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Diese Werke sind ihren Autoren besonders wichtig Der vergessene Großvater - Prolog und erste Kapitel meines aktuellen Romans


 
 
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V.K.B.
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Beitrag17.01.2016 19:00

von V.K.B.
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Das mit der Ungeduld stimmt, ja, ich bin definitiv zu ungeduldig! Besonders wenn ich Urlaub und mal Zeit habe. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, den ersten Text einzustellen und dann mindestens drei Tage NICHT reinzuschauen um Lesern Zeit zu lassen, sich zu äußern. Und dann habe ich es mal gerade bis zum den späten Abendstunden durchgehalten…

Gut, ich pfusch jetzt erstmal nicht weiter daran rum sondern warte ein paar Tage, ob sich noch jemand meldet. Dies Mal wirklich Laughing

Eine Info zur Story noch, falls das irgendwie falsch rüberkam, vielleicht war es am Anfang zu kurz: Sie steigt nicht wirklich bei Martens ein, sie hat lediglich von ihrem Garten aus gesehen, dass die Verandatür des Hauses im Nachbargarten nicht geschlossen ist. Alles, was sie zuerst will, ist einen schnellen Blick in sein Wohnzimmer werfen. Dann findest sie es so interessant, dass sie wider aller Vernunft tatsächlich reingeht, anstatt es bei dem kurzen Blick durch die Tür zu belassen. Sie plant keinen Einbruch oder sowas. Erstmal jedenfalls. Aber ja, Lina hat ein Talent dafür, sich in die Scheiße zu reiten, weil sie alles wissen muss und nichts auf sich beruhen lassen kann. Später findet sie einen Eingang zu einem jenseitigen Labyrinth, das alle Orte verbindet und kann auch nicht die Finger davon lassen, obwohl sie ziemlich schnell mitbekommt, wie gefährlich es da ist und dass sie mit jedem Betreten ihr Leben riskiert und noch einiges mehr. Sie benutzt es sogar, um sich allein mit einem mittelamerikanischen Warlord zu treffen, weil dieser vielleicht Informationen über ihren verschwundenen Großvater haben könnte. Diese Risikobereitschaft Linas soll im Prolog schon deutlich werden.


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Eliane
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Beitrag19.01.2016 02:42

von Eliane
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Hallo VKB,

gerade habe ich zuerst Deine aktuellste Version des Prologs gelesen und anschließend die erste (die bisherigen Kritiken habe ich nur überflogen, also sorry, falls ich irgendetwas doppele).

Ganz ehrlich: Ich fand die erste Version am besten - auch wenn ich jetzt den anderen widerspreche wink Ja, ist ein bisschen viel Plusquamperfekt (ich habe ein ähnliches Problem), aber insgesamt wirkt der Text auf mich schlüssiger und ansprechender als der andere, und im Vergleich zwischen beiden haben mir in der neuen Version ein paar Informationen gefehlt bzw. waren zu "angedeutet", um klar zu werden.

Du schreibst, Du bist Dir ohnehin noch nicht sicher, ob Du überhaupt einen Prolog haben willst oder nicht. Ich persönlich finde Prologe toll, weil sie einem die Möglichkeit bieten, einen Hintergrund zu liefern, auf dem die Geschichte aufbaut oder der an späterer Stelle im Text wichtig wird. Komplexität anzudeuten, die später erst ausgeführt wird.

Was Du Dir überlegen solltest: Welche Informationen sollte der Leser hier bekommen? Ist es die Rahmenhandlung im Park, wo sie schon 14 ist, mit der Du in der Anfangsversion einsteigst? Ist es nur das generell ungute Gefühl, was den unheimlichen Nachbarn angeht? Die Geschichte mit dem Jobverlust ihres Vaters? Sind es die alten Bücher? Dass es Winter war, als sie dort eingestiegen ist?

Ich glaube, ich würde mal im Kopf mit den einzelnen Teilen spielen, um herauszufinden, was das Wichtigste davon ist, und dann den Prolog entsprechend konzipieren. Wäre z.B. Dein Hauptpunkt der "Einbruch" beim Nachbarn, hättest Du die Möglichkeit, Deine Protagonistin als 14-Jährige diese Szene in einer Traumsequenz wiedererleben zu lassen und könntest dann auch ganz nah dran schreiben - genauso, wie sie aus dem Traum erwacht und über die Konsequenzen ihres Handelns damals nachdenkt ... als Alternative zu Deinen drei Prolog-Konzepten.

Ganz abgesehen davon: Ich finde den letzten Satz in der 1. Version ("Immer, bis auf heute.") viel stärker als den in der neuen. Nimm den alten wink
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V.K.B.
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Beitrag19.01.2016 03:43

von V.K.B.
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Hi,
also erstmal, die neue Version ist nicht fertig, sondern nur die erste Hälfte. Da fehlt nämlich noch, wie der Vater die Arbeit verliert und Lina Jahre später beschließt, sich zum ersten Mal wieder über ein Verbot von Martens hinwegzusetzen. Falls ich die Version weiterschreibe, wird auch diese ganz klar mit dem abgetrennten "Immer, bis auf heute" enden, das ist gar nicht diskutabel. Ich hab da erstmal aufgehört, weil ich mir gar nicht sicher bin, ob ich das alles so explizit haben will, es ist schließlich nur der Einstieg (der eigentliche Roman beginnt, als Lina mit anderen Jugendlichen auf eine vom örtlichen Pastor organisierte Nachtwanderung geht, obwohl Martens das explizit verboten hat (er steht mit dem Pastor auf Kriegsfuss, meint, er sei zu modern und verderbe die Jugend).

Und für Lina ist es dann der nächste Schock, dass selbst dieser selbstbewusste Pastor, von dem sie bisher so viel gehalten hat, vor Martens kuscht und sie rauswirft.

Was ich im Prolog will ist folgendes: Zu dieser Ausgangssituation hinführen und dem Leser Informationen über Lina, Martens und ihre groben Familienverhältnisse geben. Ihre panische Angst vor Martens erklären (von der sie aber trotzdem nicht ihr Leben bestimmen lassen will) sowie andeuten, dass Lina ein Talent dafür hat, sich Ärger einzuhandeln. Das ist eigentlich alles. Mir selbst erschien die erste Version dazu auch am besten, aber wenn die meisten Leser diese Zusammenfassung zu langweilig finden, ist das kein guter Einstieg. Die ersten Seiten eines Buches entscheiden schließlich über den Gesamteindruck (und ob jemand weiterlesen will).


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Eliane
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Beitrag20.01.2016 00:48

von Eliane
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Hallo,

gut, dass der Satz bleibt. Man braucht starke Sätze Cool

Ich hab noch eine inhaltliche Frage: Warum ist es eigentlich so, dass Martens ihr Leben so stark bestimmen kann, wenn er doch "nur" der Nachbar ist - ja, er hat viel Macht, aber aufgrund seiner Beschreibung im Text dachte ich, sie hat eigentlich nicht viel mit ihm zu tun, außer dass er - verständlicherweise - was dagegen hat, dass sie einfach so in sein Haus geht. Okay, er hat ihrem Vater mal das Leben gerettet, aber das betrifft ja nicht sie direkt. Und so, wie ich es aus dem Text lese, kennt sie ihn persönlich im Grunde gar nicht ... oder liege ich falsch? Mir wird daraus nicht so ganz klar, warum er dann in so kleinen Details wie bei einer Nachtwanderung in ihr Leben eingreift. Sollte für ihn doch (im Gegensatz zu dem Einbruch) nicht von Interesse sein.

Nochmal zu Deiner Prolog-Problematik: Persönlich finde ich Prologe eigentlich am stärksten, wenn es zu der Geschichte, die anschließt, keinen allzu direkten Übergang gibt (sondern eher Hintergrundfäden gesponnen werden). Sonst könnte es ja auch einfach nur das erste Kapitel sein und muss nicht extra hervorgehoben werden. Ich würde wahrscheinlich höchstens in den letzten ein, zwei Sätzen zur eigentlichen Ausgangssituation überleiten, wenn überhaupt.

Falls Dir Dein Prolog in der neuen Form zu ausführlich ist, würde ich z.B. die Sache mit den Büchern, die Du sehr detailliert beschreibst, deutlich kürzen.
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V.K.B.
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Beitrag20.01.2016 09:52

von V.K.B.
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Hallo Eliane,
danke für deine Kommentar. Zu deinen Fragen:

Was Martens genau mit Lina und ihrer Familie zu tun hat, erfährt man erst später. Aber er hat ein definitives Interesse sich in das Leben dieser Leute einzumischen. Die Frage, was ihn eine Nachtwanderung angeht, soll man sich hier stellen.

Tatsächlich kennt sie ihn zu diesem Zeitpunkt (8 Jahre) noch nicht, weil ihre Eltern sie vor ihm in Schutz genommen haben. Und sie weiß auch noch nicht, wie er das Leben ihrer Familie immer bestimmt hat.

Die Bücher, die ich in beiden Version relativ deutlich beschrieben habe, sind in so fern wichtig, als dass sie einen ersten Eindruck von Martens' Lebenswelt geben. Sie sind auch das einzig persönliche, was Lina über Martens weiß. Und geben ihr und ihren Freunden (sowie dem Leser) Anlass zur Spekulation, was dieser Mann eigentlich überhaupt ist: Historiker? Religionswissenschaftler? Kurator? Antiquar? Sammler? Übersetzer? Religiöser Fanatiker?  Magier? Okkultist?


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Beitrag27.01.2016 05:57

von V.K.B.
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So, ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich den Prolog am besten beginne und mich schließlich entschlossen, den Erzähler nach vorne zu holen, der nämlich tatsächlich eine der Personen aus dem Buch ist. Meine erste Idee war, das bis zum Schluss geheimzuhalten, doch ich denke, mit diesen Andeutungen hier ist es interessanter!

PS: Zum reinen Lesen empfehle ich das angehängte PDF, das schon als a5 Buch zur Selbstpublikation gesetzt ist.

