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Die Kolonne der abgefuckten Gestalten


 
 
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Leveret Pale
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 25
Beiträge: 786
Wohnort: Jenseits der Berge des Wahnsinns


Beitrag29.11.2015 01:33
Die Kolonne der abgefuckten Gestalten
von Leveret Pale
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Der folgende Text war ursprünglich nur als eine Art Experiment gedacht - da ich in der Regel aus einer distanzierten dritten Person schreibe-,  um gewisse Hemmungen zu senken, aber letztendlich ist sogar was  lesenswertes dabei rausgekommen, wenn auch keine richtige Handlung.
Was sind eure Meinungen dazu?

Die Kolonne der abgefuckten Gestalten

Wir waren schon eine armselige Reihe. Der Typ vor mir lief bei den niedrigen Spätherbsttemperaturen noch barfuß in Sandalen rum, zu denen er einen unpassend speckigen Ledertrenchcoat trug. Seine Einkäufe bestanden primär aus Zigaretten und einer 2-Liter-Cola Flasche. Nikotin beschleunigte den Abbau von Koffein, was dazu führt, dass man sich meist dank des Tabaks gleich zwei Abhängigkeiten einkaufte. Der Industrie schadet es sicherlich nicht.
Dann kam meine Wenigkeit, ein unsozialer Möchtegern Jungschriftsteller, der trotz der Tatsache, dass sein Vater das Paradebeispiel für ein Arschloch von CEO war, welches fremdging und die Kinder mit Geld zuschmiss, damit sie ihn liebten, so ausgezehrt und ungepflegt aussah, das Selbst ein Obdachloser ihm seinen Mantel angeboten hätte. Aber wen interessiert schon das eigene Aussehen, wenn die Eltern sich scheiden lassen, man zwischen Depressionen und Manie schwankt und ungefähr so viel Interesse an seinem eigenem Überleben, geschweige denn an der Reproduktion, hat wie ein Stein? Gelangweilt lehnte ich mich gegen das Fließband, starrte auf die Regale mit Spirituosen und Süßigkeiten vor mir. Langeweile. Ich drehte mich um und starrte die Personen hinter mir an. Mir folgte ein aufgedunsener, rasierter Riesenhamster, der sich schwer atmend gegen seinen Einkaufswagen lehnte. Diesen entlud bereits unbeholfener Rasierter-Hamster junior, genauso fett, aber die Backen noch knuffig rot. Ein Beutel 500g Zucker, Schokolade, Gummibärchen und Fruchtjoghurt aus Zucker und Farbstoff, plumpsten nacheinander auf das Fließband. Das einzige, was die beidem kauften, das nicht aus Zucker zu bestehen schien, waren Eier und Weizenmehl. Hinter den beiden angehenden Diabetikern entlud gerade eine alte Omi ihre Bierflaschen aufs Fließband. Vom Aussehen her älter als die Mumien der Pharaonen, in Wirklichkeit wahrscheinlich eher erst 55 und Alkoholikerin. Aber wen juckt das Elend schon, solange es gesellschaftlich akzeptabel ist wegen seiner Jahrtausende alten, primitiven Tradition? Ich tat den Irrsinn mit einem gedanklichen Schulterzucken ab und starrte wieder auf das Duo direkt hinter mir. Ich war fasziniert davon wie man so viel Zucker konsumieren konnte ohne, dass es einem schlecht wurde oder man sofort krepierte. Ich schätze ab, wie viel Zucker die beiden Hamster am Tag verbrauchten und wie ihre Lebewerte aussehen könnten. Mit wie viel Jahren würde wohl Hamster Junior seinen ersten Herzinfarkt bekommen? 21? 28? Vielleicht schafft er es bis 35? Erst der konfuse Blick des Hamstervaters ließ mir zu verstehen geben, dass er keinen Wert darauf legte gemustert zu werden wie Elefanten im Zoo. Und da ich meinerseits keinen Wert auf Augenkontakt legte, senkte ich meinen Blick wieder auf meine eigenen Sachen. Eine glutenfreie Tiefkühlpizza und ein Vitaminwasser – wenn man schon nicht ins Sonnenlicht ging oder Obst aß, dann sollte man zumindest den chemischen Cocktail aus Farbstoffen, Mineralien, Vitaminen D, B, Niacin, E und hol der Teufel noch was schlürfen, damit die Pisse die gesunde gelbe Farbe von ausgefilterten Vitaminen beibehielt.
Ob der Kassierer - es war heute der gleiche wie jedes Mal, wenn ich hier einkaufen kam - mittlerweile wusste dass ich eine Glutenunverträglichkeit hatte?
Einerseits kam ich fast jeden Tag hierher und auf magische Weise war es immer der gleiche bärtige Hipster mit Hornbrille, der mein Sachen abscannte;
 anderseits war es mir gar nicht recht, dass er sich an mich erinnerte. Durch meine Einkäufe könnte er mehr über mich Erfahrung bringen, als die NSA, die die sozialen Netzwerke überwacht, wo ich eh inexistent bin. Ich musterte ihn misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob er sich noch daran erinnerte, wie ich vor ein paar Monaten während eines Trips mit einem Bekannten mich zuerst zwischen zwei Regalen verlaufen hatte und ihm danach an der Kasse (wahrscheinlich lautstark) zuflüsterte, dass die Leute um uns herum wahrscheinlich bemerkt hatten, dass wir auf Pappe waren? Denkt so ein Kassierer überhaupt mit und merkt sich so etwas? War er mehr als nur ein Roboter aus Fleisch und Blut, der stundenlang derselben monotonen Tätigkeit nachging. Was für verrückte Dinge erlebt eigentlich ein Kassier und wie viel nimmt er davon schweigend mit ins Grab? Merkt er sich, dass ich niemals Alkohol oder Tabak kaufte,
dafür aber einmal Papes, immer glutenfreie Sachen, viel Kaffee und ab und zu den PlayBoy? Berichtete er von seinen Beobachtungen der Polizei oder einem Tagebuch? Vielleicht sollte ich mich doch mit meinem Kassierer gut stellen, schließlich sah ich ihn ja 6-mal die Woche, öfters als meinen Psychologen und meine nichtexistenten Freunde. Hielt er mich vielleicht für einen kiffenden Hippie-Penner? Das wäre ein komplett falsches Bild von mir.
 Ich überlegte gerade, wie ich ihm vermitteln konnte, dass dies nicht so war, als der Trenchcoat Typ endlich bezahlt hatte. Die Kolone der abgefuckten Gestalten bewegte sich um eins weiter und ich war an der Reihe.
 "Guten Abend", sagte der Kassier in seinem monotonen Ton, und noch bevor ich zurückgrüßte, hatte er meine beiden Sachen abgescannt. Ich hatte kein Kleingeld, also zahlte ich mit der EC-Karte. So wie ich aussah, dachten sie alle wahrscheinlich, ich hätte sie gestohlen und irgendwie fühlte ich mich genauso. Nervös tippte ich die PIN ein und atmete erleichtert aus, als die Karte wieder in meinem Portemonnaie verschwand. Ich sagte noch, dass ich den Kassenzettel nicht bräuchte, und dann war ich bereits bei der Tür. Der kalte Wind des Herbstabends schlug mir entgegen, als ich mich auf den Weg zurück in zu meiner Höhle machte. Das war mir genug soziale Interaktion für heute. Den Rest des Abends würde ich mit Pizza und Büchern verbringen. Erst morgen wieder, wenn meine Familie nervte und der Magen knurrte, der Schädel von Kaffee und Büchern brummte, sollte ich mich wieder auf den ritualisierten Weg zu den abgefuckten Gestalten im Supermarkt machen.

