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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag22.08.2016 08:47

von BlueNote
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Die Geschichte zu erzählen von einer Frau, die erstarkt und tatsächlich ihren Weg geht (vor allem wenn sie einen so ungewöhnlichen Weg geht), wäre durchaus interessant zu erzählen. Und sie genau so weiter zu erzählen ("lösungsorientiert"), hat ebenso eine große Berechtigung, obgleich ich das im Moment noch als "Vorgriff" empfinden würde. Meine Geschichte beinhaltet dieses "Erstarken" nicht wirklich, die Probleme (mit der Umgebung, mit dem Bewerten beispielsweise) sind noch nicht gelöst, sondern weiter existent. Eine Problemlösung sollte lediglich als Möglichkeit in Aussicht gestellt werden (d.h. dass man sich klar wird, dass es sie gibt!).

Das Thema "Bewerten" rückt so aber ziemlich in den Hintergrund und was es bei einem Menschen wie der Protagonistin bewirkt. Oder wie jemandem zu helfen ist, der auf diese Weise in eine Sackgasse geraten ist. Die message wäre: jeder muss seinen Weg selbst gehen. Aber dazwischen würde mir etwas fehlen: Wie komme ich dazu, meinen eigenen Weg zu gehen? Diese Überlegungen wären dann übersprungen worden, aber genau das ist die Frage, die zumindest mich beschäftigt und der Anlass war für mich, den Text überhaupt zu schreiben.
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Leon_
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 25
Beiträge: 20



Beitrag23.08.2016 16:43

von Leon_
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:

Zitat:

Es ist aber auch frustrierend, in dem ganzen, ganz nett wirkenden Gefasel, keinen Interpretationsansatz zu finden, wo du es doch als Sozialkritik einstufst.

Aber was erwartest du noch als "Interpretationsansatz", wenn selbst der fiktionale Autor der Geschichte offen seine Intention ausspricht? Wie weit soll man denn noch gehen (mit den Interpretationsmöglichkeiten)?


Ich erwarte einen Interpretationsansatz, irgendeinen. Denn so ist es zu allgemein. Du gibst uns Leser einen Charakter, der sich sozial zurück zieht. Der lesbisch ist. Und unsicher. Vielleicht für immer resigniert hat(was ich nicht glaube). Aber wie es weiter geht? Naja, darauf willst du ja nicht hinaus. Wichtig zu sagen wäre hier vielleicht noch, dass sich der Weg der Frau, der vielleicht (!) nicht ihrem Willen entspricht, sich von selbst weiterentwickeln wird. Und wenn du darauf hinauswillst, dass der Leser kein Happy End erwarten sollte und sich alle Probleme wohl noch weiter hinziehen werden, dann ist das auch zu schwammig, eine zu lasche und substanzlose Kritik.

Der Betrachter bewertet nicht, das alles super ("paletti") ist, er weiß nichts damit anzufangen, weil die Prota sich eben meist nur passiv beteiligt und man eine Geschichte lesen will, und nicht nur erfahren möchte dass es der Prota schlecht geht. Es ist nicht die Aufgabe des Lesers, selbst  die Geschichte weiterzukonstruieren, wenn damit keinem Sinn außer der Förderung der Kreativität gedient ist, was ebenfalls nicht der Fall zu sein scheint.

So bleibt noch die komplex verpackte, aber entpackt banale Frage, was aus Menschen wird, die ständig einer negativen Wertung ausgesetzt sind.
Ob Wertungen gut oder schlecht sind, wer wertet und wem damit ein Nutzen oder Schaden zukommt. Dinge, die für viele (vor allem jene Intellektuelle, die du durch deinen mehr oder weniger anspruchsvollen Text erreichen willst) offensichtlich und nicht interessant sind, noch viel mehr aber nur situationsspezifisch geklärt werden können.
Wenn du wirklich eine Frage in diese Richtung auf die Beine stellen willst, die nachdenken lässt, dann solltest du dem Leser vor allem das Gefühl geben, selbst nicht mehr zwischen Richtigem und Falschem unterscheiden zu können. Dann wird es interessant. Aber dazu muss man eben auch eine bestimmte Situation konstruieren.

Den Wertenden zu hinterfragen ist hier unmöglich oder zu simpel (wenn man sich selbst mit einfachen Antworten zufrieden gibt), die Wertungen im eigenen Leben zu hinterfragen vielleicht ganz nett, aber ein unbegrenztes und deswegen für den faulen Leser zu schwer zu erkundendes Feld, das hier eröffnet wird. Da will man dann doch etwas Handfestes haben. Wertungen generell als Sache an sich zu hinterfragen, ist unsinnig, da Wertungen nunmal Bestandteil unseres Lebens, unserer Natur sind. Wir können so objektiv wie möglich sein, doch wir bleiben gefangen in unserer Subjektivität, wie die Philosophie schon mehr als genug verdeutlicht hat. Damit muss man eben umgehen oder leben.

Der Leser wird damit stehen gelassen, im Dunkeln stochern zu müssen (wenn er das will), Hypothesen aufzustellen, die nicht ausreichend im Text belegt werden können, oder Dingen nachzugehen, die vielleicht Licht dort ins Dunkel bringen können, wo noch Unklarheit über gängige soziale ud psychologische Konzepte herrscht.

Wenn dieses Gefühl der Unklarheit das Einzige ist, was du erreichen möchtest, dann beeindruckt es zunächst, weil man wirklich nichts Konkretes mit dem Text anfangen kann (wobei er doch viel Potenzial bietet), aber letztlich enttäuscht es, weil hinter diesem Gefühl kein inhaltliches Fundament, sondern nur die weite Welt von möglichen Fragen steht.