Hier der Rohtext:



Der Vergessene Großvater

Band 1: Labyrinth der Ängste

Kapitel 0: prolog

"There is another sky,
Ever serene and fair,
And there is another sunshine,
Though it be darkness there ..."
                               Emily Dickinson



Der alte Mann starrt mich an. Es ist das erste Mal, dass wir uns begegnen. Seine Augen mustern mich. Bewertend. Verdammend? Mein Blick wendet sich ab. Habe ich ein schlechtes Gewissen? Habe ich überhaupt noch ein Gewissen?
»Du …«, beginnt er das Gespräch. Er dutzt mich? Was denkt er eigentlich, wer er ist? Hat er vergessen, wer ich bin? Was ich bin? Ich nicke trotzdem.
»Du siehst so harmlos aus … wie ein Student oder so …«
»Müssen wir uns bekriegen?«, frage ich.
Er lacht. »In einer Welt, die weniger verrückt ist als die unsere, sollten wir das tun …«
Ich bleibe höflich. »Was genau wollen Sie?«, frage ich, obwohl ich die Antwort kenne. Natürlich kenne ich sie, es ist ja mein Werk. Es ist alles mein Werk. Er auch. Er hat es nur noch nicht begriffen …
»Ich muss wissen, was passiert ist! In all diesen Jahren …«
»Lina?«, frage ich.
Natürlich geht es um Lina. »Die ganze Geschichte«, fordert er, »von Anfang an. Ich muss alles wissen! Jedes Detail!«
Du musst gar nichts, alter Mann! Vergiss nicht, wer ich bin! Aber ich erzähle sie dir, natürlich tue ich das. Es ist schließlich meine Natur.
»Die ganze Geschichte?«, vergewissere ich mich, »Das wird aber etwas dauern …«
Er lächelt. »Wir haben die Ewigkeit, oder?«
»Ich denke schon«, antworte ich, »aber hör gut zu! Und unterbrich mich nicht! Erwarte auch keine chronologische Ordnung, erwarte überhaupt keine Ordnung. Es geht ums Chaos! Du musst das Puzzle selbst zusammensetzen!«
»Das ist mir bewusst.«
Ich nicke. »Gut! Und ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich innerhalb der Erzählung von mir in der dritten Person spreche? Ich mache das gerne. Hat Caesar schließlich auch getan.«
»Caesar war größenwahnsinnig!«, erinnert er. Ich lache. Als ob ich das nicht wüsste! Wer hat ihn denn auf die Idee mit dem Rubicon gebracht?
Ich versuche, einen warnenden Tonfall zu treffen. »Eigentlich ist es mehr deine Geschichte. Und glaub mir, sie wird dir nicht gefallen!«
»Ich muss es wissen!«, beharrt er.
Ich lehne mich in meinem Liegestuhl zurück und blicke auf den Hali. Zünde mir eine Zigarette an und hole tief Luft: »Das alles begann, als Lina acht Jahre alt war. Es war im Dezember, kurz vor Weihnachten… Damals, auf der Erde…«
Ich stoppe meine Erzählung und schüttle den Kopf. ›Nein, kein guter Anfang, Lina nicht würdig! Mir auch nicht, viel zu simpel…‹
»Lass mich noch einmal neu beginnen!«
Er sieht mich erwartungsvoll an.

***

Lina hatte kein gutes Gefühl, als sie das Wohnzimmer durch die Verandatür betrat. Doch diese Gelegenheit war einfach zu verlockend, ihre Neugierde zu groß. ›Nur schnell einmal umsehen‹, nahm sie sich vor, ›ein kurzer Blick und ich bin wieder weg, er wird gar nichts merken!‹
Sie wagte kaum zu atmen. Vorsichtig ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Hohe Regale, dunkles Holz, nahezu überall, nicht nur an den Wänden. Das Zimmer glich einer Bibliothek oder einem Antiquariat. Sie lauschte. Nichts.
Vorsichtig setzte sie einen Fuß nach vorne, dann den anderen. Die Holzdielen knirschten leise. ›Das ist zu laut, viel zu laut!‹
›Dreh um!‹, forderte eine innere Stimme, ›Du handelst dir doch nur großen Ärger ein!‹
Sie wollte dieser Stimme der Vernunft gerade Folge leisten, als ihr Blick auf das Regal gegenüber fiel. Dicke Ledereinbände, wahrscheinlich über hundert Jahre alt.
›Das müssen Magiebücher sein oder sowas‹, überlegte sie aufgeregt. Schon zog sie mit zitterigen Händen einen dieser Wälzer hervor. Das Buch war schwer, sie konnte es kaum halten. Zum Glück hatte der Schrank eine Ablage. Staub umwirbelte sie, als sie das Buch dort ablegte und aufschlug, der Geruch von vergilbtem alten Papier drang in ihre Nase. Eine große Hausspinne fiel von der Borte über ihr auf die aufgeschlagene Buchseite und huschte davon, dicht an ihrer Hand vorbei, bevor sie in einer Ritze verschwand. Lina atmete tief durch.
›Ungewöhnlich‹, überlegte sie kurz, ›eine Spinne im Dezember?‹ Dann widmete sie dem Buch ihre ganze Aufmerksamkeit.
Zuerst war sie ein bisschen enttäuscht, nichts davon lesen zu können. Die Buchstaben sahen ähnlich aus wie jene, mit denen sie sich in der Grundschule beschäftigte, dennoch konnte sie kaum etwas entziffern. Interessant fand sie allerdings den ersten Buchstaben auf der Seite. Dieser war fünfmal so groß wie die restlichen und handgemalt, es musste ein ›G‹ oder vielleicht auch ein ›Z‹ sein. Ein Engel mit einem Speer schien sich hinter einem der Aufstriche zu verstecken und auf eine günstige Gelegenheit zu warten, den Teufel oben auf dem Buchstaben niederstrecken zu können. Sie blätterte weiter. Alle Kapitel begannen mit solchen verzierten Buchstaben, ihre Illustrationen zeigten Mönche bei der Gartenarbeit, beim Singen oder auch beim Kampf gegen Drachen und andere Monster. Mühsam versuchte Lina, einen der Satzanfänge zu entziffern: ›Regnum inferni est …‹
Eine kräftige Hand packte sie an der Kapuze ihrer Jacke und riss sie von dem Buch weg. »Was tust du in meinem Haus?«
Sie wollte wegrennen, doch die Hand schleuderte sie gegen das Regal. Herr Martens starrte sie an. Noch nie hatte sie in solche Augen gesehen, so voller Zorn und eisiger Kälte. Sie dachte an Medusa, dieses Ungeheuer aus den griechischen Sagen, von dem ihre Mutter mal erzählt hatte.
»Was hast du hier zu suchen?«, fragte Martens noch einmal. Nichts erinnerte mehr an den Nachbarn, der sonst freundlich auf sie gewirkt hatte. Sie hatte das Gefühl, einem dieser Teufel aus den Buchzeichnungen gegenüberzustehen.
Martens schüttelte sie und holte gerade Luft, um sie ein weiteres Mal anzubrüllen. Sie nahm allen Mut zusammen. »Ich … ich war nur neugierig …«, stammelte sie, »bitte entschuldigen Sie!«
»Neugierig? Soso …« Seine Stimme wurde ruhiger, und auch seine Gesichtsmuskeln schienen sich zu entspannen, aber der eisige Blick in seinen Augen blieb. »Weißt du eigentlich, was neugierigen Kindern alles passieren kann?«
Lina war viel zu verängstigt, um antworten zu können. Ihre Gedanken rasten, ihr Kopf glühte, die Sicht verschwamm von den Tränen, die sich in ihren Augen sammelten. Sie wollte sich losreißen, aber ihr Körper reagierte nicht, sie war wie versteinert. ›Diese Augen …‹
Seine Frage hallte noch einmal durch ihre Gedanken. »Weißt du, was neugierigen Kindern alles passieren kann?« Panisch suchte sie nach brauchbaren Worten. ›Ich muss mich irgendwie…‹
Es half nichts, ihr fiel keine Ausrede ein. Martens ließ sie aber gar nicht zu Wort kommen, sondern beantwortete seine Frage selbst, jetzt beinahe freundlich.
»Manchmal kriegen neugierige Kinder einfach nur keine Weihnachtsgeschenke, weil ihre Eltern sich sowas gerade nicht leisten können …«, erklärte er, »aber manchmal passiert ihren Eltern auch etwas richtig Schlimmes …«
Er holte kurz Luft, seine Stimme wurde wieder lauter. »Möchtest du, dass deinen Eltern was passiert?«
Linas Knie gaben nach, doch Martens griff sie und riss sie wieder hoch. »Antworte mir!«, brüllte er, »Möchtest du das?«
Sein noch eisiger gewordener Blick ließ Lina keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Drohung. »Nein, bitte! Bitte tun Sie meinen Eltern nichts!«
Dann ließ er sie los, völlig überraschend. Lina fiel, kroch so schnell sie konnte rückwärts, rappelte sich auf und rannte. Ohne einen Blick zurückzuwerfen stürzte sie zur angelehnten Tür und hinaus in den Garten. Ihre Hände griffen nach den rauen Brettern seines Gartenzauns, Splitter bohrten sich in ihre Finger. ›Weg hier, bloß weg hier!‹
Oben angekommen ließ sie sich auf die andere Seite fallen, stürzte eineinhalb Meter in die Tiefe und landete auf ihrer rechten Schulter, die sofort zu schmerzen begann. Sie bemerkte es nur noch am Rand ihrer Wahrnehmung und hastete weiter, weg von dem Grundstück dieses Teufels und zurück in die Sicherheit ihres Elternhauses.
Eine trügerische Sicherheit, wie sie …

* * *

Ich unterbreche. Der alte Mann wirkt schockiert. Mein Gott, was hat er denn erwartet? Er sollte Martens doch kennen, nach all diesen Jahren, da sollte ihn doch nichts mehr überraschen! Ich vermeide trotzdem, dass sich unsere Blicke treffen. Ich schaue in die Ferne, zu jener Stelle, wo sich die beiden im Zenit stehenden Sonnen in der violetten Oberfläche des Sees spiegeln.
»Ist das alles wirklich so gewesen?«, fragt er, seine Stimme klingt unsicher. Höre ich da etwa Zorn?
»Soweit ich mich erinnere schon«, winke ich ab.
»Ich wollte die Wahrheit«, erinnert er mich, »keine Überdramatisierung!«
Ich zucke mit den Schultern. »So bin ich nun mal. Das ist meine Natur.« Meine Rolle.
»Ich dachte, das hier ist der Ort, wo alle Masken fallen?«, will er sich vergewissern. Also tue ich ihm den Gefallen: »Ich trage keine Maske!«, intoniere ich theatralisch und unterdrücke ein Lachen.
Keine Reaktion. Hat er den Witz überhaupt verstanden? Hat er überhaupt eine Ahnung, wo wir hier sind?
»Bitte machen Sie es kurz! Nichts mehr von Linas früher Kindheit. Bitte…«
Na sowas! Ein ›Sie‹! Er kann es ja! Und ein ›Bitte‹? Es scheint ihm weh zu tun… Kann man sich sowas nicht mal vorher überlegen? Bevor man so eine Scheiße baut und das gesamte Universum in Gefahr bringt? Aber was soll's, ich bin ja da, letzter Failsafe, muss ich halt den Uhrmacher geben, mach ich doch gerne! Aber nur das Nötigste … Ich bin nicht hier, um irgendeine Ordnung aufrechtzuerhalten. Du hast doch nicht ernsthaft erwartet, ich würde alle deine Fehler ausbügeln und alles wieder gutmachen, oder?
»Eine Sache müssen Sie noch wissen«, bürde ich ihm auf, »Martens hat tatsächlich seine Drohung wahrgemacht und Linas Vater hat seine Arbeit verloren. Das Geld wurde knapp, und ja, es hat keine Weihnachtsgeschenke gegeben. Keine neuen Schlittschuhe! Alle haben bitterlich geweint…«
»Lass Sie das, ich hab's begriffen! Wann hat sich etwas geändert?«
»Viele Jahre später. Als Lina kurz vor ihrem vierzehnten Geburtstag stand. Bis dahin…«
Und so setze ich meine Erzählung fort. »Unterbrechen Sie mich nicht! Ich hasse es, unterbrochen zu werden…«