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MaryShelley
Schneckenpost
M

Alter: 36
Beiträge: 10



M
Beitrag30.11.2015 23:20

von MaryShelley
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Liebes Inko,

ich finde Deinen Text unterhaltsam, weil er eine Situation widerspiegelt die wohl jedem nur allzu bekannt vorkommt. Es liest sich flüssig weg und ist auch recht humorig formuliert. Der Titel ist nicht ganz meins, aber das ist wohl Geschmackssache. Alles, was mir aufgefallen ist habe ich farblich blau markiert und teilweise erklärt.

Liebe Grüße,

Mary

Diesen entlud bereits (unbeholfener Rasierter-Hamster junior)sein Sohn, genauso fett, aber die Backen noch knuffig rot.
Das einzige, was die beiden kauften, das nicht aus Zucker bestand waren Eier und Weizenmehl.
Hinter den beiden angehenden Diabetikern tat gerade eine alte Omi ihre Bierflaschen aufs Fließband- sonst denkt man die Omi würde die Bierflasche ausgießen..zudem hast Du kurz zuvor schon "entlud" verwendet
Ich war fasziniert davon wie man so viel Zucker konsumieren konnte ohne, dass es einem schlecht wurde(oder man sofort krepierte)....diese Steigerung ist nicht notwendig
Ob der Kassierer( es war heute der gleiche wie jedes Mal, wenn ich hier einkaufen kam-kannst Du weglassen, erfährt man ja noch - mittlerweile wusste dass ich eine Glutenunverträglichkeit hatte?
Ich kam fast jeden Tag hierher und auf magische Weise war es immer der gleiche bärtige Hipster mit Hornbrille, der mein Sachen abscannte;
Durch meine Einkäufe könnte er mehr über mich Erfahrung bringen, als die NSA, die die sozialen Netzwerke überwacht(, wo ich eh inexistent bin)
Ob er sich noch daran erinnerte, wie ich vor ein paar Monaten während eines Trips mit einem Bekannten mich zuerst zwischen zwei Regalen verlaufen hatte und ihm danach an der Kasse (wahrscheinlich lautstark) zuflüsterte, dass die Leute um uns herum wahrscheinlich bemerkt hatten, dass wir aus Pappe waren?
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Leveret Pale
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beitrag01.12.2015 08:31

von Leveret Pale
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Danke MaryShelly für die Korrekturvorschläge.
Es freut mich, dass der Text dich unterhalten hat. Er ist mit Absicht  etwas überzeichnet, was die eigentlich sehr reale und traurige Situation ad absurdum führt.
Ich versuche mal das meiste davon umzusetzen was du markiert hast, abgesehen vom letzten. Da ist auf Pappe schon richtig. Pappe ist umgangssprachlich für LSD, weil das zum Transportieren und Lagern immer auf Löschpapierstückchen getröpfelt wird.

Den Titel sollte  ich wahrscheinlich  auch mal überdenken.
Ich fand ihn sehr passend, vor allem weil er den Charakter des Erzählers betont, aber er ist wohl einen Tick zu obszön, was wahrscheinlich  auch dafür verantwortlich  ist, dass er bisher, außer von dir, keine Resonanz  erhalten hat.
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BlueNote
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Beitrag01.12.2015 08:49

von BlueNote
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Jaaaa ... so schlecht ist das nicht. Für einen Feedbacktext hättest du ihn aber etwas sorgfältiger überarbeiten sollen. So ganz habe ich die Charaktere der Geschichte wohl noch nicht durchschaut. Ich hoffe, diese etwas betuliche Kritik an den Essgewohnheiten anderer Leute (Zucker) sollte eher den Protagonisten und nicht den Autor charakterisieren. Na ja, das Stefan-Raab-mäßige Vorführen einfacher Leute ist ja nicht so meins ... aber irgend etwas hat deine Geschichte, das mir positiv aufgefallen ist. Vielleicht reicht dir das ja schon!
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Leveret Pale
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Beitrag03.12.2015 21:45

von Leveret Pale
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Ich hab den Text sehr ordentlich und oft überarbeitet, beinah glatt gestrichen. Natürlich ist kein Text perfekt und MarryShellys Kritik ist stellenweise berechtigt, aber kannst du ihr noch etwas hinzufügen?
Könntest du vielleicht genauer darauf eingehen, was ich hätte verbessern können und gegebenenfalls auch, was du mit dem "etwas" meinst, dass dir an meinem Text gefällt? Oder kannst du nicht explizit mit den Finger darauf zeigen und es ist nur eine Intuition?
Der Text kritisiert nicht direkt das Konsumverhalten bestimmter Leute, es zeigt nur die Gedankenwelt des Protagonisten, nicht mehr und nicht weniger. Wenn diese Gedanken gegen verschiedene Sachen, unter anderem auch gegen den Denker selbst, schießen, so ist das schlicht so und hat keine höhere metaphorische Bedeutung oder Botschaft. Natürlich ist es dem Leser überlasen etwas selbst hineinzuinterpretieren oder die Denkweisen des Protagonisten zu beurteilen.
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BlueNote
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Beitrag04.12.2015 07:43

von BlueNote
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Inkognitos kommentiere ich nicht gerne besonders ausführlich. Später unter deinem richtigen Namen vielleicht mehr. Deswegen nur die ersten paar Sätze:
Zitat:

Wir waren schon eine armselige Reihe. Der Typ vor mir lief bei den niedrigen Spätherbsttemperaturen noch barfuß in Sandalen rum, zu denen er einen unpassend speckigen Ledertrenchcoat trug. Seine Einkäufe bestanden primär aus Zigaretten und einer 2-Liter-Cola Flasche. Nikotin beschleunigte den Abbau von Koffein, was dazu führt, dass man sich meist dank des Tabaks gleich zwei Abhängigkeiten einkaufte. Der Industrie schadet es sicherlich nicht.
Dann kam meine Wenigkeit, ein unsozialer Möchtegern Jungschriftsteller, der trotz der Tatsache, dass sein Vater das Paradebeispiel für ein Arschloch von CEO war, welches fremdging und die Kinder mit Geld zuschmiss, damit sie ihn liebten, so ausgezehrt und ungepflegt aussah, das Selbst ein Obdachloser ihm seinen Mantel angeboten hätte. Aber wen interessiert schon das eigene Aussehen, wenn die Eltern sich scheiden lassen, man zwischen Depressionen und Manie schwankt und ungefähr so viel Interesse an seinem eigenem Überleben, geschweige denn an der Reproduktion, hat wie ein Stein?