Abseits davon möchte ich mich zum Erzähler äußern(der ja seine Intention so hervorragend unbefriedigend zum Besten gibt):

Aufgrund deiner Begeisterung für die Interpretation der Verstrickung des Erzählers in Richtig und Falsch möchte ich hier sagen: Der Erzähler ist kein bisschen verstrickt, und für mich fast neutral, da er nur die Wertungen der Figuren wiedergibt. Letztlich wirkt er nur weniger neutral, da er selbst total überfordert mit dieser Geschichte zu sein scheint.

Wie auch immer. Es ist eine Geschichte ohne Aspekte, die wirklich beleuchtenswert sind, wenn du den emotionalen Aspekt rausstreichen willst, was der Text aber schon selbst getan hat.

Du willst dort mehr reininterpretieren, als dort ist. Zwanghaft versuchen, dem Emotionalen auszuweichen. Das funktioniert hier nicht. Denn mehr als Empathie für die Protagonistin ist hier nicht zu holen.


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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


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Beitrag23.08.2016 17:07

von BlueNote
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Lieber Leon,

ich führe deinen Mangel an Interpretationsansatz auch an einen Mangel an Lebenserfahrung zurück. Die Dinge, die hier angesprochen werden, hast du mit deinen 18 Jahren noch gar nicht erleben können. Mit 18 hat man einfach andere Probleme (und das ist auch gut so), oder eine andere Sicht der Dinge. Andere Gedanken, andere Rückschlüsse, Überlegungen. Ein anderes Lebensgefühl. Andere Verantwortungen. Eine andere Geschichte.

Du musst nicht im Dunkeln stochern, wenn du das nicht willst. Beschäftige dich mit Themen, die relevant für dich sind und hinterfrage nicht Dinge, die dich eigentlich gar nicht interessieren.

Zum Hineininterpretieren ist mir das Thema zu schade! Ich möchte mich ernsthaft damit beschäftigen.

Ich danke dir jedenfalls für die Darlegung deiner Sichtweise. Stelle aber fest, dass ich im wesentlichen anderer Meinung bin.

BN
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Matthias Jecker
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M
Beitrag23.08.2016 17:39

von Matthias Jecker
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"Die Eltern kamen irgendwann zu der Ansicht, die jungen Frauen müssen nun allmählich ausziehen. Es sei an der Zeit. Und so kam es schließlich, dass sie den beiden Frauen zusahen, wie sie mit einem ledernen Koffer in der Hand für immer über die Türschwelle schritten, so dass zum Abschied sogar ein paar Tränen über die Wangen der Eltern kullerten."

Hier wird besonders stark die Absicht deutlich, das Ganze als eine Art Märchen zu erzählen. Dazu passt ja auch, dass schon bei der Geburt der Heldin etwas schief lief.
Aber wenn ich das mit richtigen Märchen vergleiche, dann... fällt es einfach ab, sorry. Und die realen Personen bleiben blass, blasser als  Märchenpersonen, welche doch immerhin einen Typus im Rücken haben. Die schwangerschaftsturnende Mutter oder die lesbische Freundin sind keine solchen literarischen Typen. Da bringen die dreizehnte Fee oder die verkleidete Hexe doch wesentlich mehr.

Wenn man übrigens diese altertümeln-märchnehafte Erzählweise wählt, könnte man mMn gerade so gut auch die Sprache entsprechend wählen. So nämlich:
"Die Eltern kamen irgendwann zu der Ansicht, die jungen Frauen müssten nun allmählich ausziehen. Es sei an der Zeit. Und so kam es schließlich, dass sie den beiden zusahen, wie sie mit einem ledernen Koffer in der Hand über die Türschwelle schritten und für immer weggingen, wobei zum Abschied sogar ein paar Tränen über die Wangen der Eltern kullerten."

Schönen Abend
MJ
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EWJoe
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Beitrag23.08.2016 22:32

von EWJoe
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Servus BN,

ohne mich durch den Thread gewühlt zu haben, möchte ich Dir spontan antworten. Möglich, dass meine Anmerkung sowieso obsolete ist, dennoch, finde ich, sprachlich ist der Text kein Meisterwerk, aber inhaltlich fühlt er sich sehr richtig an. Egal, ob eine wirklich, dir bekannte, Biographie dahintersteht oder nicht,  es ist eine Geschichte die gewiss viel zu oft passiert. Auch im nicht so Extremen, loben wir unsere Kinder, Schüler und Mitarbeiter viel zu wenig und verletzen dabei so manche Seele unbedacht, ohne es bewusst wahrzunehmen.
Chapo für Deine Feinfühligkeit, hätte ich Dir gar nicht zugetraut.

LG
Joe


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BlueNote
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Beitrag28.08.2016 07:20

von BlueNote
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Guten Morgen Mathias & Joe

... ich war kurz weg - im Urlaub! Summer in the city. Leibzsch, wenn ihr versteht, was ich meine.
Zitat:

Die schwangerschaftsturnende Mutter oder die lesbische Freundin sind keine solchen literarischen Typen. Da bringen die dreizehnte Fee oder die verkleidete Hexe doch wesentlich mehr.

Mir persönlich ist daran gelegen, aus dem kleinen Stück keinen Historienfilm, kein "großes Kino", keine Opernaufführung, kein Spektakel zu machen. Es mag ja sein, dass ein Mehr von diesem und jenem besser wäre. Die Entscheidung des Autors, diese ganz bestimmte Form (Stichwort "Schachfiguren") zu wählen, sollte aber nicht untergehen in den vielen Vorstellungen von Verbesserungen, "mehr Butter bei die Fische" zu bringen, weil dadurch der Ursprungsanspruch zu 100 % umgekehrt wird.

