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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Zehntausend 11/2016
Zu spät zur eigenen Beerdigung

 
 
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag01.12.2016 20:00
Zu spät zur eigenen Beerdigung
von Lapidar
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Zu spät zur eigenen Beerdigung

Die Stille hat sie geweckt. Hatte den unruhigen Schlummer, der angefüllt gewesen war mit wirren Träumen, aufgebrochen.
Langsam öffnet sie die Augen, während ihr Hirn mühsam versucht, die letzten wirren Fäden des Traums festzuhalten.
Sie setzt sich gerade hin und zieht die Jacke enger um sich.
Versonnen streichelt ihre Hand über das Material. Rauer Tweed. Ein Geruch nach Tabak und Irisch Moos.
Wie ist sie hierhergekommen? Wo will sie hin?
Sie erinnert sich an das gleichmäßige Geräusch des fahrenden Zuges.
Wie Herzen im Doppeltakt.

Solange das Herz schlägt und der Puls zu spüren ist, solange ist Leben vorhanden.


Die Herzen sind verstummt. Sie lauscht der Stille. Nein - nicht Stille, sondern ein Fauchen.
Abwartend. Feindselig.
Sie spürt ihr eigenes Herz heftig schlagen. Bis zum Hals.
Wo sind die Anderen?
Das Fauchen wird lauter, die Stille dahinter verdichtet sich.

Zögernd steht sie auf, zwingt die kalten Füße in ihre Pumps. Ihr fällt auf, dass die Strümpfe zerrissen sind.

Schwarze Seidenstrümpfe in hohen schwarzen glänzenden Lackpumps. Unter dem schicken Kleid Spitzenunterwäsche.

Sie schlüpft in die Tweedjacke. Viel zu groß für sie. Umhüllt von Irisch Moos und Tabakgeruch, nimmt sie ihre Handtasche und verlässt das Abteil.
Der Zug ist leer.
Hat sie bei der Ankunft so tief geschlafen, dass alle anderen Passagiere schon ausgestiegen sind?
Auf dem Bahnsteig wird das Zischen lauter. Dampf umhüllt sie.
Scheinwerfer im Nebel.
Schrilles Pfeifen. Die Dampflok setzt sich in Bewegung. Lauter Doppelpuls dröhnt in ihren Ohren. Der Zug verschwindet zischend im Nebel.

Sie läuft eine dunkle Straße entlang. Ihre Schritte hallen laut auf dem Pflaster.

Hammerschläge auf Metall.

Nacht.
Ein Wagen tauchte auf. Die Scheinwerfer blenden. Die Beifahrertür geht auf.
Der Geruch nach Irisch Moos und Tabak. Whiskey.
„Steig ein! Wir müssen los.“
Eine schemenhafte Figur, deren weißes Hemd fleckig in der Dunkelheit schimmert.

Nasses dunkles Blut.

Sie zögert.
„Los jetzt! Wir haben nicht ewig. Du kommst zu deiner eigenen Beerdigung zu spät.“
Das Radio knistert, es läuft ein alter Schlager.

Es fährt ein Zug nach Nirgendwo.


Der Motor des Wagens brummt vor sich hin, während das Licht der Scheinwerfer sich in rasender Geschwindigkeit durch die Dunkelheit frisst.
Irgendwann setzt Regen ein. Das gleichmäßige Klicken der Scheibenwischer verbreitet Schläfrigkeit. Sie lehnt den Kopf zurück und döst ein.

Wo bleibt die Spreizschere? … Los jetzt!


Sie schreckt hoch. Das Radio rauscht. Störungen.

Metallisches Kreischen. Sirenen.