* * *

Lina sah sich ständig um. War ihr jemand gefolgt? Hatte er beobachtet, wie sie heimlich aus dem Fenster geklettert war?
»Stell dich nicht so an!«, schimpfte sie leise mit sich selbst, »Du bist doch nur am Samstag Nachmittag mit deinem Fahrrad im Park unterwegs, das hat niemand verboten … Und wenn du zufällig ein paar Freunde beim Grillen triffst und anschließend mit auf eine Nachtwanderung gehst, ist das ein Zufall. Du hast ja nicht gewusst, dass sie hier sein würden, du hast …« Und wieder die andere Stimme, die Stimme ihrer Angst: »Erzähl das nicht mir, erzähl das Herrn Martens, wenn er davon erfährt!«
Sie versuchte sich zu beruhigen und konzentrierte sich auf den Fahrtwind, der ihr ins Gesicht wehte und ihre schulterlangen braunen Haare flattern ließ, sie konzentrierte sich auf den Weg, die roten Steine, mit der die Straße durch den Park gepflastert war, und auf die Bäume, die links und rechts neben dem Weg an ihr vorbeirauschten, auf die Wärme des Sommers und das Licht der Sonne. Tatsächlich begann sie langsam, sich nicht mehr ganz so ängstlich zu fühlen, aber das Gefühl einer bösen Vorahnung wollte nicht ganz verschwinden.
Sie dachte an ihre Flucht, naja, Flucht war vielleicht etwas übertrieben, sie hatte sich aus dem Flurfenster aufs Flachdach des Anbaus heruntergelassen und war von dort auf den Zaun gestiegen, von dem man bequem in den Garten klettern konnte. Das Fenster hatte sie von außen sorgfältig wieder zugedrückt, und sie vergaß auch nicht, die Zeitschaltuhr aus dem Wohnzimmerschrank (die nur zu Weihnachten für die Gartenbeleuchtung verwendet wurde) an die Lampe in ihrem Kinderzimmer anzuschließen. Opa hatte in seinem Alter keine Lust mehr, immer nach oben zu gehen und nach ihr zu sehen. Deshalb begnügte er sich damit, aus seinem Küchenfenster zu schauen, ob wirklich um neun Uhr das Licht ausging. So hatte Lina leichtes Spiel, wenn ihre Eltern am Wochenende nicht da waren. Sie war schon einige Male weitaus länger weg gewesen, als ihre Eltern ihr erlaubt hatten. Sie hoffte nur, Opa würde nicht ausgerechnet heute eine Ausnahme machen und wirklich nachsehen, ob sie in ihrem Bett lag, aber die Chancen standen gut.
Herr Martens dagegen stelle ein weitaus größeres Problem dar. Sie hatte die Warnung ihres Vaters nie vergessen. Damals, an jenem schweren Schicksalstag, als er seine Arbeit verlor. »Nimm dich vor Herrn Martens in Acht«, warnte er, »dieser Mann ist böse. Er hat mir zwar mal das Leben gerettet, aber jetzt meint er, es gehöre ihm, und er hat mir mehrfach gesagt, er könne es mir auch wieder wegnehmen. Und ich glaube ihm das.«
»Wieso kann er machen, dass du deine Arbeit verlierst?«, fragte Lina. »Martens kennt eine Menge Leute«, antwortete ihr Vater, »und eine Menge Leute schulden ihm etwas, das macht ihn so gefährlich, gefährlicher als alle Monster, von denen du je geträumt hast.«
Fortan war Herr Martens das Monster geworden, von dem sie träumte, sie hatte diese Geschichte nie vergessen und war ihm immer aus dem Weg gegangen, und sie hatte sich immer an alles gehalten, wenn er ihr etwas verboten hatte.

Immer, bis auf heute.


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V.K.B.
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Beitrag31.01.2016 06:39

von V.K.B.
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PS: Ich habe meinen letzten Beitrag editiert, um doch die volle Version auf einmal zu veröffentlichen, auch wenn es viel zu lesen ist.

Also, welche Version ist jetzt eurer Meinung nach die beste?


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Eliane
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Beitrag02.02.2016 02:45

von Eliane
Antworten mit Zitat

Hallo!

Hmm ... welche ist besser?

Ich mag die Abschnitte mit dem Erzähler eigentlich lieber als die mit Lina, sie sind irgendwie plastischer, actionreicher, humorvoller. Hier sind die Personen "von innen" da. Das gefällt mir gut, dadurch gewinnt diese Fassung für mich.

Dagegen wirken die Lina-Abschnitte fast geruhsam, die Spannung, die eigentlich vom Inhalt her da sein sollte, kommt bei mir nicht ganz rüber. Man bleibt außenstehender Beobachter. An der Stelle verliert die Version wieder ... sorry ...


Darf ich Dich nebenbei auf ein paar Tippfehler aufmerksam machen?

"die
roten Steine, mit (der) denen die Straße durch den Park gepflastert war,"

"Das Fenster
hatte sie von außen sorgfältig wieder zugedrückt, und sie (vergaß) hatte
auch nicht vergessen (sonst ist es in sich nicht stimmig), die Zeitschaltuhr aus dem Wohnzimmerschrank"

"Herr Martens dagegen stellte ein weitaus größeres Problem dar"

Und zwei Satzfehler, in der PDF-Version:

Du setzt Gedanken z.T. kursiv, z.T. in Anführungszeichen, z.T. beides. Das wäre schöner, wenn es einheitlich wäre.

Außerdem setzt man, glaube ich, wörtliche Rede in einen neuen Absatz, wenn der Sprecher wechselt, weil das übersichtlicher ist.
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Beitrag07.02.2016 11:18

von V.K.B.
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@Eliane:
Dank für den Hinweis auf die Fehler, werde ich gleich korrigieren. Das mit den Anführungszeichen soll eigentlich Methode haben, bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich es so konsequent durchgehalten habe wie ich wollte, ich checke nochmal: Gedanken des Erzähler sollten nur kursiv sein, Gedanken seiner Charaktere kursiv und in einfachen Anführungszeichen.

Die Lina-Passagen sind die gleichen wie in den anderen Versionen, dass der Erzähler ihr hier mit seinem in Erscheinung Treten etwas die Show stiehlt, lässt sich wohl kaum vermeiden: Sie ist im Prolog ein kleines Mädchen, das Angst vor ihrem Nachbarn hat, er ist ein Jahrhunderte alter Gott (oder hält sich zumindest dafür), der sich um die Integrität des Universums Sorgen macht.

Ich glaube, ich kann für den Prolog damit leben, dass er klar im Vordergrund steht.


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Spitfire
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Beitrag07.02.2016 18:09

von Spitfire
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Hallo V.K.B.,
da Dein Thema als zweites im Einstandsbereich auftaucht, habe ich mich gleich mal drangesetzt. Ich bin nagelneu bei DSFo; daher kann es vermutlich sein, dass ich Regeln oder Vorgehensweisen, wie sie hier beherzigt und gepflegt werden, noch nicht genügend kenne – sollte das bei dieser Rückmeldung der Fall sein, bitte ich um Entschuldigung und einen evtl. entsprechenden Hinweis.
Ich habe Anmerkungen zu Deinem Text direkt während des Lesens zusammengestellt; ich hoffe, das ist nicht zu ‚frei von der Leber weg‘.
Weiterhin habe ich alle Fassungen vor der zuletzt reingestellten ignoriert, ist das in Ordnung so?

Zum ersten Abschnitt:
Der hat mir ganz gut gefallen. Das Präsens spricht mich hier sehr an, und die vielen kurzen Sätze passen m.E. auch dazu.
Kritikpunkte:
a) für meinen Geschmack enden zu viele Sätze in der wörtlichen Rede mit Ausrufezeichen. Das ‚klingt‘ auf Dauer, als würden sich die beiden Teilnehmer des Dialogs anschreien. Der alte Mann wirkt erregt: hier verstärken die Ausrufezeichen diesen Eindruck. Aber der Erzähler, so kommt es zumindest rüber, soll ja jemand (fast?) Allwissendes sein – doch da auch seine Sätze oft mit Ausrufezeichen enden, entsteht da für mich nicht genug an ‚Gefälle‘ zwischen den beiden. Falls Du aber vorhast, auch den Erzähler erregt/wütend/empört o.ä. wirken zu lassen (trotz seiner Überlegenheit), muss die Überlegenheit eventuell zugunsten seiner Gefühlslage über die Klinge springen. Da würde ich an Deiner Stelle noch einmal schauen, was Dir wichtiger ist.
Vielleicht habe ich Deine Absichten aber auch ganz falsch interpretiert ;>
b) Kleinigkeiten:
- Der alte Mann starrt mich an. (…) Seine Augen mustern mich. <- Ein wenig doppelt gemoppelt.
- Mein Blick wendet sich ab. <- Das klingt, als habe der Erzähler ‚keine Kontrolle‘ über seinen Blick, so, als wende sich sein Blick von allein ab, ohne sein Zutun. Alternativ könnte man schreiben: Ich wende den Blick ab.
c) Allgemein sind es mir ein bisschen zu viele kursive Gedankeneinschübe, aber das ist wirklich rein subjektiv, weil ich auf so etwas nicht so ‚stehe‘ ;>

Zum zweiten Abschnitt:
Den finde ich recht routiniert geschrieben, und ich könnte mir vorstellen, dass er sich für die anvisierte Zielgruppe gut lesen lässt. Aus ‚erwachsener‘ Sicht (ich weiß gerade nicht, wie ich es anders ausdrücken soll) stellen sich ein paar Fragen: wieso wechseln Martens Stimmungen so schnell? Muss es sein, dass er Lina gegen das Regal ‚schleudert‘? Wenn die Bücher/die Bibliothek so gefährlich sind/ist, wieso gibt es dann keine Schutzmaßnahmen? – Aber (!) das sind alles Dinge, die Du ja eventuell später noch aufklärst, in dem Fall kannst Du sie einfach ignorieren.
Gut gefallen hat mit die Beschreibung des Buchinneren: die gemalten und verzierten Großbuchstaben, die Miniaturen, andere Sinneseindrücke (etwas weiter vorn: der Geruch nach altem Papier/Pergament)… Wirklich schön.

Zum dritten Abschnitt:
Hier erhärtet sich, dass sich der Erzähler und der alte Mann auf einer anderen Welt oder zumindest einer anderen ‚Wirklichkeitsebene‘ o.ä. befinden. Prima finde ich, dass Du nur ein einziges Bild aus dieser Welt anbietest: die beiden Sonnen, die sich in einem violetten See spiegeln. Das macht mich neugierig auf mehr und regt mich zum Weiterlesen an.
Der zweite Dialog zwischen dem Erzähler und dem alten Mann hat mich hingegen nicht so überzeugt. Es wird sehr viel angedeutet und angerissen; der Erzähler wirkt in keiner Weise überlegen, eher ein wenig kindisch mit seinen Emotionen, seinem Witz und seinen Reaktionen auf sein Gegenüber. Vor allem in den Reaktionen kann ich eigentlich keine konsequente innere Haltung erkennen: mal blickt er deutlich auf den alten Mann herab, belustigt sich über ihn, mal scheint er sich dann wieder fast wie mit einer Bitte um Verständnis an ihn zu wenden, sonst wären ihm die Gefühlsäußerungen des alten Mannes nicht so wichtig.
Frage: an wen richtet sich diese Gedankenfrage?: ‚Du hast doch nicht ernsthaft erwartet, ich würde alle deine Fehler ausbügeln und alles wieder gutmachen, oder?‘
Sollte es der alte Mann sein, wäre das für mich ein Bruch, da der Erzähler ihn in Gedanken vorher stets in der dritten Person abgehandelt hat.
Der Hinweis auf Linas weiteren Weg ist eine gute Überleitung zum nächsten Teil.