Wie bereits geschrieben: Dass aus diesem Text noch ein anderer hervorgeht, der die geforderten Leseransprüche mehr erfüllt, kann ich mir durchaus vorstellen. Für mich wäre dann, wenn die Ursprungsform verschwinden würde, wahrscheinlich viel an Authentizität verloren, weil dazu erfunden werden würde, was nicht echt (aber schön) ist.

Fast immer muss ich mich bei meinen Foren-Texten mit der Forderung auseinandersetzen: Eigentlich muss es ja ganz anders (gefälliger) geschrieben werden. Die Art sich auszudrücken, die der Autor für sich gewählt hat, zu akzeptieren, fällt den meisten Kritikern schwer, wenn sie vom Üblichen abweicht. So werden dann auch meistens keine Vorschläge gemacht, die Geschichte im Sinne seines eigenen Erzählstils weiterzuschreiben bzw. auszuarbeiten. Sie soll anders geschrieben werden. Bis sie nicht mehr das ist, was sie einmal war. Etwas Schönes, was aber nicht mehr gültig ist.
Zitat:

Chapo für Deine Feinfühligkeit, hätte ich Dir gar nicht zugetraut.

Feinfühligkeit gehört zum (Dichter)Geschäft. Wer ohne auskommt, soll Geschichten über Pokémons schreiben.

BN
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Matthias Jecker
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M
Beitrag28.08.2016 10:45

von Matthias Jecker
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Mein jetziger Vorschlag anhand des gewählten Ausschnitts war ein sehr, sehr einfacher:
a) Lass den Märchen-Touch oder gib deinen Figuren mehr Märchenhaftes.
b) Versteife dich nicht darauf, dass schiefe Sätze künstlerischen Ausdruck bedeuten.

Mein früherer Vorschlag nach dem ersten Lesen des Ganzen war: Bau auf den Pappkameradenfiguren, die du jetzt hast, eine satirische Pappkameraden-Geschichte auf.
Und nach deinen diversen Antworten auf Kommentare füge ich an: Ohne dich stur in dein Recht zu verbeissen, Pappkameraden als echte Menschen zu sehen.

Aber Kunst ist, was gefällt. und wenn deine Leserschaft meint, dass man Gesellschaftskritik (oder doch Lebenserfahrung?) auf deine Art verpacken soll, dass man den Märchenstil nur halbkonsequent anwenden soll, dass deine Sätze nicht mehr verbessert werden können - dann halte ich meine Einwände sehr gerne für unwesentlich.

Aber nochmals nachhaken wollte ich doch, aus Furcht, vielleicht falsch verstanden worden zu sein.

Schönen Sonntag!
MJ
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BlueNote
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Beitrag28.08.2016 11:27

von BlueNote
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Guten Morgen Matthias,

der Märchenstil wäre eine Option unter mehreren. Es wäre auch eine Option, den "Märchenstil" zu eliminieren. Letztendlich legt sich der Autor irgendwann fest, wie er seine Geschichte erzählen möchte. Man kann sich während der Überarbeitung auch in Teilen umentscheiden, muss dann aber achtgeben, dass dann alles noch wie aus einem Guss (und von vornherein so gewollt) erscheint.

Ich verwende übrigens die Kommentare nicht dazu, "mich stur in mein Recht zu verbeißen", sondern dazu, mich in einer nachgelagerten "Findungsphase" von verschiedenen Sichtweisen und möglichen Auswirkungen des Textes beeinflussen zu lassen, um die beabsichtigte Wirkung entweder zu verstärken oder anzupassen. Die Wirkung und die eingesetzten Mittel sind für mich immer das Wesentlichste (die Salzformulierungen erst einmal zweitrangig). Sie zu ändern hieße, dem Text seine Seele zu nehmen. Man würde ja aus eine gotischen Kirche auch kein Barock(Lust)Schlösschen machen wollen, nur weil das für den Betrachter schöner ist.

BN
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gold
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Beitrag28.08.2016 11:38

von gold
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Zitat:
Man würde ja aus eine gotischen Kirche auch kein Barock(Lust)Schlösschen machen wollen, nur weil das für den Betrachter schöner ist.


Naja, so ein bisschen Fleisch bei die Knochen wäre auch ganz schön für den Leser...
BlueNote hat geschrieben:
Zitat:
Edit: die erste Version des Textes kam auch ohne die neue Lebenspartnerin aus. Die junge Frau kehrt irgendwann allein aus der Versenkung zurück (ohne Partner, oder irgendetwas in ihrem Leben außer die Kündigung umgesetzt zu haben) in ihr Zimmer und verlebt die Tage tatenlos. Nachdem sie die Eltern zum Auszug drängen, verschwindet sie tatsächlich (durch die Tür). Sehr bald aber merken die Eltern, dass sich die Tochter einen Bretterverhau im Garten baut und fortan dort in einer Hundehütte lebt. Die Mutter hat Angst, an dieser Hundehütte vorbeizugehen, weil sie sich vor den Augen fürchtet, die aus der Dunkelheit herausleuchten und die ihr fremd und bedrohlich vorkommen.
Kommt noch was?

Das zum Bsp. finde ich ein totales Barocklustschlösschen. Mich würde es neugierig machen... auf mehr davon!!!

Edit: BlueNote hat geschrieben:
Zitat:
Man würde ja aus einer gotischen Kirche auch kein Barock(Lust)Schlösschen machen wollen, nur weil das für den Betrachter schöner ist.