Der Mann flucht.
Seine blutige Hand greift nach dem Drehknopf.
Das Kreischen wird lauter … Warnglocken … zu spät.
Stille.
* * *
Die Stille hatte sie geweckt, hatte den unruhigen Schlummer, der angefüllt gewesen war mit wirren Träumen, aufgebrochen. Langsam öffnete sie die Augen, während ihr Hirn mühsam versuchte, die letzten wirren Fäden des Traums festzuhalten.
Versonnen lächelte sie, als sie in ihre hochhackigen Pumps schlüpfte und aufstand, ihr Gepäck aus der Ablage hievte. Sie hatte sich extra schick gemacht. Die Veranstaltung heute würde den Durchbruch bedeuten. Zügig verließ sie den Zug und begab sich zum Ausgang.
Hoffentlich hatte er nicht zu lange warten müssen. Er wurde leicht übellaunig. Obwohl: Wenn er nicht das Hotelzimmer für die Übernachtung hätte sparen wollen, wäre es gar nicht soweit gekommen. Die knappe Zeitplanung hatte die Verspätung nicht mit eingerechnet. Aber das würde er nicht hören wollen. Noch war sie auf ihn angewiesen. Nach heute Abend wäre es anders.

Das Auto stand im Halteverbot vor dem Eingang. Sie öffnete die Beifahrertür. Ein Schwall von schalem Zigarettenrauch und Alkohol kam ihr entgegen. Sie zögerte. Sollte sie lieber ein Taxi nehmen? Es würde sie ihr letztes Bargeld kosten, aber …
„Schick schaust du aus. Ist das der Grund, warum du zu spät bist? Steig schon ein. Los jetzt. Ich hab meine Zeit nicht gestohlen.“
Noch konnte sie zurück.
Die Gewohnheit siegte. Sie würde diese letzte Fahrt durchstehen. Nach der Vorstellung würde sie ein Taxi nehmen und ihn nie wiedersehen. Seine Launen und Ungerechtigkeiten hinter sich lassen.
Sie schloss kurz die Augen, sammelte sich und stieg ein.
„Wird auch Zeit. Du kommst nochmal zu deiner eigenen Beerdigung zu spät.“
Er fuhr los. Viel zu schnell. Aggressiv hupte er sich seinen Weg durch den Verkehr. Als er das Radio anmachte und einen Sender suchte, fuhr er beinahe in einen entgegenkommenden Wagen.
„Hornochse! Pass doch auf“
Sie schloss die Augen. Es regnete. Die Scheibenwischer zischten im Takt zu „Hear my train a coming“.
* * *
Die Stille hat sie geweckt, hatte den unruhigen Schlummer, der angefüllt gewesen war mit wirren Träumen, aufgebrochen. Langsam öffnet sie die Augen, während ihr Hirn mühsam versucht, die letzten wirren Fäden des Traums festzuhalten.
Sie will sich aufsetzen. Wie ist sie hierhergekommen? Wo will sie hin?
Sie hört ein regelmäßiges Pochen.
Solange das Herz schlägt und der Puls zu spüren ist, solange ist Leben vorhanden.
Scheinwerfer im Nebel.
Ein Zischen.
Schwarze Seidenstrümpfe in hohen schwarzen glänzenden Lackpumps. Unter dem schicken Kleid Spitzenunterwäsche.
Schrilles Pfeifen.
Sie läuft eine dunkle Straße entlang. Ihre Schritte hallen laut auf dem Pflaster.
Hammerschläge auf Metall.
Das gleichmäßige Klicken der Scheibenwischer verbreitet Schläfrigkeit. Sie lehnt den Kopf zurück und döst.
Wo bleibt die Spreizschere? … Los jetzt!
* * *
Der Zug ist stehen geblieben. Langsam öffnet sie die Augen, während ihr Hirn mühsam versucht, die letzten wirren Fäden des Traums festzuhalten. Ein Lautsprecher knackst:
„Geehrte Damen und Herren. Auf der Strecke vor uns hat sich ein Zwischenfall ereignet. Dadurch verspätet sich unsere Ankunft. Wir bitten Sie, den Zug nicht auf freier Strecke zu verlassen.“
Der Mann ihr gegenüber nimmt seine ungerauchte Pfeife aus dem Mund und meint: „Hoffentlich haben Sie nichts Wichtiges geplant. Das kann länger dauern.“
Sie atmet den Duft von Irisch Moos und Tabak ein und lächelt höflich. „Sind Sie Hellseher?“
Der Mann im Tweedanzug lächelt zurück. „Nein, aber Ihre Kleidung deutet auf ein Date hin. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau freiwillig solche hochhackigen Pumps auf einer Zugreise anzieht, wenn sie nicht sofort im Anschluss eine Verabredung hat.“
„Sie haben Recht, ich hätte heute noch eine Vorstellung gehabt. Die fällt nun wohl aus. Mein Manager wird toben.“ Ihr wird flau im Magen.
„Sie sind Künstlerin?“
„Sängerin, Blues. Das hätte heute mein Durchbruch werden sollen. Wer weiß, wofür es gut ist.“
Sie zückt ihr Smartphone und sendet ihrem Manager eine Nachricht.: „Sorry, Zug hat Verspätung. Schaffe es nicht mehr.“ Sie fühlt sich befreit, ihr Herz schlägt kräftig und stark.
* * *
Sie träumt:
Vom Zischen der Beatmungsmaschine und dem Piepsen des Überwachungsgerätes.
Solange das Herz schlägt und der Puls zu spüren ist, solange ist Leben vorhanden.
Sie wird noch zu spät zur eigenen Beerdigung kommen.