Zum vierten Abschnitt:
Hier verstehe ich nicht ganz, ob Linas Flucht sich mit der Flucht am Ende des zweiten Abschnitts deckt oder ob es sich um zwei separate Erlebnisse handelt. Ich vermute Letzteres, da sie hier ja meint, es habe sich nicht direkt um eine Flucht gehandelt.
Vielleicht bin ich auch nur leicht zu verwirren *g*, aber um die Verständlichkeit zu überprüfen, würde ich andere Testleser auf dieses Thema hin ansprechen.
Bei den Rückblenden haben sich ein paar Stellen eingeschlichen, die die Zeitform nicht konsequent einhalten:
‚und sie vergaß auch nicht,‘ <- und sie hatte auch nicht vergessen (…)
‚Damals, an jenem schweren Schicksalstag, als er seine Arbeit verlor. »Nimm dich vor Herrn Martens in Acht«, warnte er,‘ <- (…) verloren hatte (…), hatte er gewarnt (…)
‚fragte Lina. »Martens kennt eine Menge Leute«, antwortete ihr Vater‘ <- hatte Lina gefragt. (…) hatte ihr Vater geantwortet (…)
Inhaltlich werden in diesem Abschnitt noch mehr Fragen aufgeworfen. Da würde ich eventuell ein bisschen darauf achten, dass sie nicht Überhand nehmen, sonst geht den einzelnen Fragen oder Rätseln ihre Wirkung/Bedeutung vielleicht verloren.

Insgesamt liest sich der Prolog flüssig. Die Charaktere ‚warten‘ noch auf mehr Text, der sie einprägsamer und detailreicher macht, aber für einen Prolog fand ich es ausreichend.
Den ‚Erzähler‘ soll man vermutlich noch gar nicht fassen oder irgendwie ausloten können.
Das sind so meine ersten – sicher etwas ungeordneten - Eindrücke. Ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen :>
LG, Spitfire
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V.K.B.
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Beitrag08.02.2016 05:48

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo Spitfire,
vielen Dank für deine ausführliche Kritik.

Spitfire hat Folgendes geschrieben:
Hallo V.K.B.,
da Dein Thema als zweites im Einstandsbereich auftaucht, habe ich mich gleich mal drangesetzt. Ich bin nagelneu bei DSFo; daher kann es vermutlich sein, dass ich Regeln oder Vorgehensweisen, wie sie hier beherzigt und gepflegt werden, noch nicht genügend kenne – sollte das bei dieser Rückmeldung der Fall sein, bitte ich um Entschuldigung und einen evtl. entsprechenden Hinweis.

Nee, keine Sorge, alles im grünen Bereich!

Zitat:
Ich habe Anmerkungen zu Deinem Text direkt während des Lesens zusammengestellt; ich hoffe, das ist nicht zu ‚frei von der Leber weg‘.

Im Gegenteil! Mir ist der spontane Eindruck beim ersten Lesen wichtig. Analysieren kann man später.

Zitat:
Weiterhin habe ich alle Fassungen vor der zuletzt reingestellten ignoriert, ist das in Ordnung so?

Ja, meist sogar erwünscht. Die letzte Fassung ist ja auch immer die neuste Überarbeitung. Hier hätte mich aber auch der Vergleich zu den anderen Fassungen interessiert, die unterschiedlich aufgebaut sind: erste Version war nur Zusammenfassung zurückliegender Ereignisse, zweite mit Lina im Mittelpunkt ohne Erzähler als auftretender Charakter, letzte (die du gelesen hast) der Versuch, es durch die Vorwegnahme einer erst viel später im Roman deutlich werdenden Handlungsebene interessanter zu machen. Diese ist aber auch mein momentaner Favorit.  

Zitat:
Zum ersten Abschnitt:
a) für meinen Geschmack enden zu viele Sätze in der wörtlichen Rede mit Ausrufezeichen.

Jo, kann gut angehen! Ich setzte diese Dinger eben oft viel zu schnell. Werde nochmal nachsehen, wo die wirklich nötig sind. Anschreien sollten sich die beiden jedenfalls nicht.

Zitat:

b) Kleinigkeiten:
- Der alte Mann starrt mich an. (…) Seine Augen mustern mich. <- Ein wenig doppelt gemoppelt.

Soll auch der Verstärkung dienen.

Zitat:
- Mein Blick wendet sich ab. <- Das klingt, als habe der Erzähler ‚keine Kontrolle‘ über seinen Blick, so, als wende sich sein Blick von allein ab, ohne sein Zutun. Alternativ könnte man schreiben: Ich wende den Blick ab.

Genau das hat schon mal jemand (außerhalb der Diskussion hier) bemängelt. Aber es ist Absicht und genauso gemeint, wie du es interpretierst: Er will den Blick eigentlich nicht wirklich abwenden, schafft es aber trotzdem nicht, seinem Gegenüber in die Augen zu sehen. Vielleicht hat er eben doch ein Gewissen. Muss ich das anders ausdrücken, weil es so zu seltsam wirkt?

Zitat:
c) Allgemein sind es mir ein bisschen zu viele kursive Gedankeneinschübe, aber das ist wirklich rein subjektiv, weil ich auf so etwas nicht so ‚stehe‘ ;>

Und ich hab's gerade noch geschafft, nicht komplett stream of consciousness zu schreiben  Wink! Da gehen Geschmäcker wohl auseinander.
Zitat:

Zum zweiten Abschnitt:
wieso wechseln Martens Stimmungen so schnell?

Tun sie das wirklich? Oder variiert er nur ganz bewusst seinen Tonfall, um eine bestimmte Wirkung zu erzeugen? So ist das jedenfalls gemeint.

Zitat:
Muss es sein, dass er Lina gegen das Regal ‚schleudert‘?

Ja, er ist auf gut Deutsch gesagt halt ein skrupelloses Arschloch und schreckt nur vor sehr wenig zurück. Ein Kind gegen einen Schrank zu schubsen ist für seine Verhältnisse noch harmlos.

Zitat:
Wenn die Bücher/die Bibliothek so gefährlich sind/ist, wieso gibt es dann keine Schutzmaßnahmen?

Wo liest du heraus, dass Bücher oder Bibliothek gefährlich seien? Das einzig gefährliche da ist Herr Martens. Lina vermutet in ihrer kindlichen Phantasie nur, dass es sich wohl um Magiebücher handelt, für den erwachsenen Leser sollte sich aus der weiteren Beschreibung aber ergeben, dass es sich wohl eher um religiöse Texte (und uralte, wertvolle Sammlerstücke) handelt. So war das jedenfalls von mir gedacht. Muss ich das deutlicher machen?

Zitat:
Der zweite Dialog zwischen dem Erzähler und dem alten Mann hat mich hingegen nicht so überzeugt. Es wird sehr viel angedeutet und angerissen; der Erzähler wirkt in keiner Weise überlegen

Er sollte sich aber eigentlich zumindest so geben. Kannst du das an einer bestimmten Textstelle festmachen? Würde mir beim Überarbeiten helfen.

Zitat:

,eher ein wenig kindisch mit seinen Emotionen, seinem Witz und seinen Reaktionen auf sein Gegenüber. Vor allem in den Reaktionen kann ich eigentlich keine konsequente innere Haltung erkennen: mal blickt er deutlich auf den alten Mann herab, belustigt sich über ihn, mal scheint er sich dann wieder fast wie mit einer Bitte um Verständnis an ihn zu wenden, sonst wären ihm die Gefühlsäußerungen des alten Mannes nicht so wichtig.

Das ist gewollt, er hat eine gewisse gespaltene Persönlichkeit. Womit ich jetzt nicht zwei Personen in einem Körper meine, sondern dass er einerseits möglichst arrogant und empathielos sein will, aber letztendlich eben doch Mitgefühl und zumindest Reste eines Gewissens hat, was er nicht ganz abstellen kann.
Zitat:

Frage: an wen richtet sich diese Gedankenfrage?: ‚Du hast doch nicht ernsthaft erwartet, ich würde alle deine Fehler ausbügeln und alles wieder gutmachen, oder?‘
Sollte es der alte Mann sein, wäre das für mich ein Bruch, da der Erzähler ihn in Gedanken vorher stets in der dritten Person abgehandelt hat.

Hier wird er emotionaler und versucht, seine Handlungen vor sich selbst zu rechtfertigen, indem er dem alten Mann die Schuld für alles zuzuweisen versucht. Daher spricht er ihn jetzt direkt in Gedanken an.

Zitat:

Zum vierten Abschnitt:
Hier verstehe ich nicht ganz, ob Linas Flucht sich mit der Flucht am Ende des zweiten Abschnitts deckt oder ob es sich um zwei separate Erlebnisse handelt. Ich vermute Letzteres, da sie hier ja meint, es habe sich nicht direkt um eine Flucht gehandelt.

Der Erzähler sagt vorher etwas von "viele Jahre später, kurz vor ihrem 14. Geburtstag". Ich dachte, damit sei klar, dass es sich jetzt um spätere Ereignisse handelt. Aber du hast recht, bei "dachte an ihre Flucht" könnte auch die Flucht damals vor Martens gemeint sein, an die sie sich immer noch erinnert. So hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich werde mal schauen, wie ich das umformulieren kann, damit dieses Missverständnis nicht auftritt.

Zitat:
Bei den Rückblenden haben sich ein paar Stellen eingeschlichen, die die Zeitform nicht konsequent einhalten:
‚und sie vergaß auch nicht,‘ <- und sie hatte auch nicht vergessen (…)
‚Damals, an jenem schweren Schicksalstag, als er seine Arbeit verlor. »Nimm dich vor Herrn Martens in Acht«, warnte er,‘ <- (…) verloren hatte (…), hatte er gewarnt (…)

Von der Grammatik her hast du sicher recht, müsste alles Plusquamperfekt sein. Aber das liest sich nicht so gut wegen der ständigen Wiederholung der beiden Hilfsverben. Die erste Version war fast komplett im Plusquamperfekt und wurde mir dafür um die Ohren gehauen. Mit Recht, denke ich mittlerweile, liest sich nämlich wirklich nicht gut! Ich habe gelesen, dass man, um das zu vermeiden, nur die ersten und letzten Sätze ins Plusquamperfekt stellt, um den Zeitwechsel zu verdeutlichen, im Mittelteil aber das übliche Präteritum verwendet. War mir auch neu, erscheint mir aber auch sinnvoll. Oder hab ich da Unsinn gelesen und umgesetzt?