Warum soll der Leser leiden beim Lesen deines Textes? Versteh ich nicht. Der kann ja nun wirklich nichts für diese Zu-, bzw. Umstände... Ich jedenfalls nicht.Sorry


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BlueNote
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Beitrag28.08.2016 13:52

von BlueNote
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Genauso kann man natürlich fragen, warum soll ein Leser nicht leiden. Oder: nicht auch mal leiden. Ist diese Option denn gänzlich ausgeschlossen? Wobei manche ja bereits bei einer Wagner-Oper leiden, was ja nichts über die Qualität von Wagner-Opern aussagt. Wie sehr muss ein Autor (nichtkommerzieller Texte) beim Schreiben das Leiden eines Teils seiner (potentiellen) Leserschaft berücksichtigen, wenn er ein Ziel verfolgt? Der Weg der Malerei war übrigens mit sehr viel Leiden des Publikums verbunden (bis hin zur Stigmatisierung "Entartete Kunst"). Hätten Maler in der Geschichte niemals "Leiden" hervorgerufen, würden sie wohl heute noch Heiligenbildchen malen.

Wer will, kann sich auf etwas "anderes" einlassen, wer nicht will, sammelt weiter Heiligenbildchen. Wer nicht will, den überzeuge man am besten gar nicht, weil er dann nur noch entschlossener nicht will. Wer aber will, lernt womöglich eine völlig neue Gedankenwelt ganz ohne Leiden kennen. Ohne Wille zum Wollen ist das allerdings nicht zu haben.
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BlueNote
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Beitrag30.08.2016 10:07

von BlueNote
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In alter Tradition möchte ich mich noch einmal an jeden persönlich wenden, um deutlich zu machen, dass mir jeder einzelne Kommentar wichtig ist und mich jede einzelne Sichtweise interessiert. Für mich ist das Thema noch lange nicht durch und ich werde sehen, wie ich daran weiterschreibe. Im Moment sind mir die verwendeten Stilmittel und die Konstruktion der Geschichte am wichtigsten. Vielleicht ändert sich das im Laufe der Überarbeitung in Richtung "wohl gesetzter Worte". Im Moment befinde ich mich aber eher in einer Phase der Verwirrung, Orientierungslosigkeit, dem Nicht-Wissen, was richtig und was nicht richtig ist. Dies sollte der Text thematisieren: Das unschlüssige Gefühl gegenüber einem Problem, zu dem man die Lösung nicht weiß.

Ich danke noch mal allen Kommentierenden, die da waren:

@bamba: Vielen Dank für deine Ausdauer und die vielen Gedanken, die du dir rund um das Thema gemacht hast
@IIII: Dein Kommentar war wichtig, weil er sich als einer der ersten der Geschichte zunächst einmal wohlwollend annäherte
@Babella: Die seltsamsten Dinge sind die, die man selbst erlebt hat. Man denkt: das kann/darf nicht sein! Aber was, wenn doch?
@Graven: Ein "Man könnte weiter so machen (= kommentieren), aber ich habe keine Lust mehr." Kommentar, der sich als ein Schreibratgeber für ein Genre entpuppte, das mich nicht anspricht.
@Matthias: Du hast eine gefühlsbetonte Vita gelesen, ich aber keine geschrieben.
@purpur: Thank you for the Lichtblick!
@Ithanea: Auch wenn du die Thematik anders erlebst, handelt der Text von Menschen, die die "Thematik" auf ihre ganz eigene Weise erleben. Das müssten wir (als Leser) akzeptieren.
@Tjana: Gut, dass du in der Diskussion den Fokus auf "wofür steht der Text" gerichtet hast.
@Aneurysm: Nur ein Ein-Zeilen-Kommentar (ich hab durch den ganzen thread gescrollt!)? Aber du liegst richtig, wo habe ich unterstellt, dass jedermann meine "Ergüsse" gut finden müsse (reimt sich übrigens!)
@Strichpunkt: Schön, dass du etwas "Schreibtheorie" in den thread gebracht hast.
@Piratin: Du hast gemutmaßt, vielleicht liegst du ja vollkommen falsch. Ich empfand deine Ausführung als sehr richtig
@Kris: Konzentriere dich auf den zweiten Blick! Der erste blendet vielleicht zu sehr und irgendwann haben sich die Augen daran gewöhnt, um Neues zu entdecken.
@gold: Ich glaube, du hast aus dem Text eine falsche "Moral" herausgelesen.
@Biggi: Manchmal gehört es dazu, den Autor zu verstehen, um seinen Text zu verstehen. Bei dir fühle ich mich immer vollkommen durchschaut. *g*
@MoL: In meinen Augen ist die Tochter noch nicht ganz so am Ziel wie vermutlich in deinen
@Leon_: Für mich führt der Text nicht zu "allem möglichen", sondern zu einem ganz spezifischen, ungelösten Problem. Für mich selber gibt es nur eine einzige mögliche "Interpretation".
@EWJoe: Du bist der Erste, der (völlig richtig) "Feinfühligkeit" in mir entdeckt

So! Ich hoffe, ich habe jeden bedacht. Wenn nicht, so beschwere sich der Übergangene.
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Aneurysm
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Beitrag31.08.2016 21:35

von Aneurysm
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Nur ein Ein-Zeilen-Kommentar (ich hab durch den ganzen thread gescrollt!)? Aber du liegst richtig, wo habe ich unterstellt, dass jedermann meine "Ergüsse" gut finden müsse (reimt sich übrigens!)

Oh, danke für die Erinnerung. Ich hatte den Text praktisch seit dem Einstellen im Auge, wollte aber bis zu deiner Reaktion mit einem Kommentar warten – und dann habe ich es vergessen. Um das unnütze Scrollen zu entschuldigen, reiche ich das mal nach.