Falsche Kommasetzung, das/dass Fehler, viele unpassend verwendete Ausdrücke wie "Reihe", "primär", "meine Wenigkeit" etc. Dann diese ständigen subjektiven Beurteilungen von allem unter einem seltsamen Gesundheitsaspekt: Der Protagonist macht sich über Abhängigkeiten (Nikotin/Alkohol) und der Industrie Gedanken wie ein gelangweilter, gutsituierter Universitätsprofessor, beurteilt auch sich selbst, als ob er nicht wirklich er selbst wäre. Hier stimmt der blasierte Erzählton einfach nicht.

Wenn es einen Grund gibt, dass der Protagonist auf alle(s) so herab sieht, dann sollte er benannt werden. Ich möchte nicht zu viel darüber schreiben, denn es ist es ja dem Leser überlasen (sic), etwas selbst hineinzuinterpretieren, oder die Denkweisen des Protagonisten zu beurteilen.

So wie dein Kommentar nicht sorgfältig geschrieben ist, ist auch dein Text nicht sorgfältig geschrieben. Zumindest nicht so, dass es ein Posten im Feedback rechtfertigt. Ich könnte dir noch viele weitere Anmerkungen zu deinem Text schreiben, weiß aber nicht, ob du wirklich offen für Kritik bist. Ich möchte erst einmal abwarten, wer überhaupt hinter diesem Inkognito steckt. Auf eine Auseinandersetzung mit "irgendwen" würde ich gerne verzichten.

BN
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Gast







Beitrag05.12.2015 02:28

von Gast
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Der Text gefällt mir! Sehr sogar! Authentische, nackte Beschreibungen von Gedanken, die wohl jeder von uns einmal hat/hatte.

Ich weiß nicht, wer du bist, habe nicht mal eine Vermutung, doch meinen Daumen hast du!

LG
AC
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Leveret Pale
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Beitrag05.12.2015 08:50

von Leveret Pale
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Guten Morgen,

@ashcloud
Es freut mich, dass es dir gefällt lol2


@BlueNote
Danke für die Hinweise und Bemerkungen darüber, was dir nicht gefällt.
Ich bin durchaus sehr kritikfähig, hatte bloß bis jetzt kein Zeit mich an den Text zu setzen und wollte erst mal möglichst viele Punkte sammeln, die ich verbessern sollte. Ich setzte mich jetzt dran, dass alles nach eigenem Ermessen umzusetzen. Dann wandert der Text in die Werkstatt. Schade eigentlich, aber MaryShelly und Du, habt mir die Augen geöffnet, dass ich mich noch etwas mehr anstrengen muss und noch genauer arbeiten, um in den Feedbackbereich zu gehören. Bin wohl noch zu "betriebsblind" gegenüber meinen eigenen Texten, um sie perfekt machen zu können. Nächstes Mal vielleicht. wink

Vorerst bleibe ich aber noch beim Inkognito.
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Leveret Pale
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Beitrag05.12.2015 09:52

von Leveret Pale
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Hab einige Anmerkungen umgesetzt, aber nicht alle. Einige davon hätten vielleicht die Sprache vereinfacht, aber dafür die Harmonie des Stils durcheinandergebracht oder die Sätze hätten ihre beabsichtigte Wirkung verloren. Ich hab ein bisschen den Eindruck BlueNote hegt eine Aversion gegen meinen Protagonisten, vor allem wegen seinen überheblichen Gedanken, aber er ist auch keine liebenswerte Gestalt, aber dafür authentisch ( der Prota ). Nichts falsch daran ihn nicht zu mögen. Der Text besteht zum Großteil aus den freien Assoziationen im Kopf des Protagonisten, zwar nicht so extrem wie in Ulysses, aber ich denke, dass sie recht authentisch/realistisch sind und eine seltenere Form des Charakters darstellen. Wie Ashcloud auch schrieb, hat wahrscheinlich jeder manchmal Gedanken dieser Form, woran ich mich anschließe. In 99,99% aller Fälle spricht sie aber Niemand laut aus, was hier halt eben niedergeschrieben ist. Im Ernst, wer hat nicht selber irgendwann mal abfällige Gedanken gehabt über z.B. Übergewichtige , die sich trotzdem mit Junkfood zuschütten? ( Ich möchte aber nicht gegen Übergewichtige hetzten, den ich war selber früher einer und hab sehr darunter gelitten ) Wer fand nicht selbst seine Situation oder das Verhalten mancher Menschen absurd? Den Menschen, der sowohl vom Handeln, als auch vom Denken her absolut rein und unvoreingenommen ist, möchte ich erleben. Wer soll das sein? Jesus 2.0 ?

Zitat:

BlueNote: [...]Wenn es einen Grund gibt, dass der Protagonist auf alle(s) so herab sieht, dann sollte er benannt werden. [...]

Diese Kurzgeschichte stellt nur einen Fetzten, ein Fragment, aus dem Leben des Protagonisten dar und für gewöhnlich  denkt man im Supermarkt nicht über seine gesamte Bio nach. Die Assoziationen und Gedanken aber liefern eigentlich genug Hinweise, so dass der Leser sich seinen Teil selber denken kann. Mir wiedersträubt es eine Bedeutung vorzugeben, die  die Vorstellung des Lesers bevormundet, weshalb meine Texte von mir aus offiziell bedeutungslos sind. Nun aber zu Verbesserung:


Die Kolonne der abgefuckten Gestalten


Wir waren schon eine armselige Reihe. Der Typ vor mir lief bei den niedrigen Spätherbsttemperaturen noch barfuß in Sandalen rum, zu denen er einen unpassenden, speckigen Ledertrenchcoat trug. Seine Einkäufe bestanden im Wesentlichen aus Zigaretten und einer 2-Liter-Cola Flasche. Nikotin beschleunigte den Abbau von Koffein, was dazu führt, dass man sich meist dank des Tabaks gleich zwei Abhängigkeiten einkauft. Der Industrie schadet es sicherlich nicht.
Dann kam meine Wenigkeit, ein unsozialer Möchtegern-Jungschriftsteller, der trotz der Tatsache, dass sein Vater das Paradebeispiel für ein Arschloch von CEO war, welches fremdging und die Kinder mit Geld zuschmiss, damit sie ihn liebten, so ausgezehrt und ungepflegt aussah, dass selbst ein Obdachloser ihm seinen Mantel angeboten hätte. Aber wen interessiert schon das eigene Aussehen, wenn die Eltern sich scheiden lassen, man zwischen Depressionen und Manie schwankt und ungefähr so viel Interesse an seinem eigenem Überleben, geschweige denn an der Reproduktion hat, wie ein Stein? Gelangweilt lehnte ich mich gegen das Fließband, ließ meinen Blick über die Regale mit Spirituosen und Süßigkeiten vor mir schweifen. Langeweile. Ich drehte mich um und starrte die Personen hinter mir an. Mir folgte ein aufgedunsener, rasierter Riesenhamster, der sich schwer atmend gegen seinen Einkaufswagen lehnte. Diesen entlud bereits unbeholfener Rasierter-Hamster junior, genauso fett, aber die Backen noch knuffig rot. Ein Beutel 500g Zucker, Schokolade, Gummibärchen und Fruchtjoghurt aus Zucker und Farbstoff, plumpsten nacheinander auf das Fließband. Das einzige, was die beidem kauften, das nicht aus Zucker bestand, waren Eier und Weizenmehl. Hinter den beiden angehenden Diabetikern tat gerade eine alte Omi ihre Bierflaschen aufs Fließband. Vom Aussehen her älter, als die Mumien der Pharaonen, in Wirklichkeit wahrscheinlich eher erst 55 und Alkoholikerin. Ich sah sie öfters hier, mehr als Bier, Zigarretten und vielleicht eine Tiefkühlpizza kaufte sie nie.  Aber wen juckt das Elend schon, solange es gesellschaftlich akzeptabel ist wegen seiner Jahrtausende alten, primitiven Tradition? Ich tat den Irrsinn mit einem gedanklichen Schulterzucken ab und starrte wieder auf das Duo direkt hinter mir.  Es fasziniert mich, wie man so viel Zucker konsumieren konnte ohne, dass man sofort krepierte. Ich fühlte mich an den Dokumentarfilm "Voll verzuckert" erinnert. Darin nimmt der Regisseur Damon Gameau zwei Monate jeden Tag 160g Zucker zu sich. Seine Leberwerte verschlechtern sich rapide und er nimmt 9 Kilo zu. Ich schätze ab, wie viel Zucker die beiden Hamster am Tag verbrauchten und wie wohl ihre Lebewerte aussehen könnten. Mit wie viel Jahren würde Hamster Junior seinen ersten Herzinfarkt bekommen? 21? 28? Vielleicht schafft er es bis 35? Erst der konfuse Blick des Hamstervaters ließ mir zu verstehen geben, dass er keinen Wert darauf legte gemustert zu werden, wie Elefanten im Zoo. Und da ich meinerseits keinen Wert auf Augenkontakt legte, senkte ich meinen Blick wieder auf meine eigenen Sachen. Eine glutenfreie Tiefkühlpizza und ein Vitaminwasser – wenn man schon nicht ins Sonnenlicht ging oder Obst aß, dann sollte man zumindest den chemischen Cocktail aus Farbstoffen, Mineralien, Vitaminen D, B, Niacin, E und hol der Teufel noch was schlürfen, damit die Pisse die gesunde gelbe Farbe von ausgefilterten Vitaminen beibehielt.
Ob der Kassierer mittlerweile wusste, dass ich eine Glutenunverträglichkeit hatte?
Einerseits kam ich fast jeden Tag hierher und auf magische Weise war es immer der gleiche bärtige Hipster mit Hornbrille, der mein Sachen abscannte;
 anderseits war es mir gar nicht recht, dass er sich an mich erinnerte. Durch meine Einkäufe könnte er mehr über mich Erfahrung bringen, als die NSA, die die sozialen Netzwerke überwacht, wo ich eh inexistent bin. Ich musterte ihn misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob er sich noch daran erinnerte, wie ich vor ein paar Monaten während eines Trips mit einem Bekannten mich zuerst zwischen zwei Regalen verlaufen hatte und ihm danach an der Kasse (wahrscheinlich lautstark) zuflüsterte, dass die Leute um uns herum wahrscheinlich bemerkt hatten, dass wir auf Pappe waren? Denkt so ein Kassierer überhaupt mit und merkt sich so etwas? War er mehr als nur ein Roboter aus Fleisch und Blut, der stundenlang derselben monotonen Tätigkeit nachging. Was für verrückte Dinge erlebt eigentlich ein Kassier und wie viel nimmt er davon schweigend mit ins Grab? Merkt er sich, dass ich niemals Alkohol oder Tabak kaufte,
dafür aber einmal Papes, immer glutenfreie Sachen, viel Kaffee und ab und zu den PlayBoy? Berichtete er von seinen Beobachtungen der Polizei oder einem Tagebuch? Vielleicht sollte ich mich doch mit meinem Kassierer gut stellen, schließlich sah ich ihn 6-mal die Woche, öfters als meinen Psychologen und meine nichtexistenten Freunde. Hielt er mich vielleicht für einen kiffenden Hippie-Penner? Das wäre ein komplett falsches Bild von mir.
 Ich überlegte gerade, wie ich ihm vermitteln konnte, dass dies nicht so war, als der Trenchcoat Typ endlich bezahlt hatte. Die Kolone der abgefuckten Gestalten bewegte sich um eins weiter und ich war an der Reihe.
 "Guten Abend", sagte der Kassier in seinem monotonen Ton, und noch bevor ich zurückgrüßte, hatte er meine beiden Sachen abgescannt. Ich hatte kein Kleingeld, also zahlte ich mit der EC-Karte. So wie ich aussah, dachten sie alle wahrscheinlich, ich hätte sie gestohlen und irgendwie fühlte ich mich genauso. Nervös tippte ich die PIN ein und atmete erleichtert aus, als die Karte wieder in meinem Portemonnaie verschwand. Ich sagte noch, dass ich den Kassenzettel nicht bräuchte, und dann war ich bereits bei der Tür. Der kalte Wind des Herbstabends schlug mir entgegen, als ich mich auf den Weg zurück in zu meiner Höhle machte. Das war mir genug soziale Interaktion für heute. Den Rest des Abends würde ich mit Pizza und Büchern verbringen. Erst morgen wieder, wenn meine Familie nervte und der Magen knurrte, der Schädel von Kaffee und Büchern brummte, sollte ich mich wieder auf den ritualisierten Weg zu den abgefuckten Gestalten im Supermarkt machen.
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Leveret Pale
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Beitrag05.12.2015 19:01

von Leveret Pale
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Eigentlich macht es ja keinen Unterschied, wer den Text reinstellt und damit auch wer hinterm Inko steht, aber da das anscheinend irgendwie auch hinderlich daran ist Feedback zu bekommen ...
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gold
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Beitrag06.12.2015 10:05

von gold
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Hallo Leveret Pale,

ich habe mich gerade köstlich amüsiert über Deine Beschreibung der abgefuckten Typen. Was ich gut finde, ist, dass auch Du Dich als Ich-Erzähler in diese Kolonne einreihst und dabei auch Federn lassen musst und somit lässt sich diese abgefuckte Darstellung m.E. auch moralisch vertreten.