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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag01.12.2016 23:04

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,
ein interessanter Text, der immer wieder neu startet. Das Thema Niemandsland ist sehr implizit, aber deutlich als das Niemandsland zwischen Leben und Tod. Der letzte Absatz erklärt dann fast zu viel für meinen Geschmack.

Ob's für Punkte reicht kann ich noch nicht sagen, denn das ist erst der dritte Text, den ich gelesen habe. Aber sehr gerne gelesen. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass der einige Punkte bekommt.


Nach langer Überlegung, ewigen Vergleichen, alles vergessen und immer wieder von vorne beginnen wie neu, meine endgültige Wertung: Du landest auf Platz zwei, 10 Punkte. Aber nur, weil zwei Texte, die ich eigentlich besser fand, die Vorgaben nicht genau erfüllen.


_________________
Hang the cosmic muse!

Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills …
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Seraiya
Geschlecht:weiblichMondsüchtig


Beiträge: 924



Beitrag02.12.2016 16:05

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo Inko,


Leider schaffe ich es nicht alle Texte so zu kommentieren, wie ich es gerne würde.
Der Text hat es mir nicht leicht gemacht. Ich suchte das Thema "Niemandsland" und fand Stille, eine andere Assoziation blieb mir verborgen. Vielleicht habe ich den Text auch einfach nicht richtig verstanden. Embarassed Die Form gefällt mir gut und auch gefallen hat mir die Idee.

Keine Punkte, weil auch dieser Text nichts bei mir hinterlassen hat.


LG,
Seraiya
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag04.12.2016 02:17

von Constantine
Antworten mit Zitat

Bonjour,

für mich leider zu wirr zu lesen. Dieser abgehackte Erzähl-Stil erinnert an die Machart von Filmen. Kann reizvoll sein, aber hier komme ich leider nicht in die Geschichte rein, bekomme kein Gespür für die Prota. Beim Lesen haut es mich oft raus.

Es tut mir leid, du hast es nicht in meine Top Ten geschafft: zéro points.

Merci beaucoup,
Constantine
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Heidi
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1425
Wohnort: Hamburg
Der goldene Durchblick