Der Text ist überhaupt nicht szenisch geschrieben, was im Vergleich mit dem Rest des Forums ungewöhnlich, aus meiner Sicht aber vor allem interessant ist. Allerdings habe ich gleich beim ersten und später wieder beim letzten Absatz gestutzt: Warum steht dieser Satz
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Dies ist die Geschichte eines Menschen, der in seinem kurzen Leben niemals etwas richtig gemacht hatte.

nicht wie der restliche Text im Präteritum? Ansonsten ist das meiner Meinung nach sprachlich solide geschrieben. Weder gibt es große Aussetzer, noch passt die Geschichte gar nicht zum Inhalt. An dieser Stelle
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Die Frau verkrampfte sich zusehends. Erntete jedoch nur den stereotypen Kommentar: Nicht richtig!

könnte man die Entscheidung, den Satz auseinanderzureißen, noch mal überdenken, und hier
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Das Kind wuchs heran, war trollig und süß, fand aber keine Freunde, wie all die anderen Kinder in der Nachbarschaft.

wäre vielleicht »im Gegensatz zu den anderen Kindern in der Nachbarschaft« besser, um Missverständnisse zu vermeiden; außerdem wäre mir der korrekte Konjunktiv 1 hier
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Denn die Ärzte sagten der Frau, das Kind sei krank, es habe ein Sonnenuntergangssyndrom und litt an einem Wasserkopf.

deutlich lieber. Sonst habe ich aber nichts groß zu meckern. Nur das kursive »richtig« hat mich ab dem dritten Absatz gestört. Der Text fordert den Leser zum Mitdenken auf. Und mit der Entscheidung, »richtig« immer kursiv zu schreiben, traust du dem Leser genau das nicht zu: mitzudenken und selbst zu merken, dass dir das Wort richtig wichtig ist.

Der Inhalt des Textes ist schnell erzählt und an sich nichts Außergewöhnliches: Eine Tochter wird binnen tausend Wörtern geboren und erwachsen, bis sie schließlich für die große Liebe das Elternhaus verlässt. Das Ganze ist geprägt durch einen auktorialen Ich-Erzähler, der stark wertend berichtet. Muss man mit dem Erzähler übereinstimmen, um den Text gut zu finden? Ich bin da unsicher. Zumindest kann ich, abgesehen von der gar nicht mal so unterschwelligen Kritik an einer alle Möglichkeiten einschränkenden Gesellschaft, keine klare Aussage finden. Und  dieser Kritik kann ich mich, wenn überhaupt, nur teilweise anschließen. Mich regt der Text eher zum Nachdenken darüber an, was richtig ist und wer das bestimmt. Was den Text aus meiner Sicht interessanter machen würde, wäre es, die von dir angesprochene Idee mit der Hundehütte umzusetzen, weil ich Groteskes eigentlich ziemlich mag. Das kann ich wahrscheinlich schlechter beurteilen als du, weil ich nicht weiß, was der Autor ausdrücken will; einen erneuten Versuch wäre es aber wert. Vielleicht ja auch als neue Version in der Werkstatt.
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BlueNote
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Beitrag03.09.2016 17:01

von BlueNote
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Hallo Aneurysm,
Zitat:

Allerdings habe ich gleich beim ersten und später wieder beim letzten Absatz gestutzt: Warum steht dieser Satz
BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Dies ist die Geschichte eines Menschen, der in seinem kurzen Leben niemals etwas richtig gemacht hatte.

nicht wie der restliche Text im Präteritum?

Um den Eindruck zu erwecken, das Leben sei (möglicherweise) bereits vorbei - oder im Sinne der Geschichte bzw. der Antagonisten/des Erzählers verwirkt, verloren, vertan.

Deine Ratschläge, die folgen, sind OK!
Zitat:

Nur das kursive »richtig« hat mich ab dem dritten Absatz gestört. Der Text fordert den Leser zum Mitdenken auf. Und mit der Entscheidung, »richtig« immer kursiv zu schreiben, traust du dem Leser genau das nicht zu: mitzudenken und selbst zu merken, dass dir das Wort richtig wichtig ist.

Ich könnte ja auf diese Überspitzung/Übertreibung verzichten, weil die Wiederholung ja eh deutlich genug ist.
Zitat:

Zumindest kann ich, abgesehen von der gar nicht mal so unterschwelligen Kritik an einer alle Möglichkeiten einschränkenden Gesellschaft, keine klare Aussage finden. Und dieser Kritik kann ich mich, wenn überhaupt, nur teilweise anschließen. Mich regt der Text eher zum Nachdenken darüber an, was richtig ist und wer das bestimmt.

Was richtig ist, bestimmt unsere Gesellschaft bzw. ihre (selbsternannten) Vertreter. Richtig findet man es, wenn der Protagonist seinen eigenen Weg geht und als nützliches Teil unserer Gesellschaft funktioniert. Auch in diesem thread habe ich gesehen, dass mit dieser ja nur sehr vage angedeuteten "Lösung" (Protagonistin findet - zumindest vorübergehend - Partnerin fürs Leben), alle sofort herrlich zufrieden sind und höchsten nach den Übeltätern suchen, die diese Selbstständigkeit bisher wohl verhindert haben (natürlich die Eltern!). Die Gesellschaft fordert also mit allem Nachdruck, dass dieser Einzelmensch dort landet, wo er für sie zu landen hat, bzw. dort, wo er für sie nützlich genug ist. So gesehen gehören wir alle zu dieser "Tätergruppe" (nicht nur die Eltern), denn wir alle drängen diejenigen, die wir beeinflussen können, hin zu dem, was wir als "richtig" empfinden. Wenn wir also daran etwas kritisieren wollten, müssen wir nicht unbedingt mit dem Finger auf andere zeigen.
Zitat:

Das Ganze ist geprägt durch einen auktorialen Ich-Erzähler, der stark wertend berichtet. Muss man mit dem Erzähler übereinstimmen, um den Text gut zu finden? Ich bin da unsicher.