Zitat:
Inhaltlich werden in diesem Abschnitt noch mehr Fragen aufgeworfen. Da würde ich eventuell ein bisschen darauf achten, dass sie nicht Überhand nehmen, sonst geht den einzelnen Fragen oder Rätseln ihre Wirkung/Bedeutung vielleicht verloren.

Hmmm, hier bin ich mir selbst nicht sicher, ob das zuviele Fragen sind oder nicht. Der Prolog soll den Leser mit Fragen zurücklassen, die in den folgenden Kapiteln nach und nach beantwortet werden.


Zitat:
Insgesamt liest sich der Prolog flüssig. Die Charaktere ‚warten‘ noch auf mehr Text, der sie einprägsamer und detailreicher macht

Keine Sorge, kommt in den folgenden Kapiteln.

Zitat:
Den ‚Erzähler‘ soll man vermutlich noch gar nicht fassen oder irgendwie ausloten können.

So ist es. Das geht frühestens ab Band vier Mitte.

Zitat:

Das sind so meine ersten – sicher etwas ungeordneten - Eindrücke. Ich hoffe, Du kannst damit etwas anfangen :>

Oh ja, sehr viel sogar! Vielen Dank für deine Mühe!

Zitat:
LG, Spitfire

LG zurück,
VKB


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Seraiya
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Beitrag08.02.2016 16:18

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo V.K.B.,

Ich hab es noch einmal gelesen und finde diesen neuen Prolog sehr viel ansprechender, als dir vorangegangenen Versionen.
Mich stören immer noch einige Dinge, aber ist ja wurscht. Ich finde, dass du das gut gelöst hast.

Sätze wie:
Zitat:
    Vorsichtig ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen.

finde ich noch immer zu distanziert.
"Ihr Blick schweifte durch den Raum.", finde ich näher am Geschehen.

Der Erzähler scheint ein ziemlich arroganter, selbstgefälliger Typ zu sein. Ich bin hin und her gerissen, ob mich das hier anspricht oder eher nicht, finde aber allgemein, dass es passt und Fragen aufwirft, wenn er wie z.B. hier über sich selbst sagt:
Zitat:
  Es ist alles mein Werk. Er auch. Er hat es nur noch nicht begriffen …  

Zitat:
Aber was soll's, ich bin ja da, letzter Failsafe, muss ich halt den Uhrmacher geben, mach ich doch gerne! Aber nur das Nötigste … Ich bin nicht hier, um irgendeine Ordnung aufrechtzuerhalten.    

Mich macht das neugierig, auch wenn ich es im Gesamten als ein wneig übertrieben ansehe, was er in Gedanken so von sich gibt. Würde. vlt. zwei oder drei Gedanken davon streichen.



LG,
Seraiya


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Beitrag08.02.2016 17:09

von V.K.B.
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Hallo Seraiya, danke für deine Kommentare.

Ist wohl Geschmackssache, aber wenn ich immer nur Dinge wie "Ihr Blick schweifte durch den Raum." schreibe wird mir das auf Dauer sprachlich etwas zu simpel und daher unansprechend. Auch wenn es näher am Geschehen ist. Wie sehen das andere?

Mit der Charakterisierung des Erzählers hast du Recht, er hält sich halt für einen Gott (oder ist vielleicht sogar wirklich einer). Ich habe bereits einige seiner Gedanken gestrichen, die ich für irgendwie entbehrlich hielt, diese hier müssen mMn drinbleiben, weil sie wichtige Foreshadowings sind. Zum Beispiel wird eine Armbanduhr rätselhafter Herkunft eine wichtige Rolle spielen, hier wird dadurch angedeutet, dass der Erzähler sich aus dem Hintergrund ab und zu in Linas Schicksal einmischt (oder das zumindest behauptet). Und er braucht eben eine Rechtfertigung (vor sich selbst wie auch für den Leser) warum er, wenn er wirklich über solche Macht verfügt und nicht nur größenwahnsinnig ist, dann überhaupt zulässt, dass Lina in all das hereingerät, wenn er doch eigentlich auf ihrer Seite zu stehen scheint und die Macht hätte, sie vor allem zu bewahren. Vielleicht versucht er, diesen Mittelweg zwischen Sympathie für Lina und seiner Funktion als neutraler oder gar böser Gott in Einklang mit seiner Rolle als mythologisches Wesen zu bekommen, weil er sich selbst in dieser Rolle gefangen sieht und ausbrechen möchte. Arroganz hat auch immer eine Selbstschutzfunktion, Dinge nicht an sich heranzulassen. Aus seinem von spitfire angesprochenen zwiespältigen Verhalten geht ja auch hervor, dass er einerseits meint, sich als Gott keine Empathie leisten zu können, andererseits aber eben doch Gefühle hat und nicht immer gegen sie ankommt, besonders an einem Ort, "wo alle Masken fallen". Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht dazu sagen, weil es zuviel des gesamten Romanzyklus' vorwegnehmen würde. Seine genaue Rolle und Identität wird nämlich erst viel später in den folgenden Bänden gelüftet. Ich kann nur noch sagen, dass er eine sehr interessante (und auch tragische) Figur ist, über die man lange diskutieren könnte. Hier im Prolog ist das aber wohl noch zu früh.

LG,
Veith Kanoder-Brunnel


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Beitrag09.02.2016 02:44

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Hallo Veith,

Zitat:
Ist wohl Geschmackssache, aber wenn ich immer nur Dinge wie "Ihr Blick schweifte durch den Raum." schreibe wird mir das auf Dauer sprachlich etwas zu simpel und daher unansprechend. Auch wenn es näher am Geschehen ist. Wie sehen das andere?
  

Ich kann dir nur aus eigener Erfahrung sagen, dass derartige Sätze bei mir immer wieder kritisiert wurden und ich diese Kritik nachvollziehen kann.
Ihr Blick ist zunächst kein eigenständiges Wesen.
"Sie ließ ihre Zähne klappern." wäre für mich auch so ein Satz und Unfug.
"Sie ließ ihre Füße schneller gehen."
"Sie ließ ihre Hände das Buch berühren."
Ich denke, dass man es trotzdem abwechslunsgreich gestalten kann, aber wie schon gesagt ... du musst zufrieden sein. smile

Zitat:
Ich habe bereits einige seiner Gedanken gestrichen, die ich für irgendwie entbehrlich hielt, diese hier müssen mMn drinbleiben, weil sie wichtige Foreshadowings sind.  

Foreshadowings musste ich erst einmal googlen.
Ja, der Charakter macht auch so neugierig. Hier geht es jetzt um persönlichen Geschmack.

Zitat:
Und er braucht eben eine Rechtfertigung (vor sich selbst wie auch für den Leser) warum er, wenn er wirklich über solche Macht verfügt und nicht nur größenwahnsinnig ist, dann überhaupt zulässt, dass Lina in all das hereingerät, wenn er doch eigentlich auf ihrer Seite zu stehen scheint und die Macht hätte, sie vor allem zu bewahren.  

Zumindest im Prolog bräuchte es diese Rechtfertigung mMn nicht. Ist aber nur mein persönliches Empfinden, dass man nicht automatisch davon ausgehen muss, dass er, nur weil er die Macht dazu hat, in der Pflicht steht einzugreifen.

Zitat:
  Arroganz hat auch immer eine Selbstschutzfunktion, Dinge nicht an sich heranzulassen.  

Darüber könnte man jetzt streiten. Manch einer ist auch einfach nur selbstverliebt und hält sich für den Knaller, ohne eine verwunderbare Seite zu verstecken. Aber ich finde, dass es hier schon passt und auch wieder, zumindest meine, Neugierde weckt.

Weiterhin gutes Gelingen!


LG,
Seraiya


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Beitrag09.02.2016 04:05

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Seraiya hat Folgendes geschrieben:

Ihr Blick ist zunächst kein eigenständiges Wesen.
"Sie ließ ihre Zähne klappern." wäre für mich auch so ein Satz und Unfug.
"Sie ließ ihre Füße schneller gehen."
"Sie ließ ihre Hände das Buch berühren."

Sich kaputt lachen
Also, ganz so schlimm finde ich "sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen" jetzt nicht. Andererseits, ich sehe, was du meinst! Ich denke nochmal drüber nach!

Zitat:
Weiterhin gutes Gelingen!

Danke!
VKB


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Spitfire
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Beitrag10.02.2016 09:57

von Spitfire
Antworten mit Zitat

Hallo V.K.B.,
zu Deinen einzelnen Antworten:
- Ich würde das mit dem ‚Mein Blick wendet sich ab‘ dann ruhig so lassen, wenn es so gemeint ist wie von Dir beschrieben.
- ‚stream of consciousness‘ heißt so etwas? Wieder was gelernt *g* - Klar, totale Geschmackssache; wirklich gestört hat es mich auch nicht.
- Martens Stimmungen: Wenn es um diese Wirkung geht, kannst Du meine Bemerkung natürlich streichen. Man erlebt ihn hier ja auch nur in einer einzigen Szene; ich vermute, dass Du ihn und vielleicht auch seine Motive später noch eingehender ‚beleuchtest‘.
- Die ‚Gefährlichkeit‘ der Bücher oder der Bibliothek: Diesen Eindruck habe ich durch Martens Verhalten gewonnen, vor allem aus seinen Drohungen/Andeutungen. Deutlicher musst Du das nicht machen; ich hatte mich bloß gefragt, ob jemand wie Martens seine Bibliothek nicht irgendwie ‚schützen‘ würde. Aber vielleicht ist Lina ja ganz einfach die Erste, die sich überhaupt dort einfindet/sich in sein Haus traut.
- Die ‚Überlegenheitswirkung‘ des Erzählers hat für mich unter der Stelle ‚Bevor man so eine Scheiße baut und das gesamte Universum in Gefahr bringt? Aber was soll's, ich bin ja da, letzter Failsafe, muss ich halt den Uhrmacher geben, mach ich doch gerne! gelitten, unter seinen (für mich) recht emotionalen Gedanken, die sich an den alten Mann richten, und unter »Unterbrechen Sie mich nicht! Ich hasse es, unterbrochen zu werden…«: zu Letzterem: er wird ja ziemlich oft von dem alten Mann unterbrochen und hat sich auf die Unterbrechungen bisher auch eingelassen – vielleicht könntest Du ihn sagen lassen „Aber jetzt unterbrechen Sie mich (bitte/gefälligst) nicht mehr. Ich hasse es, unterbrochen zu werden.“ oder so. Das ‚hasse‘ kommt durch die Kursivschrift für mich auch ein bisschen impulsiv rüber.
Aber (!) das sind nur meine Eindrücke beim Lesen. Vielleicht ist die Situation, in der der Erzähler steckt (und mit ihm eventuell eine ganze Welt/Welten o.ä.) so ernst, dass er einfach manchmal emotional wird, das kann ja auch überlegenen Charakteren passieren…
Und wenn der Erzähler eine gewissermaßen ‚gespaltene Persönlichkeit‘ haben soll, wirken viele seiner Sätze und Reaktionen auch etwas anders.
Ich denke, es ist problematisch, Charaktere auf der Basis eines einzigen Kapitels zu beurteilen. Hätte ich jetzt weiterlesen können… ;> Insofern nimm meine Anmerkungen auch bloß nicht zu ‚ernst‘ ;>
- Zum vierten Abschnitt: ich glaube, da habe ich vielleicht auch nicht aufmerksam genug gelesen, sorry. Ob Du das umformulieren/ergänzen o.ä. müsstest – das würde ich an der Meinung weiterer ‚Gegenleser‘ festmachen.
- Was diese Plusquamperfekt-Umgehungsmöglichkeit betrifft, bin ich überfragt. Ich würde das einfach so machen, wie es Dir gefällt (solange es sprachlich korrekt ist). Ich habe als Leser eher wenig Probleme mit z.B. sich wiederholenden Hilfsverben, aber das entspricht meinem persönlichen Geschmack.
- Zu den vielen Fragen: auch hier leidet eine ganz sinnvolle Beurteilung meinerseits darunter, dass ich nur ein Kapitel gelesen habe. Wenn Du die Fragen dann im Fortlauf zu klären beginnst, relativiert sich ihre ‚Masse‘ vielleicht sehr schnell.

