2378
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19.01.2017 12:09
von Beka
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Siegfried hat Folgendes geschrieben: |
Nur ein Beispiel:
Ein Raumschiff mit einer Handvoll Soldaten und einem sehr gefährlichen Gefangenen strandet auf einem extrem öden Planeten. Beim Absturz des Raumschiffes kommen die meisten Soldaten ums Leben. Fünf Soldaten und der Gefangene überleben und müssen nun alles tun, um am Leben zu bleiben. Mit Mühe finden sie einen Unterschlupf, Wasser und etwas Nahrung. Alle Versuche, mit der Technik des Raumschiffes ein Hilfesignal ins Weltall zu senden, scheitern. Dumm auch, dass dieser Planet von anfangs unbekannten Wesen bewohnt wird, die den Gestrandeten nach dem Leben trachten und nach und nach die Soldaten töten. Am Ende müssen sich der letzte Soldat und der Gefangene darauf einigen, ob sie zusammen gegen die fremde Gefahr kämpfen, um zu überleben, oder ob der Gefangene gefesselt bleibt und beide somit untergehen.
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Völlig OT, aber hier die Story als SF:
https://de.wikipedia.org/wiki/Enemy_Mine_%E2%80%93_Geliebter_Feind
_________________ *Die Sehnsucht der Albatrosse*
*Das Geheimnis des Nordsterns*
*Die Tochter der Toskana*
*Das Gutshaus in der Toskana*
*Sterne über der Toskana*
*Der Himmel über Amerika - Rebekkas Weg*
*Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung*
*Der Himmel über Amerika - Leahs Traum*
*Anita Garibaldi - Ein Leben für die Freiheit*
*Bergleuchten* |
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Magpie Reißwolf
Alter: 48 Beiträge: 1263 Wohnort: NRW
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19.01.2017 15:15
von Magpie
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Siegfried hat Folgendes geschrieben: |
Deshalb meine Frage: Wird das Etikett "Genre" nicht völlig überbewertet? |
Ich denke, ich kann sehr gut verstehen, was du meinst. Wenn ich sage, ich schreibe SF, dann schreckt das viele ab, es sei nicht "ihr Genre". Dabei sind die Geschichten nicht zwingend anders als andere. Wenn man nicht gerade extrem technikverlibtes SF schreibt. Es geht um Menschlichkeit, um Gesellschaftskritik, um Missbrauch von Forschung oder Wissen, um Überwachung, um Liebe und Konflikt ...
Lesen sie die Bücher, sagen sie: oh, das ist ja gar nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe.
Ja, man könnte vieles davon auch in der Gegenwart oder Zukunft umschreiben (bis auf das auf die Forschung bezogene).
Ich selbst habe auch schon diesen Fehler bei einem Romance-Thriller gemacht, der mich dann positiv überrascht hat, als ich mich doch mal dran wagte. (Biancas Orkan! )
Hey, und Bekas Albatrosse wollte ich erst nicht lesen, weil ich aufgrund des Genres dachte, es sei zu schnulzig, und jetzt ist es eines meiner Lieblingsbücher!
Abgesehen davon ist die Grenze zwischen SF und Fatasy fließend: s. Star Wars.
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nothingisreal Papiertiger
Beiträge: 4002 Wohnort: unter einer Brücke
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19.01.2017 15:35
von nothingisreal
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Siegfried hat Folgendes geschrieben: |
Ein Raumschiff mit einer Handvoll Soldaten und einem sehr gefährlichen Gefangenen strandet auf einem extrem öden Planeten. Beim Absturz des Raumschiffes kommen die meisten Soldaten ums Leben. Fünf Soldaten und der Gefangene überleben und müssen nun alles tun, um am Leben zu bleiben. Mit Mühe finden sie einen Unterschlupf, Wasser und etwas Nahrung. Alle Versuche, mit der Technik des Raumschiffes ein Hilfesignal ins Weltall zu senden, scheitern. Dumm auch, dass dieser Planet von anfangs unbekannten Wesen bewohnt wird, die den Gestrandeten nach dem Leben trachten und nach und nach die Soldaten töten. Am Ende müssen sich der letzte Soldat und der Gefangene darauf einigen, ob sie zusammen gegen die fremde Gefahr kämpfen, um zu überleben, oder ob der Gefangene gefesselt bleibt und beide somit untergehen.
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SF. Wo soll da Fantasy herkommen? Zumindest aus dieser Beschreibung sehe ich keine. Es sei denn, die Bewohner des Planetens sind Vampire, die die Magie beherrschen
Abgesehen davon ist SF ein Untergenre und kann daher alles sein. SF-Horror, SF-Romance etc.
_________________ "Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6380 Wohnort: USA
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19.01.2017 15:53
von Murmel
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Es gibt halt kein schwarz und weiß, sondern alle Schattierungen. Die Sache ist nur so, dass wenn Krimi draufsteht, auch Krimi drin sein muss. Der Leser erwartet eine schwere Straftat, die von irgendjemandem aufgeklärt werden muss. Hast du eine Liebesgeschichte hinzugefügt, muss trotzdem der Krimi im Vordergrund stehen, denn ein Krimileser will keine 100 Seiten Schmachtszenen, sondern Ermittlungen lesen.
Umgekehrt will ein Fan des Liebesromans mit der Heldin mitleiden, wie sie das Objekt ihrer Begierde will, aber nicht bekommt. Kommt die Tante dabei um, ist das auch ok, vor allem wenn sie böse war.
Ich glaube, dass wir eher die Leser überschätzen, nicht alle, aber ein Großteil ist mit dem, was die Genres bieten, zufrieden.
_________________
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Niederrheiner Klammeraffe
N
Beiträge: 821
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N 19.01.2017 18:57
von Niederrheiner
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Belfort hat Folgendes geschrieben: | Eine solche "Genre-Änderung" würde ja eine völlige (!) Umarbeitung des Werks bedeuten, da ja, wie ich jetzt hier gelernt habe, ein Thriller ganz andere Genremerkmale hat als ein Liebesroman, die Geschichte ganz anders erzählt werden muss, ganz andere inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden. |
Z.B. die Kategorie "Roman":
Das kann man in der Belletristik fast immer drauf schreiben.
Bei Frank Schätzings Büchern steht z.B. nicht "Science Fiction" oder "Thriller", sondern "Roman" drauf.
Bei "Gone girl" und "Girl on the train" steht nicht "Thriller" oder "Psychothriller", sondern "Roman".
Das wäre für mich als Autor z.B. ein riesiger Unterschied, ob mein Thriller als Thriller verkauft wird oder als Roman.
Aber das ist z.B. Verlagssache, und zumindest die großen Verlage werden sich da nicht reinreden lassen und das erst festlegen, wenn der Vertrag längst unterschrieben ist.
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