Man muss überhaupt nicht. Aber auf diesen sehr wertenden, auktorialen Erzähler lege ich sehr viel Wert. Ich könnte es mir sogar vorstellen, dass er sich nicht nur zu Anfang und zum Ende hin meldet, sondern immer wieder im Laufe der Erzählung. Die Entwicklungsereignisse könnte man dann anlegen wie "Spielszenen" und diese auch eventuell so benennen. So wäre es auch möglich, die Szenen und Charaktere mehr auszufüllen (wie von den Kritikern gefordert) und nicht nur als reine "Spielfiguren" zu sehen.
Zitat:

Was den Text aus meiner Sicht interessanter machen würde, wäre es, die von dir angesprochene Idee mit der Hundehütte umzusetzen, weil ich Groteskes eigentlich ziemlich mag.

Die Variante mit der Hundehütte böte die Möglichkeit, alles viel drastischer zu erzählen - und ich glaube inzwischen, dies wäre die bessere Option. Dies würde auch die Möglichkeit eröffnen, den Stil ausgefallener, extravaganter zu gestalten.

Vielen Dank für die Beschäftigung mit dem Text. Du bist sehr neutral an den Text herangegangen, was mich beeindruckt hat.

BN
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gold
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Beitrag03.09.2016 17:13

von gold
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Zitat:
Die Variante mit der Hundehütte böte die Möglichkeit, alles viel drastischer zu erzählen - und ich glaube inzwischen, dies wäre die bessere Option. Dies würde auch die Möglichkeit eröffnen, den Stil ausgefallener, extravaganter zu gestalten.
Daumen hoch

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llll
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L
Beitrag07.09.2016 00:15

von llll
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Zitat:
...zunächst einmal wohlwollend...

Hallo BlueN : diese Deine kurze Bemerkung @llll ist stark untertrieben :
die Geschichte ging mir wirklich durch und durch und wenn ich ein Buch rausgeben dürfte
mit einer Auswahl von Texten (und Gedichten) dieses Forums,
dann wäre diese Geschichte ganz unbedingt dabei !!!
Dass der Text sich durch die Sprache dem Märchen annähert,
legitimiert auf raffinierte Weise "die Moral von der Geschicht....",
denn Bibeln, Fabeln und Märchen haben das Gewohnheitsrecht
auf ihre spezielle Art und Weise zu belehren.
Insofern wirkt dieser Satz auf mich wie Koketterie :
"Und wenn du, Leser, jetzt nicht weißt, was du davon halten sollst, nicht weißt, was ist und was werden wird, was zu tun, oder zu unterlassen ist,...." Denn dieser Text ist so geschrieben, dass der Leser prompt sein eigenes Verhalten abklopft und revidiert und sich vornimmt, in Zukunft Ähnliches unbedingt zu unterlassen und unbedingt alles anders zu machen...........................................
Für die fiktive Buchausgabe würde ich unbedingt die groteske Version mit dem Bretterverschlag am Ende bestellen, denn das ist kein "Klamauk" !
Aber im Gegenteil diktiert die Gender-Thematik am Ende die eigentlich unpassend
coole Sachlichkeit eines happy ends im Sonderangebot.....
und ich würd zuletzt lieber von der Angst der Eltern vor dem Bretterverschlag lesen
als von ihrer blau dekorierten Trauer !
llll
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


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Beitrag07.09.2016 20:35

von BlueNote
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Hallo IIII
Zitat:

Aber im Gegenteil diktiert die Gender-Thematik am Ende die eigentlich unpassend
coole Sachlichkeit eines happy ends im Sonderangebot.....
und ich würd zuletzt lieber von der Angst der Eltern vor dem Bretterverschlag lesen als von ihrer blau dekorierten Trauer !

Gut gesagt! Am Schluss der Geschichte war mir so danach, einen kleinen "Hoffnungsstreif" sehen zu wollen, aber dieser, so sehe ich es inzwischen auch, überlagert das ganze Thema und kehrt es nahezu um. Um zu demonstrieren, wie ein derartiges Verhalten ("jeder sagt: nicht richtig") enden kann, sollte die Geschichte tatsächlich anders enden (siehe Bretterverschlag). Trauer allein im blauen Salon bringt da nicht viel.

Über dein überschwängliches Lob hab ich mich wahnsinnig gefreut. Ein bisschen Mut gehört wohl dazu, fließt der Mainstream im Moment doch genau anders herum. Um so erfreulicher, dass du dein Urteil noch einmal bekräftigt hast.
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llll
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L


Beiträge: 121



L
Beitrag25.10.2016 18:25

von llll
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Bei diesem zufälligen Youtube-Fundstück musste ich nun wieder an Deine Geschichte "Was richtig ist" denken :
https://www.youtube.com/watch?v=jOJjiF1fRb0&list=RDjOJjiF1fRb0#t=902
Das kleine Mädchen spielt wie eine aufgezogene Spieluhr
= ohne jede Freude.....
Die Verbesserung des Spiels wird immer unwichtiger,
denn das kleine Mädchen müsste erst mal lernen zu LÄCHELN,
bevor sich das Spiel ändern kann und der Meister findet zielsicher heraus,
wo das Lächeln begraben liegt............................. G R A U S A M  !!!
llll
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BlueNote
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Beitrag26.10.2016 00:50

von BlueNote
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Die Mutter ...
ist hoffentlich letztendlich nicht so "grausam", wie es erscheint. Mir ist bei persönlichen Begegnungen aufgefallen, dass chinesische Eltern ihre Kinder tatsächlich noch viel mehr unter Druck setzen, als wir deutsche, die Leistungsgesellschaft in deren Köpfen noch viel ausgeprägter ist als bei uns.