Beitrag05.12.2016 21:15

von Heidi
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Deine Sängerin befindet sich im Niemandsland, sie liegt im Koma - sehr dramatisch umgesetzt durch einen Zugunfall. Das Motto ist nur sehr zart angelegt, kaum wahrnehmbar, lediglich durch die Wiederholung der Gerüche und dem Bild von den "Traumfäden" kann ich es mir zusammenreimen.
Gut, es ist da könnte ich jetzt sagen, aber es gibt andere Geschichten, bei denen das Motto sehr viel deutlicher zum Ausdruck kommt, ich es beim Lesen regelrecht empfinden konnte, wie ein Ringen darum, weiterzumachen, zu scheitern, um wieder weiterzumachen usw. In deiner Geschichte kommt das nicht in der Eindringlichkeit und Deutlichkeit heraus, wie ich mir das von einem "herausragenden" Text wünsche.  
Wenn ich die Geschichte betrachte, ohne auf die Vorgaben Rücksicht zu nehmen, gefällt sie mir durchaus. Dein unaufdringlicher, klarer Schreibstil lässt es zu, dass ich sie in einem Rutsch lesen kann, ohne groß über etwas zu stolpern, auch finde ich einige schöne Bilder darin.
Allerdings wird sehr schnell klar, was mit deiner Protagonistin los ist, das trägt wiederum nicht zur Spannung bei, was aber meiner Meinung nach bei deiner gewählten Erzählform wichtig wäre.
Zusätzlich zu einer eindringlichen Mottoumsetzung fehlt mir auch das gewisse etwas, also - ich nenne es mal -, eine stilistische/inhaltliche Besonderheit, die den Text von den anderen abhebt, ihn in mein Gedächtnis einschweißt. Mit anderen Worte: Mir fehlt das Ungefügige.
Leider keine Punkte.
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Oktoberkatze
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 58
Beiträge: 314

Ei 1 Ei 9


Beitrag07.12.2016 00:21

von Oktoberkatze
Antworten mit Zitat

Thema: sehe ich gut umgesetzt im Zustand zwischen Leben und Tod
Motto: sehe ich sowohl formal als auch inhaltlich gut umgesetzt
Inhalt: sehr intensiver Text mit starken Bildern
Fazit: sehr gern gelesen, der Text hat mich in seinen Bann gezogen, 5 Punkte


_________________
Die meisten Denkmäler sind innen hohl
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Literättin
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 58
Beiträge: 1836
Wohnort: im Diesseits
Das silberne Stundenglas Der goldene Roboter
Lezepo 2015 Lezepo 2016


Beitrag08.12.2016 17:04

von Literättin
Antworten mit Zitat

Ich weiß nicht, wie oft ich diese Geschichte jetzt gelesen habe, um zu kapieren, dass all diese immer wieder neu ansetzenden Szenen wohl quasi der in immer neuen Variationen durchgespielte Traum der Protagonistin ist, die nach einem Unfall (mit dem Auto vor den Zug?) auf der Intensivstation liegt: Solange noch ein Puls da ist und so.

Was mich sehr durcheinander gebracht hat, ist dieses überwiegende Film-Noir Bild der schicken Frau in Pumps in dieser Lok aus dem letzten Jahrhundert, denn keine Diesel- oder E-Lok schnauft in einem solchen Doppel-Herz-Takt. Und dann die Spreizschere, die mir ein eher aktuelles Feuerwehr-Notfall-Bild einspielte und dann das Handy.

Was mich rausgebracht hat. Der zu oft wortgleiche neue Ansatz mit verwirrenden Variablen, bei denen ich kaum mehr unterscheiden konnte, wo sie denn jetzt gerade ist (und es kann sein, dass ich diesen Fehler selbst im eigenen Text eingebaut habe: diese Gleiche und dann verwirrend leicht variierte). Und es hat mich dieses "Wie Herzen im Doppeltakt" rausgebracht, das mir einen alten Schlager ins Gehör spülte, den ich entschieden mit Kitsch in Verbindung brachte, ohne dass ich Lust hatte, ihn richtig zu sortieren.

Warum er für mich persönlich (und ich möchte hier die Geschmackssache betonen) nicht funktioniert hat, ist, dass mir diese Schöne in Pumps und Spitzenunterwäsche fremd blieb, nicht nah kam. Erst dachte ich kurz an eine Adaption des Endes von Anna Karenina, aber es wurde eine irgendwie sehr kühl und distanziert bleibende Blues-Sängerin die in einer beinahe Werbeslogan tauglichen Herrenduftwolke durch die Geschichte schwebte.

Das Niemandsland: ein bisschen schwer auffindbar - ich schätze, es ist der Dämmer-Traumzustand auf Intensivstation. Der Neubeginn versteckt sich ebenso: Es scheint in der Beziehung zu Herrn Irish Moos und Tabak etwas Schwerwiegendes nicht zu stimmen und diese neigt sich wohl dem Ende zu. Das Vergessen und der Neubeginn, sie stehen wohl bevor.