So, ich hoffe, ich habe nichts vergessen (ich bin noch nicht ganz wach).
Auf welche Altersgruppe zielt der erste Band denn ab?

LG, Spitfire
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Beitrag10.02.2016 16:43

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hallo Spitfire,
vielen Dank für deine ausführlichen Kommentare. Ich denke, da ist durchaus einiges bei, was mir bei der Überarbeitung hilft.

Spitfire hat Folgendes geschrieben:

- ‚stream of consciousness‘ heißt so etwas? Wieder was gelernt *g* - Klar, totale Geschmackssache; wirklich gestört hat es mich auch nicht.

Ganz stream of consciousness ist das so noch nicht. Das wäre, wenn man nur ungeordnete Gedanken und Emotionen, vielleicht gar ohne Satzzeichen, schreibt. Als würde man einen Bewusstseinsstrom protokollieren, der jemandem gerade durch den Kopf geht.

Zitat:
ich vermute, dass Du ihn und vielleicht auch seine Motive später noch eingehender ‚beleuchtest‘.

Oh ja. Er ist einer der Hauptantagonisten des gesamten Romanzyklus'. Lina wird noch jede Menge Ärger durch ihn und seinen Machenschaften haben, auch auf einer Ebene, die sie sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorstellen kann.

Zitat:
Die ‚Gefährlichkeit‘ der Bücher oder der Bibliothek: Diesen Eindruck habe ich durch Martens Verhalten gewonnen, vor allem aus seinen Drohungen/Andeutungen.

So, als würde er sie vor etwas warnen wollen? Ja, könnte man vielleicht denken, wenn man ihm gute Absichten unterstellen möchte. Solche Absichten hat er vielleicht sogar (oder glaubt das zumindest) doch die gehen in eine ganz andere Richtung, das Schicksal von Einzelpersonen ist ihm völlig gleich dabei.

Zitat:
Deutlicher musst Du das nicht machen; ich hatte mich bloß gefragt, ob jemand wie Martens seine Bibliothek nicht irgendwie ‚schützen‘ würde. Aber vielleicht ist Lina ja ganz einfach die Erste, die sich überhaupt dort einfindet/sich in sein Haus traut.

Die Bücher sind von historischem Wert, mehr eigentlich nicht. Doch da er einen gewissen Ruf hat, geht er eben davon aus, dass sich sowieso niemand trauen würde, ihn zu bestehlen.

Zitat:
Die ‚Überlegenheitswirkung‘ des Erzählers hat für mich ...

Zu dem Erzähler und seinen Motiven/Emotionen etc. kann ich an dieser Steller nicht mehr sagen, als ich es bereits in den letzten Posts getan habe. Siehe dazu auch die Antworten an Seraiya.

Zitat:
er wird ja ziemlich oft von dem alten Mann unterbrochen und hat sich auf die Unterbrechungen bisher auch eingelassen – vielleicht könntest Du ihn sagen lassen „Aber jetzt unterbrechen Sie mich (bitte/gefälligst) nicht mehr. Ich hasse es, unterbrochen zu werden.“

Gute Idee. Das passt besser. Werde ich ändern.

Zitat:
Ich habe als Leser eher wenig Probleme mit z.B. sich wiederholenden Hilfsverben, aber das entspricht meinem persönlichen Geschmack.

Das geht mir persönlich ähnlich, doch ich bin oft dafür kritisiert worden. Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich es handhabe. Jedenfalls keine seitenlangen Passagen im Plusquamperfekt mehr.

Zitat:
Ich denke, es ist problematisch, Charaktere auf der Basis eines einzigen Kapitels zu beurteilen. Hätte ich jetzt weiterlesen können…

Man kann nicht zuviel Text auf einmal einstellen, dann liest das keiner mehr. Aber du kannst bald weiterlesen bei Kapitel eins, das ich gerade noch einmal überarbeite.

Zitat:
Auf welche Altersgruppe zielt der erste Band denn ab?

Eigentlich auf alle ab 15 oder etwas älter bzw. jünger, je nach Fähigkeiten im Leseverständnis (ist nicht immer ganz einfach, da ich auch gerne mit Erzählperspektiven spiele, zum Beispiel von diversen Charakteren nacheinander bis zu einem bestimmten Punkt erzählen lasse, wo sich diese Linien wieder treffen). Die späteren Bände sind klar für Erwachsene und zu brutal für Kinder. Ich habe den Roman begonnen, als meine erste Tochter vor 5 Jahren geboren wurde, und hatte so grob im Kopf, dass sie mit 14 oder 15 bei Band eins anfangen und dann jedes Jahr einen lesen könnte. Momentan bin ich bei Band 6, will aber den ersten parallel überarbeiten, mit der Hoffnung, ihn mal veröffentlichen zu können.

LG und vielen Danke für die Anmerkungen,
VKB


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Beitrag22.02.2016 01:29

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

So, hab noch einmal überarbeitet. Der Anfang ist größtenteils gleich geblieben, hab nur versucht, meinen inflationären Gebrauch von Ausrufezeichen etwas einzudämmen. Der letzte Teil ist neu und komplett anders, weil ich Kapitel 1 auch neugeschrieben habe und es als Hinführung passen muss.

Neuste Version des Prologs:

Der alte Mann starrt mich an. Es ist das erste Mal, dass wir uns begegnen. Seine Augen mustern mich. Bewertend. Verdammend? Mein Blick wendet sich ab. Habe ich ein schlechtes Gewissen? Habe ich überhaupt noch ein Gewissen?
»Du …«, beginnt er das Gespräch. Er dutzt mich? Was denkt er eigentlich, wer er ist? Hat er vergessen, wer ich bin? Was ich bin? Ich nicke trotzdem.
»Du siehst so harmlos aus … wie ein Student oder so …«
»Müssen wir uns bekriegen?«, frage ich.
Er lacht. »In einer Welt, die weniger verrückt ist als die unsere, sollten wir das tun …«
Ich bleibe höflich. »Was genau wollen Sie?«, frage ich, obwohl ich die Antwort kenne. Natürlich kenne ich sie, es ist ja mein Werk. Es ist alles mein Werk. Er auch. Er hat es nur noch nicht begriffen …
»Ich muss wissen, was passiert ist. In all diesen Jahren …«
 
»Lina?«, frage ich.
Natürlich geht es um Lina. »Die ganze Geschichte«, fordert er, »von Anfang an. Ich muss alles wissen. Jedes Detail.«
Du musst gar nichts, alter Mann! Vergiss nicht, wer ich bin. Aber ich erzähle sie dir, natürlich tue ich das. Es ist schließlich meine Natur.
»Die ganze Geschichte?«, vergewissere ich mich, »Das wird aber etwas dauern …«
Er lächelt. »Wir haben die Ewigkeit, oder?«
»Ich denke schon«, antworte ich, »aber hör gut zu. Und unterbrich mich nicht! Erwarte auch keine chronologische Ordnung, erwarte überhaupt keine Ordnung. Es geht ums Chaos. Du musst das Puzzle selbst zusammensetzen.«
»Das ist mir bewusst.«
Ich nicke. »Gut! Und ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich innerhalb der Erzählung von mir in der dritten Person spreche? Ich mache das gerne. Hat Caesar schließlich auch getan.«
»Caesar war größenwahnsinnig.«, erinnert er. Ich lache. Als ob ich das nicht wüsste! Wer hat ihn denn auf die Idee mit dem Rubicon gebracht?
Ich versuche, einen warnenden Tonfall zu treffen. »Eigentlich ist es mehr deine Geschichte. Und glaub mir, sie wird dir nicht gefallen …«
»Ich muss es wissen!«, beharrt er.
Ich lehne mich in meinem Liegestuhl zurück und blicke auf den Hali. Zünde mir eine Zigarette an und hole tief Luft: »Das alles begann, als Lina acht Jahre alt war. Es war im Dezember, kurz vor Weihnachten… Damals, auf der Erde…«
Ich stoppe meine Erzählung und schüttle den Kopf. ›Nein, kein guter Anfang, Lina nicht würdig. Mir auch nicht, viel zu simpel…‹
»Lass mich noch einmal neu beginnen …«
Er sieht mich erwartungsvoll an.

