|
|
Autor |
Nachricht |
Uwe Helmut Grave Opa Schlumpf
Alter: 69 Beiträge: 1016 Wohnort: Wolfenbüttel
|
19.11.2016 11:42 Götterdunkel - von Alexander Naumann von Uwe Helmut Grave
|
|
|
Götterdunkel – von Alexander Naumann
(Mit Rücksichtnahme auf die ältere Generation verfasse ich diese Rezension in Grossschrift U.H.G.)
Der Autor ist zweifelsohne ein heller Kopf. Laut seiner Vita studiert er Indologie und vorislamische Archäologie, und er beschäftigt sich mit Fantasy, Mythen und Sagen, Hinduismus und Buddhismus. Sein Intellekt hat ihm das Schreiben des Romans sicherlich sehr erleichtert, mir aber das Lesen mitunter erschwert. Insbesondere die Anfänge gestalteten sich für mich viel zu „lehrreich“ – sprich: zähflüssig; salopp ausgedrückt: zu viel Priesterkasten- und Götterkrams für meinen (persönlichen) Geschmack. Klar, der Schreiber musste den Lesern erst einmal einige Zusammenhänge erklären, damit man die Story an sich überhaupt begreift – man muss verstehen, wie Strukturen, die zum Schluss hin im wahrsten Sinne des Wortes in Stücke gehauen werden, zusammengesetzt sind, damit man den Zerstörungsakt besser genießen kann … aber etwas mehr Spannung, Aufregung hätte ich mir gleich eingangs gewünscht.
Als dann eine Gruppe aufbrach, um nach einer göttlichen Standarte zu suchen, hoffte ich, jetzt geht es mit der Spannung endlich los, und in der Tat fühlte ich mich anfangs gut unterhalten – denn die langen Fußmärsche und geheimnisvollen Entdeckungen sowie die Begegnungen mit allerlei seltsamen Leuten erinnerten mich an meine Zeiten als Science Fiction-Autor, an Entdeckungstouren auf fremden bewohnten Planten, und dieser ganze Dämonenkrams weckte ohnehin Assoziationen zu meinen Gespenstercomics. Doch dann wiederholte sich vieles, und ich fragte mich: „Was denn? Geht das jetzt bis zum Buchschluss so weiter?“
Glücklicherweise nicht, denn nachdem die Standarte gefunden wurde, nahm der Roman endlich Fahrt auf. Der Hauptprotagonist begann, das, woran er bisher unverbrüchlich geglaubt hatte, allmählich anzuzweifeln; zudem war ein guter Freund mittlerweile zu seinem schlimmsten Feind geworden. Neue Freunde brachten ihn dazu, seine bisherige Weltanschauung/Religion zu überdenken – aber meinte man es wirklich gut mit ihm? War er nicht immer nur das Werkzeug von anderen? Beim Nachvollziehen seiner verstörten Gedankengänge kam mir das anfänglich „eingeimpfte“ Wissen zugute (prima, wenigstens hatte ich mich nicht umsonst da durchgearbeitet), und es hilft einem auch, die sich zum Ende hin häufenden Kämpfe bzw. deren Anlässe besser nachzuvollziehen – wobei Irrtümer vom Autor beabsichtigt sind; er läuft jetzt zur Hochform auf und führt den Leser immer wieder aufs Glatteis, bis man so verwirrt ist, dass man gar keinem mehr traut.
Besonders gut gefielen mir philosophische Betrachtungen – wie beispielsweise diese hier, zu herrischen Göttern, die ihre Gläubigen immerhin beschützen: „Eine wohlmeinende Tyrannei also. Besser im Haus eines gewalttätigen Vaters leben, als in der Wildnis von den Wölfen gerissen zu werden.“
Von nun an fühlte ich mich bis zum originellen Ende gut unterhalten, zumal sich die Handlung immer phantastischer gestaltete – und genau das hatte ich als Leser meines ersten umfangreichen Fantasy-Romans erwartet. Insgeheim bewunderte ich den Schreiber dafür, dass er ein derart „dickes“ Buch verfasst hat, denn meine eigenen Werke enthielten stets sehr viel weniger Text. Natürlich weiß ich, dass es noch „fetter“ geht, z. B. mit Trilogien. Doch, ehrlich gesagt, ich war noch nie ein Freund von monströsen Fortsetzungswerken. Für „Götterdunkel“ ist auch offenbar keine geplant, schließlich wurde alles gesagt/geschrieben, was es zu sagen/schreiben gibt. Die interessantesten Figuren hat der Autor beseitigt, Etliches wurde kaputtgemacht … diese Geschichte ist zweifelsohne auserzählt.
Noch was Negatives zum Schluss: Als ehemaliger Korrektor/Lektor bin ich orthographische Fehler betreffend sehr pinselig, und meist ist es die Zeichensetzung, an der viele Autoren scheitern. Hier ist das nicht der Fall, woraus ich ersehe, dass der Autor sein Handwerk beherrscht und die leider etwas zu häufigen (Tipp-)Fehler in erster Linie auf Flüchtigkeit zurückzuführen sind. Ein Satz wie „Sie faste ihn am Kraken“ ist für mich somit kein Beweis, dass er strunzdumm ist – er weiß garantiert, dass „fasst“ mit ss geschrieben wird und dass niemand einen Oktopus um den Hals trägt (auch nicht in der Fantasy-Modewelt) –, er hat lediglich beim Korrigieren nicht genau hingeguckt; im Klartext: geschlampt. Ein unbeteiligter Dritter sollte sich den Text unbedingt noch einmal ansehen und derlei Fehlgriffe ausmerzen. (Und bevor du mich fragst, Alexander: Ich bin im Ruhestand und entsetzlich faul!)
Noch eine Schlussanmerkung: Der Titel „Götterdämmerung“, äh „Götterdunkel“ ist schlichtweg genial – sicherlich wird das Buch verstärkt von Wagner-Anhängern gelesen.
_________________ U.H.G. - Freude am Lesen
"Wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich!" - "Aber er hat ja gar nichts an!" (Hans Christian Andersen) - Die Welt ist anders(en) als sie es dir erzählen. |
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Empfehlung | Buch | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|