Gerne gelesen

LG gold

Edit: Mir gefällt der Titel.


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Christof Lais Sperl
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Der silberne Roboter


Beitrag06.12.2015 12:36
Köstlich
von Christof Lais Sperl
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Ich habe mich hier sehr amüsiert. Da kann was Tolles draus werden. Schön lapidar und humorvoll! Bravo. CLS

_________________
Lais
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Leveret Pale
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Beitrag06.12.2015 12:52

von Leveret Pale
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Es freut mich, dass die Geschichte großteils gut ankommt smile
Ich hab schon mit dem Gedanken gespielt mehrere solcher alltäglichen Szenen zu schreiben, die dann gesammelt ( als Roman oder Anthologie ) die Lebensgeschichte des Protagonisten erzählen. Hätte ich nicht gerade genug mit Schule und meinem Fantasyroman zu tun, würde ich mich sofort drauf stürzen, den Ideen und Muse für mehr solcher Szenen sind vorhanden. Mal sehen, vielleicht wenn ich mit meinen momentanen Projekten abgeschlossen hab.
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Walter_the_Duuuude
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Beitrag13.12.2015 05:41

von Walter_the_Duuuude
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Ich gehe mal direkt auf neue Version ein und überspringe die Kommentare der anderen.



Zitat:
Der Typ vor mir lief bei den niedrigen Spätherbsttemperaturen noch barfuß...


„niedrige Spätherbsttemperaturen“ könnte man auch weniger sachlich und durch ein geeignetes Bild ersetzen, ist beim Wetter ziemlich einfach.



Zitat:

Seine Einkäufe bestanden im Wesentlichen aus Zigaretten und einer 2-Liter-Cola Flasche.



Den Ausdruck „im Wesentlichen" finde ich ein bisschen unpassend, weil es zu wenige Sachen sind bzw. „ Zigaretten und eine 2-Liter-Cola Flasche“ dann wieder nur zwei Beispiele sind. Ich hoffe du verstehst, was ich meine. Wenn es zum Beispiel hieße 'im Wesentlichen bestanden seine Einkäufe aus Sachen, die seine Gesundheit ruinieren würden', fände ich den Ausdruck passender.


Zitat:
Nikotin beschleunigte...


hier würde ich Präsens verwenden, weil es eine Feststellung und kein Teil der Handlung ist, so wie du auch im anderen Teil des Satzes das Präsens verwendest




Zitat:
so ausgezehrt und ungepflegt aussah, dass selbst ein Obdachloser ihm seinen Mantel angeboten hätte.


Ein guter, dank der Überteibung lustiger Vergleich




Zitat:

Aber wen interessiert schon das eigene Aussehen, wenn die Eltern sich scheiden lassen



Ist so allgemein, nenn' doch einfach ein Beispiel, das die gleiche Aussage hat (wenn die Eltern nur noch über Anwälte kommunizieren, von den Beleidigungen mal abgesehen etc...)




Zitat:
und ungefähr so viel Interesse an seinem eigenem Überleben, geschweige denn an der Reproduktion hat, wie ein Stein?


Den Vergleich finde ich zwar gut, aber ich würde, in erster Linie im Sinne des Humors, spezifischer werden (wie ein Ziegelstein, wie ein Stein, der bedeutungslos in den Bergen herum liegt etc.).
 



Zitat:
Mir folgte ein aufgedunsener, rasierter Riesenhamster, der sich schwer atmend gegen seinen Einkaufswagen lehnte. Diesen entlud bereits unbeholfener Rasierter-Hamster junior, genauso fett, aber die Backen noch knuffig rot.


Der Teil gefällt mir, man hat ein ziemlich gutes Bild vor Augen.




Zitat:


Hinter den beiden angehenden Diabetikern...


Herrlich!




Zitat:
tat gerade eine alte Omi ihre Bierflaschen aufs Fließband.


Das Wort 'tun' kann, wenn es nicht als Ausdruck verwendet wird, jedem Sprachfreund zusammenzucken lassen, das ist leider hier der Fall. Ich weiß, unter jungen Leuten wird das oft verwendet, aber eines Tages wird es auch dich aufregen. Etwas Böses tun, jemandem weh tun etc. geht, aber bitte nicht als Synonym für ein spezifischeres Verb. Sie legte ihre Bierflaschen... Sie stellte... Sie platzierte... Sie warf...  alles Verben mit hundertmal mehr Charakter als das Wort 'tun'. Wenn du wissen willst, wie unglaublich bedeutungslos das Wort tun ist, dann versuch es mal pantomymisch zu beschreiben (Immerhin würden dir die Leute dann ein Synonym nach dem anderen zurufen) Smile .





Zitat:

Aber wen juckt das Elend schon, solange es gesellschaftlich akzeptabel ist wegen seiner Jahrtausende alten, primitiven Tradition?


Ich verstehe hier den Zusammenhang leider nicht.





Zitat:
Ich tat den Irrsinn mit einem gedanklichen Schulterzucken ab und starrte wieder auf das Duo direkt hinter mir. Es fasziniert mich


Würde ich austauschen mit 'Faszinierend, wie...' wir sind ja schon in den Gedanken des Erzählers.





Zitat:
wie man so viel Zucker konsumieren konnte ohne, dass man sofort krepierte.


Das Komma ist falsch, 'ohne dass' ist eine zusammengesetzte Konjunktion, es muss hinter „konnte“, außerdem leitest du den Satz im Präsens ein und gehst in die Vergangenheit über. Ich denke, du könntest hier beides verwenden, Präsens für eine allgemeines Reflexion des Erzählers (während dem Moment des Aufschreibens), Vergangenheit für die Beschreibung der Gedanken, während der Erzähler an der Kasse steht. Aber nicht beides vermischen.



Zitat:
Ich schätze ab, wie viel Zucker die beiden Hamster am Tag verbrauchten und wie wohl ihre Lebewerte aussehen könnten.


Wieder die Vermischung der Zeiten.