Allerdings ... die Souveränität beim Geigenspiel, die mit einem Lächeln sichtbar ist, wenn man vor Leuten spielt, kommt sicherlich erst in ein paar Jahren. Und dann wird es auch ein Stück weit "antrainiert" sein, so wie der Lehrer es ja auch versucht hat (es anzutrainieren). Musik beim Vorspielen von innen heraus zu erleben, ist Trainingssache, mit der man ein kleines Kind eher überfordert.

Aber der Trainer hat schon richtig gesagt, worauf es ankommt.

Zu meiner eigenen Schande muss ich gestehen, dass ich meine Tochter auch eher für andere Dinge geliebt habe, als für ihr Geigenspiel. Bei einer falsch gespielten Geige ist es nun mal leider so, dass tief im Schmerzzentrum irgendwelche Nerven unangenehm wachgerüttelt werden. Ein Gefühl etwa wie Zahnschmerzen.

Trotzdem besteht natürlich ein Bezug zu der Geschichte, "Was richtig ist", denn wenn das Kind (als Verlierer) auf der Strecke bleibt, passiert genau das, was die Geschichte beschreibt. Allerdings sollte man nicht immer die Schuld alleine bei den Eltern suchen.

Danke für deinen Link. Er hat mir eine Viertelstunde Zuhörens immer knapp am Ton vorbei beschert. Habe dann noch auf weitere Wunderkinder des Meisters geklickt, die es teilweise echt drauf hatten. Vielleicht kann man es so sagen: In der Musik ist es eine bloße Frage der Frequenz, was richtig ist.
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Steky
Geschlecht:männlichGänsefüßchen
S


Beiträge: 33



S
Beitrag28.10.2016 11:45

von Steky
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Hallo, Bluenote!

Meines Erachtens liegt die Problematik darin, dass viele Jugendliche heutzutage nicht einmal mehr die Chance bekommen, richtig erwachsen zu werden. Sobald man das fünfzehnte Lebensjahr erreicht hat muss man sich schon das erste Mal entscheiden. Die Frage: Was will ich denn eigentlich mit meinem Leben anstellen? kommt meistens allerdings viel später. Die ganzen Einflüsse, denen die Kinder ausgesetzt sind, machen die Sache nicht leichter. Gemischt mit den ganzen Konventionen ergibt das eine schwierige Situation. Man fühlt sich einfach verarscht.

Die Möglichkeiten und deren Wege aufzeigen - das wäre ein guter Schritt!

Das ist zumindest meine Meinung.

Mich irritiert übrigens der Anfang, wo es heißt, die Mutter hätte alles richtig gemacht, aber das Kind sei eben nicht richtig - auch wenn es nicht so gemeint ist.

Gerne gelesen
Steky
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llll
Leseratte
L


Beiträge: 121



L
Beitrag29.10.2016 15:18

von llll
Antworten mit Zitat

Zitat:
Vielleicht kann man es so sagen: In der Musik ist es eine bloße Frage der Frequenz, was richtig ist

Dieses "Vielleicht..." rettet Dir Deinen königsblauen Kopf,
denn als Verfasser Deiner Geschichte kannst Du das so unmöglich sagen ( finde ich ) !!!
Was glaubst Du, warum sich Maestro Zander keine Sekunde lang
um die mangelhafte Intonation kümmert, glaubst Du er hat sie nicht gehört ?
Er gibt der Kleinen alle Freiheit schief zu intonieren, denn es geht ihm akut fürs Erste einzig darum,
dass das Kind mit eigner echter FREUDE musizieren lernt !!!
und nicht weiter so schuld-und pflichtbewusst gequält nur der ehrgeizigen Mama zuliebe !
Aber weil er die Kleine nicht wiedersehn und weiter unterrichten kann,
deshalb spricht er so ehrlich und direkt die Mutter an !
Diese Botschaft Zanders verifiziert die Botschaft deiner Geschichte, obwohl er sie gar nicht gelesen hat !
Das beweist, dass es in Deiner Geschichte um ein ganz zentrales Problem geht,
quasi um Leben und Tod, denn die Tochter in Deiner Geschichte ist ja quasi lebendig begraben.....
UND : wie unzählig viele Leute leben so lebendig begraben vor sich hin........
Deshalb riskiere ich gerne den Vorwurf der Penetranz und antworte doch nochmal,
denn es beschäftigt mich echt und ganz persönlich.
llll
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purpur
Klammeraffe


Beiträge: 964



Beitrag29.10.2016 15:54

von purpur
Antworten mit Zitat

... Und Crying or Very sad... Noch
Weiter Crying or Very sad
Gehts Crying or Very sad
https://youtu.be/hAbK9lBbq68
... Leider auch


_________________
.fallen,aufstehen.
TagfürTag
FarbTöneWort
sammeln
nolimetangere
© auf alle Werke
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag30.10.2016 07:58

von BlueNote
Antworten mit Zitat

Guten Morgen die Dame, die Herren!