Eigentlich will mir diese Geschichte ja gefallen und doch werde ich nicht so recht warm mit ihr.
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hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4292

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag09.12.2016 21:49

von hobbes
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Hm. Das ist jetzt so ein Text, zu dem mir nicht allzuviel einfällt. Was schön ist an ihm: Er beantwortet nicht gleich jede Frage, die er stellt. Das mag ich, aber hier funktioniert es für mich trotzdem nicht. Könnte auch Geschmackssache sein, mir ist das eine Spur zu rührselig, obwohl ich das Wort jetzt fast ein wenig überzogen finde. Und mich frage, woran ich das überhaupt festmache, vielleicht an Kleinigkeiten, dass du Worte wie Schlummer verwendest oder dass es gerade Tweed, Tabak und Irisch Moos sein muss. Dass die Stille faucht. All sowas.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag10.12.2016 14:27

von Jenni
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Jemand wacht auf und weiß nicht wo er - sie in diesem Fall - ist. Das ist einer dieser vieldiskutierten Klischee-Anfänge, da fragt man sich, ob das an dieser Stelle ironisch gemeint ist. Der Text immerhin spielt dann mit diesem Aufwachen, immer wieder wacht die Protagonistin auf und durchlebt ähnliche aber nicht gleiche Sequenzen, immer darauf hinauslaufend, dass sie beinahe gestorben wäre, dem Tod knapp entkommen ist. Am Ende gehe ich davon aus, die Figur ist tatsächlich gerade so dem Tod entkommen, und es sind so eine Art komatöse Träume, die sie immer wieder durchleben lassen, was passiert ist und was hätte passiert sein können.
Ich mag das als Überlegungen und wie es aufgebaut ist, als Variationen eines Themas, auch die Stimmung darin, die durchaus die Vorstellung eines Niemandslandes vermittelt im Sinne der Surrealität dieser "belebten" Orte an denen in Wahrheit nur sie allein in ihrer Vorstellung sich befindet. Thema und Vorgabe sehe ich also umgesetzt.
Sprachlich spielt sich das noch nicht da ab, wo du scheinbar hinwillst. Oder hoffentlich hinwillst. Anders, sprachlich wird das dem Inhalt und der Form noch nicht so gerecht. Falsch angewendeter Plusquamperfekt gleich im zweiten Satz (unter anderen Bedingungen hätte ich an der Stelle nicht weitergelesen), und so ein paar Formulierungen in der Art des bis zum Hals schlagenden Herzens etc. Herzen im Doppelpack, oh je.
Aber da kommst du hin, du probierst etwas, das mag ich.

4 Punkte.
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weltensegler
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 85
Wohnort: Nürnberg


Beitrag12.12.2016 11:54

von weltensegler
Antworten mit Zitat

Dein Text will sich mir irgendwie nicht richtig erschließen.

Hier ein Zeitsprung?: "Nacht. Ein Wagen tauschte auf. Die Scheinwerfer blenden.."

Unfreiwillig komisch? : "Sie verließ zügig den Zug..."

Leider keine Punkte von mir
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Michel
Geschlecht:männlichBücherwurm

Alter: 52
Beiträge: 3379
Wohnort: bei Freiburg
Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
Der silberne Durchblick Der silberne Spiegel - Prosa
Silberne Neonzeit


Beitrag12.12.2016 13:49

von Michel
Antworten mit Zitat

Mehrere Versionen? Mehrere Visionen?
Sich wiederholende, teils in Stakkato geschilderte Abläufe. Ein Zugunglück, irgendwo, ein Auto, dass eine Frau in hohen Schuhen abholt. Ein Fremder. Durcheinandergewürfelt, permutiert, erneut durchgespielt. Ein Spiel mit dem Unklaren.
Ich weiß nicht, warum mich dieser Text genau anspricht, aber er tut es - bis zur letzten Permutation, die so etwas wie eine Auflösung des Rätsels enthält und der Geschichte dadurch etwas von ihrem Reiz stiehlt.
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rieka
Geschlecht:weiblichSucher und Seiteneinsteiger