***

Lina hatte kein gutes Gefühl, als sie das Wohnzimmer durch die Verandatür betrat. Doch diese Gelegenheit war einfach zu verlockend, ihre Neugierde zu groß. ›Nur schnell einmal umsehen‹, nahm sie sich vor, ›ein kurzer Blick und ich bin wieder weg, er wird gar nichts merken!‹
Sie wagte kaum zu atmen. Vorsichtig ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. Hohe Regale, dunkles Holz, nahezu überall, nicht nur an den Wänden. Das Zimmer glich einer Bibliothek oder einem Antiquariat. Sie lauschte. Nichts.
Vorsichtig setzte sie einen Fuß nach vorne, dann den anderen. Die Holzdielen knirschten leise. ›Das ist zu laut, viel zu laut!‹
›Dreh um!‹, forderte eine innere Stimme, ›Du handelst dir doch nur großen Ärger ein!‹
Sie wollte dieser Stimme der Vernunft gerade Folge leisten, als ihr Blick auf das Regal gegenüber fiel. Dicke Ledereinbände, wahrscheinlich über hundert Jahre alt.
›Das müssen Magiebücher sein oder sowas‹, überlegte sie aufgeregt. Schon zog sie mit zitterigen Händen einen dieser Wälzer hervor. Das Buch war schwer, sie konnte es kaum halten. Zum Glück hatte der Schrank eine Ablage. Staub umwirbelte sie, als sie das Buch dort ablegte und aufschlug, der Geruch von vergilbtem alten Papier drang in ihre Nase. Eine große Hausspinne fiel von der Borte über ihr auf die aufgeschlagene Buchseite und huschte davon, dicht an ihrer Hand vorbei, bevor sie in einer Ritze verschwand. Lina atmete tief durch.
›Ungewöhnlich‹, überlegte sie kurz, ›eine Spinne im Dezember?‹ Dann widmete sie dem Buch ihre ganze Aufmerksamkeit.
Zuerst war sie ein bisschen enttäuscht, nichts davon lesen zu können. Die Buchstaben sahen ähnlich aus wie jene, mit denen sie sich in der Grundschule beschäftigte, dennoch konnte sie kaum etwas entziffern. Interessant fand sie allerdings den ersten Buchstaben auf der Seite. Dieser war fünfmal so groß wie die restlichen und handgemalt, es musste ein ›G‹ oder vielleicht auch ein ›Z‹ sein. Ein Engel mit einem Speer schien sich hinter einem der Aufstriche zu verstecken und auf eine günstige Gelegenheit zu warten, den Teufel oben auf dem Buchstaben niederstrecken zu können. Sie blätterte weiter. Alle Kapitel begannen mit solchen verzierten Buchstaben, ihre Illustrationen zeigten Mönche bei der Gartenarbeit, beim Singen oder auch beim Kampf gegen Drachen und andere Monster. Mühsam versuchte Lina, einen der Satzanfänge zu entziffern: ›Regnum inferni est …‹
Eine kräftige Hand packte sie an der Kapuze ihrer Jacke und riss sie von dem Buch weg. »Was tust du in meinem Haus?«
Sie wollte wegrennen, doch die Hand schleuderte sie gegen das Regal. Herr Martens starrte sie an. Noch nie hatte sie in solche Augen gesehen, so voller Zorn und eisiger Kälte. Sie dachte an Medusa, dieses Ungeheuer aus den griechischen Sagen, von dem ihre Mutter mal erzählt hatte.
»Was hast du hier zu suchen?«, fragte Martens noch einmal. Nichts erinnerte mehr an den Nachbarn, der sonst freundlich auf sie gewirkt hatte. Sie hatte das Gefühl, einem dieser Teufel aus den Buchzeichnungen gegenüberzustehen.
Martens schüttelte sie und holte gerade Luft, um sie ein weiteres Mal anzubrüllen. Sie nahm allen Mut zusammen. »Ich … ich war nur neugierig …«, stammelte sie, »bitte entschuldigen Sie!«
»Neugierig? Soso …« Seine Stimme wurde ruhiger, und auch seine Gesichtsmuskeln schienen sich zu entspannen, aber der eisige Blick in seinen Augen blieb. »Weißt du eigentlich, was neugierigen Kindern alles passieren kann?«
Lina war viel zu verängstigt, um antworten zu können. Ihre Gedanken rasten, ihr Kopf glühte, die Sicht verschwamm von den Tränen, die sich in ihren Augen sammelten. Sie wollte sich losreißen, aber ihr Körper reagierte nicht, sie war wie versteinert. ›Diese Augen …‹
Seine Frage hallte noch einmal durch ihre Gedanken. »Weißt du, was neugierigen Kindern alles passieren kann?« Panisch suchte sie nach brauchbaren Worten. ›Ich muss mich irgendwie…‹
Es half nichts, ihr fiel keine Ausrede ein. Martens ließ sie aber gar nicht zu Wort kommen, sondern beantwortete seine Frage selbst, jetzt beinahe freundlich.
»Manchmal kriegen neugierige Kinder einfach nur keine Weihnachtsgeschenke, weil ihre Eltern sich sowas gerade nicht leisten können …«, erklärte er, »aber manchmal passiert ihren Eltern auch etwas richtig Schlimmes …«
Er holte kurz Luft, seine Stimme wurde wieder lauter. »Möchtest du, dass deinen Eltern was passiert?«
Linas Knie gaben nach, doch Martens griff sie und riss sie wieder hoch. »Antworte mir!«, brüllte er, »Möchtest du das?«
Sein noch eisiger gewordener Blick ließ Lina keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Drohung. »Nein, bitte! Bitte tun Sie meinen Eltern nichts!«
Dann ließ er sie los, völlig überraschend. Lina fiel, kroch so schnell sie konnte rückwärts, rappelte sich auf und rannte. Ohne einen Blick zurückzuwerfen stürzte sie zur angelehnten Tür und hinaus in den Garten. Ihre Hände griffen nach den rauen Brettern seines Gartenzauns, Splitter bohrten sich in ihre Finger. ›Weg hier, bloß weg hier!‹
Oben angekommen ließ sie sich auf die andere Seite fallen, stürzte eineinhalb Meter in die Tiefe und landete auf ihrer rechten Schulter, die sofort zu schmerzen begann. Sie bemerkte es nur noch am Rand ihrer Wahrnehmung und hastete weiter, weg von dem Grundstück dieses Teufels und zurück in die Sicherheit ihres Elternhauses.
Eine trügerische Sicherheit, wie sie …

***

Ich unterbreche. Der alte Mann wirkt schockiert. Mein Gott, was hat er denn erwartet? Er sollte Martens doch kennen, nach all diesen Jahren, da sollte ihn doch nichts mehr überraschen. Ich vermeide trotzdem, dass sich unsere Blicke treffen. Ich schaue in die Ferne, zu jener Stelle, wo sich die beiden im Zenit stehenden Sonnen in der violetten Oberfläche des Sees spiegeln.
»Ist das alles wirklich so gewesen?«, fragt er, seine Stimme klingt unsicher. Höre ich da etwa Zorn?
»Soweit ich mich erinnere schon«, winke ich ab.
»Ich wollte die Wahrheit«, erinnert er mich, »keine Überdramatisierung.«
Ich zucke mit den Schultern. »So bin ich nun mal. Das ist meine Natur.« Meine Rolle.
»Ich dachte, das hier ist der Ort, wo alle Masken fallen?«, will er sich vergewissern. Also tue ich ihm den Gefallen: »Ich trage keine Maske!«, intoniere ich theatralisch und unterdrücke ein Lachen.
Keine Reaktion. Hat er den Witz überhaupt verstanden? Hat er überhaupt eine Ahnung, wo wir hier sind?
»Bitte machen Sie es kurz! Nichts mehr von Linas früher Kindheit. Bitte…«
Na sowas! Ein ›Sie‹! Er kann es ja! Und ein ›Bitte‹? Es scheint ihm weh zu tun… Kann man sich sowas nicht mal vorher überlegen? Bevor man so eine Scheiße baut und das gesamte Universum in Gefahr bringt? Aber was soll's, ich bin ja da, letzter Failsafe, muss ich halt den Uhrmacher geben, mach ich doch gerne! Aber nur das Nötigste … Ich bin nicht hier, um irgendeine Ordnung aufrechtzuerhalten. Du hast doch nicht ernsthaft erwartet, ich würde alle deine Fehler ausbügeln und alles wieder gutmachen, oder?
»Eine Sache müssen Sie noch wissen«, bürde ich ihm auf, »Martens hat tatsächlich seine Drohung wahrgemacht und Linas Vater hat seine Arbeit verloren. Das Geld wurde knapp, und ja, es hat keine Weihnachtsgeschenke gegeben. Keine neuen Schlittschuhe. Alle haben bitterlich geweint…«
»Lass Sie das, ich hab's begriffen! Wann hat sich etwas geändert?«
»Viele Jahre später. Sommer 2013 in irdischer Zeitrechnung, als Lina kurz vor ihrem vierzehnten Geburtstag stand. Bis dahin…«
Und so setze ich meine Erzählung fort. »Aber jetzt unterbrechen Sie mich bitte nicht mehr! Ich hasse es, unterbrochen zu werden …«

***

Als Lina an jenem Morgen in der zweitletzten Woche der Sommerferien die Küche betrat, war ihre Welt noch in Ordnung. Sie ahnte noch nicht, dass die kommenden Tage die letzten von dem sein würden, an das sie sich später sehnsüchtig und manchmal gar melancholisch als ›normale Kindheit‹ erinnern würde. Ihre unbesorgten Gedanken waren schon beim Grillfest am Nachmittag und der Nachtwanderung am Abend. Sie hatte ihrer Freundin Taja unter die Arme gegriffen, die im Rahmen ihrer Konfirmandenzeit Pastor Haabmann unterstützte, Freizeitaktivitäten für Kinder zu organisieren. Ihre größte Sorge war im Moment, ob sich Sorin, der ebenfalls Taja Hilfe zugesagte hatte, mal nicht völlig daneben benehmen würde.
Diese Sorge war allerdings sofort verflogen, als sie in das nachdenkliche Gesicht ihres Vaters blickte. Sie wusste sofort, dass irgendwas nicht stimmte. Ihr Vater spannte sie nicht lange auf die Folter. »Lina, du musst zuhause bleiben«, sagte er und gab sich Mühe, möglichst emotionslos zu klingen, »ich hatte gerade eine Unterredung mit Herrn Martens …«
Martens! Sie hasste diesen Namen. Immer wieder mischte sich dieser Kerl in ihr Leben ein. Sie dachte an die alte Warnung ihres Vaters, damals, an jenem schweren Schicksalstag, als er seine Arbeit verloren hatte. »Nimm dich vor Herrn Martens in Acht, dieser Mann ist böse.«
»Wieso kann er machen, dass du deine Arbeit verlierst?«, hatte sie nachgefragt, und eine Antwort bekommen, die sie noch lange verfolgt hatte. »Martens kennt eine Menge Leute und eine Menge Leute schulden ihm etwas. Das macht ihn so gefährlich, gefährlicher als alle Monster, von denen du je geträumt hast.«
Fortan war Herr Martens das Monster geworden, von dem sie träumte, sie hatte diese Geschichte nie vergessen, war ihm immer aus dem Weg gegangen, und sie hatte sich immer an alles gehalten, wenn er ihr etwas verboten hatte.
 
Immer, bis auf heute.