Zitat:
Mit wie viel Jahren würde Hamster Junior seinen ersten Herzinfarkt bekommen? 21? 28? Vielleicht schafft er es bis 35? Erst der konfuse Blick des Hamstervaters ließ mir zu verstehen geben, dass er keinen Wert darauf legte gemustert zu werden, wie Elefanten im Zoo. Und da ich meinerseits keinen Wert auf Augenkontakt legte, senkte ich meinen Blick wieder auf meine eigenen Sachen. Eine glutenfreie Tiefkühlpizza und ein Vitaminwasser – wenn man schon nicht ins Sonnenlicht ging oder Obst aß, dann sollte man zumindest den chemischen Cocktail aus Farbstoffen, Mineralien, Vitaminen D, B, Niacin, E und hol der Teufel noch was schlürfen, damit die Pisse die gesunde gelbe Farbe von ausgefilterten Vitaminen beibehielt.


Sehr schön, wunderbar zynisch. Ein letztes Mal weise ich dich auf die Vermischung der Zeiten hin, du benutzt hier die Vergangenheit für eine allgemeine Reflexion, das passt nicht.


Zitat:

 anderseits war es mir gar nicht recht, dass er sich an mich erinnerte.



Ich würde die Verneinung in den Nebensatz schieben, liest sich flüssiger, Aussage bleibt gleich.





Zitat:
Durch meine Einkäufe könnte er mehr über mich Erfahrung bringen, als die NSA, die die sozialen Netzwerke überwacht,


Beispiel statt allgemeine Info? (wie die NSA, die sich über private Flirtversuche auf Facebook wahrscheinlich blendend amüsiert etc.)



Zitat:

Ich musterte ihn misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob er


Du meinst den Kassierer? Ist ein wenig verwirrend.





Zitat:

Denkt so ein Kassierer überhaupt mit und merkt sich so etwas? War er mehr als nur ein Roboter aus Fleisch und Blut, der stundenlang derselben monotonen Tätigkeit nachging. Was für verrückte Dinge erlebt eigentlich ein Kassier und wie viel nimmt er davon schweigend mit ins Grab? Merkt er sich, dass ich niemals Alkohol oder Tabak kaufte,
dafür aber einmal Papes, immer glutenfreie Sachen, viel Kaffee und ab und zu den PlayBoy? Berichtete er von seinen Beobachtungen der Polizei oder einem Tagebuch? Vielleicht sollte ich mich doch mit meinem Kassierer gut stellen, schließlich sah ich ihn 6-mal die Woche, öfters als meinen Psychologen und meine nichtexistenten Freunde. Hielt er mich vielleicht für einen kiffenden Hippie-Penner? Das wäre ein komplett falsches Bild von mir.



Der innere Monolog gefällt mir, ist schön bunt und er charakterisiert den Erzähler (ein durchschnittlicher Mensch würde sich nicht so viele Gedanken machen, ein typischer Schriftsteller aber schon Smile .


Zitat:

Ich sagte noch, dass ich den Kassenzettel nicht bräuchte, und dann war ich bereits bei der Tür.


Irgendwie gefällt mir der Satz nicht, warum hier die indirekte Rede? Das ist so ein Satz, der einfach keine Bedeutung hat, nichts zur Handlung oder Stimmung beiträgt. (mit einer flüchtigen Handbewegung verzichtete ich wie immer auf den Kassenzettel...)




Zitat:
Der kalte Wind des Herbstabends schlug mir entgegen


Hier wäre dann ein Beispiel, wie man „niedrige Spätherbsttemperaturen“ schöner ausdrücken kann.



Eigentlich sage ich ja immer, dass man niemals über Supermärkte schreiben sollte, weil es langweiliger nun wirklich nicht geht, aber dein Text hat mir gut gefallen und geht ja auch über das übliche „Supermarkt-Klischee“ hinaus. Vor allem für dein Alter ist der Text wirklich gut. Ich würde mich freuen, mehr von dir zu lesen.


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Leveret Pale
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Beitrag13.12.2015 08:16

von Leveret Pale
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@Walter_the_Duuuude
Vielen Dank für deine Anmerkungen, die sind goldwert.
Vor allem das mit den Zeiten war mir vorher gar nicht aufgefallen.
Hab jetzt dank dir ein einige Anregungen bekommen und neue Baustellen ins Auge gefasst.
Ich setze mich demnächst wieder an den Text und überarbeite ihn, aber wahrscheinlich wird das ein paar Tage dauern, da ich gerade durch schulische ( sad und größere schriftstellerische Projekte( smile )bereits voll ausgelastet bin.
Zitat:


Zitat:

Aber wen juckt das Elend schon, solange es gesellschaftlich akzeptabel ist wegen seiner Jahrtausende alten, primitiven Tradition?



Ich verstehe hier den Zusammenhang leider nicht.

Hier denunziert der Erzähler den Alkoholkonsum der westlichen Gesellschaft, den er als Elend ansieht, welches  nicht rational ist. Alkohol wird in der Gesellschaft nur akzeptiert, weil es in Europa seit Jahrtausenden ein billiges Rauschmittel ist, obwohl es aus medizinischer Sicht deutlich schädlicher ist als viele illegale Drogen und auch nicht geistig bereichert, sondern abstumpft. Wie man später im Text sieht, trippt der Charakter lieber auf LSD und es gibt Anspielungen auf Marihuana Konsum. Er nimmt Alkoholiker, die legal ihrer Sucht frönen können, als von der Gesellschaft akzeptierte Dummheit hin und beschäftigt sich nicht weiter damit. Das verdeutlicht den Unterschied zu seiner Umwelt und passt seiner zynischen, herablassenden Art. Ich dachte da etwas an den jungen Steve Jobs - der zwar nie depressiv oder zynisch war- aber von der Jugend an mit psychedelischen Drogen experimentiert hat und diese als Inspiration benutze, zugleich aber sich oft über andere stellte und diese fertig machte. Ähnlich wie dieser Charakter hier, der auf seine Mitmenschen herabsieht ( aber auch auf sich selbst ).
Zitat:
Zitat:
Ich musterte ihn misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob er



Du meinst den Kassierer? Ist ein wenig verwirrend.

Ja, ich meine den Kassierer. Eigentlich dachte ich, dass der Übergang offensichtlich ist.Zuerst denkt der Erzähler über den Kassierer nach und dann sieht er ihn an, aber vielleicht ist das ein Gedankenschritt zu schnell für den Leser. ich sehe mir das nochmal an, ob ich das besser formulieren / überleiten kann.
Zitat:

Eigentlich sage ich ja immer, dass man niemals über Supermärkte schreiben sollte, weil es langweiliger nun wirklich nicht geht, aber dein Text hat mir gut gefallen und geht ja auch über das übliche „Supermarkt-Klischee“ hinaus. Vor allem für dein Alter ist der Text wirklich gut. Ich würde mich freuen, mehr von dir zu lesen.