@Steky
Zitat:
Sobald man das fünfzehnte Lebensjahr erreicht hat muss man sich schon das erste Mal entscheiden. Die Frage: Was will ich denn eigentlich mit meinem Leben anstellen? kommt meistens allerdings viel später. Die ganzen Einflüsse, denen die Kinder ausgesetzt sind, machen die Sache nicht leichter. Gemischt mit den ganzen Konventionen ergibt das eine schwierige Situation. Man fühlt sich einfach verarscht.

Nun habe ich unser Schulsystem jetzt ja bereits 2 x durchlitten (als Schüler und als Elternteil) und war (danach) am meisten darüber überrascht, dass dieses "Dogma" des Aussortierens und Bewertens sich bis in unsere Tage nicht nur gehalten, sondern auch noch gefestigt hat. Ausgehend von den autoritären Vorstellungen in den 50-ern und 60-ern, hin zu den antiautoritären, alternativen Ideen der 70-er, hat sich in unserer globalisierten Welt das Leistungsprinzip in frühesten Jahren trotz anderer pädagogischer Kenntnisse, durchgesetzt. Wobei meine persönliche Meinung ist, dass dieser Umgang mit Kindern nicht der Wunsch der Gesellschaft ist (schon gar nicht der Eltern), sondern dass dies hauptsächlich auf eine falsche Berufsauffassung von Lehrern zurückzuführen ist und diese sich ihr Lehrerdasein so bequem wie nur möglich für sich selbst einrichten. Als gesellschaftlichen Auftrag sehe ich diese unpädagogischen Ansätze des freudlosen und demotivierenden Lernens jedenfalls nicht und sogar sehr an den Bedürfnissen unserer heutigen Wirtschaft vorbei.
Zitat:
Die Möglichkeiten und deren Wege aufzeigen - das wäre ein guter Schritt!

Möchte man meinen. Die Realität sieht aber immer noch anders aus.
Zitat:
Mich irritiert übrigens der Anfang, wo es heißt, die Mutter hätte alles richtig gemacht, aber das Kind sei eben nicht richtig - auch wenn es nicht so gemeint ist.

So darf diese Sequenz nicht rüberkommen. Eher, dass die Eltern durch die Einflüsse von außen, bzw. der Meinung, mit ihrem Kind sei etwas nicht richtig (von Geburt an), dies irgendwann auf ihr Kind übertragen und von sich aus das Gefühl haben, es sei etwas nicht richtig.

@IIII
Zitat:
Dieses "Vielleicht..." rettet Dir Deinen königsblauen Kopf,
denn als Verfasser Deiner Geschichte kannst Du das so unmöglich sagen ( finde ich ) !!!

Ja dann ...
Aber: Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Die des Erziehers und die des Musikers. Zu dem Geigenmädchen ließe sich übrigens sagen, dass sie für ihr Alter ganz fantastisch spielt, auswendig, halbwegs im richtigen Takt und noch dazu ein sehr langes Stück, allerdings unsauber gegriffen und ohne Ausdruck. Was aber in diesem Alter gar noch nicht verlangt werden kann.

Der Maestro bedrängte das Mädchen ja auch ziemlich, umklammerte es förmlich mit seinen gut gemeinten Ratschlägen und (teilweise) seiner Erwachsenensicht von Musik. Was er aber bestimmt schafft, ist Motivation zu erzeugen, obwohl er sicherlich auch den Hang hat, das Kind aus eigenem Ehrgeiz heraus zu überfordern oder das Maximale aus ihm herauszuholen oder in letzter Konsequenz die Untalentierteren wieder fallen zu lassen. Deswegen ist die Rolle der Mutter hier so wichtig, so wie Maestro es gesagt hat, immer bedingungslos hinter der Tochter zu stehen (und irgendwie habe ich das Gefühl, die Mutter tut das auch, auch wenn sich das im Film etwas einseitig anhörte).

Zitat:

UND : wie unzählig viele Leute leben so lebendig begraben vor sich hin........
Deshalb riskiere ich gerne den Vorwurf der Penetranz und antworte doch nochmal,
denn es beschäftigt mich echt und ganz persönlich.

Ich finde deine Gedanken ganz und gar nicht penetrant, sondern denke eher, dass einer Geschichte ja gar nichts besseres passieren kann, als dass sich ein Leser eigene Gedanken darüber macht und selbst zu Erkenntnissen kommt. Ein literarischer Text kann für (eigene) Erkenntnisse ja immer nur der Auslöser sein und darf sie dem Publikum nicht einfach fertig präsentieren (außer er zielte auf eine bewusste Manipulation ab). Für mich ist das ein Zeichen, wenn Leser selbst geistig aktiv werden, dass die Geschichte eine Wirkung auf sie hatte, was ich als Rückmeldung sehr positiv finde. Sehr vielen Dank dafür!

@purpur
Danke für dein Beispiel. Ist es in der Musik für mich noch schwierig, über Fehler hinwegzusehen, kann ich dagegen dank dir das von den Eltern gepushte Modepüppchen jetzt so richtig ekelhaft finden. Der Bezug zur Geschichte im Film stellte sich m.M. dann her, wenn der ehrgeizige Vater beim Scheitern der Tochter sich gegen diese stellt, statt ihr zu vermitteln, wie man mit dieser neuen Situation umgeht, dann, wenn man sein ehrgeiziges Ziel einmal nicht erreicht. Auch das wäre eine pädagogische Chance gewesen, hier zum Wohle des Kindes zu handeln.

Ich danke allen für die Auseinandersetzung mit dem Thema. Wobei ich noch einmal in Erinnerung rufen möchte, dass mein Text den Kontext viel weiter spannt als die Erziehung des eigenen Kindes durch die Eltern zu thematisieren.

BN
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