Mit allen Sinnen (be)schreiben

Aus Der DSFo.de Leitfaden
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Um möglichst hohe Anschaulichkeit zu erreichen, ist es von Vorteil, beim Erzählen so viele Sinne wie möglich anzusprechen. Da das Sehen für uns der wichtigste Sinn scheint, neigen die meisten Autoren dazu, nur die Äußerlichkeiten zu beschreiben. Mit dem Gebrauch der Sinne ist es aber wie mit einem Haus: Man braucht vier Wände und ein Dach. Wenn man nur eine Wand baut, bringt das nicht viel. Baut man aber alles, fühlt man sich wohl. Das heißt, nur oder hauptsächlich den Sehsinn zu beschreiben, ist verschwendete Arbeit. Erst wenn wir in einem Buch das Gleiche erleben können wie in der richtigen Welt, wird die Geschichte auch zum Leben erweckt.

Beispiele

Schlechtes Beispiel:

Die Suppe war widerlich. Sie stank bestialisch.

Gutes Beispiel:

Die Suppe roch nach Teer und Schwefel, ja sogar der Dampf war gelblich. Jedes Mal, bevor ich aß, pustete ich übertrieben kräftig auf den Löffel, weil ich befürchtete, eine tote Ratte aus der Pampe zu fischen.

Statt einer allgemeinen Beschreibung wie im ersten Beispiel (was war denn genau so widerlich an der Suppe?) und einer oberflächlichen Beschreibung des Geruchs, haben wir im zweiten Beispiel viele unterschiedliche Wahrnehmungen:

  • Geruch: Wie Teer und Schwefel.
  • Geschmack: Vermutlich ebenso; Befürchtung: als wenn eine tote Ratte in der Suppe gekocht hätte.
  • Aussehen: Vermutlich gelb, gelber Wasserdampf, nicht durchsichtig, da eine Ratte darin verschwinden könnte.
  • Konsistenz: Pampe, also zähflüssig bis fest, eine Ratte könnte darin verschwinden.
  • Geräusche: Entfällt.

Wie man sieht, kann man allein durch das Einfügen eines kurzen Satzteils (in diesem Fall: die Ratte) viele Sinne direkt ansprechen. Selbst die Geräusche könnte man noch einfügen, wenn man zum Beispiel an das unheilvolle Blubbern eines Hexenkessels denkt. Man muss jedoch immer bedenken, dass man Maß halten muss und nicht zuviel des Guten verwenden darf. Ansonsten wirken die Sätze schnell gekünstelt und überfrachtet.

Tipp: Wortfelder sammeln

Nur wer weiß, wie man etwas beschreiben kann, wendet dies später auch erfolgreich in seiner Erzählung an. Es ist also sinnvoll, sich einen Gegenstand oder eine Person herauszusuchen, und diese so gut wie möglich zu benennen - unter Beachtung aller fünf Sinne. Selbstverständlich nur bis zu einem gewissen Grad; niemand wird erwarten (oder wollen), dass ihr den Geschmack eines LKW-Fahrers beschreibt. Allerdings ist es hilfreich zu wissen, dass aufgrund unserer Biologie der Geruchs- und der Geschmackssinn verknospt sind, sich also ähnlich sind. Darauf lässt sich im Zweifelsfall zurückgreifen. (Der gleiche Trick wurde übrigens auch im oberen Beispiel verwendet.)

Beispiel Haut

(Tast- und Sehsinn überschneiden sich häufig.)

  • Tastsinn: schmierig, fettig, glänzend, rau, weich, zart, trocken, behaart, rasiert, wie Schmirgelpapier, etc.
  • Sehsinn: rosa, weiß, braun, gerötet, Sonnenbrand, Pickel, Pusteln, Warzen, Leberflecke, Falten, Speckwulste, blaue Adern, etc.
  • Geruchssinn: Schweiß, Parfüm, Kaminrauch, frisches Gras, etc.
  • Geschmackssinn: salzig, neutral, etc.
  • Hörsinn: klatschen, reiben, wischen (bei entsprechenden Bewegungen), etc.

Tipp: Synästhesie