Wenn du mich fragst, gibt es kein Szenario oder Handlungsort, der zu aufgebraucht oder zu langweilig wäre, man muss es halt nur entsprechend gut ausarbeiten.
Mehr von mir gibt es auf jeden Fall zu lesen, da ich ziemlich produktiv bin, aber mit "Die Kolonne der abgefuckten Gestalten" ist mir glaub ich ein seltener Glücksgriff gelungen. Mal sehen ob ich das noch übertrumpfen kann.
Bin noch sehr viel am experimentieren, welcher Erzählstil mir am besten liegt. Bis jetzt hab ich zum Beispiel durchgehend nur den Er-Erzähler benutzt und diese Kurzgeschichte ist eine der Ersten, bei der ich den Ich-Erzähler benutze.Vielleicht ist es mir aber auch so gut gelungen, weil ich, im Vergleich zu meinen anderen Texten,um ehrlich zu sein ziemlich viel von der Realität eingewoben habe, wenn auch der Charakter sich von mir unterscheidet. Die Idee für die Geschichte kam mir wirklich im Supermarkt, als ich zwischen dem echten "Trenchcoatraucher" und den "beiden Hamstern" stand, und ich zum X-ten Mal in Folge beim gleichen Kassierer bezahlte. Ich fand die Situation irgendwie ziemlich absurd, weil ich mich ein bisschen wie in einer Freakshow fühlte, und kam nicht drum herum sie aufzuschreiben und auszubauen mit zusätzlicher Hintergrundgeschichte für den Protagonisten und vielen zynischen Kommentaren.

LG
Leveret
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Walter_the_Duuuude
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Beitrag14.12.2015 15:20

von Walter_the_Duuuude
Antworten mit Zitat

Zitat:

Hier denunziert der Erzähler den Alkoholkonsum der westlichen Gesellschaft, den er als Elend ansieht, welches  nicht rational ist.



Ach so, dass die Gesetzgebung da nicht rational ist, da stimme ich dir zu, mir war nur nicht klar, dass sich „das Elend“ darauf bezog.





Zitat:
Zitat:
Ich musterte ihn misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob er



Du meinst den Kassierer? Ist ein wenig verwirrend.

Ja, ich meine den Kassierer.



Fand ich absolut verwirrend, selbst beim zweiten Mal lesen (und ich lese Proust und Thomas Mann mit ihren  seitenlangen Sätzen). Du lenkst das Auge des Betrachters auf den Mann mit dem Trenchcoat, und dann kannst du nicht als nächstes „er“ sagen und jemand anderen meinen.




Zitat:

Wenn du mich fragst, gibt es kein Szenario oder Handlungsort, der zu aufgebraucht oder zu langweilig wäre, man muss es halt nur entsprechend gut ausarbeiten.



Natürlich gibt es keinen Handlungsort, der zu langweilig ist. Es geht mir eher darum, dass viele Leute dann über genau das schreiben, was ihnen passiert ist, und das für unglaublich interessant halten. Aber dein Text hebt sich sprachlich davon ab, außerdem bist du ja noch jung und ich wünschte ich hätte in dem Alter schon solche Texte bzw. überhaupt etwas geschrieben.
Auch wenn mit der Text gefällt, muss ich der Kritik von BlueNote zustimmen. Ein guter Erzähler würde nicht einfach nur über die Leute herziehen, sondern tiefer dringen. Auch könnte der Erzähler sich ein bisschen mehr zurückhalten, was seine Selbstkritik angeht. Interessant wäre zum Beispiel, wenn er sich für etwas viele besseres als die anderen hält, der Leser aber an gewissen Details erkennt, dass er eben doch wie die anderen ist (gibt z.B. eine herrliche Szene in John Irivings Skagboys, in der ein kaputter Heroinjunkie aus der Ich-Perspektive sich selbst für einen kontrollierten Gelegenheits-Drücker bezeichnet und alle anderen als Junkies bezeichnet und wie schwach sie sind etc...)


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Leveret Pale
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Beitrag08.02.2016 17:47

von Leveret Pale
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Das ganze ist schon etwas älter, aber ich hatte kaum Zeit um daran zu arbeiten, weil ich mich zu 100% auf meinen Roman konzentrieren wollte. Zwischendurch hab ich aber noch hier und da daran gefeilt und bin jetzt eigentlich recht zufrieden damit.


Zitat:
Natürlich gibt es keinen Handlungsort, der zu langweilig ist. Es geht mir eher darum, dass viele Leute dann über genau das schreiben, was ihnen passiert ist, und das für unglaublich interessant halten. Aber dein Text hebt sich sprachlich davon ab, außerdem bist du ja noch jung und ich wünschte ich hätte in dem Alter schon solche Texte bzw. überhaupt etwas geschrieben.
Auch wenn mit der Text gefällt, muss ich der Kritik von BlueNote zustimmen. Ein guter Erzähler würde nicht einfach nur über die Leute herziehen, sondern tiefer dringen. Auch könnte der Erzähler sich ein bisschen mehr zurückhalten, was seine Selbstkritik angeht. Interessant wäre zum Beispiel, wenn er sich für etwas viele besseres als die anderen hält, der Leser aber an gewissen Details erkennt, dass er eben doch wie die anderen ist (gibt z.B. eine herrliche Szene in John Irivings Skagboys, in der ein kaputter Heroinjunkie aus der Ich-Perspektive sich selbst für einen kontrollierten Gelegenheits-Drücker bezeichnet und alle anderen als Junkies bezeichnet und wie schwach sie sind etc...)

Danke erstmal für das Lob. Very Happy
Ich bin soweit mit dem Text zufrieden und er hat auch glaub ich die Wirkung, die ich damit erzielen wollte. Ich werde mal in der Zukunft mit einem anderen Erzähler versuchen, der so ist wie von dir beschrieben, also sich als etwas besseres sieht als die anderen, obwohl er genauso ist. Ich fand das hier nicht so passend, auch wenn das Setting dafür eigentlich ganz gut geeignet wäre.