12345Wie es weitergeht »



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Beitrag22.02.2016 01:42
Kapitel 1
von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Hier geht's mit dem Anfang von Kapitel 1 weiter:


Teil 1: Linas Welt

Kapitel 1: nachtwanderung

Lina starrte ihren Vater entsetzt an. Sie konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte.
»Aber die brauchen mich!«, protestierte sie, »Haabmann rechnet mit mir. Taja auch. Ich kann sie doch nicht im Stich lassen!«
»Aber Herr Martens meint …«
»Ist mir völlig egal, was dieser Giftzwerg meint!«, fluchte sie, »Dad, wie lange willst du unser Leben noch von ihm bestimmen lassen? Wenn er dir befiehlt, in einen Brunnen zu springen, machst du …«
»Nenn mich nicht immer ›Dad‹. Wir sind hier nicht in …«
»Lenk nicht vom Thema ab! Ich bin alt genug, ich lasse mir nicht mehr alles von diesem Kerl vorschreiben!«
Er seufzte. »Und wenn Pastor Haabmann wirklich was passiert?«
»Das wagt er nicht!«
»Da wäre ich mir nicht so sicher …« Er machte eine kurze Pause. »Martens wird ihm zwar nicht direkt etwas tun, aber vielleicht irgendwas anhängen. Wenn der Mann allein nachts mit Kindern im Wald ist und …«
»Das ist doch nur eine Nachtwanderung. Niemand wird glauben, wenn Martens einfach behauptet, dass …«
»Oh, er findet jemanden, verlass dich darauf. Er setzt irgend jemanden unter Druck, der dann alles bestätigt. Und es muss ja nicht mal viel sein. Eine unsittliche Berührung reicht doch schon aus. Oder auch nur ein Gerücht darüber. Und dann kann Haabmann im Dorf so beliebt sein wie er will, niemand wird mehr zu ihm halten …«
Lina lies sich auf den Küchenstuhl fallen und senkte den Blick. Ihre Augen fixierten einen Fleck auf dem Tischtuch.
»Dieses verdammte Schwein! Er kann doch nicht mit allem durchkommen! Was hat er genau gesagt?«
Ihr Vater setzte sich neben sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
»Dass er nicht möchte, dass jemand aus unserer Familie Zeit mit diesem Mann verbringt. Und dass Pastor Haabmann aufpassen muss, nicht wie Sokrates zu enden.«
»Also hat er es nicht direkt verboten …«
»Nicht direkt, nein. Aber wir wissen beide …«
»Dass Martens ein Wichtigtuer und Arschloch ist«, unterbrach sie, »und dass weiß jeder im Dorf.« Sie atmete tief durch. »Paps, ich hab es einfach satt, mir von ihm Vorschriften machen zu lassen. Ich hab Taja geholfen, diese Nachtwanderung für Pastor Haabmann zu organisieren, jetzt kann ich doch nicht einfach zuhause bleiben.«
Er senkte den Blick ebenfalls. Beide starrte auf die Tischdecke. »Ich weiß, wie sich das anfühlt. Aber …«
Lina ballte die Fäuste. ›Was würde wohl passieren, wenn mal jemand diesem Kerl einfach eine reinhauen würde? Er ist alt und nicht besonders …‹
Dann kam ihr eine bessere Idee. »Du wolltest doch übers Wochenende mit Mama zu dieser Computermesse nach Hannover«, begann sie, »vielleicht hat du mich ja gar nicht mehr gesehen und ihr seid los, bevor du mir erzählen konntest, dass …«
»Lina, vergiss es!« Sein Tonfall machte deutlich, dass da kein Spielraum für Verhandlungen war. »Du bleibst zu Hause und passt auf Opa Rudi auf. Dass er nicht hinfällt und sich was bricht oder so. Dann hast du auch eine Ausrede für für Taja und Pastor Haabmann.«
Sie musste lachen, unterdrückte den Impuls aber. ›Ich auf Rudi aufpassen? Sonst ist das immer umgekehrt, was will er denn nun? Und der kommt doch gut alleine klar! Einen Teufel werd ich tun, ich geh da trotzdem hin, da kannst du …‹
Sie nickte. »Ist schon okay, mach ich. Mach dir keine Sorgen.«
»Schön, dass ich mich auf dich verlassen kann!«
Lina zitterte innerlich, sie fühlte den Schweiß, der sie bald verraten würde, wenn sie noch länger in seiner Nähe blieb. ›Ich kann ihn doch nicht so anlügen! Er vertraut mir, wie kann ich dann …‹ Ein anderer Gedanke kam und besiegte die Skrupel. ›Niemand wird was merken! Ich schleich mich einfach hinten übers Dach raus, Rudi geht früh ins Bett und Martens bestimmt auch. Es wird schon nichts passieren!‹

***

»Du bist spät«, beschwerte sich Taja sofort, als Lina endlich beim Grillplatz auftauchte. »Ich dachte schon, du …«
»Hör bloß auf!«, antwortete Lina schroff, »Du hast keine Ahnung, was …«
»Oh, schon wieder Zickenkrieg?«, unterbrach eine Stimme von hinten, »Ich hab da eine richtig brillante Idee! Warum veranstalten wir nicht mal ein Schlammcatchen zwischen euch, statt einer …«
»Sorin«, zischte Lina genervt, »ich hab jetzt wirklich keine Lust auf deinen Blödsinn! Geh spielen!«
Er lachte. »Mann, wie bist du denn drauf? Stress zuhause, oder was? Nee, lass mich raten: Du hast gerade irgendwo im Internet gelesen, dass Justin Bieber schwul sei und …«
Lina drehte sich zu ihm um. »Sorin, halt einfach mal die Fresse!«
Er machte einen Schritt rückwärts. Ihre Augen fixierten ihn, er fühlte sich unbehaglich. »Was ist denn los?«, versuchte er kleinlaut, »Was wirklich Schlimmes?«
»Vergiss es«, seufzte sie, »geh mir nur einfach mal nicht auf die Nerven, okay? Bitte.«
Er machte eine beschwichtigende Handgeste. »Kein Problem! Sorry!«
Lina war froh, dass Pastor Haabmann ihr gerade entgegen kam, um sie zu begrüßen. Sie wandte sich von Sorin und Taja ab und eilte ihm entgegen.
»Was hat sie denn?«, hörte sie Sorins Stimme noch hinter sich, Tajas Antwort bekam sie nicht mehr ganz mit. »Keine Ahnung. Da muss irgendwas passiert …«
»Lina, schön, dass du da bist.« Haabmann war freundlich wie immer, und sein Lächeln nahm ihr tatsächlich ein wenig der schlechten Laune.
»'tschuldigung, dass ich etwas spät bin. Soll ich den Grill anschmeißen?«
»Nur zu! Die Kinder warten schon alle.«

Während sie die nächste Dreiviertelstunde mit dem Umdrehen von Würstchen beschäftigt war, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu Herrn Martens zurück. Was, wenn er doch etwas bemerkt hatte? Oder wenn ihr Opa einmal wirklich nachsehen würde, ob sie pünktlich um neun im Bett lag, statt nur aus dem Fenster nach dem Licht oben zu sehen? Sie hatte zwar die im Sommer ungenutzte Zeitschaltuhr für die Weihnachtsbeleuchtung an ihre Lampe angeschlossen, wie sie es immer tat, wenn sie abends mit ihrem Großvater allein war und länger weg bleiben wollte, als ihre Eltern erlaubten, aber konnte dieser Trick ewig funktionieren? ›Irgendwann ist mein Glück mal aufgebraucht, und dann …‹
Die Hand, die sich von hinten auf ihre Schulter legte, riss sie aus ihren Gedanken. Erschrocken drehte sie sich um, fast rechnete sie damit, Martens in die Augen zu blicken.
»Sollen wir dich mal ablösen?«, fragte Taja.
»Nee, lass mal, ich mach das schon.«
Taja sah ihr in die Augen. »Lina, was ist los? Rede endlich mit mir!«
Sie zögerte, doch ihre beste Freundin lies nicht locker. »Komm, Sorin macht das jetzt weiter.« Sie deutete auf einen Baum, der etwa 100 Meter entfernt stand. »Wir gehen da jetzt rüber, setzen uns da hin und dann erzählst du mir endlich, was heute mit dir los ist!« Dann rief sie Sorin her. »Dein Einsatz! Wir haben was zu besprechen!«
Er warf einen Blick auf die Würstchen und verzog das Gesicht. »Ich fass dieses Zeug nicht an!«, protestierte er.
»Kannst du mal einmal nicht den Moslem raushängen lassen und dich wie ein vernünftiger Mensch benehmen?«, zischte Taja erbost, »Ich muss wirklich mit Lina reden, jetzt stell dich nicht so an, ja?«
Er antwortete nicht und wich auch ihrem Blick aus.
»Kein Grund zum Streiten«, mischte Pastor Haabmann sich ein, der ganz in der Nähe stand und gerade das letzte Stück seiner Bratwurst in seinem Mund verschwinden ließ. »Ich übernehm hier, wenn ihr was zu besprechen habt, geht ruhig.«
Taja ließ Lina keine Gelegenheit für Ausreden und zog sie mit sich. Sorin folgte ihnen zögerlich. Er sah irgendwie blass aus.
»Das Schweinefleisch«, flüsterte Lina, »ich glaub, er findet das echt schlimm!«
»Ach was!«, winkte Taja ab, »Er streitet doch sonst immer ab, gläubig zu sein. Das ist nur wieder Image.«
Sie wollte gerade stehenbleiben und Sorin wegschicken, doch Lina stoppte sie. »Er kann mitkommen, kein Problem.«
Sie setzten sich unter die große Eiche. Taja sah Lina erwartungsvoll an. »Ich mache mir nur etwas Sorgen …«, begann sie leise. Dann erzählte sie von dem Streit mit ihrem Vater, behielt Martens' Warnung an Pastor Haabmann aber zunächst für sich. Sie hatte sich mittlerweile genug unter Kontrolle, die Sache herunterzuspielen und Tajas Neugier zu besänftigen, ohne etwas über ihre Angst vor Herrn Martens erwähnen zu müssen. Nach wenigen Minuten standen sie auf und kehrten zum Grillplatz zurück. Doch einen Gedanken wurde sie einfach nicht los: ›Der Kerl kontrolliert mein Leben immer noch. Und ich traue mich nichtmal, meinen Freunden davon zu erzählen …‹

***

Lina starrte auf die Uhr. Viertel nach elf, zwei Stunden nach der kritischen Zeit. ›Rudi liegt im Bett und schläft‹, versuchte sie sich zu beruhigen, ›er hat nicht gemerkt, dass ich nicht da bin, er hat nicht meine Eltern oder die Polizei angerufen, und er ist bestimmt nicht rüber zu Martens, um …‹
Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe huschte wie ein verängstigtes Tier über den Boden. Sie ging ganz hinten, Sorin und Taja waren in Sichtweite und wie sie damit beschäftigt, sicherzustellen, dass keins der etwa 20 jüngeren Kinder sich von der Gruppe trennte und im Wald verlorenging. Pastor Haabmann führte die Gruppe an und musste den Gipfel des Olymps, wo sich die Gruppe sammeln sollte, schon fast erreicht haben. Ganze 62 Meter über normal Null lag dieser ›Berg‹ mit seinem Aussichtsturm, seinen Namen hatte er vor fast 200 Jahren von einem dort ansässigen Gastwirt erhalten, was Linas aus Süddeutschland stammender Großvater Rudi immer ›ein Paradebeispiel von norddeutschem Humor‹ nannte.

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Beitrag22.02.2016 01:47
Re: Kapitel 1
von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Irgendwas haut hier mit dem "wie es weitergeht" Knopf nicht hin. Der sollte doch am Fadenanfang auftauchen und nicht am Ende? Könnte sich das ein Admin mal bitte ansehen?

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Beitrag22.02.2016 02:01

von Seraiya
Antworten mit Zitat

Das ist schon richtig so.

"Neue Version" steht über dem Text und "Wie es weitergeht" darunter.
Und letzteres steht dann am Ende der neuesten Version.
Theoretisch sollte unter deinem Prolog "Wie es weitergeht" stehen und das führt dann zum 1. Kapitel.


LG,
Seraiya


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Beitrag22.02.2016 02:35

von V.K.B.
Antworten mit Zitat

Seraiya hat Folgendes geschrieben:

Theoretisch sollte unter deinem Prolog "Wie es weitergeht" stehen und das führt dann zum 1. Kapitel.


Ist aber nicht so, jedenfalls bei mir nicht, vielleicht liegt's am Browser? Bei mir steht unter der neuen Version des Prologs (wie auch unter der alten) gar nichts und "wie es weitergeht" taucht am Ende von Kapitel 1 auf (und führt bei Klick ins Leere).


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