Beiträge: 816



Beitrag12.12.2016 14:18

von rieka
Antworten mit Zitat

Interessante Idee. Prota befindet sich im Raum zwischen Leben und Tod, befindet sich in der Unklarheit, wird sie sterben, oder ins Leben zurückfinden. Befindet sich im Niemandsland.
Ich hatte etwas Schwierigkeiten, die Szenen zuzuordnen. Worin besteht die Realität der Prota, worin der ‚Traum‘. Aber so könnte es sich abspielen, stelle ich mir vor, in diesem Niemandsland .
Ein wenig zu lebendig ging es mir nach meinem Geschmack, nach meinem Begriff von Niemandsland, dort doch vor. Viel Action, schwach nur Gefühl. Damit meine ich, das Empfinden der Prota dringt wenig zu mir durch. Könnte an mir selbst liegen, an meinen Vorurteilen? Vielleicht ist das Sterben ja eine viel aufregendere Sache, eine viel weniger Angst auslösende Sache, als ich denke? Autor, Inco, du gibst mir zu denken.
Zu Punkten hat’s bei der Menge an guten Texten knapp nicht gereicht.
0 Punkte
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag12.12.2016 17:07

von Lapidar
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Was soll ich sagen?
Sicherlich sind wieder Schreibfehler drin, die Kommas sitzen falsch.
Schlimmer ist: der Text ist platt und vorhersehbar. Eigentlich solltest du dich schämen, immer wieder zu denken, du könntest sowas. Denn du kannst es nicht.
Aber: versuchen kann mans ja smile


_________________
"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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Piratin
Geschlecht:weiblichExposéadler

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Beiträge: 2186
Wohnort: Mallorca
Ei 2


Beitrag12.12.2016 18:15

von Piratin
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Hallo Inko,

erinnert mich ein wenig an "Lola rennt", denn verschiedene Optionen führen zum selben Ergebnis - außer einer. Schöne Umsetzung des Themas und 6 Punkte,
viele Grüße
Piratin


_________________
Das größte Hobby des Autors ist, neben dem Schreiben, das Lesen.
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tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag12.12.2016 22:57

von tronde
Antworten mit Zitat

Hallo!
Schöne Geschichte.
Niemandsland: Zwischen Leben und Tod hängen? Mmh. Oder das Niemandsland vor einer Entscheidung/zwischen den Alternativen? Mmmh.
Motto umgesetzt.
Wohl in den Punkten.

Liebe Grüße
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bamba
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 201



Beitrag13.12.2016 15:34

von bamba
Antworten mit Zitat

Musste den Text mehrmals lesen, blieb auch danach etwas ratlos. Mir gefällt der Stil. Doch alles wird nur angedeutet, was ich gerne näher erfahren hätte. Eine Beziehung vor dem Aus und ein Unfall?, wieso wird dem Leser dies vorenthalten? Nur umschrieben, so finde ich kein Interesse daran. Dafür erfahre ich von Spitzenunterwäsche unter dem schicken Kleid, als würde diese eine Rolle spielen. Sorry, keine Punkte.
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Tjana
Geschlecht:weiblichReißwolf

Alter: 63
Beiträge: 1786
Wohnort: Inne Peerle


Beitrag14.12.2016 15:55

von Tjana
Antworten mit Zitat

Hmm, den Text kriege ich nicht auf die Reihe.
Zitat:
Hammerschläge auf Metall.

Hat mich an Anna Karenina denken lassen. Die Szene am Gleis, kurz bevor sie vor den Zug springt.

Dreimal neue Ansätze. Wiederholungen mit  leichten Veränderungen. Das Prinzip von Lola rennt? Oder alles nur Träume?
Die Bedeutung der Spreizschere erschließt sich mir gar nicht. Und wem gehört nun die Tweedjacke?
Ich bleibe verwirrt


_________________
Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach Gefühlen, die sie ins uns auslösen
In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten (Albert Einstein)
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Lionne
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 49
Beiträge: 452

Ei 8


Beitrag15.12.2016 16:11
Re: Zu spät zur eigenen Beerdigung
von Lionne
Antworten mit Zitat

Meine subjektive und sehr kurzgefasste Meinung: mag ich smile Das Verschwimmen von Traum und Realität gefällt mir und den Titel finde ich besonders reizvoll.