Die Kolonne der abgefuckten Gestalten

Wir waren schon eine armselige Reihe. Der Typ vor mir lief bei den niedrigen Spätherbsttemperaturen noch barfuß in Sandalen rum, zu denen er einen unpassend speckigen Ledertrenchcoat trug. Seine Einkäufe bestanden aus Zigaretten und einer 2-Liter-Cola Flasche. Nikotin beschleunigte den Abbau von Koffein, was dazu führt, dass man sich meist dank des Tabaks gleich zwei Abhängigkeiten einkaufte. Der Industrie schadet es sicherlich nicht.
Dann kam meine Wenigkeit, ein unsozialer Möchtegern Jungschriftsteller. Ich sah so ungepflegt und ausgezerrt aus, dass selbst ein Obdachloser mir seinen Mantel angeboten hätte. Mein Vater war das Paradebeispiel für ein Arschloch von CEO, welches fremdging und die Kinder mit Geld zuschmiss, aber das war kein Grund für mich sich mit Markenklamotten mit eingenähter Kinderhand einzudecken. Wen interessiert schon das eigene Aussehen, wenn die Eltern sich scheiden lassen, man zwischen Depressionen und Manie schwankt und ungefähr so viel Interesse an seinem eigenem Überleben, geschweige denn an der Reproduktion, hat wie ein Stein? Gelangweilt lehnte ich mich gegen das Fließband, starrte auf die Regale mit Spirituosen und Süßigkeiten vor mir. Langeweile. Ich drehte mich um und starrte die Personen hinter mir an. Mir folgte ein aufgedunsener, rasierter Riesenhamster, der sich schwer atmend gegen seinen Einkaufswagen lehnte. Diesen entlud bereits unbeholfener Rasierter-Hamster junior, genauso fett, aber die Haut zumindest noch in einem gesunden Rot leuchtend. Ein Beutel 500g Zucker, Schokolade, Gummibärchen und Fruchtjoghurt aus Zucker und Farbstoff, plumpsten nacheinander auf das Fließband. Das einzige, was die beidem kauften, das nicht aus Zucker zu bestehen schien, waren Eier und Weizenmehl. Hinter den beiden angehenden Diabetikern entlud gerade eine alte Omi ihre Bierflaschen aufs Fließband. Vom Aussehen her älter als die Mumien der Pharaonen, in Wirklichkeit eher erst 55 und Alkoholikerin, wahrscheinlich schon körperlich abhängig. Aber wen juckt das Elend schon, solange es gesellschaftlich akzeptabel ist wegen seiner Jahrtausende alten, primitiven Tradition. Ich tat den Irrsinn mit einem gedanklichen Schulterzucken ab und starrte wieder auf das Duo direkt hinter mir. Es faszinierte mich, wie man so viel Zucker konsumieren konnte ohne, dass man sofort krepierte. Ich fühlte mich an den Dokumentarfilm "Voll verzuckert" erinnert. Darin nimmt der Regisseur Damon Gameau zwei Monate jeden Tag 160g Zucker zu sich. Seine Leberwerte verschlechtern sich rapide und er nimmt 9 Kilo zu. Ich schätzte ab, wie viel Zucker die beiden Hamster am Tag verbrauchten und wie wohl ihre Lebewerte aussehen könnten. Mit wie viel Jahren würde Hamster Junior seinen ersten Herzinfarkt bekommen? 21? 28? Vielleicht schafft er es bis 35? Erst der konfuse Blick des Hamstervaters ließ mir zu verstehen geben, dass er keinen Wert darauf legte gemustert zu werden, wie Elefanten im Zoo. Und da ich meinerseits keinen Wert auf Augenkontakt legte, senkte ich meinen Blick wieder auf meine eigenen Sachen. Eine glutenfreie Tiefkühlpizza und ein Vitaminwasser – wenn man schon nicht ins Sonnenlicht ging oder Obst aß, dann sollte man zumindest den chemischen Cocktail aus Farbstoffen, Mineralien, Vitaminen D, B, Niacin, E und hol der Teufel noch was schlürfen, damit die Pisse die gesunde gelbe Farbe von ausgefilterten Vitaminen beibehielt.
Ob der Kassierer - es war heute der gleiche wie jedes Mal, wenn ich hier einkaufen kam - mittlerweile wusste, dass ich eine Glutenunverträglichkeit hatte?
Einerseits kam ich fast jeden Tag hierher und auf magische Weise war es immer der gleiche bärtige Hipster mit Hornbrille, der mein Sachen abscannte;
 anderseits war es mir gar nicht recht, dass er sich an mich erinnerte. Durch meine Einkäufe könnte er mehr über mich Erfahrung bringen, als die NSA, die die sozialen Netzwerke überwacht, wo ich eh inexistent bin. Was das für ein Spaß sein musste die Hetzbeiträge gewisser dreizehnjähriger Videospieler und Neonazis zu entziffern. Da würde ich auch lieber nach Moskau auswandern.
Ich musterte den Kassierer misstrauisch, während der Trenchcoat Raucher gerade einzelne Centmünzen aus seinen Taschen zusammenklaubte. Ob dieser Hipster sich noch daran erinnerte, wie ich vor ein paar Monaten während eines Trips mit einem Bekannten mich zuerst zwischen zwei Regalen verlaufen hatte und ihm danach an der Kasse (wahrscheinlich lautstark) zuflüsterte, dass die Leute um uns herum bemerkt hatten, dass wir auf Pappe waren? Denkt so ein Kassierer überhaupt mit und merkt sich so etwas? War er mehr als nur ein Roboter aus Fleisch und Blut, der stundenlang derselben monotonen Tätigkeit nachging. Was für verrückte Dinge erlebt eigentlich ein Kassier und wie viel nimmt er davon schweigend mit ins Grab? Merkt er sich, dass ich niemals Alkohol oder Tabak kaufte,
dafür aber einmal Papes, immer glutenfreie Sachen, viel Kaffee und ab und zu den Playboy? Berichtete er von seinen Beobachtungen der Polizei oder einem Tagebuch? Vielleicht sollte ich mich doch mit meinem Kassierer gut stellen, schließlich sah ich ihn ja 6-mal die Woche, öfters als meinen Psychologen oder meine nichtexistenten Freunde. Hielt er mich vielleicht für einen kiffenden Hippie-Penner? Das wäre ein komplett falsches Bild von mir.
 Ich überlegte gerade, wie ich ihm vermitteln konnte, dass dies nicht so war, als der Trenchcoat Typ endlich bezahlt hatte. Die Kolonne der abgefuckten Gestalten bewegte sich um eins weiter und ich war an der Reihe.
 "Guten Abend", sagte der Kassier in seinem monotonen Ton, und noch bevor ich zurückgrüßte, hatte er meine beiden Sachen abgescannt. Ich hatte kein Kleingeld, also zahlte ich mit der EC-Karte. So wie ich aussah, dachten sie alle wahrscheinlich, ich hätte sie gestohlen und irgendwie fühlte ich mich genauso. Nervös tippte ich die PIN ein und atmete erleichtert aus, als die Karte wieder in meinem Portemonnaie verschwand. Ich sagte noch, dass ich den Kassenzettel nicht bräuchte, und dann war ich bereits bei der Tür. Der kalte Wind des Herbstabends schlug mir entgegen, als ich mich auf den Weg zurück in zu meiner Höhle machte. Das war mir genug soziale Interaktion für heute. Den Rest des Abends würde ich mit Pizza und Büchern verbringen. Erst morgen wieder, wenn meine Familie nervte und der Magen knurrte, der Schädel von Kaffee und Büchern brummte, sollte ich mich wieder auf den ritualisierten Weg zu den abgefuckten Gestalten im Supermarkt machen.
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