_________________
Wenn wir in uns selbst ein Bedürfnis entdecken, das durch nichts in dieser Welt gestillt werden kann, dann können wir daraus schließen, dass wir für eine andere Welt erschaffen sind.
C.S. Lewis
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Municat
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 56
Beiträge: 353
Wohnort: Zwischen München und Ingolstadt


Beitrag15.12.2016 17:07

von Municat
Antworten mit Zitat

Lieber Unbekannter Autor wink

Sie wird noch zu spät zu ihrer eigenen Beerdigung kommen. Warum? Weil sie nicht stirbt, würde ich sagen! Wobei es mehrere Wege gibt, die man in Deinen Text interpretieren kann. Wäre sei getorben, wenn der Zug keine Verspätung gehabt hätte, weil sie zu ihrem alkoholisierten Manager ins Auto gestiegen wäre und der in seiner Rabauken-Fahrweise einen Unfall verursacht hätte? Andererseits glaube ich schon, dass sie an dem Unfall beteiligt war (wum einen wegen der Spreizschere, zum anderen wegen der Beschreibunb ihrer Klamotten, die klingt, als hätte das ein Rettungssanitäter so aufgenommen).

Man könnte sogar ein Zeitparadoxon in die Zeilen spinnen: Der Zug hat Verspätung, weil ein Irrer mit seinem Auto in die Gleise gefahren ist. Die Erzählerin könnte in beiden Fahrzeugen sitzen - im Zug oder im Auto (oder schrägerweise beides ... in zwei verscheidenen Zeitlinien).

Den Irish Moos-Fahrgast sehe ich als eine Art Schutzengel, der über das Schicksal der Erzählerin entscheidet.

Umsetzung der Vorgaben

Das Niemandsland könnte hier eine Zone zwischen zwei Zeitlinien sein oder (wenn das nur meine verschribene Interpretation war und vom Autor gar nicht so gedacht) der Übergang zwischen Leben und Tod - der Moment, an dem sich entscheidet, ob ihre Beerdigung stattfinden wird oder nicht.

Ein Neuanfang ist bei beiden Interpretationen gegeben.

Eine Bewertung gebe ich erst ab, wenn ich alle Texte kommentiert habe.


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Gräme dich nicht, weil der Rosenbusch Dornen hat, sondern freue dich, weil der Dornbusch Rosen trägt smile
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holg
Geschlecht:männlichExposéadler

Moderator

Beiträge: 2396
Wohnort: knapp rechts von links
Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag16.12.2016 16:31

von holg
Antworten mit Zitat

Ist das Sterben?
Traum folgt auf Traum im Traum. In Erinnerung an einen Traum, dessen variierende Szenen verraten, was geschah?
Ist das das Niemandsland? Traumkaskaden im Rhythmus des Beatmungsgerätes im Übergang vom Leben zum Tod?


_________________
Why so testerical?
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lilli.vostry
Wortschmiedin


Beiträge: 1219
Wohnort: Dresden


Beitrag16.12.2016 18:42
aw:
von lilli.vostry
Antworten mit Zitat

Hallo,

aus Zeitgründen nur eine kurze Antwort (später gerne mehr von mir), um befedern, bewerten zu können.

Ein absurder Titel für eine ebenso abgründig-groteske Geschichte, die Idee ist gut und auch flüssig geschrieben. Liest sich wie ein Albtraum, ein bisschen Psychothriller oder geistige Verwirrtheit der Hauptfigur, die nicht weiß wo sie sich befindet. So richtig erschließt bzw. verstehe ich den Text leider nicht, auch den Schlussatz.
Braucht es wahrscheinlich mehr Zeit dazu. Sorry.

Einen Punkt gebe ich Dir.

Viele Grüße,
Lilli


_________________
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Sam Violett
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
S

Alter: 37
Beiträge: 10
Wohnort: Dortmund


S
Beitrag16.12.2016 19:26

von Sam Violett
Antworten mit Zitat

An sich eine sehr interessante Geschichte, ich fand das hin und her jedoch irriterend
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